Abonnen entspreis: Bfg.— Ansrtets duuch dir Peß 65 Pg Slanuhrim bei der Eüprdekion E 6, 2, ſowie be onen und Trägerimen,— Auswärtz bei alley bes deuiſchen Reiches und den Brieſträgern. itung erſcheint köglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. Herausgeber Ir. ſur. Dermann Paas in Mannheim, Maunhe —————— 5 uumfaßt mit der Gratisbei⸗ es General⸗Anzeiger 16 Seiten. Letzte Nummer pro Februar. Wir erſuchen die Karten⸗Abonnenten höflichſt, 51 Abonnement gefl. ſofort erneuern zu wollen. erlag der„Bad. Vellszeitung. Ein neues Ausweiſungsgeſetz iſt in dem„gemüthlichen“ Sachſen zu Stande gekommen, das überhaupt in ſei⸗ ner hergebrachten Kleinarbeit auf dem Gebiete der Reaktion unermüdlich fort⸗ fährt und ſich daburch dem in dieſer Be⸗ ziehung mehr ins Große ſtrebenden Preu⸗ ßen würdig an die Seite zu ſtellen ſucht. Selbſtverſtändlich hilft das neue Geſetz einem„tiefgefühlten“ Mangel ab, da ja bisher noch manche Leute dem Belagerungs⸗ zuſtande, der Polenhetze, der Ruſſenaus⸗ lieferung, dem Zwangsalmoſenempfang und ähnlichen Kultureinrichtungen eni⸗ gangen ſind. Die ſächſiſche Regierung ſtützt ihre Vorlage auf§ 3 des Reichs⸗Freizügig⸗ keitsgeſetzes, welcher beſtimmt, daß die nach den Landesgeſetzen über beſtrafte Perſonen verhängten Aufenthaltsbeſchrän⸗ kungen auch ferner zuläſſig ſeien. Nun geht aber aus der Begründung des Reichs⸗ Freizügigkeitsgeſetzes, aus dem dem letzte⸗ ren zum Vorbild dienenden früheren eußiſchen Freizügigkeitsgeſetz und über⸗ haupt aus den ſämmtlichen Geſetzesmate⸗ rialien unzweifelhaft hervor, daß man erſtens bei Schaffung des Reichs⸗Frei⸗ zügigkeitsgeſetzes bei Zulaſſung von Auf⸗ enthaltsbeſchränkungen nur an die Ver⸗ brecherneſter in den großen Stäbten dachte und deßhalb die Beſchränkung des allgemei⸗ nen Rechtes der Freizügigkeit nur gegen ſchwere und ſchwerſte Verbrechen ſicher⸗ heitsgefährlicher Art angewendet wiſſen wollte, auf welche das Strafrecht feitdem aus denſelben Erwägungen die Polizeiauf⸗ ſicht geſetzt hat. Sodann aber geſchah dieſe verwaltungsrechtliche Ordnung einer nach der rechtsſtaatlichen Auffaſſung rein ſtrafrechtlichen Materie nur aus dem Grunde, weil bei Schaffung des Reichs⸗Freizügig⸗ keitsgeſetzes ein allgemeines Strafgeſetz für lage d das Reich noch nicht beſtand. Seit Schafs⸗! ———————— Kleine Mittheilungen. — Eine Wette. Bei der Gattin eines Frankfurter Banquiers ließ ſich vorgeſtern Abend ein ziemlich anſtändig gekleideter Menſch melden, und erklärte, daß er im Auf⸗ trage ihres Gatten komme und deſſen ſchwarzen Ueberzieher holen ſolle. Die Dame, welche keinen Argwohn hegte, behändigte dem Frem⸗ den den Rock, nachdem ſie deſſen Taſchen von hrem Inhalte entleert hatte. Der Em⸗ pfänger verſchwand damit ſchleunigſt. A der Banquier nach Hauſe kam, war ſeine Gattin ſehr erſtaunt, da er den von dem Boten abgeholten Rock nicht trug. Sie er⸗ zählte ihrem Mann das Vorgefallene, wo⸗ durch erwieſen ſchien, daß ein Betrüger den Rock geholt hatte. Das Signalement ſtimmte mit dem Kellner einer Reſtauration, woſelbſt der Banquier erzählt hatte, daß er am Nach⸗ mittage einen anderen Ueberzieher angezogen habe und aus Verſehen ein großes Couvert mit Werthpapieren in dem vorher getragenen habe ſtecken laſſen. Die Papiere ſeien jedoch in ſicheren Händen, da er ſeinem Perſonal trauen könne. Der Fremde hatte jedoch in Folge der Vorſicht der Frau des Banquiers, wie ſchon erwähnt, keine Werthpapiere, ſondern nur den Rock erhalten. Heute Morgen eilte nun der Banquier nach dem Reſtaurant, auf deſſen Oberkellner das Signalement des Betrügers paßte. Als letzterer gefragt wurde, ob er den Rock des Herrn K. geholt habe, erwiderte derſelbe ganz guhig:„Ja, ich habe ihn geholt und zwar im Soenagt des Herrn Baron von Y, der ſich ikdenſalls mit ſeinem Freunde einen Scherz elrlauben wollte, ich habe den Rock dem Herrn Paron mitgegeben“ Der Baron hat durch thieſen Vorfall 5000 Marl verloren, denn en (Mannheimer -Anzei —* S FFCcc Auſere hemige Nummer ſſung des Reichsſtrafgeſetzbuches iſt deshalb ſtungemäß und nach der Anſchauung nam⸗ hafter Staatsrechtslehrer die Befugniß der Landesgeſetzgebung zur Regelung der Aus⸗ weiſungsbefugniſſe gänzlich in Wegfall ge⸗ kommen, und ſind Ausweiſungen infolge von Beſtrafungen nur mehr auf Grund richterlichen Urtheiles, ſoweit das Reichs⸗ ſtrafgeſetzbuch hiezu ermächtigt, ſtatthaft. Dieſe Rechtsanſicht wird allerdings von maßgebenden Behörden nicht getheilt, und mehrere Staaten handhaben auf Grund ihres angeblichen Rechtes mehr oder min⸗ der begrenzte Ausweiſungsbefugniſſe. Aber ſie alle halten keinen Vergleich aus mit den Befugniſſen, welche die ſächſiſche Regierung für ſich in Anſpruch nimmt. Nach der Borlage ſoll man ausgewieſen wer⸗ den koͤnnen, nicht etwa wegen Raub, Diebſtahl und ähnlicher ſchwerer und entehrender Berbrechen, ſondern wegen jedes beliebigen Verbrechens oder Ver⸗ gehens, wegen deſſen eine Gwöchentliche Freiheitsſtrafe erfolgt iſt. Ja ſogar bloße Uebertretungen ſollen zur Ausweiſung führen, wenn ihrer zwei in einem Jahre zur Aburtheilung gekommen ſind, und hätte die letztere auch nur zu einer Geldſtrafe geführt! Dabei ſollte weder der Unter⸗ ſtützungswohnſitz(außer Bayern der Er⸗ ſatz für das Heimathsrecht) noch die Fami⸗ lienbande zwiſchen Mann und Frau, El⸗ tern und Kindern irgend welchen Schutz gegen die Ausweiſung gewähren! Und um die„chriſtlichen“ Geſinnungen der Re⸗ gierung in ihr volles Licht zu ſtellen, follte die Armuth dabei erſchwerend wirken und dabei ſelbſt die Unterſtützung aus Privat⸗ mitteln ins Gewicht fallen. Und gegen dieſe familien⸗ und armenfeindlichen Be⸗ ſtimmungen hatte das Chriſtenthum der drei geiſtlichen Mitglieder des Landtages: des fatholiſchen Biſchofs Bernert und der proteſtantiſchen Oberhofprediger und Super⸗ intendenten Kohlſchütter und Pank nicht das Geringſte einzuwenden! Und dies ungeheuerliche Geſetz iſt vom Landtag angenommen worden. Allerdings hat der Ausſchuß der zweiten Kammer einige Verbeſſerungen gemacht und wenig⸗ ſtens die ſchreiendſten Härten beſetligt. Aber das ſind gegenüber dem Geſawmt⸗ Werthpapiere, die der Banquier in ſeinem Keberzieher für geſichert halte, von jedem Fremden geholt werden könnten. Man hatte ihm ledoch nur den Rock gebracht, mithin hatte er die Wette verloren. Der Kellner verdiente bei dem Scherz 500 Mark. — Auf der Fahrt des am 20. d. M. Abends von Salzburg abgegangenen Poſt⸗ zuges hat ſich zwiſchen Wels und Linz in einem Coupe erſter Klaſſe eine äußerſt dra⸗ matiſche Scene abgeſpielt, die ohne Inter⸗ vention eines fremden Paſſagiers zweifellos zu einem tragiſchen Abſchluß gelangt wäre. Im Bahnhofe zu Salzburg hatte ein ange⸗ ſehener dortiger Bürger mit ſeinem ſiebzehn⸗ jährigen Töchterlein ein Coupe geſucht, das ie Beiden allein benützen wollten. Dies ge⸗ lang ihnen jedoch bei dem Andrange von Paſſagieren nicht; ſie mußten vielmehr einem Bahnbeamten, der ebenfalls nach Wien fuhr, Raum in ihrem Coupe geſtatten. Der letz⸗ tere, dem das hübſche, aber auffallend bleiche Mädchen i auffiel, wollte ein Geſpräch anknüpfen, bekam jedoch keine Antwort. Un⸗ gehalten über 9 70 etwas ſonderbare Be⸗ nehmen, lehnte er ſich in ſeine Ecke und ſchlief alsbald ein. Plötzlich wurde er durch einen Luftzug, der ſcharf über ſeine Wangen ſttrich, aus ſeinem Schlummer geweckt. In dem⸗ ſelben Momente gewahrte er, daß das junge Mädchen, welches den Fenſterflügel herabge⸗ laſſen hatte, mit dem Oberkörper hereits 2 der Coupethür ſich befand, während der Zug im raſcheſten Gange war. In⸗ ſtinktiv erfaßte er daſſelbe an den Füßen, weckte jedoch zu gleicher Zeit durch einen Stoß den erſchreckten Vater, mit deſſen Hilfe er dann das Mädchen, das ſich mit aller Kratt Raaegen wehrte, oewaltiam ins Coupe enee acee, ger ————————j—— Organ für Jedermann. charakter des Geſetzes unbedeutende Klei⸗ hat mit einem Tiſchgenoſſen gewetket, daß die Bolksblatt.) nigkeiten. Das neue Geſetz ermoͤglicht der ſächſiſchen Polizei, bei einigem Eifer im Aufpaſſen und Anzeigen faſt jeden ihr Unbequemen über kurz oder lang zur Ausweiſung zu bringen trotz Frei⸗ zuͤgigkeit, Unterſtützungs⸗ Wohnſitz und Reichsſtrafgeſetz. Und ein ſolches Geſetz hat im Landtag keinen Gegner gefunden außer den Sozialdemokraten! Konſervative, Hand⸗ werkerpartei,„Chriſtlich⸗Soziale“, Natio⸗ nalliberale und Fortſchrittler, kurz der ganze Ordnungsbrei oder beſſer Ord⸗ nungsguark ſtimmte einmüthig dafür und nur die fünf Sozialdemokraten ſagten Nein. Letztere und als ihre Redner namentlich die Abgg. Bebel und Vollmar gaben ſich während 3½ Stunden die er⸗ denklichſte Mühe, der Kammer ſowohl im allgemeinen als bei den einzelnen Para⸗ graphen das Ungeſetzliche, Unſinnige, Frei⸗ heits⸗ und Volksfeindliche ſolcher Beſtim⸗ mungen nachzuweiſen. Vergebliche Mühe! Anfangs ſuchten einige Abgeordnete den ſchlagenden Gründen der ſozialdemokrati⸗ ſchen Rebner entgegenzutreten; aber ſie hat⸗ ten kein Glück damit, und als einer das Geſetz u. a. als zur Ausräucherung der Neſter von Proſtituirten beſtimmt erklärte und Bebel und Vollmar dem gegenüber nachwieſen, daß ja die Poltzei die Proſti⸗ tuirteuneſter ſelbſt ſchuͤtze und erhalte,— da wurden die Herren ſtumm, ließen alle Vorwürfe wiberſtandslos über ſich ergehen und— bekretirten dann das Geſetz Es iſt weit gekommen in Deutſchland. Wenn man ſich die Geſchehniſſe im preu⸗ ßiſchen Abgeordnetenhauſe, im Dresdner Landhauſe und anderwärts anſieht, dann gehört ſicher ein guter Magen dazu, ſich als unabhängiger und aufgeklärter Volks⸗ vertreter oder ſonſtiger Publiziſt unaus⸗ geſetzt mit ſolchen— Verhältniſſen herum⸗ zuſchlagen. Und einen nicht weniger guten, ſtarken Glauben an das Volk braucht es, um nicht an einer endlichen Erlöſung aus dieſen Widerlichkeiten und Elend zu ver⸗ zweifeln, ſondern auf eine beſſere Zukunft zu bauen!(B. Kb.) Soziales und Arbeiterbewegung. — Der dritte deutſche Maurerkon⸗ 9905 welcher zu Dresden am 24., 25. und Mürz flattiindet, wird ſich mit der Rege⸗ zurückzag. Die Aufklärung er Das Mäbchen ſollte von dem Vater nach Wien in ein Kloſter gebracht werden, um 5 die allzu große Vorliebe für„zweierlei uch“ abzubüßen. Dies brachte bas junge Geſchöpf zu dem entſetzlichen Entſchluſſe, ſich zum Wagenfenſter hinauszuſtürzen, deſſen Ausführung der junge Bahnbeamte glücklich verhinderte. — Prümiirte Ammen. Das große Amphitheater der Pariſer Sarbonne, wo ſonſt nur feierliche Reden gehalten werden und ſich eine entſprechende Zuhörerſchaft zu⸗ ſammenfindet, wimmelte am letzten Sonnkag von Müttern, Ammen und Säuglingen. Die Geſellſchaft für den Schutz der Säuglinge hielt nämlich ihre Jahresverſammlung, wo⸗ mit eine Vertheilung von Preiſen an die beſten Ammen verbunden iſt. Preiſe von 100 Franks erhielten Frau Alavoine aus Paris, welche 16 Kinder aufgeſäugt hat und Frau Boulaye(Loir et Cher), die ſich rüh⸗ men kann, 24 Kinder aufgeſäugt und 4 mit der Flaſche großgezogen zu haben. Die Ver⸗ dienſte dieſer Frau wurden mit lautem Jubel begrüßt und die Muſik des 74. Linienregi⸗ ments ſpielte bei dieſer„rührenden Ceremo⸗ nie“, Der Miniſter des Innern und der Polizeipräfekt hatten verſprochen, zugegen zu ſein, hatten aber nicht Wort gehalten. Zum Schluſſe ſah die alte Sarbonne wie eine Wochenſtube aus, überall wurden die durch die lange Sitzung erſchöpften jungen Welt⸗ bürger in ihrem Durſte geſtillt. — Niddg, 21. Febr. In dem benachbar⸗ ten Geis⸗Nidda kam eine Frau mit vier Kindern, einem Mädchen und drei Knaben nieder, eines der Kinder ſtarb alsbald, die übrigen Kleinen ſind bis jetzt wohl und mun⸗ ter; die Jamilie käblt in den ermiten des — — Serkionsprieis: Bie einſpolzige Petügeile oder deren Raum 20 Pfg. Reklamen 80 Pfg Aueigen werden von allen Annoncen⸗Eppebitionen, von unſeren Agenturen und Trägerinnen, ſowie im Verlag entgegengenommen Bei größeren Aufträgen Rabatt. Potatieusdrun der be. H. Haas ſchen Buchdruckerri, E6%4 neben der katholiſchen Spitalkirche in Mannheim. Telephongnſchluß Nr. 218, dels-Zeitung. Sonntag, 28. Februar 1886, lung der Wbeſtsehnſtellungen, deren mehrere in dieſem Frühjahr zu erwarten ſind be⸗ ſchäftigen. Hierüber gibt das„Berl. Hbl. folgende intereſſante Auſſchlüſſe: Die Plan⸗ loſigkeit bei den Streiks ſoll vermieden und nach einem beſtimmten ſehr bemerkenswerthen Programm vorgegangen werden. So ſoll ein Streik nur in einem ſolchen Ort verhängt werden, in dem ein Fachverein beſteht, der mindeſtens ein Zehntel der am Orte arbeiten⸗ den Genoſſen umfaßt und der eine bemer⸗ kenswerthe Thätigkeit inſofern gezeigt hat, als er Sammlungen veranſtaltet hat, die einen Beſtand ergeben haben, der mindeſtens eine Mark auf den Kopf der am Orte be⸗ ſchäftigten Maurer beträgt. Die Forderungen, welche im Streik errungen werden ſollen, müſſen den Betriebsunternehmern mindeſtens im Oktober des dem Jahre des Streils vor⸗ hergehenden Jahres unterbreitet ſein. Dieſe orderungen und der Nachweis über die hätigkeit des Vereins und den Ertrag der Sammlungen ſind der Sirans in Hamburg ſpäteſteus im Januar des Zahres in dem der Streik ausgeſprochen werden ſoll, mitzutheilen. Die Kontrolkommiſſion hat alle einſchlagenden Fragen zu prüfen und dem Kongreß darüber zu berichten, der dann die erforderlichen Beſchlüſſe zu faſſag hat. Wenn mehrere Streiks gleichzeitig ſtattfinden, kann die Kontrolkommiſſion anordnen, daß die ge⸗ ſammelten Gelder ihr eingezahlt werden, oder ſonſt dafür ſorgen, daß die Vertheilung der Gelder eine angemeſſene iſt. Auch bei Streikg die zur Vertheidigung unternommen werden ſollen, iſt von der örtlichen Kommiſſion der Kontrolkommiſſion Bericht zu erſtatten und deren Aeußerung abzuwarten. Sammlungen für Streiks der Maurer ohne die Genehmi⸗ gung des Kongreſſes oder der Kontrolkom⸗ miſſion zu veranſtalten, ſollen nicht geſtattet ſein, In Orten, wo die Kleinmeiſter die Majoritekt bilden, ſollen Streiks vermieden werden, da, wie die Streiks in Rathenow und Belten be⸗ wieſen, die Kleinmeiſter durch Ausſtände ſaſt gar keinen Schaden erleiden; ganz anders läge die Sache in ſolchen Städten, wo gro ße Betriebsunternehmer vorhanden ſind Letztere werden bei Streiks ſchwer geſchädigt und darum böten ſolche hier guten Erfolg. Badiſcher Landtag. Karlsrube, 26. Febr⸗ Die Kammerſitzung war von kurzer Dauer. Es erfolgte die einſtimmige Genehmigung des Geſetzes für Forterhebung der Steuern im März und des Budgets der Badanſtalten, ſowie der Rechnungs Nachweiſungen über letztere aus 1882 und 1883. Bei der General⸗ Diskuſſion gloriſizirte Gönner die Verhältniſſe Baden⸗Badens mit Dank für die Regierung umrahmt. Däublin bat um Unterſtützung für Badenweiler. Nopp für eine Unterſtützung überhaupt in Betreff Langenbrückens. Nächſte Sitzung Morgen 9 Uhr. Poigefeg und wird im ganzen Bezirk Geld für dieſelbe geſammelt, um den reichen Zu⸗ wachs fortbringen zu können. — Das Neueſte in der Schweiz iſt din Bergbeſteigung auf Aetien. Jedem, der die Ur⸗ ſchweiz beſucht hat, iſt der oberhalb Schwyz ſich erhebende prachtvolle Kegel des Großen Mythen bekannt. Leider iſt der Aufſtieg den meiſten Reiſenden zu beſchwerlich, und dann iſt auch die Mythenhütte, in welcher man ſich nach der Kletterei erholen konnte, vergangenes Jahr abgebrannt. Jetzt ſoll eine Aktienge⸗ Velbeſ gegründet werden, welche das zur Verbeſſerung des Weges und zum Wiederauf⸗ bau der Hütte nöthige Geld liefern würde Der ſchweizeriſche Alpenelub hat bereits einen namhaften Beitrag zu dem Werke geſpendet. Man kann dieſem Aktienunternehmen nur Er⸗ folg wünſchen, denn der„Mythen“ iſt einer 800 lohnendſten Ausſichtspunkte der ganzen weiz. —Das Meuſchenmöglichſte in Geſchäfts⸗ anpreiſungen leiſtet der Inhaber des begeta⸗ riſchen Nährmittelgeſchäftes in der Schommer⸗ ſtraße gegenüber den„drei Raben.“ Derſelbe nennt die Fleiſcheſſer„cadaververtilgende, le⸗ bendige Sarkophage“, die Bierbrauer„ſtinlende Giſtiauchenbrodler,“ Zigarrenhändler„Gift⸗ qualmerzeuger“ u. ſ. w. Glücklicherweiſe nimmt keiner der Paſſanten dieſe Ausdrücke ernſt, und nur Heiterkeitsausbrüche der Leſer ſind es, die dem Menſchenbeglücker gezollt werden. — Ein luſtiger Hruchfe ler iſt Ober⸗Barnimer Kreisblatt vorgekommen. Auch dieſes Blatt erzählte ſeinen Leſern die Hin⸗ richtung des großen Elephanten in Hagen⸗ beck's Thierpark in Hamburg. Als man den Schaden ſich aber beſah, lautete der leßzte im Satz:„Nach zehn Minuten war der Elephän⸗ ten⸗Koloß eine— Lerche.“ SRRR „Deutſcher Reichstag. Berlin, 26. Februar. T. ohehune der Berathung des Vieh⸗ euchengeſetzes mit den Anträgen Adel⸗ mann und ehr zu Paragr. 45. Nach längerer Debatte werden beide Anträge und die Vorlage und die von der Kommiſſion vorgeſchlagene Reſolution ange⸗ nommen. Ohne Debatte werden verſchiedene Zuſatz⸗ abkommen zum Wel tpoſtvertrage auge⸗ nommen. Der Geſetzentwurf über die Garantie für die eghptiſche Anleihe wird unverändert in britter Leſung angenommen. Es folgt die zweite Berathung des Geſetz⸗ eutwurfs über die Einführung der Be⸗ zufung. Die Bundesbevollmächtigten von Bayern, Württemberg und Preußen erklären ſich gegen die Berufung auf Grund einge⸗ holter Berichte und Gutachten der Gerichte und Staatsanwälte. — 0 Weiterberathung wird auf morgen * e Holitiſche Ueberſicht. Deutſches Reich. München, 26. Febr. Rath Klug iſt geſtern zurückgekehrt. Die Bemühungen besſelben(in Sachen der königlichen Kabi⸗ netskaſſe) in Berlin, Hamburg, Frankfurt, haben ein Reſultat nicht ergeben; doch ſcheint derſelbe noch nicht die Hoffnung aufgegeben zu haben, da von neuem hier verhandelt werden ſoll. Berlin, 26. Febr. Nach einem dem Magiſtrate mitgetheilten Reſkripte des „Oberpräſidenten hat ſich der Miniſter des Innern nach Anhören aller Ober⸗ präſidenten gegen die Zuläſſigkeit des Checkverkehrs bei Sparkaſſen unter einan⸗ der ausgeſprochen. —„Wer zahlt'?“ fragt die Frankfurter „Kl. Preſſe“, indem ſie darauf hinweiſt, daß das dortige„Intelligenzblatt“ die im Wortlaut mitgetheilten Polenreden Bis⸗ marcks als bezahltes Inſerat bringt.„Da der Herr v. Puttkamer im Abgeordneten⸗ hauſe erklärt hat. die Verbreitung der Bis⸗ marck'ſchen Reden durch die Preſſe koſte keinen Deut aus öffentlichen Mitteln, ſo darf man wohl fragen; Wer war der Auftraggeber des Inſerats im„Intelligenz⸗ blatte“ und wer bezahlt die Inſerations⸗ koſten? So groß der Wohlthätigkeitsſinn Frankfurts iſt,— daß er ſich auch auf Miniſter erſtreckt, können wir nicht recht glauben.“ — Nichts unehrenhaftes! Das„Ber⸗ äner Tageblatt“ ſcheint doch nicht ganz der Anſicht der„Neuen Badiſchen“ in Ehrenſachen zu ſein, denn dasſelbe ſchreiht: Die Zweikampf⸗Tragödie Hellwig⸗Sachs hat nunmehr vor dem Kriegsgericht ihren Abſchluß gefunden. Premierlieutenant Hell⸗ wig, welcher vor einigen Monaten ſeinen Regimentskameraden und ehemaligen Freund Sachs, nachdem er deſſen Frau verführt, zu Konſtanz im Duell erſchoß, iſt, nach einer uns durch ein Privat⸗Telegramm ans Maunheim übermittelten Meldung der „Neuen Bad. Landesztg.“ zu drei und einem halben Jahre Feſtungshaft und zur Entlaſſung aus dem Dienſte verurtheilt. Die letzere Strafbeſtimmung iſt auf den Bruch des Ehrenworts, den Hellwig ſich hatte zu Schulden kommen laſſen, zurück⸗ zuführen. — In der Begründung zu der dem Reichstage jetzt zugegangenen Monopolvor⸗ lage ſchreibt das„B..,“ ſind einige überraſchende Geſtändniſſe enthalten. Die ————— Erklärung, daß die Regierung von dem Ziel ihrer Steuerreform nicht ablaſſen und dazu immer erneute Bemühungen machen werde, läßt durchblicken, daß der Reichs⸗ kanzler ſich bereits mit dem Gedanken an ein Scheitern der Vorlage vertraut gemacht hat und ſich für dieſen Fall den Weg zu weiteren großen Steuervorlagen offen hal⸗ ten will. Wenn ferner die Tabakſteuer und die Stempelſteuer zum Zeugniß dafür angerufen werden, daß die finanziellen Zwecke zu einem guten Theile bereits erreicht ſeien, ſo iſt das ſehr bemerkenswerth. Das Tabakſteuergeſetz iſt bekanntlich vom Reichs⸗ kanzler nur als Etappe zum Monopol auf⸗ gefaßt und hingenommen worden; es wurde vom Reichstage unter Ablehnung des Mo⸗ nopols aufrecht erhalten. Jetzt wird es vom Reichskanzler ſelbſt gerühmt und damit die Haltung des Parlaments nachträglich vollſtändig gerechtfertigt. Nach dieſem Vor⸗ gange dürfen wir hoffen, daß es ähnlich auch mit dem Branntweinmonopol gehen wird. Kiel, 26. Febr. Die Frau des Redak⸗ teurs Boeclel wurde in der Prohl'ſchen Hochverraths⸗Affaire verhaftet. Dresden, 26. Febr. Nach beſter In⸗ formation iſt die Nachricht von einer be⸗ reits erfolgten Entſcheidung der rumäni⸗ ſchen Militärkommiſſton zu Gunſten der franzöſiſchen Panzerthürme ganz unbe⸗ gründet. Ausland. Wien, 26. Febr.(Abgeordnetenhaus.) Die Vorlage über die Prag⸗Duxer und Dux⸗Bodenbacher Bahn wurde in dritter Leſung angenommen. Die Vorlage über die Vermehrung des Fahrparkes der Staatsbahnen, bei welchem Angriffe Sei⸗ tens der Oppoſition erwartet wurden, ward nach kurzer, ſachlicher Debatte ge⸗ nehmigt. Wien, 26. Febr. Die geſtrige Note Garaſchanins enthält einen bemerkens⸗ werthen Paſſus, wonach die Annahme des ſerbiſchen Friedens⸗Vorſchlages die Mög⸗ lichkeit einer baldigen Demobiliſtrung der Balkan⸗Armeen ſchaffen würde.— Unter den Diplomaten erhält ſich das Gerücht, daß der griechiſche Miniſterrath prinzipiell Abrüſtung beſchloſſen habe und das Ka⸗ binet nach Durchführung derſelben demiſ⸗ ſioniren werde. London, 26. Febr. Im Unterhauſe brachte Trevelyan geſtern eine die ſchotti⸗ ſchen Kleinbauern betreffende Bill ein. Dieſelbe ſchlägt vor: feſte Pacht, Feſt⸗ ſtellung eines billigen Pachtzinſes, Ent⸗ ſchädigung für vorgenommene Verbeſſerun⸗ gen und Erweiterung der Pachtgüter mittels obligatoriſcher Verpachtung. Die Bill wurde in erſter Leſung genehmigt. — Verſchiedene Blätter melden, der Ge⸗ richtshof, welchem es obliegt, in Eheſchei⸗ dungsprozeſſen zu interveniren, falls in einem Erkenntniß Ungerechtigkeit vermuthet wird, habe beſchloſſen, den Crawford'ſchen Eheſcheidungsprozeß(Dilke) vor ſein Forum zu ziehen. Ein Sozialiſten⸗Prozeß. Mannheim, 25. Febr. „Wegen Uebertretung des§ 19 des Sozial.⸗ Geſetzes ſind angetlagt und erſchienen vor Gericht; der verheirathete 60jährige Maſchinen⸗ arbeiter Joh. Kißel und die 43jährige Mau⸗ Franziska Kampp geb. Eiſele von Nur keine Neuerungen.„Ob's denn wirklich mag praktiſch ſein, daß man ſich nach dem Tode verbrennen läßt, wie's ietzt 18 viele Leute thun?“— „Aeh, das ſind ſolche neumod'ſche Geſchichten, Jon denen ich nichts wiſſen will. Ich bin don meiner früheſten Jugend an gewöhnt, mich begraben zu laſſen, ich werde jetzt auf meine alten Tage nicht erſt'ne Aenderung kinführen.“ Theater, Kunſt u. Wiſſenſchaft. Er. bad. Hof⸗ und National⸗Theater in Maunheim. reitag den 26. Februar 1886: Die Dame mit den Camelien, nach dem Roman von Alexander Dumas Sohn. Im bunteſten Wechſel ihres hetorogenen Repertoires reihte Frau an ein ächtes Wiener Lokalſtück, in dem ſie dem Lo⸗ kalpatriotismus der ſchönen Donauſtadt hul⸗ digen und 5 ſelbſt als einem ächten Kinde dieſer fröhlichen, leichtlebigen Großſtadt hul⸗ digen laſſen konnte, ein franzöſiſches mit allen Schwächen und Vorzügen Dumas'ſcher Roman⸗ ——* vollgefülltes ſogenanntes Sittenſtück, das eben darum ein Sittendrama genannt zu werden pflegt, weil es wohl dramatiſch endigt, aber eigentlich keinen ſittlichen Werth hat. Dieſe Verherrlichung des franzöſiſchen Co⸗ egtten⸗Weſens eignet ſich ſo recht zu einer Kindervorſtellung für Kinder von 15 bis 20 Jahren und Harber.„Aber es bietet der Titelheldin vor Allem die Gelegenheit zur Entfaltung eines hohen Maßes von künſtleri⸗ chem Können und was auch nicht zu verachten iſt eines pomphaften Garderobenreichthums, mit welchem die unſerer heimiſchen Künſtlerinnen und die Schmuckloügkeit unſere⸗ ——————— ——————— Salondekorationen in einem ſchreienden Wi⸗ derſpruch ſteht. Endlich hat das Stück noch den ganz unzweifelhaften Vorzug daß die jähen, beinahe ſchmerzhaften Uebergänge von einer peinlichen Situation zur anderen und die groben Contraſte jenem prickelnden Reiz auf das Nervenſyſtem ausüben, welcher ſodann in der erhöhten Thätigkeit der Thränendrüſen und erleichternde Wirkung ausübt. Es iſt ia gar zu intereſſant für unſere Generation, eine hervorragende Repräſentan⸗ tin der franzöſiſchen Halbwelt während fünf langen Akten ihrem ſicher vorauszuſehenden Ende entgegenhuſten und im langſamen To⸗ deskampf, der im Bette beginnt und auf dem Lehnſtuhle endigt, ſich vollends verzehren zu ſehen. Wir beſtreiten keinen Augenblick den hohen künſtleriſchen Werth der von Frau Gei⸗ ſtinger als Cameliendame dargebotenen ſchau⸗ ſpieleriſchen Leiſtung, die doppelt intereſſont iſt, wenn man ſich vergegenwärtigt, daß das Gebiet, auf welchem ſie ihre Triumphe zu feiern gewohnt war, nicht das Drama, ſondern die Operette eweſen iſt; aber für den unbefangenen und ritiſchen Beobachter fällt es nicht ſchwer zu konſtatiren, daß Frau Geiſtinger im Fache der heiteren und gemüthsvollen Rollen ſich ſelbſt gibt und das was bei ihr natürlich und angeboren zu ſein ſcheint, während ſie im dramatiſchen Fache nur vermöge der Kunſt und manchmal auch mit Hilfe des Gekünſtelten ihre Erfolge erzielt. Im Großen und Ganzen dürfen wir uns mit dem Gaſtſpiele der Frau Geiſtinger zu⸗ frieden erklären, es hat ihr rauſchende Er⸗ folge, unſerem Komite aber volle Häuſer ein⸗ getragen. Ein anderes aber iſt es, wenn man den Maßſtab ſtrenger Kritik an die Stücke anlegen wollte, welche zum Zpecke der Badiſche Böls⸗ Bertifg. 8————————— igerer Zeit wird die in London ſ zeuge einwirken. Die Sozialdemokratie hälſe 28. Febrilä Schon ſei gedruckte anarchiſtiſche Schrift der„Rebell“ unter Beobachtung der äußerſten Vorſicht über die Belgiſche Grenze in Deutſchland einge⸗ ſchmuggelt. Unter andern Helfershelfern verſah dieſes Geſchäft, der wegen Hochverraths von dem R gericht zu 2 Jahren 9 Mona⸗ ten Zuchthaus verurtheilte Conditor Karl Scupin von Eupen, welcher bei einer derar⸗ tigen verſuchten Abſendung von dem Grenzauf⸗ ſeher Wacker von Pottbus ertappt, und wegen Mangels des zollamtlichen Ausweiſes ſammt dem Packet ſiſtirt wurde. Dasſelbe war an Frau Kampp adreſſirt und enthielt beim Oeffnen noch ein zweites ohne ſichtbare Adreſſe. Auf der einen Seite desſelben war ein weißes Papier aufgeklebt, bei deſſen Befeuchtung der Name und Wohnort Kiſſels zu Tage trat. Die polizeilichen Recherchen ergaben, daß sub. 17/18. Juli v. J. von Eupen aus 2 Packete abgingen. Das eine mit der Adreſſe Johann Kiſſel, Amerikanerſtraße Nr. 12, das andere mit der Adreſſe Franziska Kampp 2 D 1, 1, Neckargärten. Als Abſender iſt ein Karl Müller(Seupin) bezeichnet. Bei der durch Polizeikommiſſär Guggenbühler bei Kiſſel vorgenommenen Hausſuchung fanden ſich außer den Schmähſchriften Gottesſeuche und Gottes⸗ peſt ein Exemplar der Moſt'ſchen Freiheit und in ſeinem Sonntagsrock ein Exemplar von nachweislich erhaltenen zehn des Rebell vor. Kiſſel behauptete, bei Oeffnung des Packets der Meinung geweſen zu ſein, daß es Cigarren enthalte. Nachdem er ſich von dem wirklichen Inhalte überzeugt, habe ſeine Frau 9 Exemplare verbrannt, eines habe er ſich zum Leſen zurückbehalten. Was die übrigen Schriften, außer der Nr. 31 des Sozialdemokraten, welche ihm in einer hieſigen Wirthſchaft unter den Hut gelegt worden ſei, anlange, ſo ſeien ihm dieſelben von dem Anar⸗ chiſten Zanger, neben welchem er in derFabrik von Mohr und Federhaff gearbeitet habe im Augenblick ſeiner Verhaftung zugeworfen worden. Auf Befragen des Vorſitzenden be⸗ kennt er ſich als Sozialdemokrat, jedoch ohne Obligo. Er ſei früher Abonnent des„So⸗ zialdemokrat“ geweſen, habe aber noch nie verbotene Schriften verbreiten helfen. Ein⸗ mal nur habe er an einen Sozialdemokraten oder Anarchiſten von gutem Rufe ein Buch verliehen. Dieſer ſei nach Oeſterreich⸗Ungarn abgereiſt. Die Benützung ſeiner Adreſſe bei Ueberſendung des Packets bezeichnet er als einen Bubenſtreich, welchen ihm eine, ihm unbekannte feindlich geſinnte Perſon zugefügt hätte. Wenn er den Mann wüßte, ſtünde er nicht mehr hier. Uebrigens gibt er ſeine gehabten Beziehungen zu Anarchiſten, unter Anderen auch mit dem vielgenannten Reins⸗ dorff zu. Frau Kampp räumt die Zuſendung eines Packets ein, doch wäre dies von ihrer in Amerika weilenden Tochter gekommen, und hätte deren Photographie nebſt einem Brief enthalten. Es wurde indeſſen durch Zeugen feſtgeſtellt, daß das kritiſche Packet ein ziemlich voluminöſes geweſen und daß ſie daſſelbe dem Anarchiſten Steininger be⸗ Rürdeet Dieſer war ein Freund ihres ver⸗ torbenen Mannes und— beiden Söhne ſtan⸗ den im lebhaften Verkehre mit demſelben. Die als Zeugen vernommenen beiden Poſt⸗ ſchaffner Dürwanger und Schulz erkannten die auf den Coupons der ihnen vorgezeigten Zuſtellungs⸗ und Begleitſcheine mit Bleiſtift vermerkten Unterſchriften als die ihrigen an. Die beiden Sachverſtändigen, die Herren Se⸗ kretär Scholl und Regiſtrator Schlußer erklär⸗ ten die Adreſſen als identiſch mit der Schrift Scupins. Von dem Rebell wurden hier Exem⸗ plare zu verbreiten geſucht. Der Herr Staats⸗ anwalt verlieſt aus einer Nummer desſelben einige Entrefilets, in welchen es unter Anderem heißt:„Kriegswiſſenſchaftliches, wie man das Eigenthum zerſtört. Um Häuſer zu zerſtören fertigt man einen viereckigen Kaſten mit dop⸗ peltem Boden. Der untere wird mit Theer, der obere mit Dynamit und Hobelſpähnen auf⸗ gefüllt, dieſen Kaſten ſtellt man in ein Gerichts⸗ oder Regierungsgebäude und verſieht ihn mit einer Zündſchnur. Bei ſicherer Ausführung iſt das ein probates Mittel gegen das Unge⸗ ziefer. Zur Begründung der Anklage über⸗ gehend betont der Herr Staatsanwalt die greulichen Verbrechen, welche der Anarchis⸗ mus zur Reiſe brachte, die Führer der⸗ ſelben befänden ſich ſtets in unangreifbarer Sicherheit, von welcher ſie auf ihre Werk⸗ den Anarchismus als ſcheußliche Ausgeburt von Tollhäuslern ſchon längſt verworfen weil ſie erkannte, daß man mit Revolutior und Meuchelmord unter keinem Staatsſyſtem regieren könne. Der Angeklagte, welcher Sozialdemokrat ſein wolle, habe ſich vielmehr als Anarchiſt bewieſen und beantrage er gegen ihn das Strafmaximum des§ 19 des Sozialiſtengeſetzes von 4 Monaten. Was die Angeklagte Kampp betreffe, ſo hoffe er zwar nicht, daß ſich Fälle wie in Paris bei uns wiederholen. Dieſelbe habe aber einestheils auch in das politiſche Gebiet übergegriffen und beantrage er deshalb auch deren Beſtraf⸗ ung. Der Vertheidiger Kiſſels, Herr Anwalt Dr. Roſenfeld, beantragte Freiſprechung. Der Gerichtshof verurtheilte Kiſſel zu zwei, die Kampp zu 1 Monat Gefängniß. Neueſte Nachrichten. Heidelberg, 26. Febr. Wie der„Pfäl⸗ zer Bote“ mittheilt, wird die nächſte Ver⸗ ſammlung der katholiſchen Volkspartei hier abgehalten. Der Tag wird ſpäter bekannt gegeben werden. Wien, 26. Febr. In einem Bukareſte⸗ Telegramm der„Preſſe“ wird die Unter⸗ zeichnung des Friedensvertrages auf mor⸗ gen angekündigt. Nach der„Pol. Korr.“ wünſcht das ruſſiſche Kabinet einen Unter⸗ ſchied zu machen zwiſchen der vorläufigen Genehmigung des türkiſch⸗ bulgariſchen Uebereinkommens und der formellen Schluß⸗ aktion, welche hinauszuſchieben wäre, bis das revidirte organiſche Statut von Oſt⸗ rumelien die Zuſtimmung der Mächte gefunden haben werde. Dieſer Standpunkt der ruſſiſchen Regierung werde zwar nicht allſeitig getheilt, gleichwohl ſtehe auch in dieſem Punkte eine Verſtändigung der Mächte beſtimmt in Ausſicht. Belgrad, 26. Febr. Die Anſchaffung des neuen Trainparks für die ſerbiſchen Truppen iſt ſiſtirt worden.— Ein Erlaß des Königs ordnet die Neugruppirung der Ortsgemeinden in den Kreiſen Alexinatz und Jagodina auf Grund des neuen Ge⸗ meindegeſetzes an. London, 26. Febr. Unterhaus. Bryo' theilte die jüngſte Opiumkonvention mi⸗ China mit. Dieſelbe erhielt die Geneh⸗ migung des Kaiſers von China. Der neue chineſiſche Botſchafter überbringt die⸗ ſelbe. Stuart beantragt, daß jede Reform der Londoner Polizei zugleich eine Reform der ſtädtiſchen Verwaltung enthalten müſſe, welche den Vertretern der Londoner Steuerzahler eine direkte Kontrole über die Polizei ſichere. Dieſer Antrag wurde Seitens des Vertreters der Regierung bekämpft und nach mehrſtün⸗ diger Debatte abgelehnt. London, 26. Februar. Die Königin wohnte Nachmittags der Aufführung von Gounods Oratorium„Mors et Vita“ in Alberthall bei. Es iſt das erſte Mal ſeit mehreren Jahren, daß die Königin an einer öffentlichen Aufführung theilnahm. Birmingham, 26. Febr. In Smethwick, unweit Birmingham, ſtellten heute Morgen dreitauſend in der Schraubenfabrik von Nettlefold beſchäftigte Arbeiter in Folge einer zehnprozentigen Lohnreduktion die Arbeit ein, richteten Steinwürfe gegen den Fabrikdirektor und zertrümmerten die Fenſter der eigenen und mehrerer anderer Schraubenfabriken. Die inzwiſchen auf viertauſend angewachſenen Strikenden marſchirten in der Richtung auf Birming⸗ ham. Die hieſigen Polizeikräfte wurden verſtärkt, um Ausſchreitungen entgegenzu⸗ treten. Ermöglichung dieſes Gaſtſpieles im Sturm eingepaukt werden mußten. Als einen Gewinn wenigſtens können wir dieſelben nicht be⸗ trachten.— Die Pflicht getreuer Berichterſtattung gebietet uns ſchließlich noch der Herren Jakobi und Sturh, ſowie der Frau Schlüter rühmend zu gedenken, in deren Händen die bedeutenderen Rollen des Stückes lagen, während die Thä⸗ tigkeit der zahlreichen übrigen, den Zettel zierenden Perſonen nur von höchſt nebenſäch⸗ licher und epiſodenhafter Bedeutung iſt. 2. Man ſchreibt uns: Soviel wir hören, ſteht uns in nächſter Zeit ein Gaſtſpiel unſe⸗ rer früheren Heroine der Frau Roſa Keller als Meſſalina in„Aria und Meſſalina“ und 9 Geyerwalli im gleichnamigen Stücke evor. Donnerſtag, den 25. Februar 1886. Kaufmänniſcher Berein. Es gehört zu den ganz beſonders verbrei⸗ teten, aber eben darum auch beſonders tadelns⸗ werthen Eigenheiten der Menſchen, daß ſie das was ſie am nöthigſten gebrauchen, keiner ausdrücklichen Beachtung würdigen. Die Wenigſten verfolgen die Vervollkommnung der Dinge an ſich bis zur Entſtehung der⸗ ſelben. Man geht achtlos an dem Werthvollen voxüber und denkt: das muß ſo ſein. Wandert man hingegen an der Hand eines verſtändigen, ſicheren Führers den ſchwierigen Pfad von den Entſtehungen bis zu der Vollendung einer Sache, dann gewährt es uns einestheils doppelte Freude, daß wir nun nicht mehr h Auges durch die ſo wunderreiche Welt ſchreiten, anderntheils er⸗ füllt uns die Trauer über die traumbefangene, ————————— So geleitete uns Herr Prediger Karl Voigt aus Offenbach zurück zur Erfindung des Feuers, um uns vorwärts gehend die müh⸗ ſeligen Arbeiten zu zeigen, deren es bedurſte bis man endlich die Stufe einnahm, auf der man heute angelangt iſt. Jetzt kam jedoch erſt der eigentliche Kern der Sache: die Ein⸗ wirkung dieſer Erfütdung auf das Geiſtes⸗ leben des Menſchen. „Auf dieſem Gebiete eröffnete der Redner Ausſichtspunkte, die den meiſten der Hbrer früher gleichgültig,nun von höherem Intereſſe waren. Zwei der leichtverſtändigſten wollen wir herausgreifen. Wohl Jeder kennt das bekannte Zeichen der Aerzte, wie das der Kaufleute. Erſteres ein Stab mit einer ſich aufwindenden Schlan e, gilt als ſymboliſches Zeichen der Heilkunſt; dies erklärte der Redner indem er die Schlange als Zeichen des Feuers darſtellend, auch den Stab als einen feuerbohrenden Pfahl zu erkennen gab, und ſomit das ganze auf das Feuer zurückführte. Seit Alters her ſchreibt man dem Feuer hei⸗ lende Wirkung zu, woher das Zeichen der Aerzte leicht zu deuten. Eben ſo leicht gilt dies vom Merkurſtab: die beiden Schlangen das Sinnbild des Feuers ſind wieder um den Feuerſtab geſchlungen. Hier kommt eine weiter von dem Feuer gebrauchte Eigenſchaft 5 Auwendung: die Schnelligkeit, die Liſtig⸗ eit. In dieſer Weiſe theilte Redner ſein Beobachtungen und 8 den in deutlichen, klaren Worten mit. Nach bei⸗ nahe /iſtündigem Vortrage ſchloß der Redner ſeinen ſchwungvollen Vortrag, gelohnt und gedankt von den Zuhörern durch reichen Bei⸗ fall, dem wir ein herzliches„Auf Wiederſehen hinzufügen. H. R. H. verlorene Zeit in der wir dieſe Wunder Uicht aeichaut. —. 94