1 — —— —— Kbonnementspreis: re Monat 50 Pig.— Auswürts duriz die Poſt 65 g Man abonnirt in Mannheim bei der Expebition E 6, 2, ſowie be allen Zweig⸗Expediſionen und Trägerinnen.— Auswärts bei allen oſt⸗Anflalten des deutſchen Rieiches und den Briefträgern. Die Badiſche Volkszeitung erſcheint zäglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. Herausgeber Or. jur, Bermann Daas in Mannheim. —— ˖ ˖ Organ für Unſere heutige Nummer umfaßt mit der Gratisbei⸗ lage des General⸗Anzeiger 16 Seiten. Die Eiſenbahnfrage im badiſchen Landtage. O Mannheim, 28. März. Oa erſt nach zwei Jahren, auf dem nächſtkommenden Landtag der Stand unſerer badiſchen Eiſenbahnangelegenheiten wieder zur Sprache gebracht werden dürfte, halten wir es für nützlich, der Kammerverhand⸗ lung vom 17. März, welche Geh. Rath Lam ey mit ſeiner kritiſchen Beleuchtung eröffnet hat, in ihrem vollen Umfange Aufmerkſamkeit zu ſchenken. Auf Geh. Rath Lamey folgte in der Oiskuſſion der Abg. Friderich, Bürger⸗ meiſter von Durlach, Erbeingeſeſſener der Budgeikommiſſton und deren derzeitiger Vorſtand. Abg. Friderich iſt ſeit länger als drei Jahrzente Mitglied der Zweiten Kammer und faſt die ganze Zeit her ſtets Mitglied der Budgetkommiſſion. Er hat ſich jeder Zeit als Schildträger der Finanz⸗ leitung erwieſen, beſitzt einen ſcharfen, aber auch iheilweiſe etwas farbenblinden Blick in Staatsfinanzſachen, iſt ſozuſagen Zimmergenoſſe des Staatsbudgets. Abg. Friberich erklärt, den Ausführungen des Abg. Lamey im Allgemeinen zuzuſtimmen. Den am Schluſſe vorgetragenen Wünſchen deſſelben habe die Gr. Regierung in den letzten Jahren einigermaßen Rechnung getragen; in dem Finanzgeſetze ſeien dahin gehende Anträge enthalten. Richtig ſei, wie auch die Kammer auf früheren Land⸗ tagen bereits erwogen, daß man den Bau neuer Staatsbahnen einſtellen und dagegen die Errichtung von Secundärbahnen för⸗ dern müſſe, unter der Vorausſetzung, daß die Gemeinden der betreffenden Gegenden in anſehnlichem Umfange mit Beiträgen an den Koſten ſich betheiligen. An dieſem Gedanken ſei feſtzuhalten; auf dieſe Weiſe könne manchen vorhandenen und noch wei⸗ ter auftreteuden Wünſchen genügt werden. Ferner erkenne er als durchaus richtig an, daß man klar ſehen und mit den jetzigen Verhältniſſen rechnen müſſe. Bis jetzt Kleine Mittheilungen. Neue Londoner Enthüllungen. Die Kuß⸗Uebungen in ber — Recht ſeltſame und peinliche Enthüllun⸗ gen ſind es, die ein engliſches Meiſflonsblak, die„Chriſtian Miſſion, über das Leben und Treiben in den engliſchen Sonntagsſchulen veröffentlicht hat, Enthüllungen aus denen daß dieſe Inſtitute nicht nur der rbauung und dem Religionsunterrichte ge⸗ widmet ſind, ſondern daß darin auch ganz merkwürdige Kränzchen mit Kuß⸗ und Pfän⸗ derſpielen abgehalten, ja daß dieſe Kränzchen mit ihren Giebestäcdeleien zum Hauptan⸗ iehungspunkt im Schulprogramm geworden fiud, mit dem Knaben und Mädchen zu fleißi⸗ gem Beſuch der Schule angelockt werden, und um deſſenwillen die Jugend kaum die Sonn tage erwarten kann, die ihnen dieſe Zerſtreu⸗ ungen bringen. Ja, es ſcheint ſo weit gekommen zu ſein, daß mauche Schulen, welche dieſe Uebungen“ mit dem Anathema belegten, aue ihre Schüler und Schülerinnen verloren, da dieſe ſoſort austraten und ſich anderen Ver einigungen anſchloſſen, in welchen der fröhliche Kußſport gepflegt wird, Dieſe Enthüllungen über ein tefeingewurzeltes Uebel, das die ge fährlichſten Fruchte getragen, haben im ganzen Jande einen wahren Sturm der Aufrxegung und Indignation hervorgerufen, und die Zei⸗ tungen werden täglich mit einer Fluth von Zuſchriften—— in welchen die Exri⸗ ſtenz der„Kußſpiele“ bald beſtätigt, bald ge leugnet und mit Entrüſtung zurückgewieſen, bald das Weſen derſelben erklärt und mit Zuſägen bereichert wird. Es klingt faſt märchenhaft, was da aus den tauſeu⸗ und aber iauſend Sonntagsſchulen, die in ſeien 410 Millionen Mark verbaut für die im Betriebe befindlichen Bahnen. Die im Bau begriffenen Bahnen ſind nicht mitgerechnet. Er gebe zu, daß man bisher allzu bereitwillig in Gewährung der Mittel zum Bau von neuen Eiſenbahnen geweſen ſei. Daß für die Zukunft möglichſte Zu⸗ rückhaltung geboten ſei, ergebe ſich aus der Thatſache, daß ſeit mehreren Jahren für die Schuldentilgung Zuſchüſſe aus der allgemeinen Staatskaſſe geleiſtet werden müſſen. Ein Anfang bezüglich der Ein⸗ ſchränkung ſei von der Kommiſſton bei dem diesmaligen Budget dadurch gemacht, daß ſie im Baububget Poſten ausgeſchieden und dem Etat des Betriebes zugetheilt habe. Richtig ſei auch die Aufbrauchung des Mitte der 1870er Jahre vorhanden geweſenen Dotationsſonds aus Ueberſchüſſen im Betrage von 27 Millionen in der kurzen Zeit von wenigen Jahren. Die Schuldentilgung ſei mur möglich durch Zuſchüſſe aus den allgemeinen Steuern, da das Erforderniß ſeit 1880 nicht mehr aus dem Betriebe entnommen werden kann. Für Verzinſung und Amortiſation ſeien in runder Ziffer per Jahr 22 Millionen Dotation erforderlich bezw. in die Schul⸗ dentilgungskaſſe zu liefern. Nach ſtrenger Rechnung wäre dieſe Dotation aus dem Betriebsbudget zu decken(durch Zuſchüſſe) wie es bei anderen Bahnen regelmäßig geſchehe. Was die Rente betreffe, ſo habe dieſelbe erſt einen Aufſchwung genommen, als der durch⸗ gehende Verkehr auf der Hauptlinie zur Ent⸗ wicklung gekommen. Von 1852, mit 4,6 pCt. bis 1861 ſei dieſelbe auf 6,11 pCt. geſtiegen; und 1871 hatte dieſelbe den höchſten Stand mit 7,18 pCt. erreicht. Von da an trat Sinken ein; pro 1884 betrug ſie 3,27 pCt. und gegenwärtig haben wir etwas über 3pEt.— Dabei wolle Redner nicht behaupten, daß die Schuld in Fehlern der Betriebsverwaltung zu ſuchen ſei, da ver⸗ ſchiedene Urſachen zuſammen wirkten. Vor Allem habe die Vermehrung der Bahnen die Rente verringert; ſodann war es der große Aufwand für die Sicherheit des Bahnverkehrs, in welcher Hinſicht alle Vorſchriften ausgeführt werden mußten, ebenſo, was die Bequemlichkeit des Publi⸗ kums anbelange; hauptſächlich aber drücke England exiſtiren, Alles berichtet wird. Da gibt es Zuſammenkünfte, wo unter Leitung der Lehrer und Lehrerinnen Knaben und Mädchen zum Geſange frommer Lieder mit heiterer Melodie einen mit blödſinnigen Ge⸗ ſtikulationen begleiteten Tanz aufführen, wo ſie zur Muſik des Harmoniums Kußwalzer exskutirten, bei denen die Partner fortwährend wechſeln und auf Kommando jeder Knabe ſein Mädchen, jeder Lehrer ſeine Lehrerin oder Schülerin zu küſſen hat. Allen Schulen gemeinſam aber und der Gipfel des Vergnü⸗ gens ſcheint das ſogenannte Kriegsſpiel zu ſein, welches angeblich in folgender Weiſe inſcenirt wird: Eine Reihe von Paaren, der Lehrer mit irgend einer Schülerin an der Spitze, ſtellt ſich zur„Quadrille“ auf. Die Paare machen zuerſt einen Rundgang durch den Saal oder die Kirche, wo gerade die Sonntagsſchule abgehalten wird. Plötzlich kommandirt der Lehrer„Halt!“. Jetzt ſtellt ſich jeder Knabe vor ſein Mädchen. zur Attacke!“ lautet der nächſte Beſe•.— jeder Tänzer legt ſeine Arme um ſeine Tän⸗ zerin und zieht ſie zärtlich an ſich.„Feuer tönt es darauf aus dem Munde des Kom⸗ mandirenden, und von zahlloſen ſich im Kuß begegnenden Lippen knattert ein Kleingewehr⸗ feuer durch die Räume. Der Abwechslung halber wird auch zuweilen„Gebt Salven ab!“ kommandirt, und dann küßt jeder Hans ſeine Grete ſo lange, bis eines von Beiden erſchöpft iſt und ſich gefangen geben muß. In einer anderen Variante knieen wieder die Knaben auf Kommando vor ihren Müdchen nieder, faſſen dieſelben auf den Ruf Zur Attacke“ um den Leib, um ſie bei dem Porte Fuuer“! in dieſer Stellung abzuküſſen. Nach⸗ em eine dieſer drei— ausgeführt worden, kommandirt der Lehrer. der natür⸗ Jedermann. die Concurrenz mit den Tarifverſchiebungen auf die Rentabilität, alle Faktoren ver⸗ langten Tag für Tag Minderungen der Tarifſätze, endlich der Rückgang im Güter⸗ verkehr; in wirthſchaftlicher Beziehung werde auch hier bis zum Selbſtkoſtenpreis herab⸗ zudrücken geſucht.— Wegen dieſer Wen⸗ dung in den Verhältniſſen, die ſich unter Anwendung des Prinzips der Vorſicht und des Zurückhaltens bei gleichzeitigem gün⸗ ſtigem Umſchwunge der allgemeinen Ge ſchäfts⸗ und Verkehrs⸗Verhältniſſe bald wieder beſſern würden, habe man beginnen müſſen, die Schuldentilgungskaſſe aus all⸗ gemeinen Staatsmitteln ſubſidiär zu do⸗ tiren. Ein glücklicher Griff ſei die 1881 vorgenommene Convertirung der 5 und 4½0/igen Eiſenbahnobligationen in 4% ige; die erzielte Zinſenerſparniß iſt hoch anzu⸗ ſchlagen, und man konnte den Vortheil noch erhöhen durch Hinausſchiebung der Tilgung auf längere Zeit. Die in der Periode zu tilgende Quote der Eiſenbahn⸗ ſchuld würde ohne die Zinſenreduktion von 10 auf 17 Millionen ſich geſtellt haben, und wenn für dieſen Betrag die allgemeine Staatskaſſe nicht hätte aufkommen können oder wollen, wäre man genöthigt geweſen, durch Schuldvermehrung die Leiſtung zu bewirken. Zur Schuldentilgung habe die Staatskaſſe aus den allgemeinen Steuern ihr Scherflein beizutragen, ſo wie jetzt auch in Hinkunft, denn die Gegenwart ſei verpflichtet, die Schuldenabtragung nicht gänzlich den Nachkommen aufzuhürden. Es müſſe von jetzt ab mit großer Sorgfalt verhütet werden, daß unrentable Bahnen auf Koſten des Staates entſtehen. An dem Be⸗ triebe ſelbſt werde weniger zu ſparen ſein, da immer wieder Neues in den Einrichtungen komme, das man gleich den anderen Bah⸗ nen einführen müſſe; die Unterhaltung des Materials und die Inſtandhaltung der Bahnen ſelbſt erheiſche Unvermeidliches.— Den Wünſchen des Herrn Abg. Lamey, größere Ueberſichtlichkeit des Rechnungs⸗ mäßigen der Finanzverwaltung betreffend, kann Abg. Friderich nur zuſtimmen, doch glaubt er es für zweckmäßiger erachten zu müſſen, daß die Eiſenbahnſchuldentilgungs⸗ kaſſe im Budget für ſich allein behandelt werde.(Nunmehr ergriff Finanzminiſter Geh. Rath Ellſtätter das Wort.) lich mit gutem Beiſpiel den„Kindern“ vorangegangen,„Wechſelt den Feind!“ worauf jeder Knabe ſein Mädchen den Vordermann abgibt und dafür deſſen Partnerin Knuecht mit dem er nun das„Kampfſpiel“ fortfetzt. So wandern die Mädchen von Arm zu Arm, bis jede Tänzerin wieder bei ihrem erſten Tänzer angekommen iſt, was der Anzahl der Theilnehmer entſprechend oft ſtundenlang währt, Stunden der de in denen die jungen Herzen in die yſterien der Nächſtenfiehe eingeweiht werden. So viel von den Enthüllungen der„Chriſtian Miſ⸗ ſion“, deren Begründetheit Hunderte leugnen und Hunderte wieder beſtätigen. Unter den Geiſtlichen, welche ſolche Monſtroſitäten zwar im Prinzip verdammen, aber in der Praxis geſtatten und ausüben, hört man viel⸗ ach die Entſchuldigung auftauchen:„Ver⸗ bieten wir die Spiele, ſo ſtehen unſere Schu⸗ len leer, denn die Kinder wollen ſpielen und eilen lieber anderen Schulen zu, wo es luſtiger hergeht.“ Als wenn die Eltern nicht auch ein Wort mitzuſprechen hätten!“ — Man ſchreibt aus Paris: Der Flick⸗ chuſter Corniare, ein Mann, der mit ſeiner Familie im hitterſten Elende lebte und hereits den idnh hatte, mit den Seinen vereint den Tod durch Erſtickung zu fuchen, begab ſich am 15. ds. zum um zu der beabſichtigten That Kohlen anzuſchaffen. Als er heimkehrte, lag ein großer Brief auf dem Tiſche, in welchem ihm von einem No⸗ tar mitgetheilt wurde, daß er von einem Groß⸗ onkel bie Summe von einer halben Million —— geexbt. Dieſe unverhoffte Rettung atte den Mann ſo ſehr a fich daß er wahnſinnig wurde, alles um ſich hecum zer⸗ auf Der Unglückliche wurde einer Irrenanſtalk Sarſerttonsprers: Die einſpaltige Petitzeile oder deren Raum 20 Pfg. Reklamen 30 Pe Aufeigen werden von allen Annoncen⸗Expeditionen, von unſeren Agenturen und Trägerinnen, ſowie im Verlag entgegengenommen Bei größeren Aufträgen Rabatt. Potationsdruck der dr. B. Haanſchen Rucdrucersi, E9,2 neben der katholiſchen Spitalkirche in Mamnheim, Telephonanſchluß Nr. 218. Handels⸗Zeitung. Sonntag, 28. März 1886. Soziales und Arbeiterbewegung⸗ — Nothſtandsnachrichten erſchallen auch aus Ottenſen bei Hamburg und aus Schwerin. In Ottenſen ſtarben zwei Kinder, deren Mutter, eine Wittwe, im Wochenbett liegt, im buchſtäblichen Sinne des Wortes Hungers und zwar in dem Augenblick, als der Polizei⸗ arzt von Ottenſen die Mutter beſuchte, um ihr Hilfe zu lei Die armen Würmer hatten in den letzten Wochen ausſchließlich von Kartoffelſchalen die ſie ſich ſelbſt röſteten, S Der Arzt lonſtatirte den rei andere Geſchwiſter hockten hungernd und frierend in der Ecke der elenden Wohnung der Wöchnerin. Der Arzt war von dem Anblick ſo erſchüttert, daß er ſofort für Nah⸗ rung ſorgte. Jetzt hat ſich die Stadt de⸗ Nothleidenden angenommen. — heber den Nothſtand in Hambur chreibt das gewiß unverdächtige„Hamburgen remdenblatt“:„Niemand hat eine reale Bor⸗ ellung von der Armuth e Familier als derjenige, der ſich die Mühe und Zei⸗ nimmt, einmal in die engen Höſe zu gehel⸗ und dort in die kleinen dunklen Wohnungenm genaunt Buden, zu treten, oder die Kell und Böden zu beſuchen, wo ſo viele Menſchen roß und klein, ihreh Lages⸗ und Rachtaufenthalt haben. Erſt dure eigene gewinnt man einen an⸗ nähernd richtigen Einblick in die wahre Notl die in der reichen Stadt Hamburg ſen von Menſchen drück. Am ſchlimmſten ſchei nen mir diejenigen Arbeiter geſtellt zu ſeig die bisher gewohnt waren, durch eigen Thätigkeit ihre Familien ausreichend zud er⸗ nähren, Ihnen es ſehr ungewohnt vos 660 milde Gaben annehmen zu müſſen Ich traf viele Familien mit 5, 6 und mehz Kindern, deren Oberhaupt über 10 Woches keinen Verdienſt mehr gehabt hatte. Stark Männer, die gerne arbeiten, blickten geheug und ernſt auf ihre unverſorgte Kinderſchaak und auf den andauernden Froſt, der die Aus⸗ ſicht 01 Erwerb in Frage ſtellt. Aus vielen Beiſpielen will ich nür einige anführen. Ein Mann wohnt bei ſeiner Frau und 3 Kindert in einem Raum, der ſonſt als Vorplatz dien Das würde nun freilich nicht angehen, wenn ſie Mobilien hätten. Auch Betten fehlten ganz, dieſe befinden ſich nebſt anderen Sachen im Leihhauſe oder ſonſtwo. Ein ſpärliches Lager auf dem Fußboden dient ihnen alz Nachtquartier. Eine andere Familie mil ſieben kleinen Kindern war ebenſo arm, aber ich ſah doch noch einige leere Bettſtellen mil alten Kleidern. Eine junge, kranke deren Mann außerhalb der Stadt Arbei ſuale ſaß entkräftet auf einer Seite der Bett⸗ telle und neben ihr lag ein 10 Wochen altes Kind im Sterben. Es fehlte Feuerung und Brot; die Bude war dunkel und feucht. Eine kranke Wittwe, die ihren Mann vorigen Herbſt durch den Tod verlor und bei Pflege ſelbſt ihre Geſundheit einbüßte, lag einem alten Sopha, umringt von ſechs übergeben. —In Berlin erſcheint demnächſt für Jügerigner eine humoriſtiſche Schrift „Der kleine Jäger“ mit nachſtehender„Wohi⸗ wollender Widmung“, welche weiterer Wür⸗ digung werth erſcheint: Werthgeſchätzte Weltenbürger! Wer wohlauf weltein will wandern, Wer Wollner, wie wir Weiſen Wer weg, was woglfahrtswidrig, Wähle woll'ne Wehewaaren, Woll'nes Wamms, wie woll'ne Wäſche Wolle wirkt wahrhaft'g Wander: Weder Wüſtling, weder Weichling Wird, wer wollumwoben wallet; Wäſſrig widerliche Witt'rung eicht, wie Wolken Winden weichen, Hiderſtandslos Wollenkieidern, Während wunderbarer Weiſe Wohlgerüche willig weilen, Wahrer Weltenwohlfahrt wegen Wünſchen wir wie woll'nen Weſen: Wolle werde Weltbekle dung, Weltenwahlſpruch Wollapoſtels Wort: Wer weiſe, wählet Wolle!“ — Uebertrieben. Unteroſſtzier Krau⸗ wurſt„Du, Carline von Apothekers hat mir wieder geſchrieben, ich ſage Dir, ſieben Seiten lang.“— Unteroffizier Bierſack:„Du ſchnurrſt doch; ein Brief hat doch man bios 4 Seiten. — Znu viel verlaugt. Köchin: Unſer Kaufmann iſt ein ganz ſchundiger Merſch! Jetzt ſind wir ihm ſchon über 400 M. ſchul⸗ dig und keinen Pfenmig Neujahrstrinkgeld hat er rid. Kaufmann: Verdammt, daß gerade drüben bei meiniem Concurrenten ein⸗ trümmerte, an den Nachbarn Mordverſuche machte und endlich zum Fenſter hinausſprang. ebrochen worden iſt! Gibt das für den nſchen e eiue Reclame!“ ——— 91 2. Seite. Baviſche Volks⸗Zeitung. 28. März. Kindern, die noch im ſchulgflichtigen Alter waren. In einer kleinen Wohnung ſprangen mir drei hübſche Kinderchen entgegen; die Mutter weinte und der Vater ſah ernſt Davein, er hatte ſchon lange vergeblich auf Arbeit gewartet. Er war nicht unhöflich, aber auch nicht dankbar, als ſeine Frau die Karten aunahm. Familien, die ſonſt ihr gutes Auskommen hatten, ſind gänzlich auf den Strand gerathen und blickten mit Sehn⸗ ſucht dem haldigen Witterungswechſel ent⸗ gegen, wo ſie durch Arbeit wieder in den Stand geſetzt werden, für ihre Familie Iu ſorgen. Was den Aublick der materiellen Noth verſchlimmert, ſind die denkbar ungün⸗ ſtigſten Wohnräume ohne Luft und Licht, in den engen Höfen, Gängen und Gaſſen, aber Das tritt vorläufig zurück vor der Frage nach Broderwerb. Der Beſuch dieſer Behauſungen menſchlichen Elends erfordert viel perſönlichen zuh und gute Nerven, aber er wird auch reichlich belohnt durch die Freude der Kinder und durch die Dankesthränen der Bedrängten.“ — So das„Hamburger Fremdenblatt,“ und Wimöchten dem nur noch die Frage hinzu⸗ Wengs ſchon Wohlthaten, denen immer Malel des Almoſens anhaftet, ſo tröſtend —— 1 Gage iwechen ürde erſt eine Geſetzgebung hervor⸗ kuſen, welche dem Arbeiter 8 ſicheres Aus⸗ men aus ſeiner Hände Atheit verſchafft? Welch eine 6600 Aufgabe winkt hier den Ver⸗ tretern des Polles und der Regierung! Aus dem Badiſchen Landtag. Karksrube, 26. März. Die Geſetzentwürfe über theilweiſe Abän⸗ derung der Gemeinde⸗ und der Städteordnung in Folge Einführung des Einkommenſteuer⸗ geſetzes wurden heute von der zweiten Kammer eiuſtimmig genehmigt. Der Abg. Schneider Garlsruhe) brachte eine Beſchwerniß zur Sprache, welche darin liegt, daß nach einer Mi⸗ Uiſterialberfügung in den Bürgerausſchußfitzun⸗ en der unter der Städteordnung ſtehenden kädte alle Abſtimmungen mit Namensaufruf vorgenommen werden müſſen. Im Karlsruher Bürgerausſchuß habe vorige Woche 16 Mal von den 192 Mitgliedern ſo abgeſtimmt wer⸗ den müſſen. Miniſterialdirektor Eiſenlohr erklärte, Abſtimmung durch Aufſtehen und Sitzenbleiben verſtoße gegen das Geſetz, wel⸗ ches in allen Fällen namentliche Abſtimmung verlange. Es wird nun wohl ein Delegirten⸗ tag der betreffenden Städte wegen Anſtrebens einer Aenderung zuſorimenberufen werden.— Was die Abänderungen in der Gemeinde“ und in der Städte Ordnung betrifft, ſo handelt es ich dahei haupſſächlich um die Erſetzung des Usfalles im Steuerkataſter, der durch das Aufhören der Erwerbſteuer entſtanden iſt, mittelſt Heranziehung der Einkommenſteuer⸗ kapitalien. Jener Ausfall umfaßt die Steuer⸗ kapitalen des perſönlichen Verdienſtes der Her ebetreibenden und des Ertrags aus Arbeit, Dieuſtleiſtungen u dergl., im Ganzen betragend 665,843,469 Mk. Politiſche Ueberſicht. Deutſches Reich. Karlsruhe, 26. März. Ueber das Be⸗ finden des Erbgroßherzogs iſt heute Vor⸗ mittag folgendes Bulletin ausgegeben wor⸗ den: S. K. H. der Erbgroßherzog wurden geſtern Nachmittag durch einen dreiſtündigen Schlaf erquickt, auch die Nacht verlief unter geringen Beſchwerden und genügen⸗ dem Schlaf. Gelenkaffektion noch immer wechſelnd, aber gering. Rechtsſeitiger Pleurgerguß unverändert, der linksſeitige nahezu vollſtändig zurückgegangen. Fieber auch heute mäßig. Gr. bad. Hof⸗ und National⸗Theater in Mannbeim. Freitag, den 26. März 1886. Die Hochzeit des Figaro, Große Oper in 4 Abtheilungen. Muſik von Mozart. VB.„Heil'ge Ordnung, ſegenreiche Himmels⸗ tochter“ ja, wohin iſt dieſe Ordnung ver⸗ ſchwunden? Man kann ſich wirklich auf gar nichts mehr verlaſſen, nicht einmal auf die kraditionell nach Oper und Schauſpiel beſtimm⸗ des ehrwürdigen Mannheimer aters. t einiger Zeit werden mit einer bedenk⸗ Sorgloſigkeit alle möglichen Opern auf Freitag ingeworfen, der her der die vorbehalten war und ich meine, n ollte dieſe wohl bemeſſene Reihenfolge Such für die nächſte Zukunft feſthalten— wenn auch fernerhin im Stande iſt, geſprochene bdien aufzuführen, dagegen der Oper am ge eine etwas fühlbarere Fürſorge an⸗ fih n laſſen. Die Emanzipationsluft wie ſich in der untereinandergewürfelten Reihen⸗ olge der einzelnen Gattungen zu erkennen gibt, iſt ja etwas ſehr Schönes, ſchr ſchön iſt es auch, wenn man ſagen kann, wir geben die und die Oper zu jeder Stunde—jedoch nicht ſchön iſt der Figaro geſtern geweſen. Ich wöchte ganz entſchieden für eine von Grund 7 ſorgfältige und peinlich gewiſſenhafte ———— diefer opers buffa Plaidiren eine dierung, die ſich gleichmäßig auf Ka⸗ pellmeiſter wie Regiſeur erſtreckte. Jener Würde der drüben Art des Singens und —— wie ſie jetzt den göttlichen Mozart Ut, zu ſteuern haben, dieſer würde den Darſtellungsmodus auf eine böhere Stufe zu leien haben. Ich würde mich überhaupt glücklich ſchätzen, wenn ich wieder einmal die wohlthuende Wirkung eines Regiſſeurs in der Oper verſpüren könnte. Nan wir haben ja in Kürze einen Opern⸗ kegiſſeur in der Perſon des Herrn Meiſter von dem Stadttheater in Bielefeld zu er⸗ Warten, vielleicht gelingt es dieſem Herrn, Theater, Kunſt u. Wiſſenſchaft. München, 26. März. Der Bankerott der königlichen Kabinetskaſſe bildet hier das Tagesgeſpräch. Dem„Würzburger Journal“ ſchreibt man von hier⸗„Rath Klug hat entſchieden Pech. So oft er in Reußen oder in Preußen einen Finanz⸗ mann aufgegabelt hatte, der zu chriſtlichen Zinſen einen Millionenpump bei ſich an⸗ legen zu laſſen gewillt iſt, ſcheitert der Abſchluß der klüglichſt ausgetüpfelten Verträge immer und immer wider an dem Widerſpruch des undiskutirbaren Punktes. Der reinſte Ca⸗ binetskaſſentantalus— da liegen ſie die blanken Dukaten, er braucht nur zuzu⸗ langen— da reißt ihn eine ſtarke Hand wieder zurück. Kein Wunder, daß dieſe Tantalusrolle einem klugen Mann nach und nach unbequem wird. Herr Rath Klug wird es deshalb mit Freuden be⸗ grüßen, daß bereits ein neuer Cabinets⸗ caſſabeſchließer gefunden iſt in der Perfon eines jungen, erſt vor ein paar Monaten in den Oberſtallmei⸗ ſterſtab eingetretenen Beamten. Es iſt dies der Stabskaſſier von Segriz, früher Adminiſtrator des Schloßgutes und der Brauerei auf Herrenchimſee. Der⸗ ſelbe hat ſich bereits in Hohenſchwangau vorſtellen müſſen. Ob er aber annimmt, iſt noch zweifelhaft.(Das Würzburger Journal bemerkt dazu:„Warum denn nicht? Beſondere Angſt, daß ihm aus der Cabinetskaſſe was geſtohlen wird, braucht er nicht zu haben.“) Berlin, 27. März. In der geſtrigen Reichstagsſitzung wurde das Branntwein⸗ monopol in zweiter Leſung berathen. Nachdem Abgeordneter Hertling über die Kommiſſionsberathung referirt hatte, er⸗ griff Fürſt Bismarck das Wort, um in längerer Rede die Gründe darzulegen, welche die Regiernug zur Einbringung der Monopofnorlage beſtimmt hätten. Am Schluſſe ſeiner Rede bemerkte derſelbe, daß die Regierung im Falle der Ableh⸗ ziug der Vorlage zunächſt eine Brannt⸗ wein⸗Konſumſteuer vorlegen werde. Abg. Helldorf erklärte Namens der conſervativen Partei, daß ſie ſich der Abſtimmung ent⸗ halten werde. Abg. Fiſcher(national⸗ liberal) bemerkte, ſeine ſüddeutſchen Freunde ſeien im Prinzip für das Monopol, würden daſſelbe zukünftig auch annehmen, wenn die Intereſſen der füddeutſchen Brauer ebenſo gewahrt würden, wie in der gegen⸗ wärtigen Vorlage. Abg. Richter wendete ſich hauptſächlich gegen die Ausführungen des Fürſten Bismarck. Nachdem Letzterer in kurzer Rede dem Abg. Richter replicirt, wurde die Weiterberathung auf heute ver⸗ ägk⸗ Eine wie große Ermüdung unter den Reichstagsabgeordneten Platz gegriffen hat und wie groß die Unluſt derſelben, an den Sitzungen Theil zu nehmen, beweiſt die Thatſache, daß die ſogenannte Arbeiter⸗ ſchutz⸗Commiſſion bereits drei Sitzungen anberaumt hat, um den Bericht über ihre Beſchlüſſe, betreffend die Frauen⸗ und Kinderarbeit, feſtzuſtellen, der Verſuch aber das Darſtellungsniveau derartiger muſikali⸗ ſcher etwas in die Höhe zu treiben. Das nothdürftige Zuſammengehen darf für fernere Figaro⸗Aufführungen nicht mehr ge⸗ nügen, zu der feineren ſchauſpieleriſchen Aktion muß ein noch ſorgfältiger abgemeſſenes muſi⸗ kaliſches 9 kommen, es muß flüſſiger, eleganter geſungen werden; die muſikaliſche Converſation darf nicht in dem Tone Moſer'⸗ ſcher Luſtſpiele geführt werden, ſie muß ſich mehr dem Luſtſpielton Bauernfeld's und Seribe's nähern. Frlu. Dornewaß hat, wie ich vermuthe, die Partie des Pagen eben ſo raſch übernommen, als überhaupt die Figaro⸗ Aufführung inaugurirt wurde, ſie ſchien nicht allein muſikaliſch nicht gauz fertig zu ſein, auch eine beklemmende Befangenheit lähmte hörbar ihre ſtimmlichen Mittel. In dem letzten Finale klang ihre Stimme recht friſch, erſt hier ſchien ſie die rechte Fühlung mit dem Orcheſter zu gewinnen. Mozart zu ſingen iſt ſchwer, unſagbar ſchwer; das, was für erfahrene Sänger ein Moment des Schwankens iſt, darf natürlich eine Aufängerin nicht ungeſtraft wagen. Ich wünſchte für Frlu, Dornewaß eine mehr allmählige Her⸗ anbildung zu den ihr erreichbaren Partieen, als ich ſie in der plötzlichen Uebertragung des Cherubin erkennen kann. Fräulein Pro⸗ haska weiß ja mit allen Mitteln der Ge⸗ ſangskunſt zu ſingen, doch zweierlei ge⸗ fällt mir nicht an ihr, zunächſt, daß ſie faſt immer den Höhepunkt einer Paſſage unnatürlich piano anſetzt, es klingt alſo immer wie Sp ſtatt Ik— gerade wie wenn der Redner den Culminationspunkt ſeines Gedankenaufbau's plötzlich in leiſeſtem Flüſtertone vortragen würde und zweitens mißfällt mir, bei Mozart mehr wie je, die unedle Brohaste der Vocale und Diphtonge. Fräul. Prohaska ſprach geſtern, in der für meinen Geſchmack himmliſchen Arie in Fedar, ein ſo entſetzlich prononeirt ſlaviſches„Trau⸗ ter“ aus, daß 0 nicht übertreibe, wenn ich ſage, daß ich erſchrocken bin über dieſen ſelt⸗ ſamen Lautklang, Die Darſtellerin der Marzellinel Ja, was e Verkläden jedesmal ſcheiterte, weil die Commiſſion nicht beſchlußfähig war. Auch die Wahl⸗ prüfungscommiſſton hat mehrere vergebliche Anläufe gemacht, zu einem Beſchluß über die Wahl des Abg. Lotz in Kaſſel zu kom⸗ men, die wahrſcheinlich für ungültig er⸗ klärt werden wird; der Beſchluß konnte aber bis heute noch nicht gefaßt werden, weil nie die Hälfte der Commiſſionsmit⸗ glieder zuſammengebracht werden konnte. Aus der Pfalz, 27. März. Die So⸗ zialdemokratie beabſichtigt in der Pfalz eine regere Agitation zu entfalten und zu dieſem Zwecke ein eigenes Blatt herauszu⸗ geben, das in Kaiſerslautern täglich als „Abendblatt“ er n ſoll. Herr Dr. Schöndank wird von München dorthin überſiedeln und die Redaktion übernehmen. Es wird dabei auf hinreichende Verbrei⸗ tung des Blattes in den Bezirken Kaiſers⸗ lautern, Kirchheimbolanden, Speyer, Lud⸗ wigshafen, Frankenthal und Pirmaſens gerechnet, woſelbſt die Sozialdemokratie in der Pfalz die meiſten Anhänger zählt. Ausland. Brüſſel, 26. März. Während des geſtrigen Arbeiter⸗Meetings hatten ſich etwa tauſend Perſonen vor dem Verſamm⸗ lungslokal eingefunden, welche ſich jedoch ruhig verhielten. Der Platz war von der Polizei beſetzt. Nach Beendigung des Meetings, in welchem heftige und auf⸗ reizende Reden gehalten wurden, fand eine Zuſammenrottung ſtatt; die„Marſeillaiſe“ wurde geſungen und es wurde verſucht, einen Zug zu bilden, was jedoch die Polizei verhinderte. Wien, 26. März. Wie die„Politiſche Correſpondenz“ meldet, iſt die Hoffnung, das ruſſiſche Cabinet für die Wiedereröff⸗ nung der Verhandlungen über Bulgarien auf Grund der von Italien angeregten einfachen Ernennung des Bulgarenfürſten zum.⸗Gouverneur von Oſtrumelien zu gewinnen, geſchwunden und anderſeits iſt für eine Sinnesänderung in Sofia bisher noch kein Anzeichen wahrzunehmen. Die Mächte verhandeln zwar fortgeſetzt mit einander, doch beginnen ſich unvertennbar in der diplomatiſchen Welt veſſimiſtiſche im Caſe Pictoria ſtatffinden ſollte, konnte, da ſtatutengemäße Anzahl von Mitgliedern nd war, nicht abgegalten werden, ten Freitag den 2. April d. J iſt Präſidiums eine weitere Ge⸗ nlung anberaumt. lſchaft Slymp. Bei der heute allhaus ſtattſindenden Abendunter⸗ gelaugt außer Muſikpiecen, Zither⸗ „Declamationen ꝛc. das einaktige Der Antiſemit“ von Max Werdlich ung. e. Unſerer ſchulpflichtigen Jugend Vergnügen, ſobald ſie an irgend Plakat erblickt, en; wir wollen ldigen, da eben gewiſſen Art von er Beziehung entſe ider von eir Zerſt wuth beſeſſen ſind. Es gibt eben jedoch auch alte und erwachſene Kinder, welche ſich di Fergnügen erlauben; ſo hatten wir hei rüh Gelegenheit, wie ein im beſten Alter ſtehender junger Meuſch ſich das Ver⸗ gnügen machte, friſch aufgeklebte Plakate ein⸗ ſach abzureißen. Wir machen darauf auf⸗ merkſam, daß das Abreißen friſch aufgeklebter Plakate durch den Pächter geahndet werden kann. 0 Berichtigung. In unſerem Referat über den Experimentalvortrag in der Geſellſchaft „Thalia“ iſt ein Satz enthalten der da heißt:„bisher ſei es keinem Menſchen ge⸗ lungen, die Entſtehung der Elektrizität nachzuweiſen, dies iſt nun allerdings falſch und ſollte ſtatt„Entſtehungl,„Urſtoffe heißen, was wir Biermit berichtigen. Herrn W. G. hier. Sie ſind in der Nacht vom 22./3. Dezember v. J. mit dem Zuge, der um 12 Uhr 30 Min hier eintreffen ſollke, infolge einer Verſpätung aber erſt gegen 12 Uhr 40 Minuten einfuhr, hier an⸗ gekommen, haben ſich auf dem Wege in Ihre Behauſung in einer Wirthſchaft in G 6 nur ſo lange aufgehalten, als erforderlich war, um ſich zu erſriſchen, ſind auf Anzeige eines Schutzmannes wegen Ueberſizens mit 3 Mark belegt und Ihre an den Herrn Landeskommiſſär gerichtete Beſchwerde iſt abſchlägig beſchieden worden, Während Sie durch Zeugen zu erhärten erbötig ſind, daß Sie ſich nur wenige Minuten in d betr. Wirthſchaft aufgehalten haben, bleibt der Schutzmann bei ſeiner Anzeige, daß er Sie erſtmals in dieſem Lokale um halb ein Uhr und ſodann wieder um dreiviertel ein Uhr angetroffen habe, ſtehen. Indem Sie Ihre Beſchwerde an die vor⸗ geſetzte Verwaltungsbehörde gerichtet haben, ſind Sie der Möglichkeit die Sache zur ſchöffengerichtlichen Verhandlung und damit zugleich unter den Eid Ihrer gewünſchten Telegramm. Karlsruhe, 27. März, 9 Uhr 45 M. Der Erbgroßherzog hatte, wie mir mit⸗ getheilt wird, eine ganz gute Nacht; man glaubt, daß derſelbe noch keine ſo gute ſeit ſeiner Erkrankung verbracht hat. Auch heute früh war das Befinden gut.(M. A. Vom Tage. b Errichtung einer Velocipedbahn. Der hieſige Velociped⸗Club wird in der Nähe des Roſengartens eine Fahrbahn nebſt Regui⸗ ſitenhaus errichten und wird mit der Her⸗ ſtellung der Bahn nächſten Montag begonnen werden. b. Generalverfammlung. raumte Generglverſammlung Velocipediſten⸗Verei Wenn man keine Stimme hat, müßte man doch eigentlich ſprechen können, wenn man das auch nicht kann, könnte man vielleicht verlangen, daß recht feine Darſtellung dieſe Mängel erſetzen würde. Wenn man aber dies auch nicht kann, wenn man fortwährend mit dem Oberkörper die unmöglichſten Bewegungen macht, mit dem Fächer, anſtatt ſich Kühlung zuzuführen, in die Hände ſchlägt und zwar vernehmbar in die Hände ſchlägt— ja, was dann? So beträgt ſich weder eine ſpaniſche Dame, noch ſollten derartige Kraftäußerungen auf der Bühne Dalberg's geduldet werden. Frau Seubert verſchaffte uns wieder einen wahren Ohrenſchmauß durch den Vortrag — beiden Arien, Herr Mödlinger that das eſtmögliche. Der ſchlechte Witz mit der falſchen Betonung des Wortes„Mutter“, wie ihn Don Crazio gewiſſenhaft jedesmal reca⸗ pitulirt, hat nachgerade aufgehört, ein Witz zu ſein. Die anbe⸗ des hieſigen welche geſtern Abend Serr Stur y. Daß Herr Drach, welcher einſt bei den Meiningern geweſen iſt, als ſolcher eine gute Schule genoſſen und am Hoftheater zu Mün⸗ chen als junger Heldenſpieler und jugendlicher Heldenliebhaber Erfolge erzielt hat, ebenda⸗ ſelbſt ſoeben als„Macbeth“ durchgefallen iſt, hat ſoweit noch nichts Bemerkenswerthes. Intereſſanter aber iſt die Mittheilung, welche aus München herüberkommt, daß man ernſt⸗ haft nach einem Erſatze für Herrn Drach als jugendlicher Heldenſpieler ſich umſieht und von München aus ein Auge auf unſeren jugend⸗ lichen Helden Herrn Stury geworfen hat. Dieſer Letztere wird ſchon im kommen⸗ den Monat daſelbſt ein Gaſtſpiel abſol⸗ viren und bei dem Talente, das dem n Künſtler eigen iſt, mit unzweifelhaftem Erfolge. Dabei wird aber weniger eine ab⸗ erundete, künſtleriſche Vollkommenheit den usſchlag geben, als vielmehr die für jeden unbefangenen Beurtheiler auf den erſten Blick leicht erkenntliche Bldungsfähigkeit und außer⸗ Begabung Stury's Wir ſind feſt von daß die Münchener, denen ein ener Anſchauungen Bahn zu brechen So ungern wir Zeugen zu bringen, verluſtig gegangen. Es verbleibt Ihnen noch der weitere 1 55 ſich an Gr. Miniſterium des Innern, als d oberſte Polizeibehörde des Landes zu wenden. Der Herr Landeskommiſßär hat ſich, nach Lage der Akten, an die Bahnbehörde(Fahr⸗ dienſtbureau) gewendet; dieſe letztere hat ſcheinigt, daß der, Feken ſſende Zug am 22 November eine Verſpätung ni 5 habe. Allein bei Ihnen handelt es ſich doch um den 22. Dezember. Vielleicht iſt der Irrthum in den Monaten der Grund zum abweiſenden Beſcheide des Herrn Landes⸗ kommiſſärs geweſen, Suchen Sie vor allem Datum und Verſpätung klar zu ſtellen, denn die Angabe der Bahnbehörde iſt die Voraus⸗ ſetzung für die Verfügung des Herrn Landes⸗ kommiſſärs geweſen. Ihre Atten ſenden wir Ihnen heute zurück. Herr B. H. hier.§ 123 Abſ. 8 der Ge⸗ werbeordnung beſagt:„Vor Ablauf der ver⸗ tragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündi⸗ gung können Gehülfen und Geſellen entlaſſen werden, wenn ſie zur Fortſetzung der Arbeit unfähig werden. Herrn Stury ſcheiden ſehen würden, ebenſo ſehr wünſchen wir ihm in ſeinem eigenen Intereſſe ein möglichſt 5 Unterkommen da, wo ein geſunder künſtleriſcher Geiſt weht und ihm das ermöglicht wird, was ihm hier nicht gegeben werden konnte und was man einem jungen auſſtrebenden Talente doch eigentlich pflichtgemäß ſchuldig wäre: die Möglichkeit ſich zu vervollkommnen und weiter zu bilden. Man verſteht es bei uns nicht, junge Talente zu bilden; die Schuld darin liegt jaa im ganzen Syſteme Bei uns glaubt man Wunder was für die Unſterblich⸗ keit gethan zu haben, wenn man als Theater⸗ Comité⸗Mitglied oder artiſtiſcher Direktor eine mittelmäßige Novität pouſſirt, dieſelbe mit den erforderlichen Beleuchtungs⸗Effekten auf die Bühne bringt und bei ſeſtlichen Gele⸗ genheiten den ſchwarzen Frack und weiße Handſchuhe anzieht. Im Uebrigen aber läßt man den lieben Gott ſorgen und vertraut man auf die Engelsgeduld des Publikums und die Willfährigkeit unſerer Stadtväter. Die liebe Mittelmäßigekit macht ſich an unſerer Bühne immer mehr breit, wirkliche Taleute läßt man ziehen, weil man ſie nicht zu halten und zu bilden verſteht und unſer Hoftheater wird zu einer Verſorgungs⸗Anſtalt unmgeſtaltet. — Aus Frankfurt a. wird geſchrie⸗ ben: Der berühmte Pariſer Barikoniſt Laf⸗ ſalle wird am nächſten Montag in unſerm Opernhauſe als„Rigoletto“ auftreten und nur dieſes eine Mal ſingen. Herr Kamimer⸗ ſänger Nachbaur wird noch bis Ende dieſes Monals hier gaſtiren, worauf in der erſten Hälfte des April Herr Perrotti eintrifft. Neu einſtudirt wird mit Herrn Nawiasky als„Alberich“, Frau Luger als„Fricka“ und Frln. Jäger als„Freya“ Richard Wagner's „Rheingold“.— Wildenbruch's Tragödie „Das neue Gebot“ iſt eine der nächſten No⸗ vitäten des Schauſpielhauſes. — Alyhonſe Daudet hat ſeinen Roman „Numa Roumeſtan“ unter dem Titel„Nord und Süd“ zu einem Drama umgearbeitet. Dasſelbe wir 5 am Odeon⸗Theater in Paris erſtmals zur im Läufe des nächſten Winters ausgeſpro—— Geſchmack und Sinninne⸗ wohnt. ſich Hru. Stury zu ſichern ſuchen werden. Aufführung gelangen.