4. Seite/ Nummer 94 — Neue Mannheimer Zeitung/ Abend⸗Ausgabe Mittwoch, 25. Februar 1931 Zwiſchenfall bei Zugabfahrt * Haßmersheim, 24. Febr. Wie verlautet, iſt geſtern morgen der beſchleunigte Perſonenzug abgefahren, ohne abzuwarten, bis alle Paſſagiere das Abteil betreten hatten. Die Leute, un⸗ gefähr 15 Perſonen, hingen an dem immer ſchneller ſahrenden Zuge und ſchrien„Halt“. Der Zug hatte bereits 30 Meter Fahrſtrecke zurückgelegt, bis alle Fahrgäſte in den Abteilen waren. Wie durch ein Wunder iſt kein Menſchenleben zu beklagen. Sträflicher Uebermut * Dieſtelhauſen(A. Tauberbiſchofsheim), 25. Febr. Einen böſen Scherz, der den Beteiligten mehrere Wochen Gefängnis eintragem kann, erlaubten ſich abends drei angetrunkene Burschen. Sie überfielen am Ortsausgang ein ihnen bekanntes Mädchen von auswärts, als dieſes das Dorf verlaſſen wollte, riſſen ihm die Kleider vom Leibe und rieben es mit Schnee ein. Die drei können jetzt im Bezirksgefäng⸗ nis Tauberbiſchofsheim über ihren Streich nach⸗ denken. Erfreuliches aus der Zigarreninduſtrie *Bruchſal, 24. Febr. In Untergrombach hat die Zigarrenfabrik Lin dauer u. Co. den Betrieb wieder voll aufgenommen. Obwohl auch anderwärts die Betriebe der Zigarrenbranche teilweiſe die Ar⸗ beit wieder aufgenommen haben, beziehen im Be⸗ reiche des Arbeitsamtsbezirks Bruchſal immer noch 7000 Perſonen die Tabakarbeiterunterſtützung. Das erſte Opfer der Gasfernverſorgung Staufen, 25. Febr. Der von ſeiner Frau ge⸗ trennt lebende Arbeiter Siebold wurde ſeit meh⸗ reren Tagen nicht mehr geſehen. Aus ſeinem Haus dringender Gasgeruch veranlaßte die gewaltſame Oeffnung des Hauſes. Dort ſtellte man feſt, daß Siebold Türen und Fenſter abgedichtet hatte und den Verſchluß der Gaszuleitung aufgeſchraubt hatte. Er ſelbſt wurde tot im Bett liegend aufgefunden. Es liegt zweifellos Selbſtmord vor. Der Tod dürfte bereits am Freitag eingetreten ſein. In das Sie⸗ boldſche Haus war erſt die Gaszuleitung gelegt wor⸗ den. Die Montage der Brennſtellen ſollte in dieſer Woche erfolgen. Selbſtmordverſuch eines Diebes Ueberlingen, 25. Febr. Der Dienſtknecht Robold hatte einem hieſigen Landwirt 425, die er bei einem Kuhverkauf einkaſſterte, unterſchlagen. In Riedern a. W. konnte er wegen Zechprellerei ſeſtgenommen werden. Er hatte nicht nur das Geld verbraucht, ſondern noch 21 I Zechſchulden ge⸗ macht. Ein Selbſtmord durch Erhängen wurde von dem Gaſtwirt vereitelt. * Heidelberg, 25. Febr. Regierungsrat Dr. Schuehly bei der hieſigen Polizeidirektion iſt vom Staatsminiſterium zum Landrat in Wald⸗ kirch ernannt worden. Dr. Schuehly iſt 43 Jahre alt. Er wird ſein neues Amt etwa im Mai über⸗ nehmen. sch. Schriesheim, 24. Febr. Schon längere Zeit trägt man ſich hier mit dem Plan der Errich⸗ tung einer Milchzentrale, damit die hieſi⸗ gen Milcherzeuger dorthin ihre Milch abliefern könnten. Jetzt ſcheint dieſe Abſicht greifbare For⸗ men anzunehmen, da dieſe Frage in einer Ver⸗ ſammlung hieſiger Milcherzeuger zur Erörterung ſtand. Es wurde beſchloſſen, demnächſt in einer Verſammlung eine Ausſprache zwiſchen Produzenten und Verbraucher herbeizuführen, von deren Er⸗ gebnis es abhängt, ob der Plan Wirklichkeit werden wird. Schopfheim, 25. Febr. Aus unbekannten Grün⸗ den hat ſich der 51 Jahre alte verheiratete Färber Edwin Braun erhängt. Man nimmt an, daß ihn wirtſchaftliche Schwierigkeiten kopflos gemacht haben. MET se MEL FARBEN FABRIK MANNMEIU ROMAN vox HENR. ZECKEN DORF„ NAOHDDRUCK VENBOTEN 30 In ben wenigen Tagen, die Lutz von Mannheim abwesend war, hatte ſich viel Arbeit angeſammelt. Ex ſtürzte ſich gleich in der erſten Stunde der Rückkunft in den Betrieb. Sein Ohr trank den ſtählernen Lärm der Maſchinen, das Schnurren der Riemen, mit dem ganzen Körper genoß er den hämmernd brauſenden Takt des Werkes, durch Mund und Naſe ſchlürfte er die ſchweflig ſchweren Schwaden in die Bruſt, als wären ſie reine, erfriſchende Briſe de Meeres. Das zal gut, wieder in Schwung zu ſein. Diktieren, an⸗ ürdnen, dazwiſchen telephonieren, eine Beſprechung, inüber ins Werk, wieder ans Telephon, Berichte entgegennehmen. Er bemerkte gar nicht, daß er un⸗ gewöhnlich haſtig ſeine Befehle gab, gereizter als ſonſt, wenn irgend etwas nicht klappte. Gegen ſeine Gewohnheit ſchrie er Angeſtellte an, die ihn nicht ſo⸗ ſort verſtanden. Nur in kurzen Pauſen ſchlen er ſich ſelbſt eine Maſchine, die leer lief mit mächtigem Ge⸗ 18ſe. Er nahm den Zettel vor, den Klaus ihm hinter⸗ laſſen hatte. Alſo Klaus war fort. Natürlich, war nicht anders denkbar. Die Rechtsabteilung telepho⸗ niere wegen eines Streites, den man mit einer Kon⸗ kurrenzfirma hatte. Man müßte unbedingt ein „Exempel ſtatuieren“, ſchlug eine Stimme Lutz ins Ohr, entweder habe man Geſetze oder nicht. Klagen. Sutz biß die Lippen aufeinander. „Bitte, ja! In drei Teufels Namen, klagen Sie.“ Er ſchlug den Hörer in die Gabel. Man hatte Ge⸗ ſetze, Geſetze müſſen gehalten werden, ſelbſtverſtänd⸗ lich. Oder nicht? Aber erſt muß man doch wiſſen, ob man im Recht iſt. Oder nicht? Und Recht? wo iſt das Recht? Wo Papier iſt, Geſetze, Paragraphen? Haben ſich Eroberer je um Geſetze geſchert? Das war auch ein Geſetz, daß der Stärkere, Begabtere, Genla⸗ lere das ſchwächere Hirn verdrängen muß. Wo war Hier das ſchwächere Gehirn. Bei Klaus, der in laut⸗ loſer Arbeit in ſeinem Laboratorium der Wirtſchaft Neue Grundlagen ſchuf, der mit einer neuen chemi⸗ ſchen Formel größere Umwälzungen hervorrief, als Tauſende auf Barrikaden tobend erkämpfen konnten? ut, aber wer mußte dieſen Formeln erſt Leben ein⸗ Konkurs- und Meineidsprozeß Schulten * Heidelberg, 24. Febr. In dem Prozeß wegen betrügeriſchen Bankerotts und Meineides gegen Frau Schulten nahm die Zeugenverne hmung heute ihren Fortgang. Frau Schulten wird ſehr belaſtet. So ſagen der Ge⸗ ſchäftsführer und das Perſonal aus, daß die Ange⸗ klagte einige Wochen vor dem Zuſammeunbruch Weine und Liköre in einem Kartoffel⸗ keller verſteckt und ſo beiſeite geſchafft hat. Der mitangeklagte Schwager Eiſenbeiß ſoll hierbei be⸗ teiligt geweſen ſein. Dieſe Dinge kamen durch einen Hausbewohner ans Tageslicht. Nach Ab⸗ legung des Offenbarungseides habe Frau Schulten einen Pelzmantel an ihre Nichte verſchenkt. Weil Frau Schulten wußte, daß der Gerichtsvolltzieher die Tageseinnahmen des Lokals jeweils holen kam, mußte der Geſchäftsführer den Kellnern abends vor⸗ zeitig das Geld abkaſſieren. Der Geſchäftsführer beſchuldigt Frau Schulten ſchwer, während die Angeklagte behauptet, durch ihn auf den Gedanken des vorzeitigen Abrechnens ge⸗ bracht worden zu ſein. Geſchäftsführer Hippe be⸗ kundete weiter, in Karlsruhe habe Frau Schulten das Gloria⸗Kino ohne Wiſſen des dortigen Geſchäfts⸗ führers ihrem Schwager Eiſenbeiß übereignet, um es vor Pfändung zu ſichern. Frau Schulten gab früher an, daß beide Kinos Eiſenbeiß gehörten, während nach Ausſage des Karlsruher Geſchäftsführers das Palaſt⸗ Kino heute noch Frau Schulten gehören ſoll. Der Hauseigentümer des Gloria⸗Kinos wußte nichts von der Uebereignung an Eiſenbeiß und belaſtet Frau Schulten durch ſeine Ausſagen ebenfalls ſehr ſchwer. Gerichtsaſſeſſor Dr. Bruner, der ſ. Zt. den Offenbarungseid abnahm, äußerte ſofort den Ver⸗ dacht, daß es ein Meineid ſei.—Mechaniker Eiſenbraun⸗ Karlsruhe entlaſtet die Angeklagte inſofern, als er der Ueberzeugung Aus⸗ druck gab, ſie ſei ein Opfer der ſchlechten Geſchäftslage und hätte bei Beſſerung der Verhältniſſe ihre Gläu⸗ biger beſtimmt befriedigt. Als weitere Zeugen wurden die Inhaber der Weinfirma Gebr. Feſer⸗ Heidelberg vernommen. Bürkleprozeß * Freiburg, 24. Febr. Vor dem Erweiterten Schöffengericht Freiburg begann heute vormittag unter großem Andrang des Publikums die Verhandlung gegen die beiden In⸗ haber des im November 1929 zuſammengebrochenen Bankhauſes Bürkle u. Co. in Freiburg, den im Jahre 1876 geborenen Otto Bürkle und den im Jahre 1888 geborenen Karl Herling. Die Anklage lautet auf betrügeriſchen Banker ott, Untreue, Betrug und Depotunterſchlagung. Das Bankhaus mußte im November 1929 die Zahlungen einſtellen. Die beiden Inhaber ſind ſeit⸗ dem in Unterſuchungshaft. Die Paſſiven der Kon⸗ kurseröffnungsbilanz überſtiegen die Aktiven um Im Dezember 1929 waren zum erſten Mal Wechſel der Angeklagten nicht eingelöſt worden, wodurch das Vertrauen der Firma Feſer zu der langjährigen Kundin erſchüttert wurde. Man ließ ihr jedoch den Wein in Kommiſſion auf Lager. Bei einer Nach⸗ prüfung fehlten Weine im Werte von rund 1000. Es beſtand der Verdacht, daß aus dieſem Wein ſich der mitangeklagte Schwager Eiſenbeiß ſelbſt ein La⸗ ger eingerichtet habe. Eiſenbeiß beſtreitet zwar, doch ſagte der Zeuge Fritzel⸗ Mannheim aus, daß Eiſenbeiß aus den Einkünften des Gloria⸗Kinos in Karlsruhe kaum etwas für ſich übrig behalten habe, auf jeden Fall aber habe er kein Geld gehabt, ſich ein Weinlager zu⸗ zulegen. Eiſenbeiß konnte ſich auch über die Herkunft ſeines Weinlagers nicht genügend ausweiſen. Ein Kriminalſekretär, der im Odeon⸗Heidelberg Hausſuchungen hielt, fand in einem benachbarten Kartoffelkeller 500—600 Flaſchen Wein, und zwar wertvolle Spitzenmarken. Durch die Ge⸗ richtsvollzieheret wurden Anfang 1930 wlederholt fruchtloſe Pfändungen vorgenommen. Der die Frau Schulten behandelnde Arzt Dr. Weiß erwähnte, daß die Frau hochgradig zuckerkrank ſei und daß man 1929 unmittelbar mit ihrem Ableben gerechnet habe. Dies ſei auch damals durch den hinzugezogenen Geheimrat Krehl beſtätigt worden. Wegen des angeblich an die Nichte verſchobenen Pelzmantels wurden die Inhaberin und das Perſonal des betreffenden Mannheimer Pelzgeſchäftes vernommen, ebenſo die Nichte ſelbſt und deren Vater. Aus dieſen Ausſagen unterſtellte das Gericht zu Gun⸗ ſten der Angeklagten, daß der ſtrittige Pelzmantel von der Firma 1928 bis 1930 eingelagert worden ſei, ſodaß kein Beweis geführt werden könne, daß Frau Schul⸗ ten dieſen Mantel nicht, wie ſie angibt, im Mai 1928 ihrer Nichte zum Geburtstag geſchenkt hat. Wenn das Gericht auf dieſem Standpunkt beharrt, fällt die Anklage wegen Meineids zuſammen und es bliebe nur noch die Klage wegen betrügeriſchen Bankerotts. Die Zeugenvernehmungen ſollen am Mittwoch zu Ende geführt und die Plaidoyers begonnen werden. Man rechnet damit, daß die Urteilsverkündung nicht vox zwei bis drei Tagen erfolgen kann. ch⸗ in Freiburg etwa 15 Millionen. Die Konkursquote dürfte ſich auf höchſtens 10 Proz. ſtellen. Zahlreiche Geſchäfts⸗ leute aus Freiburg und Umgebung ſind um teilweiſe recht beträchtliche Summen geſchädigt worden. Der Beginn des Prozeſſes wurde bereits ſchon vor vier Wochen angeſetzt, mußte aber auf heute verſchoben werden, weil der Hauptgläubiger Artur Liebes in Lugano, deſſen Guthaben bei dem Bank⸗ haus Bürkle etwa zwei Millionen Schweizer Franken betragen haben ſoll, das aber durch zahl⸗ reiche Sicherungsübereignungen zum großen Teil geſichert war, der Vorladung keine Folge leiſtete. Das Gericht muß daher auch in dem jetzt begonnenen Prozeß auf ſeine Vernehmung verzichten. 00 ⁰˙ m ³ ³ WW 2 Landesverſicherungsanſtalt Baden * Heidelberg, 25. Febr. Am Samstag fand die alljährliche ordentliche Sitzung des Ausſchuſſes der Landesverſicherungs⸗ anſtalt Baden im Tuberkuloſenkrankenhaus Rohrbach bel Heidelberg ſtatt. Der Vorſitzende des Vorſtandes der Landesverſicherungsanſtalt Baden, Präſident Rauſch⸗ Karlsruhe, eröffnete die Sitzung mit herz⸗ lichen Begrüßungsworten. Zum Ausſchußvorſitzen⸗ den wurde für die diesjährige Amtsperiode der Ver⸗ treter der Verſicherten, Verwaltungsdirektor Stock⸗ Heidelberg, gewählt. Den Bericht über die Jahres⸗ AMaſen, was waren ſie ohne Hirn und Fauſt, die ſie in Tat umſetzten? War der Geanke Diener der Tat oder die Tat Werkzeug des Gedankens? Lutz ſprang auf, Hitze überflutete ihn, er rieb ſich die heiß gewor⸗ denen Hände am Taſchentuch ab. War es ſo weit, daß er an ſich zweifelte? Herrgott noch einmal! Nur das nicht. Er riß ſich zuſammen. Das Auto. Los. Zwei Stunden raſte er in der Stadt umher. Zum Krankenhaus. Ins Stift zur Oberin Beatrix. Wieder zurück in die Stadt zur Wohnung Vitalis. Noch von unterwegs rief er bei Rechtsanwalt Benting an. Wann eine Beſprechung möglich ſei. „Wann wollen Sie kommen, Herr von Teltzſch?“ „Am liebſten gleich.“ „Bitte.“ Benting hörte aufmerkſam dem Bericht zu, im alt⸗ modiſchen Stuhl zurückgelehnt, die dicklichen Hände über der prall gebauchten Weſte verſchränkt. Der Beſuch bei Brigitte Hartmann machte wenig Eindruck auf ihn, aber das Zuſammentreffen mit Kläre Gra⸗ bowſki ließ ihn geſpannt den Kopf heben. „Viel Schönes bringen Sie nicht.“ Und daß Lutz alle Verhandlungen mit Trendelen⸗ burg kurzerhand abgebrochen hatte, war in ſeinen Augen natürlich vollkommener Unſinn. „Sie verzeihen, aber Sie ſind wirklich noch ſehr jung, Herr von Teltzſch. Man darf einen Gegner nicht unnötig verärgern. Und Fräulein Grabowfki vor den Kopf zu ſtoßen, hatte auch keinen Zweck. Sehr ungeſchickt das alles. Worauf ſtützt ſich eigentlich Ihre Sicherheit? Wie, bitte? Auf Ihr Gefühl? Da muß ich doch lachen. Glauben Sie vielleicht, daß Ihr Gefühl für einen Richter Beweiskraft hat?“ Er wurde erregt. Das war ja lächerlich. Da kom⸗ men die Leute zum Rechtsanwalt um Hilfe, und wenn man ſie nach den Gegenbeweiſen fragt, packen ſie ihre Gefühle aus. Man muß ſich in die Lage des Richters verſetzen. Der braucht Tatſachen, an dle er ſich halten kann und keine Gefühle. Das heißt doch Waſſer mit einem Sieb ſchöpfen wollen. „Alſo Sie halten unſere Sache für verloren?“ „Nein“, ſagte Benting ärgerlich,„ich halte nie etwas für verloren, ſolange ich es nicht wirklich ver⸗ loren habe. Aber Sie dürfen Ihre Sache nicht für gewonnen halten, bevor Sie ſie nicht endgültig ge⸗ wonnen haben. Das iſt alles.“ „Tu ich auch nicht. Nur ſehe ich in allem was Juſtlzrat Trendelenburg vorbringt, noch keinen bün⸗ digen Beweis. Es ſind da Lücken.“ rechnung 1929 erſtattete Verwaltungsdirektor Sie ⸗ gelmaier⸗Konſtanz. Für den weiteren Ausbau der Lungenheilſtätten Friedrichsheim— Luiſenheim wurden im ganzen 275 000 Mk. und für das Tuber⸗ kuloſen⸗Krankenhaus Rohrbach eine letzte Baurate von 283 000 Mk. einſtimmig bewilligt. Der Vor⸗ anſchlag der Landesverſicherungsanſtalt Baden wurde genehmigt. ch Waibſtadt, 23. Febr. In den Waldungen rechts der alten Sinsheimerſtraße wurden nicht weniger als drei Rehe in Schlingen verendet auf⸗ gefunden. „Kann ſein.“ „Bitte, wir wollen doch dieſe Lücken ein bißchen beſichtigen. Meine Mutter hat ſeinerzeit geſtattet, daß Fräulein Hartwig zu ihr ins Zimmer gebettet wurde. Zugegeben, daß Profeſſor Vitali mit dem Gedanken geſpielt. hat, meiner Mutter ſelbſt um den Preis eines Verbrechens zu einem Sohn zu verhel⸗ fen. Aber woher konnte er wiſſen, daß Fräulein Hartwig dieſen Knaben, den er möglicherweiſe be⸗ nötigte, zur Welt bringen würde? Wenn Profeſſor Vitali wirklich alles ſo bis ins Kleinſte ausgeklügelt hat, wie die Gegenſelte behauptet, dann mußte er andere Sicherheiten vorkehren. Aber zufällig kann ich Ihnen ſagen, warum die Hartwig nicht in den großen Saal kam. Ich habe ſoeben feſtgeſtellt, daß das Krankenhaus überfüllt war, es gab gar keine andere Möglichkeit, als ſie in einer höheren Klaſſe unterzubringen. Es lag alſo ſehr nahe, daß Vitali gerade meine Mutter erſuchte, mit der er befreundet war, ihr Zimmer mit dem armen Mädel zu teilen.“ „Schön, wäre möglich.“ „Zwiſchen der Entbindung ber beiden Frauen lag ein Zeitabſtand von etwa ſechs Stunden. Es iſt un⸗ wahrſcheinlich, daß in dieſer ganzen Zeit keine der Schweſtern das Zimmer betreten hat. Die Oberin Beatrix behauptet auch gar nichts weiter, als daß ſie ſelbſt erſt zum Beginn der zwelten Entbindung hereinkam und wieder fortging, ehe das Kind da war. Vermutlich war demnach Schweſter Karola in der Zwiſchenzeit einmal oder öfter im Zimmer und dürfte demnach gewußt haben, ob das erſte Kind ein Mädchen oder ein Knabe war. Sie hätte alſo auch von einem Tauſch etwas erfahren müſſen, und das hätte ihr Einverſtändnis notwendig gemacht. Es iſt aber kaum glaubhaft, wenn es auch heute infolge ihres Ablebens nicht mehr nachweisbar iſt, daß eine Ordensſchweſter zu einem derartigen Verbrechen die Hand gereicht haben ſoll.“ „Alles ganz plauſibel Und woher kommt fetzt die Familienähnlichkeit mit Fräulein Grabowfki?“ Lutz blickte eine Weile ſchweigend vor ſich hin. „Ich wüßte eine Erklärung— er zögerte,„es iſt mir nur unangenehm, davon zu ſprechen— und noch mehr, davon Gebrauch zu machen.“ Sentimentalitäten haben hier keinen Platz.“ Das Wort paßt bei mir nicht, aber das iſt ja gleich. Der Mann, der die Hartwig ins Unglück ge⸗ — Aus der Pfalz Polizeiunternehmung gegen die Kommuniſten O Ludwigshafen, 25. Febr. Die Anſage eines Weltkampftages der Erwerbsloſen für den heutigen 25. Februar veranlaßte die Ludwigs, hafener Polizei geſtern zu beſonderen Maßnahmen, Sie hatten das doppelte Ziel, die von kommuniſtiſcher Seite getroffenen Vorbereitungen für Ruheſtörungen zu unterbinden und gleichzeitig zu erweiſen, daß der durch Reichsgeſetz vom Mai 1930 verbotene Role Frontkämpferbund eine durch dies Geſetz gleichfalls unterſagte Erſatzorganiſation in dem ſogenannten „Kampfbund gegen den Faſzismus“ ge⸗ funden hat. In beiden Richtungen wurde belaſtendes Material bei den vorgenommenen Hausſuchungen beſchlagnahmt, insbeſondere wurde die Satzung und Organiſation(Liſten der Leiter und Mitglieder des Kampfbunds) entdeckt. Nachdem die Polizei bei ihrer heutigen Unternehmung acht Führer der Kom⸗ muniſten in Verwahrungshaft genommen und erhöhte Bereitſchaft angeordnet hat, dürfte die Gefahr größerer Störungen wohl gebannt ſein, Schlägerei auf dem Sportplatz * Pirmaſens, 23. Febr. Am Sonntag fand auf dem Sportplatz Huſterhöhe zwiſchen dem Fußhall⸗ verein 1928 von hier und dem Sportklub Lemberg ein Wettſpiel ſtatt, bei dem eine größere Schlägerei entſtanden iſt. Die Spieler von Lemberg ſowie deren Anhänger wurden von den hieſigen Spielern und vom Publikum erheblich miß⸗ handelt. Dem Vernehmen nach ſoll auch der Schieds⸗ richter nicht ohne Hiebe davon gekommen ſein. Diebiſche Schulkinder * Kaiſerslautern, 24. Febr. Von der Kriminal⸗ polizei wurden zwei ſchulpflichtige Mädchen im Alter von 14 und 11 Jahren ermittelt, die ſich ſchon ſeit längerer Zeit in hieſigen Geſchäften und auch außerhalb von ihnen an Frauen heranmachten und aus deren Handtaſchen die Geld⸗ beutel entwendeten. Durch die weiteren Erhebun⸗ gen wurde feſtgeſtellt, daß das 11 Jahre alte Mäd⸗ chen das entwendete Geld größtenteils an ſeine Mutter ablieferte und dieſe ſonach von den Dieb⸗ ſtählen Kenntnis hatte. Bei der Mutter wurde noch ein nennenswerter Geldbetrag vorgefunden und be ſchlagnahmt. Die beiden Mädchen haben angegeben, in den letzten Monaten etwa 20 ſolcher Diebſtähle verübt zu haben, wobei ihnen erhebliche Geldbeträge in die Hände gefallen ſind. —— * Darmſtadt, 24. Febr. In einem großen Lager deutſcher und ausländiſcher Fur nierhölzer wurde ſeit geraumer Zeit feſtgeſtellt, daß größere Quantitäten Furniere aller Art aus dem Lager ver⸗ ſchwunden ſind. Der Geſchäftsführer bezw. Lager⸗ verwalter hat in zwei Fällen Anzeige bei der zuſtän⸗ digen Behörde erſtattet und ſich dabei auf den Stand⸗ punkt geſtellt, daß Einbruchsdiebſtahl, der zur Nacht⸗ zett begangen worden ſein muß, vorliege. Der auf dieſe Weiſe entſtandene Schaden beläuft ſich auf über 10000 Mark. 11 „ Frankfurt a.., 24. Febr. Die Staatsanwalt⸗ ſchaft hat jetzt gegen ſechs Viehhändler den Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls in Höhe von je 300/ wegen Zuwiderhandlung gegen das Geſetz über den Handel mit Vieh und Fleiſch und die Ausführungsverordnung des preußiſchen Han⸗ delsminiſters geſtellt. Als im Januar eine Kon⸗ trolle ſtattfand, hatten die Händler die Schlußſcheine mit zu hohen Preiſen ausgeſtellt in der Ab⸗ ſicht, die Preisfeſtſetzungskommiſſion irre zu führen und die Preiſe in die Höhe zu treiben. Es be⸗ ſteht der Verdacht, daß ſie das in einer ganzen An⸗ zahl Fälle machten, jedoch konnte ihnen nur je ein a Fall nachgewieſen werden. Nachdem die Unregel⸗ mäßigkeiten aufgedeckt, ſind die Schweinefleiſchpreiſe tatſächlich gefallen. — bracht hat, hat einen falſchen Namen genannt. Das it mir nachträglich aufgefallen. Welche Gründe kann ein Mann dazu haben? Entweder er iſt verheiratet, oder er iſt eine bekannte Perſönlichkeit, die verborgen bleiben will.“ „Kann ſo ſein. Vielleicht. Es gibt ſchließlich auch noch ein Dutzend anderer Gründe. Wo wollen Sie nun eigentlich hinaus?“ Der junge Mann ſchwankte ſichtlich. „Vor meiner Geburt beſtand zwiſchen meinen Eltern eine gewiſſe Spannung. Das heißt, der Tell, der ſich zurückzog, vielleicht ſogar ſich mit dem Geban⸗ ken einer Trennung trug, war mein Vater. Ich weiß das teils von ihm, teils von meiner Mutter, Und die Beziehungen zwiſchen ihnen wurden erf wieder innig, als die Hoffnung auf ein Kind da war, „Nun und? Ach ſo, Sie meinen, in dieſer Zeit ber Entfremdung hat möglicherweiſe Ihr Herr Vater, un ſich abzulenken oder aus einem anderen Grunde= das iſt ja jetzt gleichgültig— irgend ſo ein kleines A enteuer— läßt ſich hören.“ „Die Zeit würde genau ſtimmen. Und es hätte einen Sinn, warum er einen falſchen Namen genannt und waxum er plötzlich verſchwunden iſt.“ „Hat was für ſich.“ Der Sohn ſah das Bild des Vaters vor ſich, wie es aus der letzten Unterredung in ihm haften ge⸗ blieben war. Groß, knochig, herriſch. Blond, mit überhoher, ſteiler Stirn und etwas langer Naſe über dem ſtarken Mund. Unerhört deutlich war dieſes Erinnerungsbild, greifbar nahe. Lutz hielt den Blick in die Zimmerecke gerichtet, aus deren Halbdunkel ſich der Schatten des Vaters zu formen ſchien. „Die Sache hat nur einen Haken, Herr Rechts anwalt.“ „Sie möchten nicht, Vaters—“ 5 „Das iſt's nicht allein,“ Lutz ließ die Augen nicht von der Ecke, als verſtändigte er ſich mit jemand, det dort ſtand,„der Haken iſt, daß ich es nicht glaube. Es ſieht ſo wahrſcheinlich und folgerichtig aus, weil es ſo alltäglich iſt. Ein Eheh. r iſt entfremdet, det Dann geht ſeine eigenen Wege, hat ein kleines Ne beserleönis und löſt es, als er ſich wieder zu ſeiner Frau zurückfindet. Furchtlar einfach, kommt ſicher immer und überall vor. Und gerade weil es ſo ein⸗ fach und alltäglich iſt, iſt es falſch. Ich—“ (Fortſetzung folgt) daß das Andenken Ihres * 5 — — 2 2 S. * S — 2028 5 . — e r
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142 (25.2.1931) 94. Abendblatt
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