1 käufer agen D 5. 7 28 6,21 nögen, mann g jre, in 9155 1 hriſten 8. Bl. hezugspreiſe Durch Träger frei Haus monatlich RM..—, in unſeren Geſchäftsſtellen abgeholt RM..50, durch die Poſt RM..— Waldhofſtraße 6, Ktonprinzenſtraße 42, Schwetzingerſtraße 19/0, Meerfeldſtraße 13, Ne Friebrichſtraße 4, Fe Hauptſtraße 63, W Oppauer Straße 8, Erſcheinungsweiſe wöchentlich 12 mal. zuzüglich Zuſtellgebühr. Abholſtellen: 80 Suiſenſtraße 1. eue Mannheimer Jeitu Mannheimer General-Anzeiger Verlag, Redaktion und Hauptgeſchäftsſtelle: R 1,—6.— Fernuſprecher: Sammel⸗Nummer 249 51 Poſtſcheck⸗Konto: Karlsruhe Nummer 175 90.— Telegramm⸗Adreſſe: Nemazeit Mannheim beſondere Preiſe. Anzeigen in beſtimmten Ausgaben, an beſonderen Plätzen und für telephoniſche Aufträge keine Gewähr.— Anzeigenpreiſe: Im Anzeigenteil RM. Colonelzeile; Einzelpreis 1 05 Pf. breite die 79 mm breite Zeile. Für im voraus zu bezahlende Familien⸗ u. Gelegenheits⸗Anzeigen 40 die 32 mm im Reklameteil RM. 3. Rabatt nach Tarif.— Für das Erſcheinen von Gerichtsſtand Mannheim. Mittag⸗Ausgabe Donnerstag, 26. Februar 1931 142. Jahrgang— Nr. 95 — gugenbergs und Fitlers Antwort an Hindenburg Ebenſo ſchwere wie haltloſe Vorwürfe gegen die Verater des Reichspräſidenten Völlige Verkennung der Lage Kommuniſtiſche Demonſtrationen Mit Blindheit geſchlagen Telegraphiſche Meldung Braunſchweig, 25. Febr. Bei einer Kundgebung der Deutſchnationalen Polkspartei hielt der Parteiführer Dr. Hugenberg eine Rede, in der er u. a. ausführte: Der Herr Reichspräſident hat in Beantwortung einer Eingabe unſeres Bauernführers Wege, den Ruf an die Deutſchnationalen gerichtet, ſich an der Arbeit für die Landwirtſchaft im Reichstage zu be⸗ telligen, d. h. in den Reichstag zurückzu⸗ kehren. Der Herr Reichspräſident wird bon ſeiner Umgebung nicht zutreffend unterrichtet. Das war beim VDoungplan ſo, das war bei der Bildung der Regierung Prüning ſo, das iſt leider auch heute ſo. Wir Jaben es ſtets für verhängnisvoll gehalten, daß die Regierung Brüning ſich als„Hindenburg⸗Kabinett“ guftat und für ihre fehlerhafte Politik Schutz und Deckung hinter der Perſon des Reichspräſidenten ſuchte. Das beſchwört die Gefahr herauf, daß die Autorität des von uns verehrten Reichspräſidenten abgenützt wird. Die letzten Ausführungen des Miniſters Schiele im Reichstage beweiſen, daß auch in den Zollfragen wieder das ſeit einem Jahre gewohnte Kuliſſen⸗ ſpiel fortgeſetzt werden ſoll, man drückt mit ſchein⸗ baren Zugeſtändniſſen politiſch auf die Rechte, die man auf der anderen Seite von der Macht fernhal⸗ ten will, die Landwirtſchaft aber iſt am Ende immer der leidtragende Teil. Wenn man will. iſt auch heute die Rettung der Landwirtſchaft möglich. Aber man will nicht, weil ſie nicht mit der Sozialdemokratie möglich iſt, ſondern nur mit Rechts und nur auf der Grundlage eines Rechtskurſes in Preu⸗ ßen. Wenn das Miniſterium Brüning uns einladen läßt, an den Verhandlungen des Reichstages wieder teilzunehmen, ſo können wir daraus nur eine Be⸗ fätigung für die Un haltbarkeit der Lage Antnehmen, in die ſich das gegenwärtige Reichs mini⸗ lerium hineinmanövriert hat. Es braucht Nie Rechte, aber es will ihr nicht die Führung der polätiſchen Geſchäfte ein⸗ täumen, die ihr zukommt, und den Einfluß der Sozialdemokraten aufrecht erhalten, insbeſondere in Preußen. Dieſes eigenſinnige Verſagen in der Stunde höchſter Gefahr iſt eine zeſchichtliche Sünde. Als wir aus dem Reichs⸗ tage herausgingen, ſchlug der Funke zwiſchen uns und den Herzen im Lande ſichtbar zuſammen— ein jeder verſtand das Bild, das offenbar denen, die als Modell dafür ſitzen, ſo peinlich iſt: Links und Mitte allein an der Arbeit des Hohen Hauſes— im trau⸗ ten Bunde zur Entrechtung der nationalen Oppo⸗ tion, ur Verhinderung der Herrſchaft derſenigen, die Deutſchlaud allein ret⸗ ten können. Der Brief Hindenburgs wird in der Regierungs⸗ breſſe als„Brücke“ zu den Deutſchnationalen ge⸗ wertet. Er könnte es in Verbindung mit einem entſprechenden Brieſe an das Zentrum wer⸗ den, der dazu beitrüge, die Bahn für die Rechte frei 3 zu machen. 1 2 Hitlers Abſage an Hindenburg München, 25. Febr. Aus Anlaß des 11. Jahrestages der Gründung der natjonalſozialiſtiſchen Partei fand im Bürger⸗ bräukeller eine Kundgebung ſtatt, in der Stadtrat Eſſer und Gauleiter Abgeordneter Wagner über Entwicklung und Ziele der Nationalſozialiſtiſchen Bewegung ſprachen. Als dritter Redner ergriff Adolf Hitler das Wort zu einer programmatiſchen Darſtellung der Politik der Nationalſozialiſten, wo⸗ bei er entſchieden beſtritt, daß der Auszug der echtsopoſation aus dem Reichstag gegen ſeinen Willen erfolgt ſei. Es geſchieht nichts, ohne daß ich es weiß oder billige, noch mehr: es ge⸗ geſchiht nichts, ohne daß ich es wünſche. Wir wer⸗ den jedes Mittel ergreifen, um das gegenwärtige egime zu beſeitigen.“ Die Nativnalſozialiſten würden ſich auch durch den Brief des Reichspräſidenten von Hindenburg in ihrer Taktik nicht irreführen laſſen. Hindenburg ſei wohl ein Schlachten⸗ lenker geweſen, aber er ſei kein politiſcher 4 Lenker, ſondern er werde ſelbſt gelenkt. Wenn der Reichspräſident hoffe, daß eine nationale Appoſttion ſeine Politik rette, ſo erklärten die Drahtbericht unſeres Berliner Büros Berlin, 26. Febr. Der von den Kommuniſten mit marktſchreieriſchem Tam⸗Tam ſeit Wochen vorbereitete„Welt⸗Er⸗ werbsloſentag“ hat in der Reichshauptſtadt mit einem gründlichen Fiasko geendet. Die Polizei iſt überall Herr der Lage geblieben. Wohl kam es im Laufe des Tages in einigen Stadtteilen zu ſchweren Ausſchreitungen, die auch in den ſpäten Abendſtunden ſich fortſetzten. Es gelang jedoch der Polizei, die Anſammlungen immer wieder zu zerſtreuen. Insgeſamt wurden über hundert Perſonen feſtgenommen, von denen ein Teil in Haft behalten wurde. Die Verhafteten wer⸗ den ſich im Laufe der nächſten Tage vor dem Schnell⸗ richter wegen Plünderungen zu verantworten haben. Der kommuniſtiſchen Parole, nach dem Weſten zu ziehen, waren nicht mehr als etwa 2000 Perſonen gefolgt, die zwiſchen 7 und 8 Uhr durch die Tauentzienſtraße und den Kurfürſtendamm zogen und Niederrufe auf die Regierung ausbrachten. Zur gleichen Zeit kam es in der Leipziger Straße, in der Friedrichſtraße und am Potsdamer Platz zu An⸗ ſammlungen. Alle dieſe Zuſammenrottungen konn⸗ ten jedoch mit Leichtigkeit zerſtreut werden. Am Bülowplatz, am Nettelbeckplatz wie in Neu⸗ kölln wurden am ſpäten Abend wiederum mehrere Läden von den Demonſtranten geplündert. In Neukölln ſtürmten kommuniſtiſche Demonſtranten ein Schuhgeſchäft und ſtahlen zahlreiche Schuhe und Gamaſchen. Als die Polizei er⸗ ſchien, waren die Plünderer mit ihrer Beute bereits geflüchtet. Gegen zehn Uhr flauten die Anſamm⸗ lungen in den Straßen ab und die Polizei konnte einen Teil der Beamten zurückziehen. Die Alarm⸗ bereitſchaft aber wurde verſtändlicherweiſe bis in die ſpäten Nachtſtunden aufrecht erhalten. Ausſchreitungen in München Telegraphiſche Meldung München, 25. Febr. Trotz des Verbots, Verſammlungen und Demon⸗ ſtrationen abzuhalten, veranſtalteten die Erwerbs⸗ loſen in den Abendſtunden mehrere Demonſtrations⸗ züge von größerer Stärke. Die Polizei griff ſofort an den betreffenden Stellen ein. Die Demonſtranten bewarfen die Schutzleute mit Steinen und Eisſtücken, ſodaß die Polizei blank ziehen mußte, um Ordnung zu ſchaffen. Zwei Perſonen wurden feſtgenommen. Drei Tote in Leipzig Telegraphiſche Meldung Leipzig, 25. Febr. Im Anſchluß an eine von den Kommuniſten ein⸗ berufene Verſammlung wurde in Leipzig Volk⸗ marsdorf verſucht, trotz des ausdrücklichen Verbotes, einen Zug zu bilden. Ein Kommando Schutzpolizei, das dagegen einſchreiten wollte, wurde von den Kommuniſten angegriffen und mit Steinen, Briketts und Aehnlichem beworfen. Auch ſollen aus den Reihen der Angreifer Schüſſe gefallen ſein, ſodaß die Beamten ſelbſt zur Schußwaffe greifen mußten. Die genaue Zahl der Toten und Verletzten ſteht noch nicht feſt. Doch ſollen, wie vom Polizeipräſidium erklärt wird, drei Perſonen getötet und acht Eine genaue Schilde⸗ wenn die verwundet worden ſein. rung der Vorfälle läßt ſich erſt geben, Ruhe wieder hergeſtellt iſt. Ausſchreitungen im Saargebiet Telegraphiſche Meldung Saarbrücken, 25. Febr. Bei dem heutigen kommuniſtiſchen„Weltarbeits⸗ loſentag“ kam es auch in Saarbrücken zu Unruhen, die von der Polizei und den Landjägern nur mit Mühe unterdrückt werden konnten. Tauſende von Erwerbsloſen verſuchten, ſich auf dem Beethoven⸗ platz zu einem Zuge zu verſammeln, wurden jedoch von der Polizei und den Landjägern in die angren⸗ zenden Straßen gedrängt, die ſie johlend und ſchreiend durchzogen, während kleinere Trupps im⸗ mer wieder einen Zug zu bilden verſuchten, was immer wieder von der Polizei und den Landjägern verhindert wurde. Dabei kam es wiederholt zu Zu⸗ ſammenſtößen, wobei die Polizei Gummiknüppel zur Anwendung brachte. Viele Erwerbsloſe erlitten dabei Verletzungen. Viele Perſonen wurden verhaftet. Größeren Umfang nahmen die Unruhen in Neunkirchen an. Dort rotteten ſich mehrere tauſend Arbeitsloſe zuſammen, um einen Demonſtrationszug zu veranſtalten. Als die Polizei und die Landjäger einſchritten, riſſen die Arbeits⸗ loſen an mehreren Stellen das Pflaſter auf und be⸗ warfen die Beamten mit Steinen. Darauf zog die Polizei blank und trieb die Menge auseinander. Auch hier wurden mehrere Demonſtranten, aber auch viele Beamte, verletzt und viele Per⸗ ſonen verhaftet. Ruhiger Verlauf in Frankreich Telegraphiſche Meldung — Paris, 26. Febr. In Paris wie in der Provinz iſt nach den vor⸗ liegenden Meldungen der geſtrige kommuniſtiſche Demonſtrationstag ruhig verlaufen. Nur in Rou⸗ baix kam es, wie Havas berichtet, zu einem Zwiſchenfall. Etwa 300 Manifeſtanten begaben ſich in das Verſammlungslokal der Kommuniſten, wo ein ſeit vorigem Frühjahr polizeilich geſuchter Agita⸗ tor unter falſchem Namen ſprechen ſollte. Ein Poliziſt, der die Verſammlung in Zivil überwachte, erkannte den Betreffenden und wollte den Saal ver⸗ laſſen, um ſeine Kollegen zu benachrichtigen. Er fand die Türe verſchloſſen und plötzlich ging das Licht aus. Als der Politziſt verſuchte, mit Gewalt das Lokal zu verlaſſen, indem er eine Fenſterſcheibe einſchlug, verletzte er ſich und der Geſuchte konnte entkommen. Kommuniſten⸗Demonſtrationen in Barcelona — Paris, 26. Febr. Verſuche der Kommuniſten, geſtern vor dem Rat⸗ haus zu demonſtrieren, wobei Tafeln mitgeführt wurden, die die Aufforderung zum Siebenſtunden⸗ Tag enthielten, ſind von der Polizei verhindert wor⸗ den. 12 Manifeſtanten wurden verhaftet. CCPCCCCPCCCCͥ ¾ yd PPVwwwwVVVVVVVVVVVTTTfVTVTVTTTVTfTXyfT''tr!:!!!!!— Nationalſozialiſten, daß ſie dieſer Brief eiſig kalt laſſe. Sie gingen in den Reichstag in dem Augenblick wieder hinein, in dem es ihnen für das deutſche Volk zweckmäßig erſcheine. Die im Reichs⸗ tag verbliebenen bürgerlichen Parteien machten zwei Drittel ihrer Politik mit den Marxiſten. Sie ſollten auch das letzte Drittel mit ihnen machen. Man rechne ſcheinbar nicht mit der Zähigkeit und grenzen⸗ loſen Verbiſſenheit der Nationalſozialiſten, die heute schon ihres endgültigen Sieges gewiß ſeien. Der kommuniſtiſche Terror bei der„D. A..“ Drahtbericht unſeres Berliner Büros UE Berlin, 26. Febr. Die„Deutſche Allgemeine Zeitung“ iſt heute nach viertägiger Pauſe das erſte Mal wieder erſchienen, allerdings in einer Notausgabe, die in der Druckerei der„Deutſchen Zeitung“ hergeſtellt wurde. Der Kon⸗ flikft mit dem Druckperſonal der„D. A..“ konnte noch nicht beigelegt werden. Der Verlag der„Deut⸗ ſchen Allgemeinen Zeitung“, der das Verſtändnis und die Unterſtützung der Oeffentlichkeit in ſeinem Kampf für Recht und Geſetz erbittet, ſtellt feſt: „Es war uns ſchon aus geſetzlichen Gründen un⸗ möglich, die unberechtigten Forderungen des tech⸗ niſchen Perſonals zu erfüllen. Wir hätten uns ſelbſt der Verletzung des neuen geſetzlichen Tarifvertrages ſchuldig gemacht und dem kommuniſtiſchen Terror einer wahrſcheinlich ſehr kleinen Minderheit nachgegeben.“ Die Belegſchaft der„D. A..“ hatte es bekanntlich abgelehnt, unter den Bedingungen des vom Reichs⸗ arbeitsminiſter für verbindlich erklärten Schieds⸗ ſpruchs weiter zu arbeiten. Der Schiedsſpruch ſieht eine Kürzung der Tariflöhne um ſechs Prozent vor, was eine Kürzung des Geſamtlohnes — da eben nur der Tarifſatz, nicht aber die ſog. Leiſtungszulagen vermindert werden— von nur drei Prozent bedeutet. Ferdinand von Bulgarien Zu ſeinem 70. Geburtstag Ju der Galerie der europäiſchen Monarchen der Vorkriegszeit war König Ferdinand von Bulgarien eine der intereſſanteſten Geſtalten. Als er im Juli 1887 vom bulgariſchen Sobranje zum Fürſten von Bulgarien gewählt wurde, ahnte kein Meuſch, daß dieſer Koburger Prinz den kleinen bulgariſchen Vaſallenſtaat in ein unabhängiges Königreich ver⸗ wandeln, und daß ſein perſönlicher Einfluß auf die Geſtaltung der euxopäiſchen Politik in den beiden erſten ſchickſalsſchweren Jahrzehnten des XX. Jahr⸗ hunderts von außerordentlicher Bedeutung ſein würde. b Am 26. Februar 1861 in Wien als füngſter Sohn des Prinzen Auguſt von der katholiſchen, in Ungarn begüterten Koburg⸗Linie und der Prinzeſſin Klemen⸗ tine von Orléans, Tochter des franzöſiſchen Königs Louis Philipp, geboren, trat Prinz Ferdinand früh in ein öſterreichiſches Huſarenregiment ein und ging 1886 zur ungariſchen Honvédarmee über. Er führte ein unauffälliges Daſein eines der vielen ariſtokra⸗ tiſchen Leutnants der öſterreichiſch⸗ungariſchen Armee und wurde wenig beachtet, da er als füngſter Sproß einer Nebenlinie des Koburger Hauſes kaum Aus⸗ ſicht hatte, ſich irgendwie im dynaſtiſchen Sinne zu behaupten oder zu einer hohen Stellung zu gelangen. Das Schickſal wollte es aber, daß gerade dieſer kleine Leutnant zur Erfüllung einer hiſtoriſchen Miſſion berufen war. i Der erſte aus den Balkankriegen hervorgegangene Fürſt der Bulgaren, Prinz Alexander von Batten⸗ berg, vermochte ſeine Stellung in Bulgarien nicht zu behaupten. Er galt dort in den erſten Jahren ſeiner Regierung als Kreatur des ruſſiſchen Zaren und wurde beſchuldigt, die Politik des neuentſtandenen Fürſtentums völlig in das rufſiſche Fahrwaſſer hineinmanövriert zu haben. Trotz des Dankbarkeits⸗ gefühls, das das vom Türkenjoch befreite bulgariſche Volk Rußland gegenüber hegte, war es freiheitlich und demokratiſch genug, um ſich einem Verſuche der Verpflanzung zariſtiſcher Methoden nach ſeinem Lande mit allen Kräften zu widerſetzen. Der Batten⸗ berger verſuchte ſich von dem ruſſiſchen Einfluß zu Fehden hineingeriſſen und geſtürzt. Das Land ſtellte ein Bild troſtloſer innerer Zerriſſenheit dar. Auf dem glühenden Boden des Balkans bekämpften ſich gegenſeitig alle Großmächte. Ruſſiſche Agenten ver⸗ ſuchten im Trüben zu fiſchen. Händel und Wandel lagen brach, das verarmte befehdete Bulgarien war den Intrigen europäiſcher Machtpolitiker preis⸗ gegeben. Keines der großen und einflußreichen Fürſtenhäuſer Europas wollte in dieſem Augenblick einen Kandidaten für den Fürſtenthron Bulgariens ſtellen. Einer nach dem anderen lehnten verſchiedene eüropäiſche Prinzen höflich die Wahl ab. Vom Kan⸗ didaten des Zaren, dem kaukaſiſchen Prinzen Da⸗ diani, wollten die Bulgaren ſelbſt nichts wiſſen. In dieſer ziemlich verzweifelten Lage brachte irgendein Vertreter des weitverzweigten Koburger Hauſes die bulgariſche Regentſchaft auf diskrete und geſchickte Weiſe auf den Gedanken, den jungen Ferdi⸗ nand zum Fürſten von Bulgarien zu wählen. Den Ruf eines führenden Vertreters des Hauſes Koburg wollte man nicht aufs Spiel ſetzen. Mit dem kleinen Leutnant aber hätte es verſucht werden können. Sollte es ſchief gehen, war der Einſatz nicht allzu groß. So wurde Ferdinand nach Bulgarien berufen. Am 10. Auguſt 1887 fuhr er in ſeine neue Heimat.
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142 (26.2.1931) 95. Mittagsblatt
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