hatte er ſeine Charge in ahlegen müſſen. Am 22. and ſeinen Einzug in Sofja. Die 8, der Türkei, ſogar Deutſchlands ließen die bulgariſche Hauptſtadt. armungslos blickte Europa auf das arien und auf ſeinen neuen Herr⸗ munter den Fürſten Europas. 1 gerfleiſch ſcher, den P a In dieſer ſchwierit 1 gſten Situation zeigte Ferdi⸗ lomatiſch⸗politiſche Kunſt. Er ˖ t unglaublicher Geſchicklichkeit lh verſchiedenartiger außen⸗ und innen⸗ Wirkungen zu lavieren. Die mit allen pas verwandten und verſchwägerten Ko⸗ ten ihren Einfluß für den„kleinen Leut⸗ ltend. In Deutſchland ſpielte ſich Ferdinand ſcher Prinz, in Oeſterreich als früherer Offi⸗ ze und in Ungarn als Ungar ufluſſung der franzöſiſchen 19 — hieß es ſtets, er ſei ein ſla⸗ ehe nur einem einzigen Ziele rniſſe euro her Politik das Land einer glücklichen Zukunft entgegen⸗ 9 811 ga riſche des öfteren der Schlauheit und Wenn man aber das Ur⸗ Staates nicht von abhängig macht, nen, daß Ferdinand für die Schaf⸗ hängigen und ſelbſtändigen Bulga⸗ s 1908 in der Erhebung zum Zartum ißeren Ausdruck fand— tatſächlich Bedeu⸗ tendes geleiſtet hat. Der unglückliche Ausgang des Balkankrieges vom Jahre 1912, nach dem Bulgarien der Früchte ſeiner glänzenden Siege beraubt wurde, Und ſelbſt die Kataſtrophe des Weltkrieges konnten die Fundamente des bulgariſchen Staates nicht ver⸗ kichten. Geſchwächt, erſchüttert, verarmt, trat Bul⸗ nach der Abdankung Ferdinands am 3. Ok⸗ 1918 in die ſchwere Nachkriegsperiode ein. Abdankung zugunſten des Sohnes war der letzte geſchickte Zug und damit rettete er ſeine naſtie. Unter dem Inkognito⸗Namen des Grafen Mu⸗ rauy lebt der erſte bulgariſche Zar heute in Ko⸗ bur Er kann an ſeinem 70. Geburtstag auf ein bewegtes und ereignisreiches Leben zurückblicken. Wenn auch die Träume von der Schaffung eines Großbulgarien, eines mächtigen„Preußens des Balkans“ nicht in Erfüllung gegangen ſind und Bul⸗ garien jetzt gleich ſeinem deutſchen und öſterreichi⸗ ſchen Verbündeten die ſchweren Wunden des Welt⸗ iges zu heilen hat, ſeine Exiſtenz und ſeine Wei⸗ terentwicklung ſcheinen allen feindlichen Gewalten zum Trotz geſichert zu ſein. M.. 27 E 4 2 4 2 1 Die thüringiſchen Miniſtergehälter Telegraphiſche Meldung — Weimar, 25. Febr. Im Haushaltsausſchuß des Landtages wurde der Antrag der Nationalſozialiſten, die Gehälter der Mi⸗ Afſter von 16 00 0 auf 12 000 Mk. herabzuſetzen, mit den Stimmen der Nationalſozialiſten bei Enthaltung aller übrigen Partejen angenommen. Der Regie⸗ rungsvertreter ſtellte feſt, daß dieſe Gehalts⸗ (Üürzung ſich nicht auf die drei derzei⸗ tigen Miniſter auswirken werde, ſon⸗ dern auf künftige Miniſter. Ein kommuniſtiſcher Antrag, das Miniſtergehalt auf 6000 Mark im Jahr feſtzuſetzen, wurde abgelehnt. Der Antrag, die Aufwandsentſchädigung der Mini⸗ ſter, die im Jahre 2000 Mark beträgt, zu ſtreichen, wurde mit den Stimmen ſämtlicher Regtierungspar⸗ teien abgelehnt. Keine neue Packungen für Tabak notwendig — Berlin, 25. Febr. Entgegen anders lautenden Nachrichten über eine Verfügung des Reichsfinanz⸗ niniſteriums, wonach angeblich in Zukunft der Ta⸗ bak nur in Packungen von 40 und 80 Gramm in den Handel kommen dürfe, erfahren wir von unterrich⸗ teter Seite, daß die betreffende Verfügung des Fi⸗ nanzminiſteriums den Fabriken freie Hand läßt, ob ſie den Tabak in Packungen von 40 und 80 oder wie bisher, von 50 und 100 Gramm verkaufen wollen. Neue Mannheimer Zeitung Mittag⸗Ausgabe Donnerstag, 26. Februar Berliuer Büros Berlin, 26. Febr. Drahtbericht unſeres Zu den Erörterungen über die Verlängerung der Amtszeit Reichspräſidenten ſchreibt der demo⸗ kratiſche Zeitungsdienſt: des „Es darf daran erinnert werden, daß der Reichs⸗ präſident in dieſer Angelegenheit von ſich aus au ch perſönlicheine Entſcheidung zu treffen hat, Politiſche Kreiſe, die mit der Auffaſſung des Reichs⸗ präſidenten vertraut ſind, verſichern, daß der Reichs⸗ präſtdent ſich beſtimmt nicht noch einmal zur Wahl ſtellen wird. Es wird in weiteſten Volks⸗ kreiſen verſtanden werden, daß der Reichspräſident von Hindenburg bei ſeinem Anſehen und ſeinem Alter nicht noch einmal im Mittelpunkt eines Wahl⸗ kampfes ſtehen möchte, beſonders nicht bei den gegen⸗ wärtigen Verhältniſſen. Wenn von einer Verlänge⸗ rung der Amtszeit des Reichspräſidenten auf Lebens⸗ zeit durch einen Volksentſcheid geſprochen worden iſt, ſo ſcheint dabei nicht genügend Rückſicht auf die unſeres Berliner Büros Berlin, 26. Febr. Im Reichstag waren die Kommuniſten unver⸗ froren genug, mit der Miene ſchlecht geſpielter Ent⸗ rüſtung die Zurückziehung der Po lizei von den Straßen Berlins zu verlange u, wohl damit die verhetzten Horden halbwüchſiger Burſchen unge⸗ ſtört randalieren und plündern könnten. Natür⸗ lich ging man über dieſe Dreiſtigkeit ohne weiteres zur Tagesordnung über. Die Debatte über das Schielepro⸗ gramm wickelte ſich auch weiterhin in großer Ruhe und Sachlichkeit ab. Sie wurde faſt ausſchließlich von Vertretern der Landwirtſchaft beſtritten. Es ging bei allen um das Grundſätzliche, um Ziel und Rich⸗ tung der Agrarpolitik, da die neuen Geſetze im ein⸗ zelnen erſt noch im Ernährungsminiſterium ausge⸗ arbeitet werden. Die Chriſtlich⸗Sozialen ließen durch ihren Abgeordneten Renken dem ihnen ja eng ver⸗ bundenen Miniſter eine uneingeſchränkte Ver⸗ trauenserklärung übermitteln, Herr Freyde von der Wirtſchaftspartei vermißte unter den angekün⸗ digten Zollmaßnahmen eine Erhöhung der Fettzölle. Im übrigen wandte er ſich voller Zorn gegen die Preisſenkungsaktion der Regierung, obwohl es doch in den letzten Wochen darüber ziemlich ſtill gewor⸗ den iſt. Die Drohungen des Geheimrats Duisberg, daß ſich die Freundſchaft der Induſtrie für die Lanbwirtſchaft in Feinbſchaft verwandeln werde, wenn ſie auf dem bisherigen Wege ſortwandele, rief den früheren Ernährungsminiſter Fehr von der Deutſchen Bauernpartei auf den Plan. Er be⸗ ſtritt, daß die Landwirtſchaft übermäßige Subventio⸗ nen beziehe und bezifferte die fährlichen Zu⸗ wendungen auf nur 36 Millionen, wobei er allerdings die Zollmaßnahmen nicht unter die Subventionen rechnete. Vorſichtige Zuſtimmung klang aus der Rede des Abg. Meyer von der Volkspartei, der es vor allem begrüßte, daß von einer Kündigung der Handelsver⸗ träge einſtweilen Abſtand genommen werden ſoll. Die Staatspartei ſandte den Abg. Hillebran d, der ihr als Hoſpitant zugewieſen worden iſt, damit ſtie Fraktionsſtärke erlangte, auf die Tribüne. Er trat für eine Agrarpolitik ein, die den Export nicht gefährdet. Die Intereſſen der Landarbeiter verfocht der So⸗ zialdemokrat Dobbert. Als letzter ſprach der Zentrumsabg. Beck, der als Schleſier die Hoffnung ausdrückte, daß dem bisher vernachläſſigten Oſten nun endlich wirkſame Hilfe zu⸗ teil werde. Heute ſoll die zweite Leſung des Ernäh⸗ rungsetats beendet werden. Die generelle Ermächtigung für die Zoll⸗ erhöhungen, Drahtbericht die das Kabinett in ſeiner Abendſitzung vom Montag Verlängerung der Amtszeit Findenburgs? menſchliche Seite der Angelegenheit genommen wor⸗ den zu ſein. Schließlich darf doch nicht vergeſſen werden, daß der Reichspräſident 85 Jahre alt iſt und ein ſchickſalſchweres und arbeitsreiches Leben hinter ſich hat. Der Reichspräſident hat naturgemäß zu allen die⸗ ſen Erörterungen noch keine Stellung genommen. In maßgebenden Kreiſen herrſcht die Anſicht vor, daß, wenn es überhaupt gelingen ſollte, den Reichsprüſi⸗ denten zu einer Verlängerung r Amtszeit zu bewegen, dies nur befriſtet, etwa für ein Jahr, ge⸗ ſchehen könnte. Die Amtsdauer ſelbſt läuft im Mai 1932 ab. Nach dieſer terminmäßigen Rechnung müßte und deshalb ſind ja beim Etat des Reichsinnenmini⸗ ſteriums vorſorglich 100 000 Mark zur Vorbereitung der Reichspräſidentenwahl angefordert worden. Bei der letzten Reichspräſidentenwahl betrugen die auf das Reich entfallenden Aufwendungen für den erſten und zweiten Wahlgang insgeſamt 34 Millionen Mark.“ Die Noitchskagsdebalte über das Sthiele⸗Programm beſchloſſen hat, erſtrecken ſich, wie wir noch erfahren, auf ſämtliche Zollpoſitionen, alſo auch auf indu⸗ ſtrielle Röhſtoffe und Erzeugniſſe. Infolgedeſſen wird, wie wir bereits andeuteten, nicht die urſprüng⸗ liche Vorlage mit den landwirtſchaftlichen Zoll⸗ ermächtigungen, die der Reichsernährungsminiſter dem Kabinett unterbreitet hatte, dem Reichsrat und Reichstag zugeleitet werden, ſondern ein anderer Ge⸗ ſetzentwurf, der augenblicklich noch ausgearbeitet wirz und den Reichsminiſtern im Laufe des Donnerstags zugehen ſoll. Dieſer Geſetzentwurf ermächtigt die Regierung, ſüämtliche Zölle im Verordnungswege feſtzuſetzen. Eine neue Kabinettsſitzung über dieſen Entwurf dürfte nicht mehr ſtattfinden. Die Vorlage, die die Zölle und die Handelspolitik aus⸗ ſchließlich in die Hände der Reichsregierung legen würde, wird vielmehr direkt an den Reichsrat weitergeleitet werden. Die Berliner„ nach Wien Drahtbericht unſeres Berliner Büros Berlin, 26. Febr. In den Kreiſen der Wiſſenden und Eingeweihten hat man ſchon in der vorigen Woche bezweifelt, daß der Kanzler bei dieſer zugeſpitzten innenpolitiſchen Lage Berlin würde verlaſſen können. Am beſten wäre es wohl geweſen— auch dieſer Gedanke iſt mehrfach hier erwogen worden— den Beſuch in Wien auf eine günſtigere Zeit, etwa auf das Märzende, gleich nach der Vertagung des Reichstags, zu ver⸗ ſchieben. Aber in Wien hatte man ſich, nachdem ein⸗ mal die erſte Mitteilung aus Berlin ergangen war, auf die erſte Märzwoche feſtgelegt. Alle Einladun⸗ gen, auch au die Perſönlichkeiten in den Ländern, die aus dieſem Anlaß nach Wien kommen ſollten, waren bereits ergangen. Eine Aenderung war nicht mehr möglich. So hat man denn zu dem Aushelfsmittel gegriffen, Herrn Curtius allein reiſen zu laſſen und ſozuſagen als Vertreter des Kanzlers ihm Herrn Dr. Pün⸗ der, den Chef der Reichskanzlei, mitzugeben. Ein Erſatz⸗, ein behelfsmäßiges Mittel mit allen Unvoll⸗ kommenheiten eines ſolchen. Gerade die Anweſen⸗ heit von Dr. Brüning, der dem derzeitigen öſter⸗ reichiſchen Bundeskanzler partei⸗ und weltanſchau⸗ ungsmäßig naheſteht, wäre im gegenwärtigen Mo⸗ ment beſonders erwünſcht geweſen. Die Dinge ſtehen zur Zeit nicht gerade gut zwiſchen den beiden deut⸗ ſchen Staaten. Es ſind mancherlei Mißſtimmungen aufgekommen, und es wäre zu begrüßen geweſen, wenn ſie ſamt und ſonders hätten ausgeräumt wer⸗ den können. Bei beſagten Mißverſtändniſſen handelt es ſich nämlich nicht nur um das Reſſort des Auswär⸗ tigen. Um dieſes vielleicht ſogar am allerwenigſten. Auch andere Miniſterien ſind in der oft beſchworenen Ausgleichungsarbeit im Verzug geblieben. ein erſter Wahlgang Anfang April 1932 ſtattfinden, 3—— Drahtung unſeres Pariſer Vertreten * Paris, 28. Fehr engliſch⸗franzöſiſchen Flottenbeſprechungg fanden geſtern ein Nachſpiel in der Außenkomm⸗ ſion der Kammer. Ein nationaliſtiſcher Depufſet, ter kritiſterte, daß die Außenkommiſſion W. einmal nicht über die Beſprechungen Unterr worden ſei. Bei dem in Frage ſtehenden Ah men würde Frankreich neue Konzeſſionen machen ohne dafür die Gegenwerte zu erhalten. Hender, ſon und Alexander hätten ſicherlich nicht die Oe. ſchwerden einer Reiſe nach Paris und Rom auf ſich genommen, wenn ſie den Eindruck eines Mißerfolg gehabt hätten. Der Deputierte ſtellt ſchließlich de konkrete Frage, ob Frankreich in eine Reduzie 5 ſeiner Flottentonnage von 650 000 Tonnen 630000 Tomnen eingewilligt und ſich England gegenüber zu einer ſeiner U⸗Boot⸗Tonnage um 43000* nen bereit erklärt hätte. Intereſſe an der ganzen Angelegenheit hätten nur die Engländer, die nicht die Schutzklauſel für ſich in Anſpruch nehmen wol⸗ len, und die Italiener, die künftig nur mit einer franzöſiſchen Ueberlegenheit im Mittelmeer bun 150 000 Tonnen ſtatt von 244000 Tonnen zu reſß⸗ nen hätten. Der Deputierte warnte vor einer zu optimiſtiſchen Beurteilung eines franzöſiſch⸗hrit ſchen Abkommens, das von der britiſchen Arbeiter partei abgeſchloſſen würde. Die Konſervativen in England geſtürzt worden, weil das von ihnen ausgearbeitete Flottenabkommen den engliſchen Sy⸗ zialiſten zu günſtig für Frankreich ſchien. Der Ab⸗ geordnete forderte ſchließlich eine Berichterſtattmg Briands und des Marineminiſters Du mont vor dem Auswärtigen Ausſchuß der Kammer, Von unterrichteter Seite verlautet, daß Briand dies zurückgewieſen, ſich aber bereit erklärt hat, den Vorſitzenden der Kommiſſion, Pau l⸗Bon court zu empfangen. 0 Nach den aus Rom vorliegenden Nachrichten sol Muſſolinti bereit ſein, das berühmte Pari, tätsprinzip aufzugeben, das bisher die Flotteneinigung zwiſchen Italien und Frankreich verhinderte. Auſtelle der Parität ſoll eine andere Formel treten, um eine Verſtändigung zu erleich⸗ tern. Der Ton der jitalieniſchen Blätter hat ſich ſeit Bekanntwerden der Reiſe des engliſchen Miniſters nach Rom vollſtändig geändert. Die Proteſte und Diskuſſionen ſind durch die größte Zurückhal⸗ tung aufgelöſt worden. Iranzoſen über den Luftkrieg Drahtung unſeres Pariſer Vertreterz Paris, 26. Febr, Die h N auf insheſonder Er ma ßigung 3 In der Kammerausſprache über den Militärhaus⸗ Halt wurde u. a. auch das Problem des che miſchen Krieges eingehend behandelt. Von der Zuſammen⸗ faſſung aller Schutzmaßnahmen unter der Leitung des Marſchalls Petain erhofft man in der Kam⸗ mer einen großen Erfolg. Der nationaliſtiſche De⸗ putierte Contel ſpielte auf Erfahrungen der jüng⸗ ſten Vergangenheit an, daß ein Angreifer leicht Herz und Hirn der nationalen Verteidigung paralyſtexen und eine Großſta dt unbewohnbar machen könnte. Man müſſe ſich alſo mit dem Schutz der Zivilbevölkerung beſchäftigen. Die Annahme, die große Zahl der in Paris wohnenden Ausländet würde die Hauptſtadt vor einem feindlichen Angriff ſchützen, ſei eine große Illuſſion. Der Deputierte forderte eine Verſtändigung zwiſchen den nord⸗ und oſtfranzöſiſchen Induſtriegruppen, den Volksver⸗ tretungen, den Rote Kreuz⸗Verbänden und den Bund für Luftverteidigung, um überall Hilfspoſten einzurichten, den Ziviliſten Medizin zur Verfügung zu ſtellen und in den Schulen aufklärend it wirken. Dr. Friedrich Wolf aus der Unẽnterſuchungshaſt entlaſſen Stuttgart, 25. Febr. Der Unterſuchungsrichter hat mit Zuſtimmung der Staatsanwaltſchaft heſchloſ⸗ ſen, Dr. med. Friedrich Wolf gegen Leiſtung einer Sicherheit in Höhe von 25000/ mit der weiteren Unterſuchungshaft zu verſchonen. Intendant Maiſch redet in der Mannheimer Volkshochſchule Der Mannheimer Intendant am Vortragspult der Volkshochſchule. Das bedeutet gute Regie der Sache.„Die Aufgabe des Theaters“ lautete das Thema; das iſt ſehr weit umſpannt. Aber die Erörterung baute ſich ein in den Geſamtzuſammen⸗ hang heurigen Geſamtthemas: Menſchen⸗ kenntnis. Es ſollte nach der eigenen Verlaut⸗ barung der Volkshochſchule unterſucht werden, wie das Theater durch ſeine Menſchengeſtaltung zur Menſchenkenntnis beitragen kann und welche Auf⸗ gaben ſich daraus für den heutigen Theaterleiter ergeben. Die Behandlung dieſer Fragen bildet keine leichte, aber eine ſehr reizuolle Aufgabe, Es hat ganze Zeit⸗ alter gegeben, die von der Menſchengeſtaltung des Theaters aufs ſtärkſte beeinflußt waren: das Eng⸗ land Shakeſpeares, das Spanien Calderons. Oder gauze Schichten haben ſich durch die Geſtaltung des Meuſchen auf der Bühne in ihrem Alltag beſtimmen laſſen, z. B. die Italiener des 18. Jahrhunderts. Wie iſt das bei uns nach dem 19. Jahrhundert ge⸗ worden, was blieb davon übrig, wie ſind die Wechſel⸗ wirkungen zwiſchen Menſchengeſtaltung und Menſchen⸗ kenntnis heute? des *. Gab Intendant Maiſch auf dieſe Kernfragen ſei⸗ nes Themas eine Antwort? Dazu iſt es zunächſt notwendig, in großen Zügen ſeine Gedankengänge zu umreißen. Er ſagte etwa: Aus Naturalismus und Expreſſionismus iſt das gegenwärtige Theater der geſteigerten Wirklichkeit entſtanden. wenn es im Es bleibt auch dann aktuell, uns nicht drücken dürfen, während ſich um uns eine Harte Wirklichkeit befindet. Unſre Zeit iſt zerriſſen, ſie ſt Kampf, alſo dürfen wir ihn auch auf der Bühne nicht umgehen. Geißelung der menſchlichen Schwächen, Kampf gegen die Mächtigen ſind ſtets die Gegenſtände des Theaters. Die Gerichtsbarkeit der Bühne fängt an, wo die der Welt endet; dabei wirkt die Schaubühne ſtärker als alle andern Einrichtun⸗ gen.(Gewiß, zu wirken liegt ja von vornherein in ihrer Abſicht.) Darf das Theater, die lebendigſte aller Künſte, Biedermeieret treiben, wo überall die Dinge der Zeit aufgenommen werden!? Das Theater als parteipolitiſche Propaganda im Sinne Piscators lehnt Maiſch ab. Piscator hat dem Theater ſchwer geſchadet, indem er alles in den Verruf des Kulturbolſchewismus brachte, was zu Heutigem Stellung nimmt. Maiſch meint, daß zu allen Zeiten der Dramatiker(paſſiven und aktiven) Widerſtand gefunden hat, einen Kampf gegen alles Neue hat es ſtets gegeben. Dieſes Neue will das Theater vermitteln, und damit alles zeigen, was uns intereſſtert. Maiſch zählt aus der Bühnenliteratur die Stücke auf, die nach ſeiner Meinung heute intereſſteren. Bei der Aufführung der ſogenannten Klaſſiker handelt es ſich um das Näherbringen des Werks und ſeines Weſens an die Gegenwart. Darum keine hiſtoriſchen Stoffe um ihrer ſelbſt willen. Der Tell iſt heute kein hiſtoriſches Befreiungsſtück mehr. Von innen heraus muß die Erneuerung kommen. Das Barocke daran muß fallen, die Faſſadbe muß weg.(Aber, Herr Jutendant, da gibt es eben keine Faſſaden, ſondern Form und Inhalt, Aeußeres und Inneres fallen beim Tell wie bei jedem wahrhaften Kunſt⸗ werk zuſammen.) Ueber all den Spielplanpflichten ſtellt Maiſch die Sonne von Goethes Fauſt, als Monde und Planeten Shakeſpeares Alterswerke und Luſtſpiele. Und er verſpricht dabei diskret und beſcheiden weitere Kreiſe dieſer ſeiner Planetenbahnen. So tönt die Sonne nach alter Weiſe, und damit moduliert Maiſch zur Oper hinüber. Er gelangt zur Spiel⸗(das iſt für ihn Stil⸗) Oper und ſtößt bis zu den heutigen Extremen vor.(„Oedipus rex“ von Strawinsky be⸗ kommen wir noch in dieſem Jahr zu hören.) Im Spiel, im Tanz, im ſzeniſchen Aufbau müſſen wir heute die Werke erneuern. Dabei können ſich die einzelnen Gattungen trefflich ergänzen, mögen ſonſt Oper und Schauſpiel noch ſo getrennt ſein. Das Kino kann nach Maiſchs Meinung eine eigent⸗ liche Konkurrenz des Theaters nie werden; jeden⸗ falls hat der Tonfilm bis heute dem Theater noch keinen Abbruch getan. Sein Reiz und ſeine Zukunft liegen im Ausſtattungsmäßigen, im Geräuſch und im Muſikaltſchen.(Nun, das iſt doch ſchon allerlei!) An die Tonfilmoper kann Maiſch— wohl mit Recht!— nicht glauben. Zuweilen iſt der vor dem gleichſtofflichen Theaterſtück geſpielte Film ſogar die beſte Propaganda für die Bühnenaufführung. Nun aber die Etatgeſtaltung. Maiſch rühmt hier zunächſt den Ma nnheimer Theater⸗ boden, und ſpricht dann von den Dingen, die ihm am Herzen liegen, worunter auch die Kammer⸗ ſpiele an bevorzugter Stelle ſtehen. Die Wirkun⸗ gen der Vorſtellungen auf die Beſucher geben dem Theaterleiter die Geſichtspunkte, unter denen ſich ſeine verzweigte Tätigkeit vollzieht. Auch in der Regie ſind ja heute die Dinge anders geworden als früher; heute erwartet man eine ſchöpferiſche Tat vom Geſamtleiter, der mit beiden Beinen in der Gegenwart ſtehen muß, um von da aus an der Ge⸗ ſtaltung des modernen Menſchen mitzuarbeiten, * Sowett die vom zahlreichen Publikum ſehr bei⸗ fällig aufgenommenen Ausführungen des Inten⸗ danten, die er unter nicht unweſentlicher Heran⸗ ziehung von früheren Formulierungen ſeiner Stel⸗ lungnahme zu den gegenwärtigen Theaterfragen verlas. Man ſieht, er hörte gerade da auf, wo ſein Thema erſt eigentlich begann. Wie baut ſich dieſe Brücke von der Menſchengeſtaltung des Theaters zum heutigen Leben? Darauf kam es ja gerade an. Dennoch hat der Redner des geſtrigen Abends zum Thema geſprochen. Er hat Menſchenkenntnis vermittelt, wenn auch keine allgemeine, dafür umſo individuellere, nämlich die ſeiner eigenen Perſönlich⸗ keit. Er hat zuweklen ſehr umfangreiche Literatur⸗ aufzählungen dabei gemacht; ſie ſeien nicht im ein⸗ zelnen unterſucht, weil es gar nicht darauf ankommt. Aber dafür haben feine Ausführungen ergeben, daß 8— er über ſeine heutigen Theateraufgaben umſo beſſer Beſcheid weiß. Vor allem wie man ſie propagiert, wie man ihrer Verwirklichung Reſonanz verſchafft. Deshalb iſt gerade Maiſch ein vorzügliches Beispiel für die Menſchenkenntnis, die nicht in der Theorie, ſondern in der Praxs beſteht. Er weiß für ſein Theater Propaganda zu machen. Das ſetzt beſte Kenntnis der Menſchen voraus. Wenn ſo der praktiſche Kenner auf dem theoreti⸗ ſchen Volkshochſchulkatheder erſchien und dabei die Aottenverſtändigung in Europa?“ Keuntnis ſeiner ſelbſt vermittelte, ſo bedeutete das zwar keinen allgemeinen, aber dafür umſo mehr einen individuellen Gewinn. Man weiß jetzt auch an dieſem Beiſpiel, daß wir tendanten haben, ſondern einen Praktiker, der in ſeine Propaganda⸗Regie eingeſponnen bleibt, auch wenn er ſich akademiſchen Bezirken nähert oder ſich darin zu befinden glaubt. Das kann dem Theater von heute nichts ſchaden, nachdem es die ſogenaunten, Literaten elendiglich im Stich gelaſſen haben. In dieſem Sinne nahm man die Kenntnis des Menſchen Maiſch dankbar entgegen. 5 Ein Drama von 20 Stunden Aufführungsdauer⸗ Der amerikaniſche Dramatiker Eugen'Neill hat ein neues Drama ſertiggeſtellt, von dem die New⸗ horker Blätter zu berichten wiſſen, daß ſeine Auf⸗ führungsdauer auf nicht weniger als 20 Stunden zu ſchätzen ſein wird. Das Stück wird an brei Abenden hintereinander geſpielt werden, doch ſind dieſe Teile nicht wie bei einer Trilogie in ſich ge⸗ ſchloſſene Vorſtellungen. Vielmehr muß bei der zwei⸗ ten und dritten Vorſtellung der Inhalt des vorher⸗ gegangenen durch einen Sprecher übermittelt werden. (Viel Vergnügen!) i Reichsgeſetz zum Schutze der deutſchen Kun Eine Reihe Gauverbände des Reichs verbandes bil⸗ dender Künſtler Deutſchlands haben erneut beſchloſ⸗ ſen, zum Schutze der deutſchen Kunſt an die Reicht regierung den Antrag zu ſtellen, das Geſetz zum Schutze deutſchen Kunſtbeſitzes auch auf Muſe u mms beſitz auszudehnen. keinen theoretſchen In⸗ I 8 f 4 25. die Ma 57 los Un 4
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142 (26.2.1931) 95. Mittagsblatt
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