11 ben— große und kleine— ſind Donnerstag, 31. Dezember 1931 HANDELS- un ler Neuen Was wird mit der deutschen Wirtschaft! führer der Wirtschaft über Aussichten unc Möglichkeiten im lahre 1932 Wie ſeither, haben wir uns auch heuer wieder an eine Reihe von Führern der Wirtſchaft gewandt mit der Bitte, ihr Urteil über die Lage 7 8 0 8 7 ö 1 zage der Wirtſchaft an der Jahreswende darzulegen. Wir ſind uns bewußt, daß es heute ſchwerer denn le iſt, eine Prognoſe für das anbrechende Wirt⸗ ſchaftsjahr 1932 zu geben. Die nachſtehenden Aeußerungen ſollen und können deshalb nur An⸗ haltspunkte für die eigene Urteilsbildung geben: Dr. louis Ravené Geh Komm.-Rat, Präsident des Reichs verbandes des Deutschen Gross- und UDeberseehandels Die Vorausſetzungen einer durchgreifenden inneren Hilfe für die deutſche Wirtſchaft ſind inſowert günſtiger als im vergangenen Jahre, als endlich die zu er⸗ kennen beginnt, daß Deutſchlands Zuſammenbruch den der ganzen Welt gleichzeitig bedeutet. Die Folgerungen aus dieſer Erkenntnis müſſen ſofort gezogen werden, wenn es nicht zu ſpät für Deutſchland und die Welt ſein ſoll. Täuſchen wir uns nicht darüber mit vorübergehenden Hilfen und Exleichterungen wird das Vertrauen, die Grundlage jeder internationalen und nationalen wirtſchaftlichen Arbeit, nicht wieder Hergeſtellt. Deshalb vermag ich nur ſtem Ernſte vorzutragen: ) eine ehrliche Steuerentlaſtung auf der Grundlage einer der Gegenwartslage Deutſchlands ange⸗ paßten durchgreifenden Ver waltungsreform mit einfacher und klarer Aufgabenteilung. g 2) Befreiung Deutſchlands von den Reparationen. 3) Wiederherſtellung der wirtſchaftlichen Be⸗ wegungs freiheit innerhalb der Weltwirtſchaft. ) Umwandlung der kurzfriſtigen Kredite in langfriſtige Anleihen. 5) Wiederherſtellung der in der Welt. 6] Beſettigung eines viel zu weitgehenden Schuldner⸗ ſchutzes und Wiederherſtellung des Vertrauens z wr⸗ ſchen Gläubigern und Schuldnern. Dr. Max Schlenker Erster Geschäftsführer des Langnamvereins Düsseldorf Das Jahr 1931 war für die Nerven des deutſchen Volkes eine unerhörte Belaſtungsprobe. Materielle und ſeeliſche Not laſtete bitter auf mehr als 5 Millionen Arbeitsloſen. Jeder einzelne Unternehmer mußte täglich von neuem um ſeine nackte Exiſtenz kämpfen. Zehntauſende von Betrie⸗ der Wirtſchaftskriſe zum Opfer gefallen. Lohn⸗ und Gehaltsſenkungen allein konnten eine nachhaltige Wendung zum Beſſeren nicht bringen, da zuſätzliche öffentliche Belaſtungen den Wirkungs⸗ grad dieſer Selbſtkoſtenentlaſtungen erheblich ſchmälerten. Man kaun nicht den Motor des Wirtſchaftslebens mit der einen Hand ankurbeln und mit der anderen Hand Sand in das Getriebe werfen 1 Die Erkenntnis der Tatſache, daß ein Volk nur bann ge⸗ deihen kann, wenn es ſeiner Wirtſchaft gut geht, ſetzt ſich mehr und mehr durch. Alle Maßnahmen, die einem Wieder⸗ Welt e folgende Wünſche mit tief⸗ Währungsſtabilität aufbau der Wirtſchaft dienen wollen, müſſen allerdings ein⸗ deutig auf die Wiederherſtellung der Rentabilität der Betriebe abgeſtellt ſein. Nur dann iſt es möglich, die ſchwere Arbeitsloſigkeit dieſes Winters wirkſam zu bekämpfen. Wenn das Jahr 1932 in dieſem Zeichen ſteht, dann braucht man trotz allem um die wirtſchaftliche Entwicklung Deutſch⸗ lands keine Sorge zu haben. Deutſchland verfügt heute noch über einen leiſtungsfähigen Produktionsapparat, eine flei⸗ gige, arbeitswillige Arbeiterſchaft, über einen trotz aller Verluſte und Sorgen der vergangenen Jahre ungebrochenen Unternehmergeiſt. Einer Führung, die das Ziel der Wiedererlangung der deutſchen Weltgeltung klar abſteckt und ſich ſtets der un⸗ veräußerlichen Rechte des Volkes bewußt bleibt, wird die Geſolgſchaft nicht verſagt werden. Dr. Külz Reichsminister a.., Oberbürgermeister von Dresden Im Vordergrund des großen Sorgenkomplexes der Welt ſtehen Fragen wirtſchaftlicher Natur. Die Welt erlebt die ungeheuerſte Abſatzkriſis, Produktionskriſis und Geldkriſis, die ſie je geſehen hat. Das Schlimmſte aber iſt, daß als letzte und bösartigſte Krankheitserſcheinung die Vertrauen s⸗ kriſe hinzukommt, die ſich lähmend auf den Weltverkehr legt. Keine Wirtſchaftsgattung traut der anderen, kein Volk traut dem anderen. Unternehmungsluſt und Schaffensfreu⸗ digkeit ſind durch die Unüberſichtlichkeit der Verhältniſſe aufs ſchwerſte gefährdet. Unſicherheit und Zielloſigkeit in wirtſchaftlichen Dispoſitionen ſind die Folgen in faſt allen Wirtſchaftsgebieten der Welt. Ein ſo ungeheurer Kriſenkomplex kann nicht von heute zu morgen behoben werden. Beſonders in Deutſchland wird die Verantwortung aller derer, die zur Arbeit für Volk und Vaterland berufen ſind, im Jahre 1932 beſonders groß ſein. Mögen alle, die es angeht, für alles Denken und Handeln die Erkenntnis maßgebend ſein laſſen, daß es nicht nur um unſer perſönliches Daſein geht, ſondern daß es gilt, das Schickſal des Deutſchen Volkes zn meiſtern. 5 Graf von Kalckreuth Präsident des Reichslandbundes Berlin Die Entwicklung der Wirtſchaftskriſe im vergangenen Jahre hat mit unerbittlicher Deutlichkeit die Warnungen zahlreicher Wirtſchaftsführer gegenüber der Illuſionspolttik der vergangenen Jahre unterſtrichen. Eine Wirtſchafts⸗ politik, die die Rentabilität der Grund in du⸗ rien eines Volkes, insbeſondere der Landwirt⸗ ſchaft, zerſtört oder zerſtören läßt, vernichtet damit die Grundlage einer Volkswirtſchaft und eines gefunden Staatslebens ſchlechthin. Soll das Jahr 1932 auch nur die Anfänge der ſo heiß erſehnten Geſundung der beutſchen Ge⸗ famtwirtſchaft bringen, ſo muß dieſe Erkenntnis Gemeingut aller deutſchen Wirtſchaftsführer ſein und milſſen die Kon⸗ ſeguenzen aus dieſer Erkenntnis rückſichtslos gezogen werden.. gebracht, IR TSC. Mannheimer Zeitung AFTS-ZETTUNG Abend-Ausgabe Nr. 605 Geheimrat Professor Dr. Carl Duisberg Für unſer deutſches Volk, ja für die ganze Welt, iſt das entſcheidende Problem an dieſer Jahreswende: Wird das Jahr 1932 unter einem glücklicheren Stern ſtehen, als das Jahr 1931? Wird es die Löſung aus den Feſſeln der ſchwerſten aller Kriſen bringen? Millionen Menſchen ſtehen vor der Frage: Iſt dieſe Kriſe und ihre Dauer ein unentrinnbarer Schickſalsſchlag, den die Menſchheit erdulden muß, oder iſt der menſchliche Geiſt und die menſchliche Kraft in der Lage, den Weg aus der Kriſe zu finden und die Kriſendauer abzukürzen? Ich bin der Meinung, daß die Kriſe aus menſchlicher Un⸗ zulänglichkeit, vor allem auf politiſchem Gebiet, entſtanden iſt und durch menſchliche Elnſicht wieder gelöſt wer⸗ den kann. Die Friſt vor allen Dingen, in der dieſe Löſung möglich iſt, hängt entſcheidend von dem Grade ab, in dem ſich die wirtſchaftiche und politiſche Einſicht und Vernunft in der Welt durchſetzen. Heute, wo die Kriſe an die Pforte aller Völker, ja an die Türe jedes Einzelmenſchen pocht, be⸗ ginnt die Einſicht zu reifen. Allerdings glaubt man viel⸗ Geheimrat Kastl fach noch, man könne ſich, wie eine Schnecke in ihr Haus, vor dem drohenden Weltzuſammenbruch zurückziehen. Dies iſt ein grundſätzlicher, gefährlicher Irrtum. Nur ein kräftiger Strich unter die Vergangenheit mit all ihren Abſichten und Plänen, mit dem Machthunger einzelner Völker und der Angſtpfychoſe anderer kann der Welt wirklich helfen. Auf einer neuen Baſis müſſen ſich die Völker zuſammenfin⸗ den und ſich von den brüchigen Ufern unſerer Zeit über die Brücke der Vernunft auf das neue Feſtland vertrauensvoller Zuſammenarbeit retten. Für unſer deutſches Volk, das in dieſer ſchweren Kriſe einen beiſpielgebenden Lebenswillen und größte Opfer⸗ bereitſchaft bewieſen hat, gilt es, eine neue Zukunft auf ſchlichter, ſolider und einfacherer, da⸗ für aber ſicherer Grundlage zu bauen. Daß ſich im deutſchen Volke im heißen Ringen um die Zukunft des Reiches alle Schichten, alt und jung, zuſammenfinden mögen, iſt mein Wunſch für das kommende Jahr. Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie Das abgelaufene Jahr hat auf allen Gebieten des deut⸗ ſchen Staats⸗ und Wirtſchaftslebens Erſchütterungen mit ſich wie man ſie ſelbſt bei peſſimiſtiſcher Einſtellung vor Jahresfriſt kaum vorausſehen konnte. Mit erſchrecken⸗ der Deutlichkeit hat ſich gezeigt, wie verarmt und überſchul⸗ det das deutſche Volk daſteht. Sicher iſt daran in ſtarkem Ausmaße die Weltwirtſchaftskriſe beteiligt. Für Deut ſch⸗ land gelten aber noch beſondere Urſachen in min⸗ deſtens gleichem Umfange. Seit 17 Jahren lebt das deutſche Volk in Bedrängnis und im Kampf um ſeine Exiſtenz. Der Verluſt des Krieges, die Inflation und der Zwang zur Zahlung der Reparationen haben einen Kapitalverluſt von ungeheuerlicher Höhe verurſacht. Daß es gleichwohl gelun⸗ gen iſt, Volk und Staat zu erhalten ſollte uns das Gefühl dafür ſtärken, daß dem deutſchen Volk auch heute noch Kräfte inne⸗ wohnen, die bei richtigem Einſatz und zielbewußter An⸗ ſpannung doch den allmählichen Wieberaufſtieg keines⸗ wegs als eine unlösbare Aufgabe erſcheinen laſſen. . Wenn die notwendigen Folgerungen für die Wirtſchafts⸗, Finauz⸗ und Sozialpolitik gezogen werden, glaube ich, daß die Opfer, die allen Volksſchichten im vergangenen Jahre zugemutet worden ſind, und die ihnen vorausſichtlich auch noch weiter zugemutet werden müſſen, doch nicht vergeblich gebracht ſind, ſondern daß in dem Augenblick, wo ſich die allgemeine Lebenshaltung und auch das Pro⸗ duktionskoſtenniveau den veränderten Verhält⸗ niſſen angepaßt hat, der Weg wieder frei gemacht wird zu einem allmählichen Aufſtieg. 5 Eines iſt ſicher, daß man nur durch ein Zuſammen⸗ wirken aller produktiven, moraliſchen und nationalen Kräfte die drohenden Gefahren für den Beſtand unſerer Wirtſchaft, unſerer Kultur, unſeres Staa⸗ tes und unſeres Volkes überwinden kann. Man ſoll nicht klagen, ſondern man ſoll handeln, man ſoll die Schwierigkeiten und die Zeichen der Not nicht verkennen, aber man ſoll ſich auch nicht durch ihre Ueber⸗ ſchätzung lähmen laſſen. Das deutſche Volk hat ſchon ſchwerere Situationen als die jetzigen erfolgreich überſtanden, und wem die Zukunft Deutſchlands am Herzen liegt, der hat weniger als je Veranlaſſung, den Mut ſinken zu laſſen. Ed. Beit von Speyer Komm Rat. Bankhaus Lazard Speyer-Ellissen Unſer Weg kreuzt eine enge Schlucht; wir ſind den hohen Hang hinabgeſtolpert in ein tiefes, von der Sonne unbegnadetes Tal; jetzt gilt's die ſteile, felſige Wand zu erklimmen, die zum jenſeitigen Kamm und zur Freiheit hinauf führt. Not iſt dazu gegenſeitige Unterſtützung; wir können nur am Seil, d. h. miteinander verbunden, der eine auf die Hilfe des anderen vertrauend, Schritt für Schritt, mit Atempauſe die Höhe erreichen. Der feſte Wille iſt da, aber es dürfen oben keine Feinde ſtehen, die uns den ſchwierigen Pfad ver⸗ ſperren oder gar Felsblöcke auf uns hinabſtürzen. Er iſt nur zu zwingen, wenn wir in Ruhe, ohne Angſt ums Leben, die lange mühſelige Arbeit verrichten dürfen; nur ſo werden wir aus dem Tal des finanziellen und ſoziaſen Elends emporſteigen. geussere uncl innere Fesseln der deutschen Wirtschaft i Bringt das Jahr 1932 dle Wirischaftstreihelt! ö So verwüſtend auch die Kriſe über Deutſchland herein⸗ Oroch, ſo einſchneidend die eigenen und ſtaatlichen Eingriffe in das Wirtſchafts⸗ und Privatleben waren, kann man doch nicht umhin, die innere Widerſtandskraft und Disziplin zu bewundern, die das deutſche Volk in feiner Geſamtheit dem großen Krach gegenüber bekundete. Schnell, fehr ſchnell wurden die panikartigen Zuſtände im Innern überwunden und mit der Rückkehr einer ruhigeren Betrachtung war die Möglichkeit geſchaffen, die verbliebenen Reſerven zu ſam⸗ meln und den notdürftigſten Ausgleich durchzuführen. Und das alles, obgleich die Kriſe immer weiter ſchritt, und immer neue Opfer forderte. Man muß ſich vor Augen halten, daß in Wochen voll⸗ kommener Unüberſichtlichkeit der Zahlungsverkehr wieder in Gang gebracht und die Produktion im Fluß gehalten werden konnte. Man muß bedenken, daß 11 5 der verſchärften notionalen Politik in allen Stagten, trotz der ſich immer mehr kraſſer bemerkbar machenden handelspolitiſchen Abſchlie⸗ ßungstendenz die deutſche Wirtſchaft und die deut⸗ ſchen Banken es vermochten, innerhalb Jahresfriſt 5,5 bis 6 Milliorden Reichsmark an ſeine aus⸗ län diſchen Gläubiger zurückzuzahlen. Wenn man ferner berückſichtigt, daß das immer noch reiche Eng⸗ land im September bereits nach einer Kreditabziehung von. 3,8 Milliarden Reichsmark die Segel ſtrich, ſo wird man erſt die deutſche Leiſtung richti« ermeſſen können. Der überaus ſchwankende Boden, auf dem ſich nunmehr die Weltwirtſchaftsbeziehungen, mehr noch aber die politi⸗ ſchen Beziehungen abſpielten, entmutigte Deutſchland keineswegs, ſondern ließ es Sanierungsmaßnahmen von bisher nie dageweſener Schärfe in Angriff nehmen. Ob die Maßnahmen im einzelnen immer zweckmäßig und zeitlich immer ſo erfolgten, wie es wünſchenswert erſchien, darüber zu rechten hat jetzt keinen Sinn. Deutſchland hat einen Schlußſtrich unter ſeine bisherige Wirtſchaftspolitik gemacht und verſucht, ſelbſt mit nicht ungefährlichen Mitteln, die Notzeit zu überwinden und die Grundlagen für den ſpä⸗ teren geſunden Wirtſchaftsaufbau zu ſchaffen. In vollem Bewußtſein der Schwere ſeiner Aufgabe und in voller Erkenntnis der Opfer, die dieſer Weg zum Wiederaufbau fordert, wurde die Lebenshaltung des dentſchen Volkes in ſeiner Geſamtheit, teils freiwillig, teils unter dem Zwang der Notverordnung, auf einen Tieſſtand gedrückt wie er nur dann erträglich erſcheint, wenn ber oft verkündete, aber ſelten bewieſene Wille der Völker zn gemeinſamem Handeln gegen die allgemeine Wirtſchaftsnot jetzt endlich verwirklicht wird. Dr. Kurt Schmitt Generafdirektor des Allianz-Konzens Geneſung heißt Geſunden von einer überſtandenen Krankheit. Wenn der Arzt die Diagnoſe einwandfrei feſt⸗ geſtellt hat, kann er die vorausſichtliche Geneſung vorher⸗ ſagen mit dem Vorbehalt, daß der Patient das tut, was ärzt⸗ lich nötig iſt. Unſere gegenwärtige Weltwirtſchaftskriſe iſt infolge ihrer Einzigartigkeit, ihrer Beiſpielloſigkeit, ſchwer zu diagnoſtizieren. Das aber dürfte feſtſtehen: je weniger künſtliche Mittel angewandt werden, je mehr ein Volk und eine Wirtſchaft die Kraft aufbringt, die erkennbaren Fehler und Krankheitserſcheinungen ans⸗ zumerzen, anſtatt zu überkleiſtern und zu vertuſchen, deſto ſchneller und ſicherer wirb der Heilungsprozeß vor ſich gehen. Ehrlichkeit und Charakterſtärke ſind die Vor⸗ ausſetzung für alles. Abſtellung der Ausgaben auf die nun einmal gegebenen Einnahmen des Einzelnen wie der Unternehmungen iſt die Vorausſetzung für neue Ver⸗ mögensbildung. Dieſe aber iſt die Grundlage für ein Wiederaufblühen von Wirtſchaft und Staat. Der deutſche Haushalt von 1951 liegt mit 9,8 Mrd. um 2,6 Mrd.„ niedriger als im Jahre 1990, obwohl oͤie andauernde Wirtſchaftsſchrumpfung und die wachſende Arbettsloſigkeit mit unerbtttlicher Hebelwirkung Einnah⸗ men u. Ausgaben ſtändig auseinondertrieben. Das Opt i⸗ mum an öffentlichen Beloſtungen iſt er⸗ reicht. Und doch kann ſich das Ausland noch nicht zum gemeinſamen Handeln zuſammenfinden, ſondern der Kampf aller gegen alle tobt weiter. Für Deutſchland handelt es ſich darum, mit der deutſchen Wirtſchaft auch den Beſtand der Nation gegen eine wirt⸗ ſchaftsfeindliche Umwelt zu verteidigen. Das rechtfertigt e a 35 3 ed eesbs 80 D„ N 5 K 5 5 30 e Beschäfügunssgracl der imelustrie in ul der Arbalterstunclenkapaität —— a vielleicht ouch Maßnahmen, die vom Standpunkte des Pri⸗ vatwirtſchaftlers zu verurteilen ſind. Die deutſche Wirt⸗ ſchaft trägt gegenwärtig nicht nur Feſſeln äußeren Zwangs, ſondern auch Bindungen, die ihr von der Staatsgewalt auferlegt wurden. Die Be⸗ wegungsfreiheit unſerer Wirtſchaft iſt im Laufe des Jahres ſoweit eingeſchränkt worden, daß man von dem Schalten und Walten des kapitaliſtiſchen Syſtems überhaupt nicht mehr ſprechen kann. Die ſtaatsſoziallſtiſchen Experimente, wie die Zwangskonvertierung des Zinsfußes, bergen unzweifelhaft wirtſchaftliche Ge⸗ fahren in ſich. Es macht aber eins zur Gewißheit: daß weitere Eingriffe in die freie Wirtſchaft nun wirklich zu ſehr ſchweren Folgen führen 5 8 und daß Reichsbankpräſident Luther recht hat, wenn er die. 5 eee Dr. Joachim Tiburtius Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Haupt- 0 gemeinschaft des deutschen Einzelhandels Die Reichsregierung hat dem deutſchen Volke an der Schwelle des neuen Jahres eine Neuordnung ſeiner Wirt⸗ ſchaftsverhältniſſe beſchert; das Geſamtniveau aller An⸗ ſprüche und Leiſtungen ſoll herabgeſetzt und dadurch befeſtigt werden. Wenn aus dieſer Ordnung auch eine Belebung entſtehen ſoll, dann müſſen in erſter Linie Arbeitsloſe wieder in Arbeit gebracht und aus Sozialrentnern am Rande der Lebenshaltung wieder kaufkräftige Lohn⸗ empfänger mit einem normalen Reallohn werden. Dieſe geſunde Umſchichtung der Kaufkraft erhofft die Reichs⸗ 1 regierung in erſter Linie von einer Stärkung des Exportes, die wir in der Konkurrenz mit abſinkenden Währungen gro⸗ ßer Welthandelsländer durch Senkung unſerer Preiſe zu erreichen ſuchen. Eine Stärkung des Exportes können wir nicht burch iſolierte Maßnahmen der Außenhandels⸗ politik, ſondern nur in Verbindung mit ſorgfältigſter Pflege unſeres Inlandsmarktes anſtreben. Dazu gehört als Vertrauensgrundlage allen wirtſchaftlichen und ſtaatlichen Lebens auch weiterhin der unbezweifelbar feſte Maßſtab der Währung, die wir vor Experimenten bewahren müſſen. Wir müſſen allerdings daran denken, daß zu einem geſunden Verhältnis zwiſchen Einkommen und Preiſen auch die Kreditpolitik in innerem Einklang mit der Währungspolitik geführt werden muß. Eine geſunde Entwicklung der deutſchen Wirtſchaft kann ferner nur geſichert werden, wenn auch dem Kapital⸗ markt wieder Leben zugeführt wird. Dieſem Bedürfnis ſtehen aus den böſen Julitagen des Jahres die Scheu des Publikums vor den Banken, aus der weiteren Entwicklung des letzten Herbſtes das Mißtrauen weiter Kreiſe gegen wacklig gewordene Valuten und aus der letzten Notverord⸗ nung leider die böſe Erfahrung mit der Zwangsſenkung von Zinſen entgegen. Dieſe Gefahrpunkte verlangen neben den im Vordergrunde ſtehenden Reparationsſorgen ernſte Auf⸗ merkſamkeit. 5 Friedrich Derlien Vorsitzender des Reichsverbandes des deutschen Handwerks Als Vorausſetzung für eine beſſere innerdeutſche Eut⸗ wicklung möchte ich neben einer tragbaren Geſtaltun unſerer geſamten finanziellen Verpflichtungen an das Ausland lediglich öret Forderungen, die eigentlich Selbſt⸗ verſtändlichkeiten ſein ſollten, in den Vordergrund ſtellen: Ausgleich in den Haushaltsplänen des Reichs, der Länder und Gemeinden, eine gerechte Ver⸗ teilung der geſamten Steuer laſten und eine beſſere Berückſichtigung des gewerblichen Mittel ſtandes in Geſetzgebung und Verwaltung. 5 8 Gerade der gewerbliche Mittelſtand ſteht in dem ſchwe⸗ ren Kampf zwiſchen Kapitalismus und Sozialismus als ein zwar an ſich unbeteiligter Stand, der dafür aber die nachteiligen Folgen dieſer Auseinanderſetzung am meiſten zu tragen hat.. In ben letzten zwölf Jahren hat ſich das Haudwerk eine Vernachläſſigung gefallen laſſen müſſen die in dem Berufsſtand das bittere Gefühl der Vereinſamung und Zurückſetzung zur Folge hatte. Dabei will das Haub⸗ werk keine Vorrechte. 9 Es will nur die Beachtung und Berückſichtigung, die man anderen Berufsſtänden ſchon längſt gewährt hat und die auch dem Handwerk zu geben ſind, um ſeiner zahlen⸗ mäßigen Größe, ſeiner wirtſchaftlichen Bedeutung und ſeiner inneren Stärke gerecht zu werden. 8 Das ſind die Vorausſetzungen, um für unſere inner⸗ deutſchen Verhältniſſe im gewerblichen Mittelſtand das Vertrauen zur Regierung wiederherzuſtellen. Wiederherſtellung der Wirtſchaftsfreiheit als ein Hauptpoſtulat des Jahres 1992 bezeichnet. Denn auch von der Seite des Kreditverkehrs ſind Hurchaus noch nicht alle Gefahren genommen. Es wird unendlich ſchwer halten, wenn nicht gar unmöglich ſein, im nächſten albjahr die erheblichen eingefrorene innerdentſchen Kredite gufzutauen. Nur durch weitgehendſten Schutz der Schuldner konnte d deutſche Wirtſchaft vor, einem völligen Zuſammenbruch aus innerer Kapitalentkräftung bisher bewahrt werden. U nur durch eine kombinierte Kreditaktion ge⸗ lang es, einen geordneten Zohlungsverkehr wieder in Gang zu brirgen. Wir dürfen uns indeſſen nich verhehlen, daß die Grundlageunſerer Wäh⸗ rungsſicherheit eingeſchränkt worden kſt. Die Neſerven der Reichsbank an Gold und deckungsfähtgen Deviſen belaufen ſich nur noch auf etwas mehr als 1 Mil⸗ liarden Mark was geenüber dem Vorfahre eine ſehr er⸗ hebliche Einſchrumpfung bedeutet. Ihr ſtehen mehrere hundert Millionen kurzfriſtiger Red is kontkredite gegenüber, die bereits einmal verla worden ſind. Die Gold⸗ und Deviſendeckung unſerer dem Schlimmſten durch Stillhalteabkommen bewahrt geblieben, die Gefahren, die drohen, ſind nicht geringer geword Wir ſind davon abhängig, daß unſere ausländiſchen Gläubiger genug Einſicht beſitzen, um uns die Gold⸗ decke nicht vollſtändig zu entziehen, und daß der Ausfuhrüberſchuß uns als Ergänzungsguelle unſe⸗ rer Deviſenvorräte erhalten bleibt. er 0. Arbeits⸗ Waren⸗ Kon⸗ Mrd. M. 1028100 in Mid. Mrd. 9. ed N, 1925 59,9 8¹ 0,68 105%— 25 1926 62,6 78.02 109,6 + 0 0 1927 70,7 98 1781 125,0— 28 1928 75,4 100 1,39 134,8 12 1929 76,1 100 191 184,1 + 0% 1980 6870 855 3,14 119,2. 1931 5060 70 5,06 105,* 20 ) Schätzungen.
Ausgabe
142 (31.12.1931) 605. Abendblatt
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