Ber More Dienstag, den 16. Juli 194 ANNE IME R 2 E IT u 4 — dienstag, den 18. Tull 1946 Veröttentlicht unter Militär-Reglerungs-Lizenz US- WB. 103. Verantwortlich für den gesamten Inhalt: Dr. Oskar Hörrle und E. Fritz von Schilling. Redaktion, verlag und Druckerei: Mannheim, R 1, 4/6. 5 Telephon 441 51/53. Postscheckkonto: Karlsruhe 800 16. Anzeigenpreis für die zehngespaltene Nonpareillezeile RM 1.—. Monatsbezugspreis: RM 2,40 einschließlich Trägerlohn. HF Die verfassunggebende Landes versammlung von Würt- 5 Eine gute Verfassung temberg-Baden ist gestern zum ersten Male zusammen- getreten. In den nächsten Wochen werden die Männer und Frauen, die in der Wahl vom 30. Juni durch die Bevölkerung des Landes auf dem Umwege über die politischen Par- teien den Auftrag erhalten haben, zum Woh le des Volkes von Württemberg-Baden eine Verfassung zu geben, die einzelnen Punkte des Entwurfes durchberaten, der im Auftrage dier Regierung vorbereitet worden ist. Es ist in den der Wahl vorhergehenden Versamm- lungen über das Wesen der Verfassung von den verschiedenen Parteivertretern bereits emiges gesagt worden. Es ist weiterhin in Ar tikeln von Fachleuten, Politikern und Jour- nalisten über die zweckmäßige Form und den Wirkungsbereich geschrieben worden, den 8 cke neue Verfassung nach den Erfahrungen der Weimarer Republik haben müßte. Endlich it immer wieder behauptet worden, daß bei Frauen und Männern lebhaftes Interesse für ddie Verfassungsfrage vorhanden wäre. Die Beteiligung an der Wahl für die verfassung- gebenden Versammlungen in den Ländern der amerikanischen Besatzungszone scheint auch ein solches Interesse zu beweisen. Trotz dem haben wir den Eindruck, als bestehe ein Sehr weitgehender Unterschied zwischen dem, was die Fachleute in der Diskussion über die Verfassung erörtern, und dem, was der sogenannte„Mann auf der Straße“ sich vorstellt. Zwar ist die unmittelbare Frage„Wofür brauchen wir überhaupt eine Verfassung?“ nur selten laut gestellt worden; desto häufiger tritt aber die Frage auf, ob durch eine Ver- fassung wirklich eine wesentliche Beeinflussung der Lebensführung des einzelnen ein- trete. Die Zahl derer, die sich darüber im klaren sind, daß die häufig schwer zu ver- stehenden Formulierungen einer Verfassung nicht nur theoretische Deklamationen dar- Stellen, sondern tatsächliche Rechte und Pflichten jedes einzelnen sichern und fest- legen, ist nicht eben groß. Solange aber die Mehrzahl sich dem Glauben überläßt, daß sie za doch nichts machen könne“ und so oder so„regiert“ werde, solange besteht tatsäch- lieh auch für die beste Verfassung die Gefahr. zur Deklamation im leeren Raum zu wer- den. Es muß deshalb als Aufgabe der Presse und aller sonstigen Nachrichtenmittel be- trachtet werden, mehr als bisher von der fachlichen Dliskussſon vergleichender Verfas- sungsrechte auf die greifbaren Wirkungen der einzelnen Punkte einzugehen, so wie sie sich dem nicht mit höheren Verwaltungsauf gaben bedachten Durchschnittsmenschen zei- gien. Fine gute Verfassung scheint uns nicht so sehr die Aufgabe zu haben, Wälle und Sicherungen gegen alle Möglichkeiten ihrer Z ermürbung aufzurichten, als die, in den Her- den und Hirnen des Volkes, dem sie gilt, so mitgefühlt und so klar verstanden zu wer- den, daß hre Zerstörung obne großen Aufwand an Gesetzen und Paragraphen an der selbstbewußten Kraft der von ihrem Inhalt d urchdrungenen Menschen scheitert. Geschrie- denes Recht ist stets erst dann imstande als sittliche Kraft zu wirken, wenn es zutiefst übereinstimmt mit den Empfindungen und Ueberzeugungen derer, für die es geschrieben ist. Klugheit genügt nicht. Auch die Nationalsozialisten waren, wie Martin Niemöller sagte, klug genug. 8 v. S. Mit Speck fängt man wig ihrer vor dringlichen Lösung: die der Fidentlinge und die der Neu- oder auch Speckdänen, die heute verzweifelt in ihren Annenregistern nach einer dänischen Groß mutter suchen. Es hat sich erwiesen, daß man Zwei brennende Fragen bedürfen in Südschles- die Aufnahmefähigkeit des Landes für ostp reußische Flüchtlinge bei weitem überschätzt hat, unter dem Eindruck, daß Südschleswig den Krieg völlig unberührt überstand. Die Zustände nähern sich aber tatsächlich jetzt der Grenze des Tragbaren. Wohl ist das Land ackerbaulich und als Rinderzuchtgebiet reich. gewesen. Die Fülle des Zustroms an Menschen und die hohe Ablieferungsquote für Agrarprodukte hat aber eine schwie- rige Doppelbelastung geschaffen. Flensburg und mit ihm Südschleswig liegen zudem in einem toten Winkel der britischen Zone. In den Verwaltungen sitzen zu über 50 v. H Ostllüchtlinge, die meist weiße Fragebogen haben abgeben können, während die Mehr- zahl der ansässigen Schleswiger ihre Zugehörigkeit zur NSDAP. nicht leugnen konmte. Dieses ungesunde Verhältnis verschärft von Monat zu Monat mehr das Zusammenleben von Neubürgern und Ansässigen. f Das ist einer der Gründe dafür, daß weite Kreise der deutschen Bevölkerung Mmren eigenen Ausweg aus dieser Situation suchen. Sie wollen mit der Unterstützung des Südschleswiger Vereins das ganze Gebiet nördlich des Kaiser-Wilhelm-Kanals von Deutschland abtrennen. Sie erhoffen sich von dem Anschluß an Dänemark eine erheb- niche Minderung der Steuerlasten und dazu Butter, Eier und Speck in Fülle. Außer- dem erhoffen sie sich dadurch eine Handhabe gegen die„Ueberfremdung“ durch die Ost- Preußen. Es mehrt sich die Zahl derer, die ihre Kinder in dänische Schulen schicken, die keine Gelegenheit verstreichen lassen, um si ch als„geborene Dänen“ zu bezeichnen oder in anderer Form ihre plötzliche Liebe zu Dänemark zu beweisen. Sehr oft sieht man die Dänenflagge an den Häusern oder Bilder des dänische Königs, die geschickt den Schand- fleck von einst“ an der Wand verdecken. Die Dänen sind sich darüber nicht im unklaren Der dänische Sozlalistenführer Hedtoft hat dazu kürzlich erklärt:„Für viele Schleswiger st der Wunsch, aus dem deutschen Zusammenbruch herauszukommen, größer als die Wirkliche Zuneigung zu Dänemark. Diese Erkenntnis wird unsere Haltung in der Schles- Wiger Frage entscheidend mitbestimmen.“ Wie bei allen Separatisten schält sich immer klarer de Absicht heraus, Deutschland mög lichst schnell seinem Schicksal zu überlassen, um zum eigenen Vorteil einem nahrhäfteren Land die so wetterwendische Treue zu schwören. A. V. . 2 Wir freuen uns über Leserbriefe. Und auch über kritische Zuschriften, 5 Leserbriefe die sich mit unserer Zeitung befassen, zumal wir keinesfalls den An- spruch erheben, unfehlbar zu sein. Im Gegen teil, wir sind uns der technischen und son- stigen Mängel bewußt, die es noch verhindern, die Mannheimer Zeitung so zu gestalten, Wis Wir dies wollen. Die, Kinderkrankheiten“ sind keinesfalls überwunden, sie werden sich er noch stärker bemerkbar machen. Aber wir gehen mit Lust und Liebe daran, die Schwierigkeiten zu überwinden. Der größte Teil unserer Leser hat für die Situation Ver- ständnis. Das beweisen die zahlreichen ermutigenden Zuschriften zu unserem, Start“. Da- neben gab es aber auch zwei, drei Briefe, die bereits wenige Stunden nach dem Erscheinen 5 ersten Nummer eingingen und die den„Morgen“ als„armselige Zeitung“ in Grund Boden verdammten. Nicht etwa nur die Nr. 1. sondern auch gleich alle folgenden Aus- gaben. Es sind die„unfehlbaren“ Leser, die einem Säugling schon ansehen, daß er als Mann versagt. Auf derartige Zuschriften können wir in Zukunft nicht mehr eingehen, da 1 Zeit wirklich knapp ist. Dagegen freuen wir uns aufrichtig über jede sachliche . ritik. Jeder Verbesserungsvorschlag wird auf die Möglichkeit hin geprüft, ob er unter den gegebenen Umständen realisierbar ist. Wir wollen trotz beschränkter Platzverhält- Nisse alles versuchen, um den Lesern und ihren Bedürfnissen nach einer vielseitigen, modernen Zeitung gerecht zu werden. Positive Mitarbeit ist uns dazu sehr erwünscht. f le. per gut getamde Verschwörer in der Reichsregierung Das Plädoyer für Schacht— Freispruck für den„Mann des guten Glaubens“ beantragt Nürnberg, 15. Juli.(dana)„Auf der An- klagebank Sitzen Kaltenbrunner und Schacht. Es ist ein selten groteskes Bild, daß oberster Kerkermeister und Häftling dieselbe Anklagebank teilen.“ Mit diesen Worten begann gegen Ende der Montag- Vormittagssitzung des Nürnberger Gerich- tes Dr. Rudolf Dix das Plädoyer für seinen Mandanten, den Angeklagten Hjalmar Schacht.„Zum Himmel heb' ich meine reinen Hände, verfluche dich und deine Tat“; dieses Zitat aus Wilhelm Tell rief der Verteidiger den Naziführern im Namen sei- nes Mandaten zu, dessen Freispruch er beantragte. Schacht, der bis zum Jahre 1938 als Reichswirtschaftsminister und Pra- sident der Reichsbank Hitlers Aufrüstung finanzierte, und mit seinem in der Welt be- kannten Namen als Wirtschaftsfachmann die Pläne der Nazis deckte, distanziert sich heute, wie aus dem Plä- doyer seines Verteidigers hervorgeht, mit aller Entschiedenheit von seinen Mitange- klagten, indem er sich darauf berief, daß er seit dem Sommer 1944 auf Befehl Hitlers in einem Konzentrationslager gefangen ge- halten wurde. Dr. Dix bezeichnete diese Tatsache als„einzigartig“,(Göring wurde im Frühjahr 1945 von Hitler zum Tode ver- urteilt, ohne daß irgendjemand behauptet, diese Tatsache entschuldige seine früheren Vergehen.) Mit bemerkenswerter Entschie- denheit wandte sich Dr. Dix gegen die An- griffe, die vonseiten anderer Verteidiger gegen den Zeugen Bernd Gisevius geführt wurden, dessen Aussage in erster Linie der Entlastung Schachts gedient hatte. Gegen die von der Anklagebehörde erhobene Be- hauptung, Schacht sei an einer Verschwö- rung zur Herbeiführung eines Angriffs- krieges beteiligt gewesen, führte der Ver- teidiger aus, daß in einer Diktatur wie der Hitlers, der Tatbestand einer Verschwö- rung, die das Zusammenwirken gleich- berechtigter Glieder voraussetze, begrifflich ausgeschlossen sei. Darüber hinaus habe Schacht nie von den 8 Angriffsplänen Hitlers gewußt, sondern habe die Aufrüstung für eine Defensivmaßnahme gehalten. Im Ver- laufe seines Plädoyers führte Dr. Dix je- doch selbst aus, daß Schacht das Ausland schon vor 1933 vor Hitler und der mit dle- „Heute sieht man Nürnberg, 15, Juli,(dana) In seinem Plä- doyer für den Angeklagten Funk behauptete Dr. Fritz Sauter, dag Funk zin der Wirt- schaftsprüfung des naticnalsozialistischen Reiches niemals die Hauptrolle, sondern im- mer nur eine Nebenrolle gespielt habe“. Der Angeklagte habe im Jahre 1933 aus „Patriotismus“ das Amt des Pressechefs der Reichsregierung übernommen, obwohl er sich dadürch finanziell verschlechterte. Er gehörte also nicht zu den Desparatos,“ erklärte der Verteidiger,„, die froh sein muß- ten, durch Hitler einen gut bezahlten Posten zu bekommen.“ In seinen weiteren Aus- kührungen versuchte der Verteidiger eine Erklärung für die hohen Geldgeschenke, die Hitler und Göring an Funk gemacht haben, zu geben. Funk bekam, wie Dr. Sauter sagte, zu seinem 50. Geburtstag vom Prä- sicium der Reichswirtschaftskammer einen Bauernhof von fünf Hektar in Oberbayern geschenkt. Das Geschenk erwies sich dann aber als willkommenes Danaer-Geschenk, da die Errichtung der Baulichkeiten viel teurer wurde, als man erwartete und Funk eine sehr hohe Schenkungssteuer bezahlen mußte. Der Angeklagte geriet dadurch in Schulden. Göring half Funk daraufhin mit einer größeren Summe aus, und als Hitler von den Schwierigkeiten Funks hörte, ließ er ihm den zur Ordnung seiner wirtschaft- lichen Lage erforderlichen Barbetrag als Dotation überweisen. Zum Vorwurf der Anklage, daß Funk durch sein Eintreten in die Partei die Machtergreifung der National- sozialisten gefördert habe, erklärte sein Ver- teidiger, es sei richtig, daß Funk, obwohl er als„liberaler Außenseiter“ innerhalb der Partei galt, doch die politischen Ziele und Ideale des Nationalsozialismus stets anerkannt habe.„Heute, nach dem furchtbaren Zu- sammenbruch des nationalsozialistischen sem verbundenen Kriegsgefahr warnte. Der Verteidiger begründete diese Sinneswand- lung Schachts mit der„unheilvollen Zau- ber wirkung“ Adolf Hitlers, den er als einen„genialen Demagogen“ und„politi- schen Rattenfänger“ bezeichnete. Dr. Dix berief sich im Verlaufe seines Plädoyers immer wieder auf den„guten Glauben“ des Angeklagten, der, als er sich im Jahre 1932 Hitler anschloß,„seinem Lande zu dienen glaubte“. Mit Schärfe wandte sich Dr. Dix gegen den ehemaligen Innenminister Severing, der als Zeuge ausgesagt hatte, Schacht sei ein„unzuverlässiger Kantonist“ gewesen und habe im Jahre 1933 die Sache der De- mokratie verraten.“ Der Verteidiger er- klärte:„Trotz der großen Achtung, welche ich dem sauberen politischen Charakter Se- verings entgegenbringe, bin ich gezwungen, gerade ihm jede Legitimation abzusprechen, über Staatsmänner ein kompetentes Leu- mundszeugnis abzugeben, die nicht, gleich ihm und seiner Regierungskoalition in le- thargischer Passivität verharrten, Severing und seine politischen Freunde tragen zwar nicht vor dem Strafrichter, aber vor der Geschichte durch ihre Unentschlossenheit und politische Ideenlosigkeit für die Macht- ergreifung Adolf Hitlers eine ungleich gr6— gere Verantwortung als Hjalmar Schacht.“ Dr. Dix wandte sich dann den antijüdischen Gesetzen zu, und bemerkte dazu, daß diese größtenteils nicht während der Ministerzeit Schachts entstanden sind. Zum Kernpunkt der Anklage gegen Schacht, der von ihm bis zum Ende 1938 finanzierten Aufrüstung, erklärte der Verteidiger, Schacht habe eine Aufrüstung Deutschlands lediglich zu defensiven Zwek- ken für notwendig gehalten.(Schacht selbst sagte während der Verhandlung aus, er habe Deutschland„nie für unmittelbar be- droht“ gehalten.) Die zahlreichen Vertrags- brüche des Hitlerregimes habe Schacht nicht als gegen den Frieden gerichtet emp- funden, da ja auch das Ausland nur„for- male Proteste“ einreichte. Der Verteidiger beschäftigte sich schließlich mit Schachts Tätigkeit von 1938 bis 1943, in denen er als Minister ohne Portefeuille Mitglied der Reichsregierung war. Zum Vorwurf der An- klage, daß Schacht für die Verbrechen des die Dinge anders“ Staates“, kügte Dr. Sauter hinzu,„sieht man natürlich diese Dinge anders. So ergeht es auch Funk“ Funk habe„im wesentlichen nur organisatorische und wirtschaftliche Aufgaben“ gehabt, erklärte Dr. Sauter zum Vorwurf der Anklage, daß Funk als Staats- sekretär im Propagandaministerium„ver- antwortlich für die Verfolgung der Anders- denkenden und Juden, die Psychologische Vorbereitung des Volkes auf den Krieg und die Schwächung der Widerstandskraft und des Widerstandswillens der von den Ver- schwörern ausersehenen Opfer sei“. Goeb- bels habe„selbstverständlich völlig beherr- schend und mit absoluter Ausschließlichkeit persönlich die Propaganda-Politik“ geleitet. Für die 5 Einführung der„Sklavenarbeit“ und die zwangsweise Beschäftigung auslän- discher Arbeiter macht der Verteidiger in erster Linie Göring, als Bevollmächtigten für den Vier jahresplan, verantwortlich. Funks Beteiligungen an den„Verordnungen vom November 1938“ durch die die Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben durch- geführt wurde, bezeichnet Dr. Sauter als „eine gewisse Tragik“, da Fu sieh immer als„tolerant“ und„judenfreundlich“ be- zeichnet habe. Abschließend erklärte Dr. Sauter,„über einen Punkt kann es nach der Ansicht Funks keine Verschiedenheit der Auffassung geben, nähmlich hinsichtlich der KZ-Greuel, Wie sie seit Jahren insbesondere gegen die jüdische Bevölkerung verübt wurden. Wer sich an solch unerhörten Greueltaten f beteiligt hat, der soll auch nach der Auf- fassung des ganzen deutschen Volkes hier- für mit aller Härte büßen müssen“, Am Ende seihes Plädoyers für den Angeklagten Funk beantragte Dr. Fritz Sauter den Freispruch für seinen Mandaten, da dieser keine kri- minellen Verbrechen begangen hat“. vorübergehende Hitlerregimes Während des Krieges mitver“ antwortlich ist, exklärte Dr. Dix, die Re gierungsgewalt sef nicht von der sogenann ten Reichsregierung, sondern allein von Hitler und seinen Vertrauten ausgeübt wor- den. Dem Angeklagten könne also aus de Tatsache, daß er Minister ohne Portefeuille War, keinerlei Belastung erwachsen. Dar- Gev Überfu e Ha über hinaus. begab sich Schacht, so fuhr Dr. Dix fort, von 1939 an„auf die dunklen Pfade des Verschwörers“ und beteiligte sich an zahlreichen Putsch versuchen. Durch sein Verbleiben als Mi- nister ohne Portefeuille habe er der Wider- standsgruppe, der er angehörte,„Als Späh⸗ trupp“ nützlich sein können. Die Schacht von der Anklage vorgeworfenen Ergeben- heit Hitler gegenüber versuchte Dr. Dix mit dem Hinweis zu erklären, daß er sich Verschwörer besonders stark tarnen mußte“ um keinen Argwohn bei Hitler zu èrregen Dr. Dix versuchte, seinen Mandaten 8 „überzeugten Paziflsten“ hinzustellen un Sagte zusammenfassend:„Schacht ist zu kl und selbstkritisch, um nicht zu wissen, daß rein politisch betrachtet sein Charakterbild in der Geschichte von der Parteien Gunst und Haß verwirrt, schwanken wird. Er stell sich in Demut dem Urteil der Geschichte auch dann, wenn der eine oder andere Histo; riker seine politische Linie als unrichtig be- zeichnen wird.“ Mihallowitsch zum Tode verurteilt Belgrad, 15. Juli.(dana) General Prag mir Mihailowitsch, ehemaliger Tschetnik führer und Kriegsminister der jugoslawi schen Exilregierung, wurde am Montag vom Belgrader Gerichtshof nach fünkwöchige Prozeßdauer als Kriegsverbrecher zum To durch Erschießen verurteilt. Gegen di 23 Mitangeklagten, die sämtlich ebenfall für schuldig befunden worden waren, W den Todes- und Gefängnisstrafen aus- gesprochen. Todesurteile im Neuengamme- Prozeß Hamburg, 15. Juli.(dana) Albert Let Emil Hoffmann, Edgar Klemmt, Erns Wendefeuer und Longin Pladowski, die dei Mighandlung alliierter Staatsangehöriger im Konzentrationslager Neuengamme an geklagt waren, sind vom britischen Mili tärgericht zum Tode verurteilt worden. Dollar wiegt Kronen auf Stockholm, 15. Juli.(dana) Die schwedische Reichsbank hat eine Herabsetzung des Dol larkurses um rund 14% gegenüber dem sei herigen Stand vorgenommen, um inflation stischen Tendenzen, wie sie infolge der Auf hebung der Preiskontrolle in den Vereinig ten Staaten auch für Schweden wirksam werden könnten, rechtzeitig zu begegne Auch der Kurs für das Englische Pfund sa um einen entsprechenden Betrag. Schwede kolgt mit dieser Maßnahme, die auch eine Genehmigungspflicht schwedischen Währungsamtes zum Anka 80 Vers kenkass 1 5 Die mittag Der kürzlich Der ist allg dle Hil ist das fremder Devisen einschließt, dem Vorgeh dungen Kanadas, das seine Währung bereits am Juli der amerikanischen Preisbewegung 5 gepaßt hatte. Der neue Kurs rechnet einen Wal US-Dollar mit 3,60 Kronen, 1 Pfund Sterli mit 14,50 Kronen. Frauentagung in Berlin Wo Berlin, 15. Juli.(dana) Die Stellung d. Hunder Frau im öffentlichen Leben war der Ker punkt von Refergten und Diskussionen auf der ersten großen demokratischen Fraue tagung, die am 14. und 15. Juli in Berlin stattfand. An der Tagung nahmen neb rund 1000 Frauen aus der sowjetischen Zone Gäste aus den westlichen Zonen Deutsch lands, Oberst Tulpanow von der sowiett en schen Militärregierung und Otto Grotewo der Vorsitzende der SED, teil. Allge wurde gefordert, der Frau heute m Rechte einzuräumen, als ihr von der ve gangenen bürgerlichen Welt In de wurden. Die Mitteilung Otto Grotewohls stattlich daß bis zum 15. Okt. 120 000 deutsche Krieg gefangene aus der Sowjetunion zurückz erwarten seien, wurde von den Tagung teilnehmerinnen mit Begeisterung genommen. FHestlicher Ausklang in Schwetzingen 85 f i Das Rokoko- Theater wir dnordbadische Gastspielbühne Mit einem vom Nationaltheater-Orchester ter Führung von Richard Laugs ver- alteten äußerst fesselnden Morgen- nzert, das ausschließlich neue Musik deutscher und ausländischer Komponisten brachte, und mit der Wiederholung von 1 Orffs Oper„Die Kluge“ durch die delberger Musikbühne wurden am letz- Sonntag die Schwetzinger Festspiele geschlossen. Kaum ein Jahr nach dem ternichtenden Urteilsspruch der Geschichte über Deutschland leuchtet in den uns ur- eigenen Bereichen des Musischen wieder Licht in der Finsternis. Tröstlich und ebend, in den weiten und freien Gefil- des Geistigen und Künstlerischen wie- r unumschränkt und geachtet von der It uns zuhause fühlen zu dürfen! Die Gemeinschaftsleistung, zu der sich Bühnen und Orchester von Mannheim und Heidelberg zusammengefunden hatten, 5 zu künstlerischen Eindrücken geführt, die zu ehrlichem Dank an alle Beteiligten verpflichten.„Schwetzingen 1946“ war ein Versuch, ein Ringen mit den Aufgaben der Zeit und ihrer musikalischen Deuter. Er war nur durchführbar auf der Basis der besten musikalischen Tradition. Aber er bietet auch Ausblicke in die Zukunft, die vielversprechend und verheigungsvoll sind. Teilte doch Mr. Jerome J. Pasten e, der Kontrollofflzier für Theater und Musik, im Kreise einer geselligen Zusammenkunft der Sänger und Musiker mit, daß auch in nächster Spielzeit das Schwet⸗ z in ger Theater eine Stätte für Gast- spiele der Mannheimer, Heidelberger und Karlsruher Bühnen sein werde. So gedenkt man also das fortzuführen, was der eigent- liche Sinn der Schwetzinger Festwochen war: die Oeffnung des Tores zur internatio- nalen Verständigung durch die holde Mitt- lerin Kunst als erster Schritt in eine neue friedliche Welt. xX Musik aus zweieinhalb Jahrhunderten „Von Bach zur Gegenwart“— 80 etwa hätte das Leitmotiv der Konzerte der Schwetzinger Festspiele lauten den. Nicht weniger als fünf konie- konzerte und vier Kammermusikabende füll- ten diese vier Wochen Musik. Ungeahnte Schwierigkeiten, die zu überwinden auch die mitverantwortlich zeichnende Mannheimer Konzertdirektion Heinz Hoffmeister und A. Delling als Werbeleiter sich verdienstvoll smühten, wurden in harter Arbeit gemei-⸗ stert, und der zusammenhängenden Betrach- ig stellt sich das künstlerische Ergebnis Als durchaus positiv dar. Das Publikum ge- wann nach und nach ein engeres Verhält- nis zum Inhalt und zur Tendenz der Schwet⸗ zinger Aufführungen, nicht zuletzt besiegt durch die ehrliche Bemühung aller Aus- führenden um die Herstellung einer idee- lichen Verbindung zwischen Klassik und Moderne, zwischem Altem und Neuem, zwi- schen den reproduzierenden Künstlern und den Ohren und Herzen der empfangenden Menschen. 2 a Verhältnismäßig leicht fanden den Ein- gang zum Verständnis der Hörer das meister KlIingler-Quartett und Karl Freunds Streichquartett- Vereinigung; Mozart, Beetho- ven, Schubert haben ihr Publikum. Freunds Einsatz für Ravel war eine Tat. Als Solist vermittelte er Tschaikowskys Violinkon- kunft sehen. Freilich, die Impressionisten Debussy und Dukas bieten schon keine Pro- bleme mehr, aber ein Hindemith zwingt den Hörer zur Entscheidung. Sein Orchesterwerk„Amor und Psyche“ aus der zert mit vollendetem Können. Hohen Genuß- jüngsten Schaffensperiode wurde ziemlich bot auch ein Duettabend, zu dem sich Carl Seemann(Klavier) und Günther Kehr (Violine) vereinigten; ein Kammerorchester- abend dagegen wurde nur durch das„Ge- sicht“ der begabten Geigerin Alice Schön- keldt gerettet. Auch bei den Orchesterkonzerten stan- den die Klassiker zunächst im Vordergrund: Händel, Mozart, Schumann, Brahms; ein Gastkonzert der Badischen Staatskapelle unter Otto Matzerath wurde zu einem kesttäglichen Erlebnis, Fritz Henn mit dem Heidelberger Orchester machte sich verdient um die Ehrung Max Regers. Aus Anlaß seines dreißigsten Todestages. Im gleichen Konzert erspielte sich der pianistische Alt- Josef Pembaur mit Liszts „Dies-Irae-Totenklage“ den begei- sterten Beifall seiner Gemeinde. Nicht we- niger gefeiert wurde auch der für die am Erscheinen verhinderte Emmi Leisner ein- gesprungene Friedrich Dalberg, dessen repräsentativer Baß Brahms und Hugo ee e eindrucksvoll vermittelte, ohne dem Bedauern steuern zu können, daß das Died auf diesem Musikfest etwas zu kurz gekommen ist. 5 Die schwierige Aufgabe, zeitgenössische Musik dem Publikum nahezubringen und zu erschließen, hatte sich Richard Laugs mit seinem verstärkten Mannheimer Nationaltheater-Orehester ge- stellt. Dafür sei ihm der Dank aller derer wiederholt, die im Fortschritt die Gegen- Wartsaufgabe der Musik, im Neuen die Zu- Kühl aufgenommen. Die zur Diskussion ge- stellte ausländische Musik andererseits ver- langt ein öfteres Hören; Coplands„Ap- palachian Spring“ kann als Beispiel der amerikanischen Musik gelten, die sich in vermehrtem Maße nunmehr den europäi- schen Kontinent erobert. Man darf in diese Musik nichts hineinhören wollen, was sie nicht enthält. Typisch ist ein unbekümmer- tes Musizieren, hier und da etwas eklektisch, aber breit malend, einfach in den Umrissen, scharf im Rhythmus, ohne den maschinell motorischen Stil des Schweizers Honegger als Vater des Gedankens zu verleugnen— auf jeden Fall fesselnd durch den Versuch, zu einem bodenständigen musikalischen Stil zu kommen. Diesen Eindruck bestätigen auch die Werke des letzten Konzerts, das Richard Laugs ganz auf die Moderne abgestellt hatte. Neben Strawinskys Es-dur-Konzert für Kammerorchester(komponiert 1938) stand hier William Scehumans eigen- willige„Amerikanische Festouvertüre“ und, als deutsche Erstaufführung, Samuel Bar- bers„Essay op. 12“, in seiner gehaltvoll- getragenen Linienführung an Pfitzner er- innernd. Zwischen ihnen wirkte des Eng- länders Benjamin Britten„Serenade für Tenor, Horn und Streicheròrchester(op. 31) fast wie eine romantische Reminiszenz. Georg Fagßnacht(Gesang) und Heinrich Keller(Horn) als Solisten ernteten mit dem prächtig spielenden Orchester und sei- nem Dirigenten lebhaftesten Beifall. 13 Dr. Wieland-Walter Wehage. In wenigen Zeilen Die Berliner Schauspielerin Hermine Kör, ner wird nach Stuttgart übersiedeln und dot am Staatstheater als Schauspielerin und Re gisseurin wirken.(dana) Fritz Kreisler, der bekannte Geiger sich, einer AP-Meldung zufolge, in Neuy einer Blinddarmoperation unterziehen müss Sein Zustand wird als sehr ernst bezeichnet. In Freiburg wurde zur geistigen Vet ständigung des deutschen und französischen Volkes das„Institut de France en Allemagne gegründet. Tochterinstitute sind in Speyen München, Köln, Tübingen und Mainz g plant.,(og) 8 5 5 Im Verlauf der westfälischen Kultur tas kam der Annette-von-Droste-Preis zur Ver leihung. Er wurde je zur Hälfte dem Dicht Dr. Augustin Wibbelt und der Dichte Margarete Windthorst zuerkannt.(dan Gerhart Hauptmann hat ein Drame manuskript„Finsternis“ hinterlassen, dem sich der Dichter in der Schicksalgesta tung eines jüdischen Freundes mit den Pr blemen der jüngsten Vergangenheit ausei andersetzt.(nz) Der Verlag Otto Reichel, Tübingen, hat d 1 Vorarbeiten für eine Neuausgabe des Gesamt? werks des Philosophen Leibnitz begonne (dana) IHa Ehrenburg arbeitet an einem neu Roman, der in den Jahren 1939 bis 1945 spie und den russischen Widerstand gegen die Deus schen zum Gegenstand hat.(nz). Professor Karl Barth, der Schweizer Theologe, erhielt von der evang. Usch- theologischen Fakultät der Univer Münster seine Würde als Ehrendoktor zur die ihm 1939 wegen seiner Opposition gegen ds Nazi-Regime aberkannt worden war.(n) 5 Der Ehrendoktor des Pasteur-Instituts Mitentdecker des Diphterisserums, Louis M tin, ist im Alter von 82 Jahren in se Pariser Heim gestorben.(dana) 0 5 bekann . Marg. meine
Ausgabe
1 (16.7.1946) 5
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