Neue Mannheimer Zeitung(Abend ⸗Ausgabe) Samstag, den 19. Mai 1928 8. Seite. Nr. 233 Blitz 8 Der Roman eines Wolfshundes Von H. G. Evarts In einer Mann a Entfernung ir einer 11 von vierhundert Yard lehnte ein ab, die mit unheimlicher Geſchwindigkeit Weündung eines langen Tales, als auch cht 8 en Abhang rechter Hand hinabeilte, um ihm den Weg abzuſchneiden. Er fiel links ab und in wütendem Galopp folgte ihm das Pferd. des Reiters Büchſe hinter dem fliehenden Wolf. Blitz ahnte nicht, daß alle, denen er fremd war, ihn für einen Wolf hielten. Er ſah nur, daß alles ſich gegen ihn kehrte und ihm nach dem Leben trachtete. Von nun ab mjed er ſorgſam jeden Menſchen, auch lagerte er nur auf Höhen, die meilenweit freien Ausblick boten. Als es dunkel wurde ſetzte er ſeine Wanderung fort. Er überquerte eine niedrige Gebirgskette und kam hinab in das wogende Wieſenland des Wind River⸗Tales. Der Hunger peinigte ihn und nichts Lebendes war zu ſehen außer den weidenden Kühen. Der vertraute Schauplatz der Bar T Farm, wo man ihn als Freund behandelt hatte, lag weit hinter ihm. Mit der Entfernung wuchs das Gefühl der Entfremdung gegenüber den Menſchen. Die Tatſache, daß man ihm nun ſo feindſelig begegnete, erfüllte ihn mit Bitterkeit und zu alledem hungerte ihn. Menſchen trachteten ihm nach dem Leben! Und zum erſten⸗ mal wandte er ſeine Zähne gegen ein Tier, das Menſchen ge⸗ hörte, und er wählte ſich einen Stier zum Opfer. Sein erſter Angriff war nur halb beherzt, ſeine Fangzähne trennten nicht völlig die Knieflechſen des Tieres. Der Stier floh in paniſchem Schrecken und die übrige Herde, toll gemacht durch den Blutgeruch und die ſtumme Wolfsgeſtalt, die plötzlich in ihrer Mitte erſchienen war, ſcharte ſich in wilder Stampada um das verletzte Tier. Der Geſchmack des Blutes und das Dröhnen der Hufe, als immer mehr Tiere ſich der raſenden Flucht anſchloſſen, ſtachelte alle Raubtierinſtinkte in Blitz auf und er machte einen zweiten Angriff, diesmal mit der Wucht und dem Schwung eines richtigen Lobo. Der Stier floh weiter, das eine Hinterbein nachſchleiſend, doch ſchon ſchlug das mächtige Gebiß in das andere Bein und der Stier ſtürzte. Kaum lag er auf dem Boden, da flog eine graue Geſtalt an ſeine Kehle und ſchlitzte ſie wie mit Meſſern auf. Blitz ſtand über ſeiner Beute. Er lauſchte dem Dröhnen der Hufe und dem tollen Brüllen der Tiere, als die Stampada wie eine Lawine anwuchs und ſich ins Tal hinabwälzte. Jetzt war er ganz Wolf. Ein mächtiges, graues Raubtier. Jede Spur der Zähmung war verſchwunden. Eine volle Woche durchſtreifte er das Tal, ſchlief bei Tag und tötete bei Nacht. Bald aber machte ſich wieder die alte Sehnſucht nach Moran geltend, und es zog ihn zurück in die Gegend der Bar T Farm. Er legte die hundert Meilen in einer einzigen Nacht zurück und im Morgengrauen näherte er ſich vorſichtig den Gebäuden der Farm. Im Wohnhaus war Licht, und man ſtand eben auf. Blitz ſchlich näher, er wollte den Klang von Morans Stimme aus dem Gemurmel erhaſchen, das aus dem Hauſe drang. Ein plötzlicher Schreck durchfuhr ihn— eine Stimme erſcholl, gleichſam aus der Luft, und rief ſeinen Namen. Schon war er auf dem Sprunge zu fliehen, doch die Stimme klang freundlich, die Gewohnheit ſiegte, Blitz blieb ſtehen. Sodhütte und feuerte ſeine Büchſe 1 5 Verſteck hervor und näherte ſich vorſichtig der Gruppe, jeden Sechsmal nacheinander bellte „Hallo, Blitz!“ Von ſeinem Ausguck auf der Plattform der Windmühle hatte der Frühaufſteher die dunkle Geſtalt gegen das Haus ſchleichen geſehen.„Du alter Schurke, wo haſt du dich herumgetrieben?“ Blitz verbarg ſich im ſchützenden Dunkel der Hürde und wußte nicht recht, wie er ſich verhalten ſolle. Als die Windmühle ſich zu drehen begann, öffnete ſich die Tür des Wohnhauſes und lärmend drängten die Burſchen heraus. Plätſchernd und ſpritzend wuſch man ſich Gef und Hände in dem eiskalten Waſſer aus der Ziſterne. Während der Mann auf dem Ausguck die Leiter hinabſtieg, ſchrie er den Leuten zu, daß Blitz zurück ſei. Ein Chorus freundlicher Rufe und Pfiffe begrüßte den Ausreißer. Blitz kam aus ſeinem Augenblick zur Flucht bereit; doch der herzliche Empfang be⸗ ruhigte ihn bald. Während der folgenden Woche hatte er Zeit, die letzten Er⸗ eigniſſe zu überdenken. Sooft er von der Farm weggeweſen, hatte man ihn angeſchoſſen; das gab ihm zu überlegen und langſam dämmerte es in ihm auf, daß er nur bei den Burſchen der Bar T Farm ſeines Lebens ſicher ſei. Außerhalb des Farmbereichs hatte er ſtets Feindſeligkeiten zu erwarten. Dieſer Erkenntnis trug er Rechnung. Hirtenhunde waren eine Seltenheit in dieſer Gegend, denn früher oder ſpäter wurden alle ein Opfer der überall aus⸗ geſtreuten Giftköder. Die Bar T Farm ſchwor auf ihren Blitz und war mächtig ſtolz auf ihn. Man pries ihn als den beſten Hirtenhund der Welt, ja man dachte ſogar daran, ihn in⸗ Triumph nach der Hauptſtadt zu bringen und dort einen all⸗ gemeinen Wettbewerb zu veranſtalten. Tauſend Dollars woll⸗ ten ſie wetten, daß Blitz' Leiſtungen unübertrefflich ſeien. Der Eigentümer der Bar T Farm hatte Moran ſelbſt fünfhundert Dollars für den Hund geboten. Die Viehzüchter vom Wind River waren ſeit einiger Zeit in heller Verzweiflung. Sie mußten wieder einmal eine Prämie von hundert Dollars für den Skalp eines Lobo aus⸗ ſetzen, der ſich jüngſt in der Gegend gezeigt hatte und mit un⸗ heimlicher Regelmäßigkeit ſeinen Tribut einhob. In einer einzigen Woche richtete er mehr Schaden unter ihren Rindern an, als die Prämie betrug. ß Keiner ahnte, daß Blitz die Ehren eines ganz ungewöhn⸗ lichen, doppelten Anſehens genoß; denn der Meiſterſchaftshund der Bar T Farm und der berüchtigte Lobo vom Wind River waren ein und derſelbe. Sooft er auf einige Tage verſchwand, glaubte man ihn auf der Suche nach Moran. Inzwiſchen aber räuberte er fleißig unter den Rinderherden am Wind River. Auf dieſen Streif⸗ zügen war er ganz und gar Raubtier. Er fürchtete zwar die Menſchen, ließ ſich aber nicht in einen blinden, unvernünftigen Schrecken jagen, ſondern ging ihnen klug aus dem Wege, da er ihre Macht zu ſchaden genau beurteilen gelernt hatte. Seine Coyotenſchlauheit bewahrte ihn vor ſinnloſer Flucht im freien Gelände. Bei der erſten Spur menſchlicher An⸗ näherung legte er ſich platt auf den Boden, um den gefährlichen Feind vorbeizulaſſen und wartete auf den paſſenden Augenblick, um ungeſehen zu entwiſchen. Hatte er ſich genügend ausgetobt, ſo erwachte wieder das Verlangen nach dem Umgang mit Menſchen, und in aller Harmloſigkeit, wie wenn nichts geſchehen wäre, fand er ſich wieder in der Farm ein. Schon zwei Monate führte er dieſes Doppelleben, als ſich langſam trotz all ſeiner Schlauheit das Netz immer dichter um ihn zu ziehen begann. Vater Kinney überſiedelte nach dem Wind River. Der Winter war das Gebirge herabgekrochen und hatte die mäch⸗ tigen Maſſen bis zur Ebene hinab in blendenden Schnee ge⸗ hüllt. Mit Hilfe einer ganzen Relaiskette gut gefütterter Pferde begaun Kinney ſeine unermüdliche Jagd nach dem Fünfhundert⸗Dollar⸗Wolf. Die größte Schwäche ſeines Feindes, ſich mit warmem Fleiſch vollzuſchlingen und dann recht bequem der Ruhe zu pflegen, war Vater Kinney wohlbekannt. Ein ſchnelles Pferd kann einen ſolchen Geſellen, der ſich überfreſſen hat, bei zäher Verfolgung leicht erſchöpft machen. Es iſt hergebrachte Ge⸗ wohnheit, daß jeder Reiter, der zufällig Zeuge eines ſolchen Rennens wird, ſelbſt daran teilnimmt und ſein friſches Pferd in den Kampf einſetzt. Das war die bewährteſte Methode, be⸗ ſonders bei Neuſchnee, und der meiſten dieſer rieſigen Grau⸗ wölfe hatte man nur durch ſolche Stafettenjagden Herr wer⸗ den können. Tag um Tag verſtrich, der zähe Verfolger ließ nicht locker. Unerbittlich blieb er dem Wolf auf den Ferſen. Immer wieder mußte Blitz, wenn er ſich ſchon befreit glaubte, in ſeinem Rücken dieſen winzigen Fleck auftauchen ſehen, der am Hori⸗ zont erſchien, ſich langſam, aber ſtetig vergrößerte, bis die Konturen eines Reiters, ſeines unheimlichen Verfolgers, ſcharf hervortraten. Es gab kein Entrinnen, der Erfolg des Reiters ſchien nur eine Frage der Zeit. Eines Morgens, mitten im Dezember, ſtieß Kinney auf einen Stier, der kaum vor zwei Stunden getötet worden war. Er ſpornte ſein Pferd und vorwärts ging's, immer der Spur nach, die ſich im friſchgefallenen, weichen Schnee deutlich zeigte. Blitz hielt Raſt auf einer ſanften Anhöhe, fünf Meilen von ſeinem Opfer entfernt. Er hatte feſt geſchmauſt und war zu träg, ſich zu erheben. Erſt als der Reiter auf zwei Meilen ſichtbar wurde, verließ er unluſtig ſeinen Ruheplatz. Kinnen ſah die dunkle Geſtalt über die weiße Schneefläche trotten, trieb ſeinen Rotfuchs zu einem flotteren Tempo an: für Blitz begann der ſchrecklichſte Tag ſeines Lebens. Nach dem üppigen Mahl war ſein Körper ſchwerfällig und unbeholfen, das Laufen fiel ihm läſtig, aber der Zwang trieb ihn vorwärts. So ging es ſiebzig Meilen weit, bis an den Fuß der„Wind River“-Berge. Von Zeit zu Zeit raffte ſich Blitz auf, gewann ſeine Geſchwindigkeit und einigen Vorſprung. Sooft der Verfolger außer Sicht kam erlahmte ſein Schritt, aber es dauerte nie lange, bis knapp hinter ihm wleder der zähe Rotfuchs erſchien, wie ein Teufel auf ſeinen Ferſen. Erblickte er den Rauch oder die niedrigen Gebäude einer Farm vor ſich, ſo bog er nach rechts oder links ab, um ſolchen gefähr⸗ lichen Punkten im weiten Bogen auszuweichen. Nach abermals zwanzig Meilen kam er an einer Farm vorbei, er blickte zu⸗ rück— der Reiter war verſchwunden. Endlich ſchien er ſeinen Verfolger abgeſchüttelt zu haben. Er war todmüde und verlangſamte ſeinen Schritt. Noch etliche Meilen trabte er weiter, dann warf er ſich auf einen kleinen Hügel lang ausgeſtreckt in den Schnee; doch kaum waren einige Minuten verſtrichen, da erſchien ſchon der Ver⸗ folger friſch beritten in ſeinem Rücken. Kinney hatte auf die Farm zu gehalten und Pferde ge⸗ wechſelt. Er warf ſeinen Sattel auf das beſte Tier in der Hürde. Diesmal war es ein flinker Pinto, der wie ein Wind⸗ hund die Wolfsſpur verfolgte. Das verzweifelte Rennen be⸗ gann von neuem. Nach einem Dutzend Meilen hatte Blitz wieder eine kurze Atempauſe. Ein zäher Buckſkin hatte den Pinto abgelöſt und in ruhiger Gangart rückte der neue Ver⸗ folger ſtetig auf. Blitz' kraftvolle Muskeln ſchienen ihre Spannkraft ver⸗ loren zu haben. Sein Körper war wie Blei, faſt zu ſchwer für ſeine Beine. Nur das ſtets lebendige Bewußtſein, daß der Tod hinter ihm her ſei, zwang ihn, ſich aufrecht zu halten. Er rannte verzweifelt, beſinnungslos ließ er ſich von ſeinen Muskeln vorwärts treiben, immer weiter und weiter. Von eine Welle der„Wind River“⸗Berge ſandte er wieder einen Blick zurück. Ein maſſiger Brauner arbeitete ſich mit lang aus⸗ greifenden Schritten die Höhe hinauf. Mit bebenden Flanken jagte Blitz dahin, ſein Atem ging ſtoßweiſe und keuchend, die gelben Augen waren blutunterlaufen, Schaum troff auf ſeinem Maul und beſpritzte Bruſt und Flanken.(Fortſetzung folgt eee. H. J. S. 280 und 500 em 500 cem Tel. 237225 und 23726 Haus verkauf! 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139 (19.5.1928) 233. Abendblatt
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