8————— ———— ä g Bezugspreiſe: Frei Haus monatl. RM..70 einſchl. Trägergeld, in unſeren Geſchäftsſtellen abgeholt RM..25, durch die Poſt RM..70 zuzüglich Zuſtellgebühr.— A b holſtellen: Waldhofſtraße 6, Kronprinzenſtraße 42, Schwetzingerſtraße 19/20, Meerfeldſtraße Ne Friedrichſtraße 4, Fe Hauptſtraße 63, W Oppauer, Stro Se Luiſenſtraße 1.— Erſcheinungsweiſe wöchenklich 12 mal. 12 c to: Karlsruhe Nummer 175 90.— Telegramm ktion und Hauptgeſchäftsſtelle: K 1,—6.— Fernſprecher: Sammel⸗Nummer 249 51 Adreſſe: Nemazeit Mannheim Einzelpreis 7 0 Pi. Anzeigenpreiſe: Im Anzeigenteil RM.—.40 die 32 mm breite Colonelzeile; im Reklameteil RM..— die 79 wm breite Zeile. Für im voraus zu bezahlende Familien⸗ u. Gelegenheits⸗Anzeigen beſondere Preiſe.— Rabatt nach Tarif.— Für das Erſcheinen von Anzeigen in beſtimmten Ausgaben, an beſonderen Plätzen und für telephoniſche Aufträge keine Gewähr.— Gerichtsſtand Mannheim. 3 Sonntags⸗Ausgabe „Unſruthtbare fromme Wünſthe⸗ Telegraphiſche Meldung Paris, 2. Jan. Die Neufahrskundgebungen in Deutſchland fin⸗ den nicht den Beifall des„Journal“. Das Blatt glaubt mit Bedauern feſtſtellen zu müſſen, daß ihnen Mäßigung und kluge Eingebung ab⸗ gingen. Marſchall von Hindenburg fordere die Beſeitigung der Reparationen und die Reviſion der Militär⸗Klauſeln des Verſailler Vertrages. Nichts weniger. Die Reparationen ſollten verſchwinden, weil, wie es ſcheine, ſie untragbar ſeien und doch er⸗ kenne der Baſeler Bericht an, daß ſie kaum 12 Proz. der geſamten Budgetausgaben und kaum ein Drittel der Kapitalien, die Deutſchland geliehen worden ſeien, darſtellen.() Die Militärklauſel würde im Namen der Sicherungsgleichheit verurteilt. Aber von welcher Seite ſei das Gleichgewicht geſtört? Etwa hei den Nationen, die nur die Aufrechterhaltung der geſchaffenen Ordnung verlangten oder bei den Nationen, die dieſe Ordnung unaufhörlich wieder in Frage ſtellten. „Quoditien“ erklärt, in allen offiziellen Neu⸗ jahrsanſprachen, ob man die Radiorede des Mar⸗ ſchalls Hindenburg oder die Rede des päpſt⸗ lichen Nuntius im Elyſée wähle, finde man die glei⸗ chen Worte und ſogar die gleichen Gedankengänge; jede Perſönlichkeit, die ſich an die Völker zu wenden ein Recht habe, gebe dem brennenden Wunſche nach Sicherung unnd Frieden Ausdruck. Ein jeder wünſche das Ende der Kriſe, den Zuſammenſchluß, die Soli⸗ darität herbei. Das ſeien uufruchtbare fromme Münſche, die die konfeſſionelle Höflichkeit in banale Fyr⸗ meln brächten. Jenn auch alle Welt das individuelle und allge⸗ eine Wohlergehen wünſche, ſo ſei man doch hin⸗ chtlich der Wahl der Mittel verſchiedener Meinung und gerade hier treten unüberbrückbare Ge⸗ genſätze zutage. Die Deutſchen erklärten mit Reichspräſident von Hindenburg: Genug mit den Opfern, genug mit den Tributen! Das müſſe auf⸗ hören, damit Deutſchland wieder gedeihen könne und wenn man noch hinzufügen könne„Gott mit uns!“, dann werde all das ein Ende haben, dann werde keine Kriſe, keine Arbeitsloſigkeit mehr vorhanden ſein! Die Franzoſen erklärten: Deutſchland iſt unſer Schuldner. Wir haben ihm, als es uns beſſer ging, Zahlungsaufſchub gewähren können, aber jetzt leiden wir ſelbſt unter der Weltwirt⸗ ſchaftskriſe und wir müſſen unbedingt einen durch freiwillig unterzeichnete Verträge au⸗ erkannten Gläubigeranſpruch realiſieren. Der Sieger von Tannenberg habe gemäß ſeiner Gewohnheit als guter Deutſcher geſprochen, aber ohne Uebertreibung könne man ſagen, daß dieſer Krieger ſich vielleicht nicht genau über die wahren Urſachen der Notlage ſeines Landes klar ſei.()) Paris verhöhnt unſere Not a Paris, 1. Jan. An der Schwelle des neuen Jahres halten es eintge franzöſiſche Blätter für angebracht, die an⸗ geblich von Frankreich ſo„herzlich“ angeſtrebte An⸗ näherung und Verſtändigung mit Deutſchland auf eine höchſt ſeltſame Art zu charakteriſtieren. Der „Matin“, deſſen Frontwechſel gegenüber Deutſch⸗ land nach den ſkandalöſen Verleumdungen bezüglich Geheimrüſtungen“ allgemein bekannt iſt, ſcheut heute nicht davor zurück, eine indder Wochenſchrift„Candide“ erſchienene Zeich⸗ 0 wiederzugeben und ſie damit der breiten itlichkeit zugänglich zu machen. Die Zeichnung Feder des nationalſozialiſten Karikaturiſten ſtellt das erbtenlichſte Schmutzwerk dar, das ſeit langem an die deutſche Adreſſe gerichtet worden iſt. Sennep ſchildert die Ankunft des deutſchen Bot ⸗ ſchafters als Vertreter der deutſchen Reichsregie⸗ rung anläßlich des diplomatiſchen Neufahrsempfangs im Elyſéee. In nicht zu überbietendem Zynismus ſpielt die Karikatur auf die ſchwere deutſche Not an. In einem zweirädrigen Karren, auf dem etwa die Delinquenten zum Hinrichtungsort gefahren wurden, ſitzt eine Geſtalt mit ausgefranſten Kleidern, barfüßig und mit einge ſchla⸗ genem Zylinder. Gezogen wird das ſonderbare Gefährt von einem in Uniform geſteckten Weſen, bei dem man nicht 15 erkenenn kann, ob es ſich um einen Botſchaftsdiener oder Reichswehrſoldaten handelt. Grenſend beobachtet te der Poliziſten und der mit präſentiertem ewehr ſtehenden Wachtpoſten den ſchmählichen Ein⸗ des deutſchen Reichs vestreters. Samstag, 2 Januar 1 Sonntag, 3 Januar—2² 143. Jahrgang— Nr. 2 Man wirft uns„Mangel an eee und kluger Eingebung vor Auch Hindenburgs Runodfunkrede wird gloſſiert Hindenburg vor dem So ſprach der Reichspräſident am: Silveſterabend über alle deutſchen Sender 910 deutſchen Volk. Auch die däniſchen und eee Sender waren augeſchloſſen Der Eindruck im Ausland Telegraphiſche Meldung Holland Amſterdam, 2. Jan. Die Neujahrsbotſchaft des deutſchen Reichspräſi⸗ denten hat in Holland einen großen Eindruck gemacht. Alle Blätter veröffentlichen den e der Rede in großer Aufmachung. Das„Algemeen Handelsblad“ ſtellt in einem Kommentar feſt, daß keine frühere Rede Hinden⸗ burgs die Zuhörer ſo ergriffen habe wie die jetzige ſteujahrsbotſchaft. Italien Rom, 2. Jan. Die Rundeunkrede des Nelch p denten, für die in Italien nicht nur bei den hier lebenden Deut⸗ ſchen lebhaftes Intereſſe vorhanden war, wird in der geſamten italieniſchen Preſſe in ausführlichen Auszügen und teilweiſe ſgar in wörtlicher Ueber⸗ ſetzung zum Abdruck gebracht. Die„Stampa“ erwähnt die innere Erre⸗ gung, die in der Stimme des Reichspräſidenten und in ſeinem ſchlichten Vortrag geweſen ſei Der„Reſto del Carlino“ bezeichnet den Reichs⸗ präſidenten als den Nationalhelden des deutſchen Volkes. Das Blatt glaubt, daß die Rede in ganz Europa erörtert werden wird. England f London, 2.. Der„Evening Standard“ bezeichnet die Rund⸗ funkrede als eine hervorragende Leiſtung 10 be⸗ grüßt es, daß die Uebermittlung nach England nicht durch die kommuniſtiſchen Unterbrechungen geſtört wurde. Die tiefe Stimme Hindenburgs, ſo bemerkt das Blatt, war eher die eines Soldaten als eines Redners, aber jedes Wort, klar und langſam ausgeſprochen, war verſtändlich auch für die, die im Deutſchen nicht ganz zu Hauſe ſind. Hindenburgs Glauben an ſein Land nennt Evening Standard „höchſt eindrucksvoll“. Jedes Wort klar verſtändlich Ausgezeichnete Uebertragung nach Amerika 5 — Waſhington, 2. Jan. Die Munbft kan ce war inhaltlich und techniſch die internationale Rundfunkveranſtaltung im ganzen letzten Jahre. Die amerikaniſche Rundfunkgeſell⸗ ſchaft ehrte den Reichspräſidenten durch die Um⸗ rahmung ſeiner Rede mit einem deutſchen Sonder⸗ programm. Sie ließ dabei die„Wacht am Rhein“ und das ee e Die e e des Reichspräſidenten beſtgelungene wülrbit geſprochenen Worte Hindenburgs mächten allgemein einen gewaltigen Eindruck. Sowohl die Anſprache wie ihre engliſche Ueberſetzung waren ausgezeichnet zu hören. Jedes Wort war klar verſtändlich. Die Morgenblätter brachten die Rundfunkrede in großer Aufmachung. In den Ueberſchriften werden beſonders die Stelle der Rede hervor⸗ gehoben, die ſich auf eine Zumutung unmöglicher Leiſtungen und auf den Anſpruch auf gleiche Sicher⸗ heit beziehen. Die kommuniſtiſchen Störenfriede Berlin, 2. Januar. Die Unterſuchung des kommuniſtiſchen Störungs⸗ aktes bei der Rundfunkrede Hindenburgs hat bis⸗ her noch zu keinem greifbaren Ergebnis geführt, doch iſt, wie wir aus dem Polizeipräſidium hören, man dort ungefähr über den Perſonen⸗ kreis unterrichtet, dem die Täter entſtam⸗ men. Als Delikte kommen in Frage grober Unfug, Sachbeſchädigung, Verſtoß gegen das Geſetz über Fernmeldeanlagen und vielleicht auch die Notver⸗ ordnungsbeſtimmungen über den Burgfrieden. Die bisherigen Unterſuchungen haben ergeben, daß die Täter unweit des Neuköllner Kranken⸗ hauſes einen Kabelbrunnen geöffnet und an das betreffende Kabel ein Mikrophon zwiſchen⸗ geſchaltet hatten. Die Täter müſſen mit den techniſchen Einzelheiten ſehr gut vertraut geweſen ſein, da ſie die richtige Ader angepackt haben. Ein Ehepaar, das kurz nach.30 Uhr abends an dem betreffenden Kabelſchacht vorbeiging, hat zwei junge Männer beobachtet, von denen einer auf dem Pflaſter lag und ſich über den geöffneten Schacht beugte. Der andere hielt Umſchau. Das Ehepaar hat ſeine Beobachtungen der Polizei mitgeteilt und eine Beſchreibung der jungen Leute gegeben. Zwei Festnahmen Wie wir erfahren, haben die Ermittlungen der politiſchen Polizei in der Angelegenheit der Rund⸗ funkſtörung nun dazu geführt, daß heute vormittag s wei Perſonen feſtgenommen worden ſind. Es handelt ſich dabei um zwei Arbeiter des Telagraphenbauamts, von denen einer vor einiger Zeit entlaſſen worden iſt. Einer der beiden Feſtgenommenen hat übrigens eine Verletzung, die er ſich wahrſcheinlich bei den Stö⸗ rungsarbeiten zugezogen hat. Die beiden Leute wer⸗ den augenblicklich durch Kriminalkommiſſar Dr. Meyer von der politiſchen Polizei vernommen. 1 niedrigen Preisniveaus im Inland, verglichen mit Rückblick und Vorſchau Vor dem Ende des Burgfriedens— Die kommenden internationalen Verhandlungen— Frankreich und England— Dentſchlands Kampf auf Tod und Leben Die„Treuga dei“, der Gottes⸗ und Burgfriede, den die letzte Notverordnung dem deutſchen Volke auferlegte, geht zu Ende. Schon die nächſte Woche wird uns ein erneutes Aufflammen der politiſchen Leidenſchaften bringen. Vor allem werden die Radi⸗ kalen der äußerſten Flügel den Kampf um die Preußenwahlen und um die Nachfolge Hindenburgs ſchon jetzt beginnen. So wichtig auch dieſe beiden innenpolitiſchen Termine ſind, vor ihnen zwingt die Fülle der internationalen Auseinanderſetzungen gerade uns De ſitſche zu nüchternem und klaren n dieſen Entſcheidungen wird es Denken, denn allein abhängen, es uns überhaupt noch möglich ſein wird, uns n Luxus innerpolitiſcher Aus⸗ einanderſetzungen 3 Die Baſele dung hat mit Ergebniſſen geendet, die gegen nder dem Wigginugs⸗ und dem Laytonbericht einen Rückſchritt darſtellen. Dennoch war es den Deutſchen und den Nichtfranzoſen wenigſtens in einem Punkte gelungen, die franzö⸗ ſiſche Theſe von der deutſchen Notlage als„Zuſätz⸗ lichkeit“ der allgemeinen Weltkriſe doch ſoweit zu er⸗ ſchüttern, daß auch Herr Riſt ſeine Unterſchrift unter das Schlußprotokoll ſetzte, in dem den beteiligten Regierungen die Einberufung einer allgemeinen Reparationskonferenz anempfohlen wurde. Mag uns und den anderen der ganze juriſtiſche Formel⸗ kram noch ſo lächerlich und vermodert erſcheinen, die franzöſiſche Politik, die nun einmal die Gunſt des Augenblicks auszunutzen gewillt iſt, um die Erleichterung wirtſchaftlicher Uebequemlichkeiten mit politiſchen Erreichniſſen zu verquicken, iſt, wenn auch nicht gerade ein ruhender Pol, ſo doch aber eine der Achſen, um die ſich die beiden Räder der Repara⸗ tions⸗ und vor allem auch Abrüſtungskonferenz drehen. Das Bemühen der verantwortlichen Staatsleiter aller Länder geht dahin, erſt einmal den ſchwankenden Grund, auf dem wir uns befinden, zu feſtigen. Leider ſpricht alles dafür, daß im günſtigſten Fall nur wieder eine Zwiſchenlöſung beabſichtigt wird. Ob ſie Be⸗ ruhigung ſchafft, muß bezweifelt werden, denn hier dient als abſchreckendes Beiſpiel, des Schickſals des Hoover⸗-Moratoriums, das für Deutſchland gut ge⸗ meint war, und ihm eine Atempauſe bringen ſollte. Abgeſehen von der intranſigenten Haltung Frank⸗ reichs, das keine Bereitwilligkeit zeigt, auch nur einen Schritt von den ihm„wohlverbrieften Rechten“ zu⸗ rückzuweichen, geht es um mehr, Denn ſoviel muß man ſchon längſt erkannt haben, daß jeder Regelung, g wie ſie auch vereinbart wird, ein großer Unſicherheits⸗ faktor anhaften wird, die Durchführbarkeit. 5 Wir haben Entwicklungen erlebt, die allen bis⸗ herigen Erfahrungstatſachen widerſprechen. Zahlreiche Wirtſchaftserſcheinungen ſind faſt unerklärlich. Ein Beiſpiel hierfür iſt der Sturz des Pfundes, aus der ſich für England bisher weder im poſitiven noch im negativen Sinn die Folgerungen ergeben haben, die man erwartete. Es iſt keine weſentliche Belebung des engliſchen Exportes eingetreten. Außerdem fehlen auch vorläufig alle jene Inflattonserſcheinungen, die wir am eigenen Leib ſo ſchmerzhaft erlebt haben Fraglich iſt es nur, ob die Beibehaltung des dem geſunkenen Wert des Pfundes, auf die Dauer durchführbar iſt. Dieſer extreme Fall beweiſt am beſten, wie wir uns in einer Umwertung aller Werte befinden. In vieler Beziehung muß man umlernen. Die Autarkie⸗ beſtrebungen in allen Ländern haben den Welthan⸗ del völlig unterminiert. Wenn ſte vollends verwirk⸗ licht werden, beſteht die große Gefahr eines völligen Erlahmens der internationalen Handelsbeziehun⸗ gen. Vielleicht müſſen wir noch dieſe Etappe der Weltverwirrung durchſchreiten, ehe jener erſehnte Idealzuſtand internationaler Zuſammenarbeit er⸗ reicht wird, die verſtandesgemäß allein eine Re tung aus der Kriſe verſpricht. Es kann kaum zwei⸗ felhaft ſein, daß das Zurückziehen aller nationalen Wirtſchaften auf das eigene Gebiet die bedenkli Folgen haben muß, namentlich für Deutſchland als überwiegender Induſtrieſtaat auf die Zuft menarbeit mit anderen Ländern angewieſe iſt fange nirgends durchführbar e Schaut man auf 1931 zurück 2
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143 (2.1.1932) 2. Sonntagsblatt
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