2. Seite/ Nummer 2 Neue Mannheimer Zeitung/ Sonntags⸗Ausgabe jemand aus den bitteren Erfahrungen des Jahres 1931 gelernt hat und daß jeder auch nach Jahres⸗ beginn das alte Gepäck voll kleinl licher Vorurteile und Gehäſſigkeiten mit ſich ſchleppt. Man betrachte nur den jüngſten Gaſt im Kreiſe der von der Kriſe betroffenen Länder: Frankreich. Dieſes Land, das ſeit jeher auf ſeine praktiſche Vernunft ſtolz iſt, hat nichts aus den Fehlern gelernt, die von den anderen Ländern ausnahmslos be egangen wurden. Die Tak⸗ tik des Fortwurſtelns, die man allaulange anders⸗ wo getrieben hat, triumphiert auch dort. Die Folge davon iſt, daß Frankreich nicht einſehen will, daß der Augenblick, 1 es mit ſeiner Wirtſchaft und ſeinen Finanzen ſo weit ſein wird wie mit der Wirtſchaft und den Finanzen Deutſchlands oder Eng⸗ lands, ganz nahe iſt. Und ſo iſt Frankreich trotz aller beſchi vichtigenden Worte ſeiner Staatsmänner für große Entſcheidungen des Jahres 1992 offen⸗ ſichtlich immer noch nicht reif. a Nun ſoll die Reparationskonferenz vorausſichtlich am 18. Januar in Lauſanne zuſammen⸗ treten, alſo an dem Tage, der jedem vergangen⸗ heitsſtolzen Deutſchen beſonders teuer iſt. Schon die Wahl des Tagungsortes war für Deutſchland, das lieber der Haag oder eine deutſch⸗ ſchweizeriſche Stadt gewünſcht hätte, verſtimmend. Wieder ein⸗ mal ſind wir um die ſchmerzliche Erfahrung berei⸗ chert worden, daß unter der Hand und hinter den Kuliſſen alles geregelt und e wurde, ohne daß man es für nötig hielt, Deutſchland als den hauptbeteiligten Leidtragenden davon zu benach⸗ richtigen. Ganz beſonders 19 8 9 iſt jedoch die Stellungnahme der engliſche Außenpoli⸗ 1 k, die in der vergangenen Woche ſich den franzö⸗ ſiſchen Wünſchen ohrengeöffneter zu erweiſen ſchien, als man dies ſelbſt im eigenen Lande erwartet hat. Zwar iſt eine endgültige Verſtändig ung zwi⸗ ſchen dem Quai'Orſayg und der Downingſtreet noch nicht zuſtandegekommen, aber die Grund⸗ linien ſind mit franzöſiſchen Stift deutlich und klar gezeichnet: dreijähriger Aufſchub für die geſchützten deutſchen Zahlungen, Zurückerſtartung der ungeſchützten Zahlungen in der Geſtalt von Krediten für die Reichsbahn, erneute Prüfung der deutſchen Zahlungsfähigkeit nach drei Jahren, Ver⸗ ſtändigung Deutſchlands mit den Gläubigern der kurzfriſtigen Kredite, gemeinſamer Schritt bei der Regierung der Vereinigten Staaten zur Regelung der Kriegskredite in Uebereinſtimmung mit der Regelung der deutſchen Tributzahlungen. Wie man ſieht, handelt es ſich bei dieſen fran⸗ zöſiſchen Vorſchlägen um eine vorläufige Re⸗ gelung, die der Reichsbahngeſellſchaf“ neue Schulden aufbürden und die Haupttributfranen vollkommen offen läßt. Mit der Behauptung, d England dieſes Programm anzunehmen bereit ſe äßt die Pariſer Preſſe einen Verſuchsballon nac m andern auf⸗ ſteigen. Man will England mit 1 vorſtehend ſkiz⸗ gierten Vorſchlägen anlocken. Damit ſtimmt es auch überein, daß den engliſchen Intereſſen ein Platz in dem franzöſiſchen Programm eingeräumt wird. Die Tributkonferenz ſoll ein Abkommen Deutſchlands mit den Gläubigern der kurzfriſtigen Kredite ſicher⸗ ſtellen. In dieſem Zuſammenhang iſt es bemer⸗ kenswert, daß die Pariſer Preſſe ganz im Gegenſatz zu ihrer bisherigen Haltung den kurzfriſtigen Pri⸗ valſchulden Deutſchlands ein gewiſſes Vorrecht ein⸗ zuräumen beginnt. Wie wird ſich England ſtellen? Es iſt nicht zu Heſtreiten, daß England und Frankreich ein ge⸗ meinſames Intereſſe an einer befriedigenden Regelung der Kriegsſchuldenfrage haben. Sie wer⸗ den deshalb die Folgerungen, die ſich aus einer Neu⸗ regelung der deutſchen Tributzahlungen für die Kriegsſchuldner der Vereinigten Staaten ergeben, auch gemeinſam der amerikaniſchen Regierung gegenüber vertreten. Macdonald hat noch vor kurzem öffentlich erklärt, die Regierungen ſeien ver⸗ pflichtet, raſch zu handeln und eine endgültige Lö⸗ ſung für die Tributfrage zu finden. Wiederholt hat gerade er ſich mit beſonderem Nachdruck für dieſe Forderung eingeſetzt. Eine ſolche Haltung entſpricht auch durchaus dem engliſchen Intereſſe, da die Tri⸗ Hbutfrage für England in erſter Linie eine Wirt⸗ lands beeinfluſſen. Der Fkampf in Indien Weitere Verſchärfung— Man ſpricht bereils von Gandhis Verhaftung Londoner Vertreters 8 London, 2. Jan. Die Wiederaufnahme des offenen Machtkampfes in Italien ſcheint nicht mehr aufzuhalten zu ſein. Die engliſche Preſſe rechnet bereits feſt damit, daß der Nationalkongreß ſeinen geſtern beſchloſſenen Programmentwurf, in dem u. a. die Wiederauf⸗ nahme des Boykotts engliſcher Waren und der paſſive Widerſtand gefordert wird, in die Tat umſetzt. W die Drahtung unſ. Weiter plant der Kongreß, illegale Herſtellung von Salz wieder zu beginnen und die Bevölkerung aufzufordern, Ladengeſchäfte durch Poſten zu überwachen, um den Verkauf von ausländiſchen Waren und den Auscchank von Alkohol zu verhindern. Die Regierung wird diesmal nicht ſolange war⸗ ten, wie vor zwei Jahren und dem Anfangsſtadium des Kampfes untätig zuſehen Wie bereits aus ge⸗ wiſſen. der letzten Tage hervorgeht, be⸗ abſichtigt der Vizekönig, Lord Wilingdon, ſch arf durchzug reifen. Es wird bereits mit der Ver⸗ haftung von Gandhi und anderer Führer des Na⸗ tionalkongreſſes in den nächſten Tagen gerechnet. Vorerſt findet noch ein reger Telegr ammwechſe el zwi⸗ ſchen Gandhi und dem Vizekönig ſtatt. Lord Wil⸗ lingdon hat ſich bereiterklärt, Gandhi zu empfangen, um mit ihm über die Beilegung des Konfliktes zu verhandeln, hat es aber von vornherein abgelehnt, ſich auf eine Erörterung der neuen Ausnahmever⸗ ordnung einzulaſſen, die zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung unerläßlich ſei. Gerade gegen dieſe Verordnung richtet aber der Nationalkongreß ſeine ſchärfſte Oppoſition, und der Ausſchuß des Kon⸗ greſſes dürfte Gandhi kaum erlauben, unter diefen Umſtänden irgend welche Vereinbarungen mit dem Vizekönig zu treffen. Die Verſchärfung der Lage iſt in allen Meldungen aus Indien unverkennbar. Eine wich⸗ kige Verän derung gegenüber dem Kampf vor zwei Jahren iſt die Stimmung in England, die jetzt weitgehend auf Seiten der„ſtarken Politiker“ ſteht. Die feſte Haltung des Vizekönigs findet allent⸗ halben Beifall und die bevorſtehende Verhaft 5 ng von Gandhi wird in den Blättern aller! Rich⸗ tungen mit Befriedigung aufgenommen. Oeffentliche Hinrichtung in Italien rtreters Jan. Drahtung unſ. römiſchen Ve Rom, 2. In Italien iſt geſtern zum erſten Mal aufgrund des neuen faſziſtiſchen Strafgeſetzes ein Todesurteil an einem Mörder vollſtreckt worden. Bisher wurden in Italien nur politiſche Verbrecher hin⸗ gerichtet. Diesmal aber handelt es ſich um einen ſizilianiſchen Schwefelarbeiter aus Caltaniſetta, der wegen eines Mordes an einem Knaben, an dem er ſich vergangen hatte, zum Tode verurteilt worden war. Das Urteil wi irde in einem Steinbruch bei Calta⸗ niſetta durch Erſchießen in den Rücken voll⸗ ſtreckt. Die Hinrichtung fand auf Befehl des Juſtiz⸗ miniſteriums öffentlich ſtatt, ſodaß zahlreiches Publikum der Erſchießung beiwohnte, die von einer Gruppe römiſcher Poliziſten ausgeführt wurde. Ein anderer Schwefelarbeiter, der zuſammen mit dem Erſchoſſenen wegen der gleichen Tat zum Tod verurteilt worden war, iſt noch nicht hingerichtet wor⸗ den. Da er immer wieder ſeine Unſchuld beteuerte, wurde die Erſchießung im letzten Augenblick durch telearaphiſchen Befehl aus Rom verhindert. Der Fall ſoll neu geprüft werden. Der König hatte die beiden Gnadengeſuche der Verurteilten abgelehnt. ſchaftsfrage iſt, von deren richtiger Löſung ſein eigenes wirtſchaftliches Wohlergehen in hohem Maße abhängt. Frankreich verſpürt dieſen Zuſammenhang bei dem immer noch befriedigenden und geſicherten Zuſtand ſeiner Volkswirtſchaft nicht. England aber hat es am eigenen Wirtſchaftskörper verſpürt, welche Wirkung die deutſche Wirtſchafts⸗ und Finanz⸗ ſchwäche im Bereich der geſamten Weltwirtſchaft her⸗ vorzurufen vermag. Ihm kann auch nicht damit ge⸗ dient ſein, daß Deutſchland eine dreijährige Friſt eingeräumt wird, in der es ſich mit den Gläubigern ſeiner kurzfriſtigen Schulden verſtändigen kann. England muß vielmehr eine Löſung anſtreben, die Deutſchland geſtattet, ſich wirtſchaftlich wieder zu er⸗ holen und innerlich zu kräftigen, damit die in der deutſchen Wirtſchaft angelegten ausländiſchen Kre⸗ dite ſichergeſtellt ſind. Möglicherweiſe werden aber auch diesmal wieder politiſche Erwägungen die Entſcheidung Eng⸗ Ueberhaupt wird die Politik nicht nur auf der Regierungskonferenz, ſondern in einem vielleicht noch ſtärkeren Maße auf der Welt⸗ abrüſtungskonferenz auf ihre Rechnung kommen. Dieſe Konferenz ſoll nunmehr in einem Monat beginnen. Die pfychologiſchen Voraus⸗ ſetzungen für eine Abrüſtungsdiskuſſion ſind augen⸗ blicklich nicht gerade als günſtig zu bezeichnen, Wirtſchaftskriege haben ſchon oft genug zu Waffen⸗ konflikten geführt, und wenn auch die Möglichkeiten eines neuen allgemeinen Krieges für die allernächſte Zeit nicht groß ſind, ſo bleibt für Entfachung Erie⸗ geriſcher Stimmung Platz genug. Die Dinge im fernen Oſten ſind Beweiſe genug. Dort tobt bereits ſeit Monaten ein Krieg, der täglich an Schärfe zu⸗ Giulietta Ein Gaſt in„Hoffmanns Erzählungen“ In der Märchenſtadt der Lagunen weilt der Dichter Hoffmann. bert ihn; er merkt nicht, daß ihr ſeltſamer Wunſch, ſein Spiegelbild zu erhalten, von dem ſeelenrauben⸗ den Dämon Dapertutto diktiert iſt. Dieſes Nokturnos, in ſeiner ſchwülen, verhal⸗ tenen Stimmung von beſonderem Reiz, bildet den zweiten Akt der Oper„Hoffmanns Erzählungen“, die am geſtrigen Neujahrstage wieder über die Bühne des Nationaltheaters ging. Merkwürdiges Zuſam⸗ mentreffen: Die Erzählung E. T. A. Hoffmanns, der der Stoff zu dieſem Akt der Oper entnommen iſt, heißt„Abenteuer einer Silverſternacht“. a*. Das Spiegelbild, das in der Nacht zum neuen Jahr geraubt wird,— welch abgründige Symbolik tut ſich in dieſer phantaſtiſchen Welt auf! Der Giulietta⸗ 5 Akt, der ſie in Offenbachs Oper aufnimmt, iſt eigent⸗ lich ein Stiefkind des Werks geworden. Er ſtand ursprünglich an der Stelle des dritten Akts, der wegen ſeiner ergreifenden Antonia⸗Geſtalt und ob einer muſikaliſchen Höhepunkte als wertvollſtes Stück der Oper ſchon bei den erſten Aufführungen an ſeine jetzige Stelle gerückt wurde. Das hatte einmal ſogar ur Folge, daß man das venezianiſche Bild aus der Oper ganz entfernte; um daraus wenigſtens die Bar⸗ karole zu behalten, ließ man den Antonia⸗Akt ein⸗ 0 in Venedig ſpielen. Die Barkarole Jelbſt beſitzt ebenfalls ein eigen⸗ rkiges Geſchick. Sie iſt urſprünglich gar nicht für Werk geſchrieben, ſondern ſtammt aus einer ſe doro mantiſchen Oper Offenbachs,„Die Rhein⸗ Axen“. Als Hanslick ſie darin hörte, empfand er ſie Us ſchönſtes Stück des(heute längſt vergeſſenen) Werkes und rühmte ihre lieblich lockende Sinnlich⸗ it. Die hat die wohlbekannte Melodie in ihrer Verpflanzung nach Venedig erſt recht beibehalten. Sie gleitet dahin wie eine Gondel und auf ihren alten Wogen entſchwebt Giulietta, wenn ſie ihrem Hoffmann ſein e geraubt hat. er 1 Giuliettas muß auf der Bühne glaubhaft dargeſtellt werden. Die Inſzenterung der O. r durch Herbert Maiſch' ſchafft dafür einen Giulietta, die Kurtiſane, bezau⸗ ſzeniſch ſehr glücklich abgetönten Rahmen, aber die rotglühende Fackelfriſur Giuliettas klingt ein wenig zu laut in die gedämpfte Stimmung des Bildes. Bisher erſchien Elſe Schulz unter dieſer Lohe. Jetzt droht der Berliner Theatermoloch ſie zu verſchliti⸗ gen, und vielleicht ſteht die Gondel ſchon bereit, die ſie an die Ufer der Spree entführen ſoll. So ſah man geſtern einen Gaſt als Giulietta, die Münchner Sängerin Hildegard Ranczak, die früher in Stuttgart wirkte, und uns von dort als ergreifende Jenufa bekannt iſt. Das ſind immerhin ſchon einige Spielzeiten her. Inzwiſchen hat ſich die Künſtlerin, die über eine weiche, wohlklingende Stimme verfügt, anderweitig ſo vervollkommnet, daß ſie bei ihrem geſtrigen Gaſt⸗ ſpiel der ſchlangenhaften Venezianerin nicht ſo ganz in der äußeren Aufmachung entſprechen konnte. Es blieb deshalb bei dem vorteilhaften ſtimmlichen Ein⸗ druck, der ſich allerdings in den Bereichen des Dia⸗ logs am Schluß des leider auch auf unſerer Bühne um ſein ſchönes Schlußenſemble gebrachten Aktes von einer leichten unfreiwilligen Komik nicht ganz fernhielt. Unſerem ſchönſtimmigen Hoffmann Hein⸗ rich Kuppinger iſt durch dieſes venezianiſche Abenteuer mit Giulietta ſein e N nicht völlig abhanden gekommen Humor aus 30 Fahren Wir entnehmen dieſe Witze und Anekdoten der ſoben erſchtenenen reichhaltigen Jubiläumsausgabe (50. Jahrgang) des Köhlerſchen Deutſchen Kalen⸗ ders 1932 Wilhelm Köhler Verlag Min ⸗ den i.., 240 Seiten Text, über 100 Abbildungen. Im Warteſaal. Herr(zu einem Geſchäftsreiſen⸗ den]:„Wird der Zug hier wohl ſo lange halten, daß man ein Beefſteak eſſen kann?“—„Selbſtverſtänd⸗ lich!“—„Sie kennen wohl den Fahrplan genau?“— „Nein— aber die Beefſteaks!“ i* In der Konditorei: Gaſt(zur bedienenden Maid): „Geben Sie mir eine Apfeltorte.“(Die Torte wird gebracht.) Gaſt(die Torte zurückreichend):„Ach, geben Sie mir doch dafür eine Nußtorte.“(Das Mädchen nimmt bereitwilligſt die Apfeltorte zurück und reicht dem Gaſt eine Nußtorte.) Nachdem der Gaſt letztere in Gemütsruhe verzehrt, 98 er ſich, um ſich zu entfernen. 0 nimmt. Wie Japan auf der Weltabrüſtungskonferenz eine lammfrohe Rolle ſpielen ſoll, bleibt unerfindlich. Und da der Mandſchureikrieg die Keime zu einem neuen Weltkrieg in ſich birgt, die vielleicht ſchon bald, wenn auch nicht in den nächſten Monaten, ausreifen dürften, ſo erſcheint es rätſelhaft, wie die Welt⸗ abrüſtungskonferenz allein aus dieſen Gründen zum Erfolg führen kann. Wir Deutſche haben leider oft genug die Erfahrung machen müſſen, daß bei internationalen Entſcheidun⸗ gen wir uns auf niemanden verlaſſen können, da ſich feder nur von ſeinen eigenen Intereſſen leiten läßt. Deshalb muß ſich die deutſche Delegation auf beiden Konferenzen in jeder Stunde immer wie⸗ der von neuem darauf vorbereiten, daß ſie den deut⸗ ſchen Standpunkt gegen die Gſamtfront der üb⸗ rigen zu verteidigen hat, Es iſt ein Kampf auf Tod und Leben, den wir in einem zwar unblu⸗ tigen, aber nicht minder verderbenſchwangeren Kriege zu führen haben. Dieſe Erkenntnis muß bereits an der Schwelle des Jahres jedem Deutſchem ins Hirn gehämmert werden, damit er nicht von der Flut der Ereigniſſe überraſcht wird. Hindenburg hat in ſeiner Neujahrsanſprache der Hoffnung auf„be⸗ freiende Taten“ Ausdruck gegeben. Gegen die Verſchleppungsprogramme der anderen müſſen wir klare Löſungs forderungen erheben: ein Höch ſt leiſtungsprogramm nach außen und ein Minde ſtprogramm nach innen, unter Berück⸗ ſichtigung der letzten uns verbliebenen Möglichkeiten. Nur ſo kann der innere und äußere Aufbau gewähr⸗ leiſtet werden. Die Zeit der Diktate oder der Ueberſtimmungen auf Konferenzen muß en d⸗ gültig vorbei ſein. Habt acht! Kurt Fischer Samstag, 2. Jan./ Sonntag, 3. Jan. 1932 Badische Polit Neujahrsfeier im Staatsminiſterium Am Neujahrstage fand in Karlsruhe in den Räumen des Badiſchen Staatsminiſteriums eine ſchlichte Feier ſtatt, zu der Staatspräſident Dr. Schmitt geladen hatte. Anweſend waren die Mit⸗ glieder der Regierung, die Spitzen der Staats⸗ und h Abgeordnete des Badiſchen und Reichsparlaments, Vertreter des Wirt ſchafts⸗ und kulturellen Lebens, ſowie Vertreter der Preſſe. Nach einem Quartettvortrag, nahm Profeſſor Dr. Wehrle von der Techniſchen H e Karlsruhe das Wort zu längeren Ausführi über„Wirt⸗ ſchafts⸗ und währungspolitiſche„, Hierbei erörterte er insbeſondere die Rolle des in der internationalen D Redner Finanze geba 11 hr ung in Ruhe die? Vorteile einer prüfen. öglichkeit und vor Aenderung der Geld⸗ mahnte zum 1 allem auch die verfaſſung zu Staatspräf ſident 5 r. Schmitt warf einen Rück⸗ blick auf das ſchwere Jahr 1931 und verzeichnete mit Genugtuung die in der Notgemeinſchaft zu Tage ge⸗ tretene Hilfsbereitſchaft und ſtellte weiter feſt, daß die Finanzen des Badiſchen Staates in Ord⸗ nung waren und ſind und daß die Notgeſetze im weſentlichen ihren Zweck erreicht haben. Er warnte trotz der wirtſchaftlichen Not und Unſicherheit der Zu⸗ kunft vor Fatalismus. Mit beſonderem Nachdruck werde die Regierung einſchreiten gegen falſche und alarmierende Nachrichten, die geeignet oder ſogar be⸗ ſtimmt ſeien, die Bevölkerung grundlos zu erregen. Der Staatspräſident ſchloß mit der Mahnung: Ach⸗ tung vor den anderen, aber in erſter Reihe Selbſt⸗ vertrauen und Gottvertrauen. Letzte Meloͤungen Das Winterſportwetter im Schwarzwald r. Vom Schwarzwald, 2. Jan.(Eig. Drahtber.) Im Schwarzwald iſt nach klarer Nacht und 1015 Grad Kälte heute nachmittag ein Wetter⸗ umſchwung mit Bewölkung und teilweiſen Schnee⸗ fällen eingetreten. Ein Tauwettercharakter iſt jedoch trotz Temperaturanſtiegs nicht zu verzeichnen. Die Temperaturen liegen in 1000 Meter Höhe bei 12 Grad Kälte, alſo etwa 10 bis 12 Grad milder als geſtern. Weitere Schneefälle ſind zu erwar⸗ ten. Das Barometer iſt gleichbleibend und eine er⸗ neute Abkühlung bei nordöſtlichen Winden be⸗ reits im Anmarſch. Wieder eine Gräberſchändung! — Schwetzingen, 2. Jan. Auf einem Rundgang entdeckte der Friedhofaufſeher des hieſigen iſraeliti⸗ ſchen Friedhofs neun um geworfene Grab⸗ mäler. Die Täter ſind bisher unbekannt. Die iſraelitiſche Gemeinde hat für deren Ermittlung eine Belohnung von 200 RM. ausgeſetzt. 56 500 Reichsmark aus einem Bahnpoſtwagen geraubt — Bottrop, 2. Jan. Zwei maskierte Räuber drangen in einen Bahnpoſtwagen ein, der auf dem hieſigen Bahnhof zur Abfahrt nach Eſſen bereit ſtand. Während einer von ihnen, in jeder Hand einen Re⸗ volver, die Poſtbeamten in Schach hielt, raubte der zweite einen 40 Klg. ſchweren Geldkaſten mit 56 500 R Mk. Die Täter flüchteten mit ihrem Naube in einem bereitſtehenden Auto. Selbſtmord des Schreibfederfabrikanten Roeder — Berlin, 2. Jan. Der Schreibfederfabrikant 1 Hans Roeder hat geſtern in ſeiner Fabrik Sel bſt⸗ mord durch Erhängen verübt. Man vermutet, daß Roeder die Tat wegen wirtſchaftlicher Schwierig⸗ keiten begangen hat. Die Japaner in Tſchintſchan eingerückt — Tokio, 21. Jan. Wie verlautet, iſt die Vor⸗ hut des japaniſchen Heeres heute früh um 6 Uhr in Tſchintſchau eingerückt. Das Gros wird voraus- ſichtlich morgen eintreffen. Das Mädchen lihm eiligſt nachgehend):„Entſchul⸗ digen Sie, mein Herr, die Nußtorte iſt noch zu be⸗ zahlen.“ Gaſt: gegeben.“ Das Mädchen:„Aber ſie haben ja auch die Apfel⸗ torte nicht bezahlt.“ Gaſt:„Nun, die habe ich doch auch nicht gegeſſen.“ Däs Mädchen(verſtändnisinnig):„Ach ja, ſo!“ * Die Hochzeitsreiſe. Ein Hauptmann geht mit ſeiner jungen Frau auf die Hochzeitsreiſe. Da er an ſeinen Burſchen ſehr gewöhnt iſt, nimmt er ihn mit, ſchärft ihm aber ein, ja nicht zu ſagen, daß ſie ſich auf der Hochzeitsreiſ 4 befinden, weil es ihm un⸗ angenehm iſt, überall das Zentrum der Table'héte zu bilden. Schon in Nürnberg muſtert ſie alles mit erſtaunten Blicken, in München weiß er ſich vor der Neugier der Leute kaum zu laſſen, aber in Inns⸗ bruck wird ihm die allgemeine Aufmerkſamkeit doch zu arg, und er ſtellt ſeinen Burſchen zur Rede: „Sag' mal, Johann, Du ſagſt doch auch nirgends, daß wir auf der Hochzeitsreiſe ſind?“—„Zu Befehl, Herr Hauptmann, ich ſage überall, daß die Hochzeit erſt in 14 Tagen ſtattfindet“. * Realiſtiſch. Maler:„Das iſt mein neueſtes Ge⸗ mälde: Maurer bei der Arbeit. Echt realiſtiſch!“ — Freund:„Aber ſie arbeiten ja garnicht!“— Maler:„Das iſt ja eben das ſtreng Realiſtiſche; ſtreng nach dem Leben!“ * Höchſte Pferde⸗Erziehung. Erſter Reiter:„Warum haben Sie denn in den Schwanz Ihres Pferdes einen Knoten gemacht?— Zweiter Reiter(Pro⸗ feſſor):„Damit es nicht vergißt, daß es um 11 Uhr nach Hauſe zu traben hat“. Die Waldkapelle Die Frau Geheimrat wünſcht ihre Sommerfriſche in dem ſchön gelegenen Finſterwalde zu verleben. Da ſie weiß, daß der Andrang ſehr ſtark iſt, reiſt die Frau Geheimrat ſchon einige Wochen vor der Saiſon nach Finſterwalde, um ſich zwei Zimmer nach ihrem Geſchmack auszuſuchen. Geführt von dem Dorfſchulzen gelingt es ihr auch, das Gewünſchte zu finden; ſie mietet dieſe gleich zu ihrem künftigen Aufenthalt. Befriedigt „Dafür habe ich Ihnen ja die Apfeltorte reiſt die Frau Geheimrat nach Hauſe zurück; dort angelangt, fällt es ihr ein, daß ſie vergeſſen hat, danach zu ſehen, ob auch ein W. C. vorhanden iſt. Sie ſchreibt daher an den Dorfſchulzen und bittet um Antwort. Der Dorfſchulze zerbricht ſich den Kopf, was mit W. C. gemeint iſt, und geht ſchließlich zum Pfarrer, dieſen um Auskunft zu bitten. Nach einigem Hin⸗ und Herreden erklärt der Pfarrer dem Schulzen, daß mit dem W. C. die kürzlich eingeweihte Walb⸗Capelle zu verſtehen iſt. Der Dorfſchulze ſchreibt ſofort an die Frau Geheimrat folgenden Brief:„Sehr geehrte gnädige Frau! W. C. iſt vorhanden und liegt eine Viertelſtunde vom Orte entfernt zwiſchen einem prächtigen Tannenwald. Schon wegen der ſchönen Lage iſt der Beſuch zu empfehlen. Geöffnet iſt W. C. Freitags und Sonntags. Es empfiehlt ſich, ſchon eine— Viertelſtunde vor Beginn dort zu ſein, da der An⸗ drang ſehr groß iſt. Doch brauchen gnädige Frau ganz außer Sorge zu ſein, denn es ſind 60 Sitz⸗ plätze vorhanden, und für Stehplätze iſt genügend Sorge getragen. Sonntags empfiehlt ſich der Beſuch ganz beſonders, da dann die Sache mit N 5 tung vor ſich geht. 5. 5 d Der rechte Platz. Der S e eines gro⸗ ßen Kirchſpiels war ein Meiſter der Redekunſt, be⸗ ſonders die rhetoriſche Frage war ſein Spezial⸗ gebiet. Und darunter mußten ſeine Bauern Sonn⸗ tag für Sonntag leiden. Wieder war einmal der Tag 105 Herrn gekom⸗ men. Text der Predigt war der Apoſtel Paulus- Der alte Herr redete ſich in einen mächtigen Eifer hinein. Und als die Uhr ſchon beinahe zwölf war, da kam er erſt zu ſeiner„Glanznummer“. Ein lei⸗ ſes 1 ließ ſich hören. Meine Lieben in dem Herrn, wer kennt nicht Paulus? Wer kennt ihn nicht, den Gewalti⸗ gen? Wie ſoll ich ihn nennen? Wohin ſoll ich ihn ſetzen? Soll ich ihn ſetzen neben Philippus? Nein, meine Lieben, höher! Soll ich ihn ſetzen neben Lu⸗ kas? Höher! Iſt ſein Platz neben Petrus, von dem geſchrieben ſteht:„Du biſt Petrus, und auf dieſen Felſen will ich bauen meine Gemeinde“? Nein, auch da iſt nicht ſein Platz. Meine Lieben in dem Herrn, wohin ſoll ich ihn ſetzen? 5 Da erhebt ſich ein Bauer, nimmt oeh und Mütze und ſagt: Herr Suppendent, ſetten S humm man upp mien Platz, ick gah na Hus! ö 1 Gra tag ſtädt. fall. auf, daue cher ten. gen ſchim eine geſer Zaun Ante 2 Käfe das Re Wer lenkt ſchau Wun Nich! geſſe. aus gleich Aeſte Für reich Geſa einzi die f verle nicht habe Wal Wẽ̃ Rau later gleif dunl eine Tau und Eis! 2 d Als däm park ten. Wu ten ihre hatt. den Tan verfſt Nock paar gens ſchm Re Refl brac den geſe dure
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143 (2.1.1932) 2. Sonntagsblatt
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