2153 Nummer 273 Neue Mannheimer Zeitung/ Mittag⸗ lusgabe 6. Juni 1932 ge Verbrechen In früheren Jahrhunderten ſtrengeres Strafgeſetz Die Zahl der Verbrechen, die der Richter auf Grund der geſetzlichen Beſtimmungen mit dem Tode beſtrafen kann oder muß, hat im Lauſe der Jahrhun⸗ derte abgenommen. Es iſt deshalb für den Kenner der Kriminalgeſchichte eine intereſſante Erſcheinung, daß in den Vereinigten Staaten die Abſicht beſteht, ein neues todeswürdiges Verbrechen in das Strafgeſetzbuch einzuführen. Die Tragödie im Hauſe Lindbergh hat die öffentliche Meinung ſo empört, daß man auf gewaltſame Entfüh⸗ rung zu erpreſſeriſchen Zwecken die Todes⸗ ſtrafe ſetzen will. In dem Rechtsausſchuß des amerikaniſchen Repräſentantenhauſes iſt bereits ein Geſetzentwurf angenommen worden, der dieſes Ver⸗ brechen der bundesſtaatlichen Juſtiz unterſtellt und mit dem Tode beſtraft. In früheren Jahrhunderten war das Strafgeſetz viel ſtrenger und die Todesſtrafe auch für andere Verbrechen als den Mord nichts Seltenes. In England hat ſich auch dieſer altertümliche Teil der Rechtspflege am längſten erhalten. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden die Straf⸗ geſetze der damaligen Zeit etwas angepaßt. Es blieben aber immer noch vier Arten von Zivilver⸗ brechen übrig, auf die die Todesſtrafe bis zum heu⸗ tigen Tage angewendet werden kann. Es ſind dies Mord, Hoch⸗ und Landesverrat, gewalttätige Seeräuberei und Zerſtörung von öffentlichen Waffen⸗ oder Zeughäuſern und Werftanlagen. Vor der Reform war der Verhängung der Todes⸗ ſtrafe in England ein ziemlich weites Feld gezogen. Vor weniger als hundert Jahren wurde noch in der engliſchen Grafſchaft Eſſex ein Mann mit dem Tode beſtraft, weil er einen Baum gefällt hatte, um ſich das Holz anzueignen. Etwas ſpäter verhängte ein engliſcher Richter die Todesſtrafe über einen neunjährigen Knaben, der einen Topf mit Farbe ge⸗ ſtohlen hatte. In dieſem Falle ließ man aber Gnade walten. Auch in England war die Gerichtspraxis weniger ſtreng als das Geſetz. Gegen gewalttätige See⸗ räuberei und die Zerſtörung von Zeughäuſern und Docks ließ auch das Geſetz eine mildere Be⸗ ſtrafung zu. Die Todesſtrafe brauchte nicht unter alen Umſtänden ausgeſprochen zu werden, ſondern ſie konnte auch protokolliert werden. In dieſem Falle wurde ſie nicht vollſtreckt, ſondern auf dem Gnabdenweg in eine Freiheitsſtrafe umgewandelt. Die mildere Handhabung wurde zur Regel, ſo daß für die erwähnten Verbrechen die Todesſtrafe auch in England außer Gebrauch gekom⸗ men iſt. Wegen Hoch⸗ und Landes verrate s wurde die Todesſtrafe in England im Jahre 1917 zum letzten Male vollſtreckt, und zwar gegen den iriſchen Freiheitskämpfer Sir Roger Caſement, der bei einer Landung in Irland in die Hände der Engländer fiel. Von die⸗ ſem Falle abgeſehen, iſt auch in England ſeit dem Jahre 1838 die Todesſtrafe nur noch wegen Mordes vollſtreckt worden. Porträt Bismarcks auf einer neuen Schweizer Briefmarke? e Neue Schweizer Briefmarke, die anläßlich des 50. Gedenktages der Eröffnung des Gotthardtunnels herausgegeben wurde. Das dargeſtellte Porträt zeigt eine auffallende Aehnlich⸗ keit mit Bismarck, ſtellt aber in Wirklichkeit den Schweizer Bundesrat Emil Welti dar. Eine Reihe von Staaten haben die Todes⸗ ſtrafe überhaupt abgeſchafft, in anderen Ländern, ſo auch in Deutſchland und England, ſind Bewegungen im Gange, die auf eine Abſchaffung hinzielen. Roheitsverbrechen aller Art haben allerdings dazu beigetragen, dieſe Bewegun⸗ gen in der letzten Zeit ſtark einzudämmen. Das markanteſte Beiſpiel für die rückläufige Bewegung bieten die Vereinigten Staaten, in denen die gewalt⸗ tätige erpreſſeriſche Entführung den Kapitalverb rechen hinzugefügt werden ſoll. Daß die bisherige Behandlung dieſes Verbrechens ſich nicht aufrechterhalten läßt, hat der Fall des Lindbergh⸗Babys jedenfalls klar bewieſen. Wie Mord, Einbruch und die meiſten ſchweren Verbrechen unterſteht die Entführung nach dem gegenwärtigen Stand der Geſetzgebung den Strafgeſetzen der ein⸗ zelnen Staaten, die demgemäß auch die Verfolgung und Beſtrafung der Verbrechen in der Hand haben. Der Verbrecher kann ſich den unmittelbaren Folgen durch die Flucht in einen anderen Staat entziehen und oft iſt ein langwieriges Auslieferungsverfahren nötig, um den Verbrecher vor das zuſtändige Gericht zu bringen. Wird der erwähnte Entwurf Geſetz, ſo kommt jeder Fall von erpreſſeriſcher Entführung ſo⸗ fort unter die Zuſtändigkeit der Bundesjuſtizbehörde in Waſhington, die über einen ausgezeichneten Unterſuchungs⸗ und Aufklärungsdienſt verfügt. Arbeitsloſe als Goldwäſcher Amerikaniſche Arbeitsloſe beim Goldwaſchen unter fachmänniſcher Leitung. Um der großen Not der Arbeitsloſen zu ſteuern, werden jetzt im Colorado⸗Gebiet(U. S..) arbeitsloſe Frauen und Männer von Sachverſtändigen in der Kunſt des Goldwaſchens unter⸗ wieſen. 1500 Menſchen haben auf dieſe Weiſe die Hoffnung, eines Tages ihr Glück zu machen. Der durchſchnittl. Gewinn des Einzelnen beträgt täglich allerdings nur etwas über einen Dollar. Menſchenaffe oder Affenmenſch? Die umſtrittene Berechtigung der In Holland und Niederländiſch⸗Indien be⸗ ſchäftigt ſich die Oeffentlichkeit ſehr ſtark mit der Frage, ob man es bei dem in Mittel⸗Sumatra lebenden„Orang⸗Pendek“, wie ein in der dortigen Wildnis lebendes geheimnisvolles Weſen genannt wird, mit einem Menſchenaffen, d. h. alſo mit einem Tier, oder aber mit einem Affenmenſchen, d. h. alſo einem in ſeinem Entwicklungsgange noch auf unter⸗ ſter Stufe ſtehenden Menſchen zu tun hat. 5 Das Intereſſe hierfür iſt durch eine Meldung der in der Stadt Medan erſcheinenden„Sumatra⸗Poſt“ wachgerufen worden, wonach ein holländiſcher Ver⸗ waltungsbeamter des Bezirkes Rockan ſeiner vor⸗ geſetzten Behörde die Mitteilung gemacht hat, daß in ſeinem Bezirk erfolgreich Jagd auf den geheimnis⸗ vollen Orang⸗Pendek gemacht worden ſei. Es ſei dabei gelungen, ein noch junges Exemplar weiblichen Geſchlechts zu ſchießen. Die Haut dieſes 43 em langen Orang⸗Pendek⸗Babys ſei nicht behaart, die Farbe des Kopfhaares ſei hellgrau. Der ganze Körperbau dieſes Weſens, das auch einige kleine Zähne beſitze, ähnele ſehr ſtark dem eines Menſchen. Die örtliche Behörde habe daraufhin beſchloſſen, die Haut und das Skelett dem zoologiſchen Muſeum in Buitenzorg(Java) zu überſenden, wo eine ein⸗ gehende wiſſenſchaftliche Unterſuchung zu der Frage „Menſch oder Tier“ vorgenommen werden ſoll. Dieſer Bericht hat in weiten Kreiſen Aufſehen, verſchiedentlich auch Entrüſtung hervorgerufen. So hat der Vorſitzende der Haager Ortsgruppe der Ge⸗ ſellſchaft„Ooſt en Weſt“ ein Schreiben an den Ko⸗ lonialminiſter geſandt, in dem er ſeine flam⸗ mende Entrüſtung darüber ausſpricht, daß es Das Eiſenbahnunglück bei Anna Die Unglücksſtätte mit den abgeſtürzten Wagen Bet Unng(Weſtſalen) ereignete ſich infolge von Bodenſenkungen eine ſchwere Eiſenbahn⸗ Nataſtrophe. hinab. Sämtliche Wagen eines Perſonenzuges entgleiſten und ſtürzten die Böſchung Eine Reiſende wurde getötet, 44 Perſonen wurden verletzt. Orang ⸗Pendek⸗Jagd auf Sumatra Zeitungsmeldungen zufolge„endlich gelungen ſei, einen Orang⸗Pendek zu töten, während die Ver⸗ folgung anderer Orang⸗Pendeks fortgeſetzt werde“. Er glaube im Namen ſehr vieler Leute zu ſprechen, wenn er ſich ſcharf gegen dieſen„von der Wiſſenſchaft ſanktionierten Mord“ wende, dem Geſchöpfe, die vielleicht bereits als Menſchen bezeichnet werden müßten, auf jeden Fall aber dem Menſchen näher als irgend ein anderes Weſen ſtänden, zum Opfer fallen. Gegen eine Wiederholung dieſer der Zivili⸗ ſation hohnſprechenden Miſſetat müſſe ſofort ein be⸗ hörd liches Verbot erlaſſen werden. Der Vorfall hat ferner im Volksrat zu Batavia zwei Mitgliedern dieſer parlamentariſchen Körper⸗ ſchaft Veranlaſſung zur Einbringung einer Anfrage gegeben, in der die Regierung aufgefor⸗ dert wird, ſich zu dem Gerücht zu äußern, wonach einer ihrer Beamten Auftrag zur Herbeiſchaffung eines oder mehrerer Orang⸗Pendeks„tot oder lebend“ erteilt habe. Es wird ferner gefragt, ob die Regierung veranlaſſen wolle, daß zur Förderung der Wiſſenſchaft mehrere Orang⸗Pendeks lebend ge⸗ fangen würden, und daß bei erfolgreichem Verlauf einer ſolchen Aktion die Ergebniſſe der ſich anſchlie⸗ ßenden wiſſenſchaftlichen Forſchung baldigſt der Oeffentlichkeit bekanntgegeben werden. In Zuſchriften an die Zeitungen wird von Leu⸗ ten, die längere Zeit in Sumatra geweilt haben, darauf hingewieſen, daß die Eingeborenen von Oſt⸗ Sumatra mit der Bezeichnung Orang⸗Pendek einen kleinen gedrungenen Menſchen meinen, ſo daß man es hier unzweifelhaft eher mit 3 u tun habe. einem Menſchen als mit ein die Eingeborenen der Ar t es mit einem Tier oder allenfalls mit einem Men ſchenaffen zu tun habe, würden ſie ſicherlich vos einem Orang⸗Hoetan ſprechen. Man müſſo allerdings den Erklärungen der Eingeborenen mit Vorſicht gegenüberſtehen, da die eingeborenen Jäger über ihre Streifzüge im Innern des Landes noch mehr als europäiſche Jäger gerne phantaſtiſche Dar⸗ ſtellungen zu geben pflegen. Sollte aber der Orang⸗ Pendek wirklich beſtehen, ſo ſei jetzt zu befürchten, daß die Eingeborenen, ſobald ſie davon erführen, daß die Europäer Intereſſe für dieſes Lebeweſen hätten, eine allgemeine Jagd darauf veranſtalten würden, der von den holländiſchen Verwaltungsbehörden un⸗ zweifelhaft Einhalt geboten werden müſſe. Fal 8 Der Sieg des Elefanten vor dem Arbeitsgericht Die 13jährige Elefantenkuh Jenny, die zur Zeit im Berliner„Wintergarten“ arbeitet, hat es fertig bekommen, die friſtloſe Entlaf⸗ ſung ihres Wärters durchzuſetzen, und zwar mit Rechte, wie das Arbeitsgericht jetzt feſtſtellte. Jennys Dompteur hatte bei einem Gaſtſpiel in Prag einen tſchechiſchen Wärter engagiert, der den Elefanten nach Berlin begleiten ſollte. Für dieſe Fahrt hatte ſich der Tſcheche in ſeiner Heimat mit billigem Tabak eingedeckt, den er nach Deutſchland einſchmuggeln wollte. Aber dazu kam es nicht, denn eines ſchönen Tages geriet Jenny über den ganzen Tabakvorrat und fraß ihn als Leckerbiſſen. Darüber geriet der Wärter in ſolche Wut, daß er Jenny in die Spitze ihres Rüſſels biß, die einzige Stelle, an der man einem Elefanten einen empfindlichen körperlichen Schmerz zufügen kann. Jenny vergaß dies nicht, und ſobald ſeit dieſem Tage der Wärter in ihre Nähe kam, rollte ſie ihren Rüſſel zuſammen und ſteckte ihn ins Maul. So war es nicht mehr möglich, mit dem dreſſierten Elefanten auf der Bühne zu arbeiten. Nicht den kleinſten Trick führte Jenny aus, ſobald der Tſcheche, der bei der Vorführung aſſiſtieren mußte, in Sicht kam. Und ſo blieb dem Dompteur nichts anderes übrig, als den Wärter friſtlos zu entlaſſen und einen anderen Elefanten⸗Begleiter zu engagieren, mit dem die Reiſe nach Berlin an⸗ getreten wurde. Hier erhielt der Elefantenbeſitzer eine Ladung vors Arbeitsgericht, vor dem der entlaſſene Wärter auf Lohnzahlung bis zum Ablauf einer ordnungs⸗ mäßigen Kündigungsfriſt klagte. Mit dieſer Klage hatte er aber keinen Erfolg. Nach Klärung des Sachverhalts ſtellte das Arbeitsgericht feſt, Jenny ſich mit Fug und Recht weigerte, mit einem ſo jähzornigen Wärter weiter zuſammenzuarbeiten. Der kluge Elefant hat alſo die friſtloſe Entlaſſung ſeines Peinigers in voller Uebereinſtimmung mit dem Geſetz erzwungen. 300 Fahre deutſches Seemannsheim Die Kirche des St. ene des Sitzes des Seemannsheims. Das deutſche Seemannsheim in Danzig kann jetzt auf ein 500jähriges Beſtehen zurückblicken. Seine Gründung fällt noch in die Zeit, in der Danzig die blühendſteHafenſtadt des Ordenslandes Preußen war. Die Vorbereitungen zum Züricher Stratoſphären⸗Flug Prof. Pittards 50 Arbeiter tragen die rieſige Ballonhülle in den Schuppen des Gaswerks Schlieren bei Zürich. In Zürich iſt jetzt die Ballonhülle, die Piccard ſchon bei ſeinem letztjährigen Stratoſphären⸗ aufſtieg benutzte, und die neugebaute Aluminfumgondel eingetroffen. wird in der nächſten Woche erfolgen. Der neue Aufſtieg daß hären, daß man Donn aus der A bis 27 der Pfal, gewandte 1 0 N 2 vollkomm 8 werbunge ſtelle dieſ Wollen Perſonen groß. Un Ausnutzu dienen. nur erſte. Perſonen die Geſch. erren un die Büro u. Privat heſuch, wi deheren Keine Kar keine Ue! Waren. 2 Fritz Wortn (Heſſen⸗N. Weißnäheri beſſern hemden g unter 2 Geſchüftsſ Maufmaun. „ſucht Nachtrage etc., od. Expebient perfekter ſchretber, Vergü bun, nur auf Erſte Ref Zuſchr. un an die Ge Junger. ve nel. Speng autog. Seh wandert mittel u. da 2 J. ſucht B gl. welch. 20. N. A E 66 a. 4 „uke zu kauf. g gebote unt an die Ge lo faber gebr., mit otor, z. m 2 K 46 ſchäftsſtelle — DitW.⸗Moto ſteuerfr. o kaufen ges * m. Preis Karlsruhe, 1 2 Veig. bashberd Dadseinri In kauf. g gebote mit 8 X 24 an
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143 (16.6.1932) 273. Mittagsblatt
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