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Preſſe allein: die Lücke wurde in die 4. Seite. Nr. 490 Neue Mannheſmer Jeitung(Abend⸗Nusgabe] Dienskag, den 21. Oktober 1924 wahruna eingelegt. Weder Vergeltungsmaßnahmen noch die Hand⸗ habuna des Friedensvertrages von Verſailles können für dieſen Einbruch Vorwände bieten. Mannheim jt durch ihn in zwei Teile geſchnitten: Handel und Verkehr zwiſchen dieſen Teilen ſind aus⸗ geſchaltet: jeder weiß, was es heißt, wenn die induſtriellen Werke und die Lager des Hafengebietes nicht mehr der Stadt dienen können und die Arbeit ruhen muß. Wir werden aber dieſes Drang⸗ ſal ertragen und. wie wir zuverſichtlich hoffen, überwinden. Reich und Volk werden uns helfen: mit Reich und Volk ſind wir einig in der Abwehr feindlicher Aewalt. Beſetzung des Bahnhofs Neckarſtadt und des alten Benzwerkes Man hatte ſich der Hoffnung hingegeben, daß die Beſetzung des Mannheimer Hafengebietes mit der Beſeitigung der Sperre des Rhein⸗Herne⸗Kanals aufgegeben werden würde. Dieſe Hoffnung er⸗ wies ſich als trügeriſch. Die Franzoſen dehnten im Gegenteil die Beſetzung weiter aus, indem ſie am 31. März 1923 um halb 6 Uhr morgens den Bahnhof Neckarſtadt und das alte Benzwerk in der Waldhofſtraße beſetzten. Zu dieſer Beſitz⸗ ergreifung wurden drei Kompagnien Infanterie mit Maſchinen⸗ gewehren verwendet, die über die Rheinbrücke durch Park⸗ und Luiſenring vorrückten und den Neckar über die Friedrichsbrücke paſ⸗ ſierten. Um 6 Uhr wurde der Bahnhof Neckarſtadt durch einen Zug Infanterie beſetzt In den Motorenwerken.⸗G. vorm. Benz wurde die Montagewerkſtätteerobert. Wie ſich ſpäter herausſtellte, hatten ſie es auf einen fertigmontierten Dieſelmotor abgeſehen, von dem ſie annahmen, daß er eine Maſchine darſtelle, deren Herſtellung nach dem berüchtigtenFriedensvertrag von Verſallles verboten ſei. Die Truppen, die einem marokkaniſchen Regiment angehörten, wurden zumteil im evang. Waiſenhaus in der Liebigſtraße, zumteil in der Hildaſchule untergebracht. Die Arbeiterſchaft der Abteilung Klein⸗ motarenbau des beſetzten Werkes verließ den Betrieb, weil die elek⸗ triſche Zentrale nicht mehr funktionierte. Die Ausdehnung der Be⸗ fetzuna war dasOſtergeſchenk der Franzoſen. 7 1**.* Am Oſterſonntag wurde das Waiſenhaus von der Einquar⸗ tierung, die aus 100 Mann und einigen Offizieren beſtand, befreit. Die Truppen, für die im erſten Stock zwei Schulſäle und der Speiſe⸗ ſagl und im zweiten Stock der Arbeitsſaol beſchlagnohmt worden waren. wurden in den Motorenwerken untergebracht, die insgeſamt eine Beſatzung von 200 Mann(kriegsſtarke Kompagnie) mit drei Ma⸗ ſchinengewehren aufnehmen mußten. Die Fabrik war mit der Motſvierung beſetzt worden, daß in ihr Kriegsmatertal hergeſtellt werde. Die Interallüſerte Kommiſſion mußte aber zugeben, daß ſo⸗ wahl von ihr wie von der deutſchen Mariekommiſſion länoſt feſt⸗ geſtellt ſei, daß in dem Werk weder Kriegsmaterial noch U⸗Boot⸗ Motoren hergeſtellt wurden. Die großen Schiffsdieſelmotoren erreg⸗ ten die beſondere Aufmerkſamkeit der Franzoſen. Da ſie trotz aller Bemühungen nicht in Gang zu bringen waren, wurden ſie weniaſtens photographiert. An der Ecke des Neckarbahnhofs zog der Poſten auf- der bis zum Abrücken an dieſer Stelle ſtand. Am 7. April erſchienen franzöſiſche Beauftragte bei den deutſchen Unterdelegierten der deutſchen Rheinſchiffahrtskommiſſion in Mannheim mit der Er⸗ klärung, daß ſämtliche Holzbeſtände im beſetzten Hafen⸗ gobiet beſchlagnahmt ſeien. In der Tat wurde in den nächſten Tagen zur Beſchlagnahme der Lagerbeſtände ſämtlicher Holzhand⸗ lunden geſchritten, die im Hafengebiet ihre Niederlaſſungen haben. Alle Firmeninbaber haben die Unterſchrift unter das Beſchlagnahme⸗ protokoll verweigert. Die Ausſchreitungen der Franzoſen, die in der ſchweren Schießerei on der Neckarbrücke ihren Höhevunkt exreichten begannen am 13. April mit der Mißhandlung zmeier Studenten, denen abends um halb 11 Uhr auf dem Heimweg an der Ecke von D 7. auf unbeſetztem Gebiet, von einem Offtzier der Ausweis abverlangt wurde. Als der eine Student ſien nicht ausweiſen konnte, wurden Beide von fünf Soldaten mit auf⸗ flanztem Seitengewehr auf den Luiſenring gebracht. Der eine Siudent wurde dann durch Schläne ins Geſicht derart mißhandelt, daß er blutete. Auch der andere Student wurde ins Geſicht geſchla⸗ gen und mit dem eigenen Stock troktiert ude Ayrif begaunen die Franzoſen mit der Verhaftung von Polizeibeamten. Der erſie wurde in der Nähe der Hauptfenerwache, ein zweiter an der Friedrichebrücke auf der Stadtſeite, alſo in beiden Fälſen auf undeſetztem Gebiet, feſigenommen. Am 4. Mai drang in der zrrölzen Nachtſtunde eine von einem Offfzier geführte Patrouilſe in des 9. Polizeirepier, weil Schutzleute einen angetrunkenen franzö⸗ kiſcthen Seraganten verhaftet hatten. der ſich auf einem Rade in der Piedfeldſtraße auf unbeſetztem Gehiet herumtrieb. Man wollte erſt die geſamte Wache nach der Hildaſchuſe abführen, begnüate ſich aber dann mit den zwei Beamten, die den Sergeanten feſtgenommen hatten. Beide wurden nach erfolater Vernehmung wieder entlaſſen. Am 7. Mai wurde das im Neckarhafen liegonde, der Fa. Raab Karcher u. Co. gehörige DampfbootEmmi Kirdorf Nr. 6 von etwa 30 franzöſiſchen Soldaten unter Führung von Offizieren beſetzt und nach Ludwigshafen verbracht. Die Beſchlagnohme erfolgte auf Vefehl der Generalkommiſſion in Düſſeldorf zum Zwecke der Ausbildung von Piloten. Der Dampfer war erſt kurz vorher von der Werft gekommen, alſo völlia neu. Mitte Mai wurden zwei Polizeibecmte in Zivil an der Grenze des beſetzten Gebietes bei Ausgüßung des Dienſtes wegenUmgehung der franzöſiſchen Gruß⸗ vorſczrift feſtgenommen und nach Ludwigsbafen verbracht. Auf der Wache wurde der eine Beamte mit dem eicenen Gummiknüppel von oinem franzöſiſchen Offizier mißhandelt. Ein dritter Schutzmann Robert Faber zum Gedächtnis Der Tod Dr. Robert Fabers, des Verlegers derMagde⸗ bargiſchen Zeitung, iſt nicht nur eine Angelegenheit der deutſchen 8 deutſche Geiſtes⸗ und Ku bt urmelt geriſſen. Erſt jetzt, wo wir Robert Faber nicht mehr den Unſrigen nennen dürfen, werden wir ermeſſen, was wir an ihm verloren haben. Nur eines ſei aus unſerem engſten Berufsleben zum Beweiſe deſſen hervorgehoben: ſo oft ſich in den letzten Jahren Ver⸗ leger und Redakteure mehr oder weniger ſcharf gegenüber ſtanden, in dem einen Robert Faber fanden ſie ſich immer wieder zuſammen. Und ſo war es denn auch nur eine Selbſtverſtändlichkeit, daß Ver⸗ und Redakteure ihn zum Vorſitzenden der Arbeitsgemeinſchaft wählten. im wahrſten Sinne des Wortes eine Führer⸗ perfönlichkeit. Nicht nur auf dem ureigenen Gebiet der⸗ Zei⸗ tung, auch als Deutſcher und Preuße, als der er ſich als Offizier und Magdeburger Heimbürger in der faſt 300 Jahre alten Tradition derMagdeburg. Zeitung fühlte, als Hiſtoriker und Goetheforſcher war er Pionier. Er war, vom rein Künſtleriſchen der Muſik und der Malerei abgeſehen, die er nicht ausübte, aber mit überraſchender Kennerſchaft liebte, einer der univerſellſten Menſchen der Gegenwart. Echt Faber war die Art ſeines ſich Gebens. Niemals hat er den an⸗ deren die Ueberlegenheit ſeines Geiſtes fühlen laſſen. Dank ſeiner fabelhaften Kunſt der Menſchenbehandlung verſtand er es, den Ge⸗ ſprächspartner auf ſeine Höhe zu heben, ohne daß dieſer es merkte, ja, vielleicht am Ende der 5 war, Robert Faber zu ſeinem Standpunkt bekehrt zu hahen. hne Formenmenſch zu ſein, war Faber abſoluter Gentlemann. Bis zum Beweis des Gegenteils be⸗ handelte er jedermann, und wenn es der letzte Ausläufer oder Hilfs⸗ ardeiter des großen Betriebes war, als anſtändi en Ehrenmann. Wie oft wurde ſein Vertrauen getäuſcht; den letzten Glauben an das mora⸗ liſche Edelgut im Menſchen hat er nie verloren. Das gab der Arbeit mit ihm nicht unter ihm, Faber kannte keine Untergebenen, nur Mitarbeiter! etwas ſeltſam beſchwingtes, frohes, angeregtes. Die Redaktionskonferenzen waren geiſtige Menſuren, bei denen er nie⸗ mals den Unparteiiſchen hervorkehrte, ſondern ſlg und fröhlich, ganz alter Burſchenſchafter, ſekundierte oder ſelbſt die linge ſchlug. Wer das Glück hatte, als Journaliſt durch ſeine Schule zu gehen, nahm bleibendes Beſitztum in ſich auf. Die Formel war verhältnismäßig einfach. Der Verleger verkörpert die Tradition der Zeitung, der Redakteur dient der Zeit, deren Sprachrohr eben die Zeitung iſt. Jener führt, fördert oder bremſt. dieſer gibt ſeine Geiſteskraft zur Vollendung des Ganzen. Zweiteilung der Gewalten, Einheit der Form und Einigkeit im Geiſt: das war Robert Fabers Geheimnis der wirklich modernen Zeitung. Dabei verachtete er mit einer ſonſt an ihm ungewohnten Nonchalance den toten Buchſtaben. Handelte 0 wurde ebenfalls an der Grenze des beſetzten Gebietes verhaftet und nach Ludwigshafen geſchafft. Am 12. Mai wurde die Rheinauer Beſatzung durch eine kriegsſtarke Komapgnie ver ſt ä rkt. In der Sunlicht⸗Seifenfabrik wurden die Mannſchaften verteilt. Das Verwaltungsgebäude des Rheiniſchen Braunkohlenbrikett⸗Syndikats wurde beſchlagnahmt und mit 25 Mann und 1 Offizier belegt. Außerdem wurden Büro und Lager der Anthrazitfohlen⸗ und Koks⸗ merke Gam b. H im Rheinauhafen beſetzt. Fecner beſchlagnahmten die Franzoſen das geſamte Lager der Fa. Hugo Stinnes. In dieſe Zeit fällt auch die Beſetzung der Anilinfabrik. * Schwere Ausſchreitungen der Franzoſen Am 18. Mai wurde der Polizeiwachtmeiſter Traub, der in der Nähe des Bahnhofs Neckarſtadt von den Franzoſen verhaftet und auf die Wache im Bahnhofsgebäude verbracht worden war, auf der Flucht über den Neckar durch einen Kopfſchuß tödlich verletzt. Am Abend vorher war ſchon ein Polizeibeamter in Zivil in der Nähe des Elektrizitätswerkes verhaftet und nach Ludwigshafen verſchleppt worden. In der darauffolgenden Nacht kurz vor 12 Uhr eröffneten die ganz rabiat gewordenen Franzoſen von der Wache im Bahnhof Nockarſtadt aus gegen die Paſſanten in der Umgebung ein wahres Schützenfeuer, durch das zwei Perſonen lebensgefährlich verletzt wurden. Dem 36 Jahre alten Bankdiener Karl Rühl von der Rheiniſchen Kreditbank mußte ſofort nach der Einlieferung ins ſtädtiſche Krankenhaus der rechte Oberarm amputiert werden Außerdem erhielt Rühl einen Bruſtſchuß. Dem 27 Jahre alten Kaufmann Adam Reſch drang eine Kugel in den Unterleib. Die von der Stadt kommmenden Straßenbahnwagen wurden angehalten. Die Fahrgäſte mußten ausſteigen und mitHände hoch an den Franzoſen vorübergehen. Ein Straßenbahnwagen, der nicht ſofort hielt. wurde unter Feuer genommen. Hierbei erhielt Rühl den Bruſtſchuß. Die Kugeln flogen über den Meßplatz bis in die Max Joſef⸗ und Schimperſtraße: Das war derPfingſtgruß der Fran⸗ zoſen. In ebenſo friſcher Erinnerung wie dieſer empörende, nur aus der krankhaften Nervoſität der Beſatzung erklärliche Vorfall iſt die tieferſchütternde Trauerfeier. die am Dienstag, 22. Mai, im Schloßbof zu Ehren des im Dienſte durch franzöſiſche Kugeln ge⸗ tötsten Polizeiwachtmeiſters Traub. Die Feier geſtoltete ſich unter Tellnahme dor Behörden und einer kauſendkönfigen Menſchenmenge zugleich zu einer erhebenden vaterländiſchen Kundgebung. Während Landeskommiſſär Geh. Regierungsrat Hebting dem Toten für ſeine vorbildliche Pflichttreye, die er mit dem Leben bezahlen mußte, den heißen Dank der Staatsregierung abſtattete gab Bürgermeiſter Ritter dem Schmerze und der Empörung der Mannheimer Bepöl⸗ keruna beredten Ausdruck, proteſtierte zugleich aber auch nachdrücklich gegen die jedem Rechtsemofinden hohnſprechende Gefährdung un⸗ Schießerei Polizeidirektor Dr. Bader verwies in ſeinen von Em⸗ vörung. Abſcheu und Verachtung diktierten Ausführungen auf den ſchweren Dienſt. der der Mannheimer Polizei durch die völkerrechts⸗ und pertreaswidrige Beſetzung von Feiſen der Stadt auferlegt wurde. Ala die Leiche Traubs zum Bahnhof transvortiert wurde, um nach Ettlingen überführt zu werden, bewegi⸗ ſich der gewaltige Trauer⸗ zua durch ein vieltauſendköpfiges Spalier. . Nach der folgenſchweren Schießerei der Wache des Neckarſtadt⸗ Bahnkofes flante die pßllia unbegründete Nervoſität der Franzoſen ah. Pon ſo ſchlimmen Ueberoriffen brauchte von nun ab Jicht mehr berichtot zu werden. Am 30. Mai trat wieder ein⸗ völlige Sperre der Rheinbrſicke ein, die bis zum 7. Juni dauerte und Tauſende von Heim und Arbeitsſtätte trennte. Vom 19. Juni Ib durfton nur noch Fußgänger. Radfahrer, Handkarren und Pferde⸗ fuhrwerke von 5 Uhr morgens bis 9 Uhr abends die Brücke vaſſieren. Am 21. Juni verüßten zwei betrunkene franzöſiſche Soldaten im Jungbuſch ſchwere Ausſchreitungen, wobei Paſſanten beroubt und mit den Polizeibeamten auf der Verfolgung eine Anzahl Schüſſe gemechſelt wurden. Ein Polizeibeamter wurde durch einen Quer⸗ ſchläger verwundet. Beſetzung des Mannheimer Schloſſes Am 20. September 1923 vollzog ſich der letzte Akt der rechts⸗ midrigen Beſetzung Mannheimer Gebietsteile durch die Inbeſitz⸗ nahme des Schloſſes. Gegen halb 6 Uhr morgens rückten ezwa vier Kompagnien von Ladwigshafen aus vor und beſetzten fämtliche Zugänge mit Maſchinengewehren. Da niemand heraus⸗ und hineingelaſſen wurde, war die geſamte Eerichtsbarkeit lahm⸗ gelegt. Noch am gleichen Abend wurden die Truppen bis auf etwa 40 Mann wieder zurückgezogen. Gleichzeitig wurde die Paſſierſperre für die Schloßbewohner aufgehoben. Die Beſatzungsmannſchaften be⸗ zogen die beiden Wachhäuschen, die ſie bis zum Abzug innehatten. Wer aus dem Schloß herauswollte, mußte ſich hier den Perſonalaus⸗ weis durch einen Offizier abſtempeln laſſen. Sämtliche Räume des Finanzamtes, der Muſeen, der Bibliothek und der Möbelverwertungs⸗ ſtelle wurden verſtegelt. Die Beſetzung des Schloſſes erfolgte nach Angabe des Chefs der Ludwiashafener Beſatzungstruppen als Ver⸗ auf Mannheimer Gebiet gegen franzöſiſche Beamte erfolat ſeien. Am 25. September wurde der Verkehr im Innern des Schloſſes von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends wieder freigegeben. Die im Schloſſe e Behörden nahmen an dieſem Tage ihre Tätigkeit wieder auf. einer anders, als vielleicht urſprünglich abgeſprochen war, und konnte er es mit guten Gründen belegen, dann hatte er eben Recht. Ab⸗ ſolute Selbſtändigkeit der Redakteure und Erziehung zur höchſten Verantwortlichkeit innerhalb des in gemeinſamen Beſprechungen ſeſt. gelegten Rahmens, Achtung der Perſönlichkeit und des Rechtes auf Individualität, wenn es begründet war, Freiſein von jeglicher Klein⸗ lichkeit, das waren Fabers Prinzipien, die er jedem ſeiner Mitarbeiter zugeſtand, aber auch für ſich in Anſpruch nahm. Wenn man will, kann man in dieſer Arbeitsgemeinſchaft in der reinſten Form eine Idealdemokratie erblicken. Das war ſie auch, aber von einem Ariſtokraten des Geiſtes geführt. In den fünf Jahren, die ich mit Robert Faber zuſammenarbeiten durfte, iſt mir dieſe Seite ſeines Charakters von Tag zu Tag mehr zu Bewußtſein gekommen. Nur ſo iſt es auch zu verſtehen, daß er nicht erlahmte, als er die Rieſenaufgabe begann, die deutſchen Zei⸗ tungsverleger aus dem Stadium der reinen Druckerbetätigung in das der Herausgeber, d. h. der fn Mitperantworter hinüberzuführen. Wohl hatte der Hannoveraner Max Janicke den erſten Verſuch dazu ſchon vor Faber begonnen, aber ihm blieb es während ſeiner Prä⸗ ſidentſchaft im Verein Deutſcher Zeitungsverleger in den Jahren 1912 bis 1921 vorbehalten, den Gedanken in die Tat umzuſetzen. Wir in der damaligen Redaktion derMagdeburgiſchen Ztg. haben dieſe Kämpfe mit ihren Niederlagen und Erfolgen am tiefſten in⸗ ſofern miterlebt, als wir die Erſten waren, denen Dr. Faber ſeine Ideen auseinanderſetzte. Aus Rede und Gegenrede entſtand man⸗ ches, was auf den Hauptverfammlungen des V. D. Z. in prägnanter Form wiederkehrte. Langſam und unter ſtändigen Impulſen gelang es ihm, manchen alten liebgewordenen Schlendrian und manche üble Unſikte auszumerzen. Heute ſteht die deutſche Preſſe als ein feſter Block nicht nur der Wirtſchaft ſondern auch der Geiſteskultur. Das iſt Robert Fabers Werkl Wenn ihn der V. D. Z. 1921 zu ſeinem Ehrenmitglied ernannte, war dies nur ein ſchwacher Abglanz des Dankes, der ihm mit Fug und Recht gebührte. Leider verhinderte ihn ſein körperliches Leiden, das ihn ſchon ſeit 1913 quälte und ihn nun auch im Alter von 55 Jahren vorzeitig hinweg⸗ raffte, ſpäterhin ſich ſeinem Lebenswerk ſo zu widmen, wie er es wollte. Unter einigen Heißſporen iſt der Grundgedanke bis veilen verzerrt worden, und gar manchmal mag der Wunſch laut geworden ſein, Fabers vermittelnde Hand und Fabers begütigendes Wort, das er wie kein Zweiter meiſterte, zu verſpüren und zu hören. Seine Rolle als getreuer Eckart der deutſchen Preſſe hat er bis zu ſeinem Lebensende durchgeführt. Das Eiſerne Kreuz am weiß⸗ſchwarzen Bande war ſein Stolz, mit Recht, denn dieſe Auszeichnung trug er für die ganze deutſche Preſſe, der er ſeine Lebenskraft gewidmet hatte. Was ihr Robert Faber bedeutet, wird erſt die ſpätere Eutwicklung dieſer geiſtigen Großmacht zeigen. Heute wiſſen wir nur das eine: Robert Faber ſchuldiger Menſchenleben und friedfertiger Bürger bei der nächtlichen f. geltungsmaßnahme für Angriffe, die im Laufe der letzten Wochen Das Ballhaus, in dem die hinteren Parterrelokali⸗ - täten zu Schlaf⸗ und Aufenthaltszwecken beſchlagnahmt wurden, iſt 7 Tagen ebenfalls wieder freigegeben worden. Am 26. September kam es zu dem letzten Zwiſchenfall. Abends gegen 11 Uhr wurden von dem Poſten am Eingang zur Kriminal⸗ polizei auf das Haus A 3, 9 mehrere Schüſſe abgegeben, wo⸗ bei ein Gewehrſchuß in das im vierten Sbock gelegene Schlafzimmer einer 16 Jahre alten Schülerin drang, die bei ihrem Großvater zu Beſuch weilte. Das Mädchen hatte am offenen Fenſter mit ihrem Taſchentuch geſpielt, indem ſie es im Kreiſe herumdrehte. Der franzöſiſche Poſten vermutete ein Signaliſieren und gab zunächſt zwei Revolver⸗ und gleich darauf einen Gewehrſchuß ab. Ein franzöſiſcher Vorgeſetzter begab ſich mit zwei Soldaten ſofort in das Haus. drohte mit deſſen Beſchlagnahme und der Beſetzung von ganz Manaheim und wollte das Mädchen abführen. Nach Klarſtellung des Sach⸗ verhalts wurde von der Verhaftung abgeſehen. 55 *** Wie überall, ſo gewöhnte ſich auch hier die Bevölkerung an die Anweſenheit der ungebetenen Gäſte und fügte ſich, der Not ge⸗ horchend, in die Hemmungen und Unannehmlichkeiten, die mit der Beſetzung verbunden waren. Und nun iſt endlich der Tag der Be⸗ freiung gekommen. Ein erleichterndes Aufatmen geht durch die Ein⸗ wohnerſchaft.Franzoſentid! Ein ſchlimmes Wort. Möge es nie mehr auf Mannheim Anwendung finden.., Sch. Städtiſche Nachrichten Aufwertung der ſtädtiſchen Anleihen Vom Deutſchen Städtetag wird uns geſchrieben: Im Aufwer⸗ tungsausſchuß des Reichstages wird zurzeit neben der Hypothekenauf⸗ wertung auch die Frage der Aufwertung der öffentlichen Anleihen eingehend erörtert. Der Finanzausſchuß des Städtetages, der am 14. Oktober in Berlin eine Sitzung abhielt, hat zu den Ver⸗ handlungen Stellung genommen. Er weiſt vor allem darauf hin, daß eine Aufwertung aller öffentlichen Schulden nur möglich iſt, wenn Lünbeni durch ſtärkere Anſpannung der Steuern dem Reich, den ändern und den Gemeinden die Mittel dafür zur Verfügung geſtellt werden. Mit den jetzigen Etatsmitteln kann keine der öffentlichen Gewalten die Koſten einer Aufwertung decken. Ob aber Wirtſchaft und Verbrauch erhöhte Steuerlaſten neben den durch die Durch⸗ führung des Dawes⸗Planes ohnehin entſtehenden auf ſich nehmen wollen und können, muß durchaus bezweifelt werden. Wenn man aber den Gedanken erwägt, nur eine Aufwertung bei den Gemein⸗ den vorzunehmen, in der Annahme, daß die Gemeinden im Geld chwömmen, ſo hält der Finanzausſchuß des Städtetages es grund⸗ 5 für verfehlt, in den öffentlichen Obligationen Unterſchiede zu machen. Im übrigen muß der Finanzausſchuß mit allem Nachdruck der Meinung entgegentreten, daß es der Geſamtheit der Kommunen ſo gut ginge, daß ſie eine baß, die 80 ihrer Schulden tragen könnten. Ganz abgeſehen davon, daß die Kommunen aus der Inflation doch nicht bloß Vorteile gezogen haben, ſondern auch ungeheure Schwierig⸗ keiten und Verluſte haben mit in Kauf nehmen müſſen ihre ganzen Stiftungsfonds und ihre Reſerven ſind ebenſo wie das Vermögen durch die Inflation auf Null reduziert kann man aus einzelnen günſtig liegenden Stadtgemeinden keinen Schluß auf die Geſamtheit ziehen. Allerdings erfreuen ſich einzelne Gemeinden einer begrüßens⸗ werten Liquidität, aber das iſt in der Hauptſache nur die Folge einer porübergehenden, über Erwarten großen Ergiebigkeit der Reichs⸗ ſteuern. Aber vor allem ſtehen dieſen günſtig ſtehenden Gemeinden eine ebenſo große Zahl von Gemeinden gegenüber, die nicht aus und ein wiſſen. Beſonders die Induſtriegemeinden im Weſten ſind durch die Finanzausgleichsgeſetze in ſolche Schwierigkeiten geraten, daß ſie ihren Verpflichtungen nicht gerecht werden können. Ein handgreiflicher Beweis liegt darin, daß die preußiſche Regierun jetzt ein e Geſetz beim Landtag eingebracht hat, wongth durch eine Korrektur des preußiſchen Finanzausgleichsgeſetzes wenig⸗ ſtens in den ſchlimmſten Fällen den notleidenden Gemeinden ee werden ſoll. Es kommt noch hinzu, daß der ganze Finanzausgle der den Rahmen der kommunalen Finanzgebarung geſchaffen hat, in Kürze geändert werden ſoll. Vor der Neuregelung des Finanzaus⸗ gleichs iſt aber überhaupt die Leiſtungsfähigkeit der Kommunen ab⸗ ſolut unbeſtimmbar. Kl. * Fernſprechverkehr MannheimHeidelberg. Die Handelskam⸗ mer hat bei den zuſtändigen Stellen angeregt, bei der bevorſtehenden Umſtellung des Telephonverkehrs in den automatiſchen Betrieb die beiden Ortsnetze MannbeimHeidelbera zuſam⸗ menzuſchließen, wie dies zwiſchen Mannheim und Ludwias⸗ hafen bereits der Fall iſt. Die Handelskammer iſt dabei davon aus⸗ gegangen, daß der Entaana an Gebühren für Ferngeſpräche bei der engen wirtſchaftlichen Verbindunga zwiſchen Mannheim und Heidel⸗ bera durch erhöhte Inanſpruchnahme der Fernſprecheinrichtungen für Ortsageſpräche mehr als ausgealichen werden wird. Von der Ober⸗ voſtdirektion iſt namens des Reichspoſtminiſters der Antrag in der von der Handelskammer vertretenen Form nach eingehender Prü⸗ funa aus arundſätzlichen Erwäaungen abaelehnt worden. Jedoch iſt zur Verbeſſeruna des telephoniſchen Verkehrs zwiſchen Mannbeim und Heidelbera die Einrichtuna eines beſonderen Fern⸗ Iprech⸗Schnellverkehrs in Ausſicht genommen, wie er nach Auskunft des hieſigen Telearaphenamts ſchon im Ruhraebiet ein⸗ 2 115 war der geborene Preſſemann, Verleger und Redakteur ugleich in der denkbar glücklichſten Miſchung. Deswegen ſtehen Ver⸗ leger und Redakteure heute gleichzeſtig in gemeinſamer Trauer an ſeinem Grabe. Möge ſein geiſtiges Erbe dauernden Beſtand haben! Kurt Fischen, Frankfurter Brief Offen geſtanden: es gibt herzlich wenig Neues. Die verantwortlichen Redakteure des lokalen Teiles raufen ſich die Haar. Auch bei der Zeitung kommt der Sommer hintennach. Wäre nicht der Zeppelin nach Amerika geflogen, du lieber Himmel, mit was ſoll man denn die Seiten vollſchreiben. Es iſt die große Prüfungszeit für gute Journaliſten. Denn wie ein Spaßvogel ein⸗ mal halb im Ernſt und halb im Scherz geſagt hat: ein guter Journaliſt iſt ein Mann, der über nichts viel und gefällig zu ſchreiben weiß. Alſo bitte. Man bewähre ſich. Geiſt im Akkord. Und wie Spürhunde ſuchen ſieBerichtenswertes, eifrig wie Luſtſpieldichter einen neuen Stoff. Der arme Heinrich Heine hat das beſonders ſchlimm zu büßen. Ein Herr Lindemann verfiel in einer der⸗ artigen Sucht auf ihn, ſchändete ihn bis zum Operettenhelden, ſchrieb ein Werk namensHeinrich Heines erſte Liebe! und ließ ſelbiges im Neuen Operettentheater aufführen. Ein tſchechi⸗ ſcher Student hat ſich dieſer Tage auf dem Grabe Heines in Paris totgeſchoſſen. beigewohnt. luſtige Witwe, man freute ſich wieder einmal ihre Bekanntſchaft zu machen, ſie hat ſich beſſer gehalten wie man dachte und noch nichts von ihrem einſtigen Charme eingebüßt. Auch die Auf⸗ führung mit vielen neuen Geſichtern war gut. Bertl Gräbener ſpielte mit Charme die Titelrolle, Direktor Julius Dewald ſpielte und ſang mit Feuer und Karl Reul war wie immer der ergͤtzliche Schalk, der die alle in ſeinen Bann zwingt, die gerne lachen. Gut war im Schauſpielhaus WedekindsLiebestrank, der eine Welt im Hintergrund zeigte, die der Autor ſtets ſo ſehr liebte, die in dieſen Tagen auch uns Frankfurtern wieder erſtanden iſt. Auf dem Gelände der abgebrannten.B. ich bin auch abge⸗ brannt alſo um nicht aus der Konſtruktion zu fallen noch einmal von vorne auf dem Gelände der abgebrannten Land' wirtſchaftlichen Halle draußen in der Oſtendſtraße, da erſtand eines Abends mit affenartiger Geſchwindigkei ein rieſiges viermaſtiges Zelt. Auf dem nahen Gelände des Güterbahnhofes marſchierten zwei Elefanten und ſchoben die Wagen umher wie unſereins 1 ch. Er hat ſicher einer Aufführung des linden Werkes Man ſuchte den Schaden wieder gutzumachen und brachtedie Streſchholzſchachteln. 25