3 vertragen, da leſe ich Edgar Wallace. 4 1 W f,. BE 144 Donnerstag, 2. Januar 1930 Filmſtars leſen Die Antworten auf unſere Rundfrage:„Was leſen Sie in Ihren Mußeſtunden?“ La lecture. est Thomme“— könnte ein berühmter Franzoſe mit dem Drang des galliſchen Geiſtes zur Defi⸗ Aition einmal geſagt haben. Und ſicher darf man in den Büchern, die einem Menſchen am nächſten ſtehen, das Ab⸗ bild ſeines innerſten Weſens, ſeiner ſtärkſten Sehnſucht erkennen. Sage mir, was Du lieſt Denn der pſychologiſche Vorgang im Leſer iſt ja der⸗ ſelbe mie der im Dichter während des Schaffens: beide drücken ſich aus, proſizieren ihr Ich in das Werk, das ſie vor ſich haben. Mit dem einen Unterſchted— der nur in anderer Hinſicht beträchtlich erſcheint—, daß der Oſchter die Form erzeugt und prägt, während der Leſer ſich ihrer bedient, So wird das Bekenntnis zu einem Buch zugleich auch immer ein Selbſtbekenntnis ſein. Dieſe Tatſache verleiht einer Rundfrage, die ſich über die Lieblingslektüre des Filmſtars erkundigen will, einen Stun, der ſie über die Ebene bloßen Boulevardgeſchwätzes hebt und der ſie und ihre Beantwortung fenſeits der pro⸗ pagandiſtiſch verwerteten Meinungsäußerungen zu aller⸗ lei Problemen des Tages anſiedelt. Mißtrauiſche Leute könnten meinen, daß die Stars und ihre Werbetrommler grundſätzlich nur das Abenteuerlichſte und Aufſehen Er⸗ regendſte der Oeffentlichkeit von ſich erzählen und daß von allem, was ſie ſagen, kein Wort wahr ſei. Zweifellos wären ſie mit dieſer Anſicht nicht ganz im Unrecht. Der Star muß für ſich Reklame machen oder machen laſſen. Das gehört zum Geſchäft, zur Induſtrie. Anders aber iſt es bei der Frage nach der Lektüre. Abgeſehen davon, daß hier das Renommieren ſchon an ſich unmöglich iſt(wenn nicht gerade eine Spubrette behauptet. ſie vergrabe ſich täglich mit Leidenſchaft in Kant oder Pascal), wird hier das Menſchliche berührt, wie es jen⸗ ſeits der Leinwand und des Glashauſes lebendig iſt; es geht um etwas, das ihnen am Herzen liegt, und da ſind ie immer freimütig und rückhaltlos offen. Laſſen wir ſte reden: Henny Porten: Ich leſe mit beſonderer Vorliebe Bücher, die ſich mit dem Leben der Tiere beſchäftigen, wie zum Bei⸗ ſpiel die Bücher von Bengt Berg. Ich habe ſie geradezu verſchlungen und blättere in meinen Muße⸗ ſtunden immer wieder in ihnen. Eine beſondere An⸗ ziehungskraft üben auch auf mich Erzählungen aus nordiſchen Ländern aus, zum Beiſpiel die Bücher von Knut Hamſum. Von den Letzterſcheinungen deutſcher Autoren liebe ich beſonders die beiden Bücher von Paul Eipper„Tiere ſehen Dich an“ und ſein„Kinderbuch“. Emil Jannings: „Segen der Erde“. Gerda Maurus: Ich bin mit meiner Lektüre noch immer auf dem Mond, ſtudiere noch einige Werke zu Ende, die mir während der Arbeit an dem Mondfilm die Profeſ⸗ ſoren Oberth und Gonnard empfohlen haben. Ueber Jules Verne finde ich allmählich wieder den Weg zur Erde zurück. Willi Fritſch: Ich komme überhaupt nicht richtig zum Leſen, ſeit 16 Monaten arbeite ich ohne Unterbrechung Tag für Tag. Und wenn ich mal n paar Stunden frei habe, ſetze ich mich ins Auto und fahre raus, um mich ein wenig zu erholen. Ja— draußen im Atelier zwiſchen den Aufnahmen. Aber da kann man nichts Schweres Abends im Bette vor dem Einſchlafen leſe ich auch nichts Schweres. Was—? Na, auch Edgar Wallace! Aſta Nielſen: Meine Lieblingslektüre gibt mir der norwegiſche Dichter Johann Bojer, beſonders mit ſeinen beiden Romanen„Unſer eigener Stamm“ und„Der letzte Wikinger“. : Courab Veidt: Am liebſten leſe ich Knut Hamſun. Dina Gralla: Mein Lieblingsdichter iſt Byron. Ihn leſe ich immerfort. Auch Mereſchkowski liebe ich ſehr, be⸗ ſonders ſeinen„Lionardo“ und„Ewige Gefährten“; Dichtermonographien über Cervantes, Goethe, Byron, Flaubert, Turgenjeff, Doſtojewſky, Puſch⸗ kin uſw. Von den Amerikanern gefällt mir Dreiſer mit ſeiner„Amerikaniſchen Tragödie“, und Jack London, aber am meiſten von ihnen leſe ich Upton Sinclair— jaa!— auch ſoziale Probleme inter⸗ eſſieren mich, ſogar ſehr. Ja— ſo etwa könnte ich meine Lieblingselektüre einteilen: Byron für die Phantaſie, Upton Sinclair mehr für den Verſtand. Jack Trevor: An liebſten leſe ich die Romane von Zane Grey, aus Gründen der Erinnerung an meine früheren Jahre, weil hier wunde ssoll xealiſtiſch das offene Leben auf dem weiten Lande geſchildert iſt, Comboy⸗ Geſichter und Prärie und die kleinen Forts der erſten Siedler und Farmer im amerikaniſchen Weſten, wo ich ſelber lange Zeit ein ungebundenes Leben führte. Und dann noch den urtümlichen Kampf des primitiven Menſchen mit der Natur, zum Beiſpiel im Innern Auſtraliens, wo die Fiſche noch durch Speerwurf erbeutet werden. Aber auch meine Landsleute leſe ich gerne: Shaw und Wells, beſon⸗ ders Shaw, er iſt ein prachtvoller Kerl, z. B. hat er neulich Samuel Goldwyn eine entzückende Antwort gegeben. Das iſt eine wahre Geſchichte. Goldwyn wollte von Shaw das Verfilmungsrecht ſeiner ſämt⸗ lichen Werke erwerben, er bedrängte ihn 12 Tage lang mit dem Angebot von einer Million Dollar. Shawꝛ ſagte hartnäckig: Nothing! Nein!— Gold⸗ myn ebenſo hartnäckig: One Million! Schließlich wehrte ihn Shaw endgültig ab mit den Worten: „IJ Can't make that business, for vou are an artist and m businessman!“(Ich kann mit Ihnen kein Geſchäft machen, denn Sie ſind ein Künſtler und ich ein Geſchäftsmann!“) Lilian Harvey: Ach— was ſoll ich Ihnen da ſagen, ich leſe viel und auch vielerlei— mein liebſtes Buch iſt„Segen re I S W Beilage der, Neuen der Erde“ von Knut Hamſun. Neulich habe ich„Das Privatleben der ſchönen Helena“ geleſen, danach wurde doch der Film gemacht, nicht—? Das iſt ſehr, ſehr nett. Wenn ich arbeite, kann ich nur ganz leichte Lektüre brauchen, im Atelier kann man ja nichts Schweres leſen, weil man da immer wieder weg⸗ gerufen wird. Dann leſe ich meiſtens etwas von der Colette. Dita Parlo: Ich liebe alte Gemälde über alles beſonders die alten Holländer und Franzoſen, und deshalb leſe ich alle Bücher, in denen Bilder von ihnen ſind und in denen über ſie geſchrieben wird, überhaupt ſehr viel Kunſtgeſchichte. Neulich habe ich„Die Jungfrau von 18 Karat“ von Pitigrilli geleſen, das iſt ein furchtbar luſtiges Buch, ja— ein ganz entzückendes Buch. Und dann habe ich auch franzöſiſche und engliſche Lektüre vorgenommen, beſonders Shaw— das gehört aber ſchon wieder zur Arbeit, denn man muß doch die fremden Sprachen beherrſchen lernen für den Ton⸗ film, nicht— 2 Mannheimer Zeitung“ 2 Won Liſſi Arna: Vor allem liebe ich Romain Rolland. Daneben Paul Kellermanns„Yeſter und Li“ überhaupt Liebes⸗ geſchichten, möglichſt ganz ſchmalzige, wo man furcht⸗ bar weinen kann— je kitſchiger und je ſchmalziger, deſto beſſer. Guſtav Fröhlich: Als Knabe las ich Karl May. Später Jack London. Heute Knut Hamſun. Und die beilen an⸗ deren auch jetzt noch hie und da; zur Erinnerung. Marlene Dietrich: Ich teile meine Vorliebe unter verſchiedene Schriftſteller und zwar unter: Knut Hamſun, Mechthild von Lichnowſky, Rainer Maria Rilke und die Gräfin Reventlow. Roſa Valetti: Ich leſe nur Bücher, bei denen weinen kann. ich furchtbar Curt Gerron: Meine liebſte Lektüre exiſtiert erſt ſeit kurzer Zeit. Es iſt die„Kulturgeſchichte“ von Egon Friedell. So alſo ſehen die Filmſtars in der Wirklichkeit ihres Weſens aus. Die ſchöne Aufrichtigkeit, mit der ſie ſich zu ihren Lieblingsbüchern bekennen, läßt den, der ſie nur von der Leinwand her kennt, manchmal erſtaunen. Daß Liſſi Arna und Roſa Valetti ſich mit mutiger Unbedingtheit für eine Etiteratur ausſpre⸗ chen, die vorwiegend auf die Tränenabſonderung för⸗ dernd wirkt, läßt ſich noch aus dem rührſeligen Cha⸗ Ein Tonfilm von den Südſee⸗Inſeln — Eine Szene auf den Margueſas⸗Inſeln aus dem Tonfilm„Weiße Schatten“, gerühmt. der nach einem Siegeszug durch die ganze Welt erſt jetzt ſeine deutſche Uraufführung erlebt, da die Streitigkeiten der Produzenten bisher ſeine Vorführung verhinderten. Vor allem wird an dieſem Film die Schönheit der Photographie jener paradieſiſchen Südſeeinſeln Photo: Metro⸗Goldwyn, Im Kampf mit Lawinen und Schneeſtürmen Von Ralph Forbes Ralph Forbes und Dolores bel Rio ſpielen die Hauptrollen des grandioſen Metro⸗ Goldwyn⸗Mayer⸗Films„Die goldene Hölle“ der die Goldrauſchepidemie des Jahres 1898 ſchildert. * Kampf gegen die Elemente— dieſes abgegriffene Schlagwort wurde für uns, die dreitauſend Teilneh⸗ mer an der Filmexpedition für den Goldrauſch⸗ Film„Die goldene Hölle“ grauſame Wirklichkeit, als wir in der Schneewüſte von Corona in Colorado arbeiteten. Einen Monat lang kämpften wir Tag und Nacht gegen die Natur, in einer Höhe von vier⸗ tauſend Metern, mit den ſchrecklichſten Blizzards⸗ Schneeſtürmen— mit der furchtbaren Kälte, die nie weniger als 20 oder 25 Grad betrug, mit dem Schnee und ſeinen Begleiterſcheinungen. Die Landſchaft war nach langem und mühevollem Suchen als am beſten geeignet für die Chilkoot Paß⸗Szenen aus⸗ gewählt worden. Kundſchafter hatten mehr als dreitauſend Meilen der eiſigen Gebirgsgegenden des Weſtens durchreiſt, um den entſprechenden Hin⸗ tergrund für den Film zu finden. Das Gebiet am Yukon, das den tatſächlichen Schauplatz bildet, er⸗ wies ſich für die Filmaufnahmen als nicht geeignet, da hier nicht die Möglichkeit beſtand, für die drei⸗ tauſend Mitglieder unſerer Filmexpedition die er⸗ forderlichen Lebensbedingungen zu ſchaffen. Hoch von den Felſenſpitzen über unſerem Lager drohten Tauſende von Tonnen Schnee. Sie hingen wie das Schwert des Damokles über uns. Wenn Temperaturwechſel, eine durch Lärm hervörgerufene Lufterſchütterung die Schueemaſſen löſte, beſtand die Gefahr, daß ſie als rieſenhafte Lawine herabſtürzten und uns, die Eindringlinge in das Land von Schnee und Eis, unter ſich begruben. Clarence Brown, un⸗ ſer Regiſſeur, ließ Sprengungen vornehmen, um wenigſtens einen Teil der drohenden Schneemaſſen zu beſeitigen. Aber der Erfolg dieſer Dynamit⸗ Exploſionen war immer nur von kurzer Dauer. Ein Schneefall von wenigen Stunden Dauer brachte die frühere Gefahr zurück. Um jedes laute Geräuſch, das zu einem Lawinenſturz führen konnte, zu ver⸗ meiden, wurde angeordnet, daß ſogar die Lokomotiv⸗ pfeifen— wir hatten unſer„Hauptquartier“ in einem Pullmanzug aufgeſchlagen— zu ſchweigen hatten. Die Klingelzeichen der Maſchinen wurden nur in den notwendigſten Fällen und auch dann nur ſehr ſparſam gegeben. Kein Gewehr oder Revolver durfte abgefeuert werden, denn die durch den Knall erzeugte Lufterſchütterung hätte die Lawinen gelöſt und uns den Tod bringen können. Wenn die Schneeſtürme über das Land brauſten, war es für jede lebende Seele unmöglich, den Kopf aus den Fenſtern unſerer dampfgeheizten Pullman⸗ wagen zu ſtecken. Die Kälte war fürchterlich. Wir mußten alle Vorſichtsmaßregeln anwenden, um Ge⸗ ſicht, Hände, Füße vor dem Erfrieren zu ſchützen. Trotzdem waren ſolche Fälle zahlreich, und die Aerzte und Krankenſchweſtern, die uns begleiteten, hatten ununterbrochen zu tun. Wir hatten Hunde bei uns, die aus Alaska und dem weſtlichen Canada herbei⸗ geſchafft worden waren. Wenn ſie nicht für den Film gebraucht wurden, hielten wir ſie in den ge⸗ heizten Wagen, um ſie vor Rheumatismus zu ſchützen.. Zu den Qualen der Kälte geſellten ſich die Schwierigkeiten, die durch die dünnere Luft in dieſen Höheſchichten hervorgerufen werden. Es war bei⸗ nahe eine körperliche Unmöglichkeit, eine Strecke von zwanzig Metern zu laufen, ohne daß man vollſtän⸗ dig erſchöpft war. Das Atmen koſtete Anſtrengung. Einige von uns verſuchten aus Uebermut, eine kurze Strecke ſchnell zu laufen oder eine ſchwere Laſt zu heben. Die gewöhnliche Folge war ein ſchwerer Ohnmachtsanfall. Kurz bevor wir unſer Lager erreicht hatten, war eine ungeheure Lawine niedergegangen, die einen ſchweren Schneepflug, eine mächtige Lokomotive und fünfzehn Eiſenbahnwagen von den Schienen geriſſen und fortgeſchleudert hatte. Man wird verſtehen, daß wir von dieſer Tatſache mit ſehr gemiſchten Ge⸗ fühlen Kenntnis nahmen. Aber trotz aller Schrecken war die Szenerie von einer ſo großartigen und majeſtätiſchen Schönheit, daß keiner von uns dieſes Erlebnis je vergeſſen wird. Und jeder von uns ertrug willig alle noch ſo großen Unannehmlichkeiten um des Films wil⸗ len, ſo daß Clarenee Brown in der Lage war, das wundervolle Naturſchauſpiel mit der erregenden dramatiſchen Handlung zu einem Bildwerk von nicht alltäglichem Ausmaß zu verbinden, das dem Kino⸗ beſucher hoffentlich die unmenſchlichen Leiden und Gefahren der Goldſucher des Jahres 1898 in ein⸗ dringlicher Weiſe nahebringt, Sr 7p 3 N de 22..——— eee, eee eee, eee n·%, 2— rakter der Rollen, die ſie ſpielen, verſtehen; auch daß Dita Parlo gern Kunſtgeſchichte ſtudiert, wie der be⸗ häbig breite Curt Gerron Kulturgeſchichte, kann man nach einigen Korrekturen an der eigenen ſchablonen⸗ haft zurechtgelegten Vorſtellung pom Weſen des Schauſpielers begreiflich finden— das Bild Dina Grallas aber, des quicklebendigen, reſoluten Stars, mit dem der Leſerin Dina Gralla der, Schwärmerin für Byrons edle Romantik und der verſtändigen Verehrerin für Mereſchkowſki und Upton Sinclair, zuſammenzubringen, erfordert ſchon einige Anſtren⸗ gung der pfychologiſchen Phantaſte. Bei anderen erſcheint die Lektüre dagegen un⸗ mittelbar als Ausſtrählung ihres Weſenskerns. So bei Jack Trevor, der ſeine im amerikaniſchen Weſten als Cowboy verbrachte Jugend in ſeinen Lieb⸗ lingsbüchern wiederfindet, wie Guſtav Fröhlich, der, ehe ihn ſeine erſten Theatererfolge in Berlin zum Film führten, mit einer Wanderſchmiere als ein echter Komödiant durch die Lande zog, die ſeine in Jack Londons Landſtreichergeſchichten; ſo auch bei Aſta Nielſen, die in den Romanen Bojers ihrer ſkandinaviſchen Heimat, und Marlene Dietrich, die in den Tagebüchern und Briefen der Gräfin Reventlow— ſich ſelbſt begegnet. Ich ſpiele Operelte Von Liane Haid a Der Film„Schwarzwaldmädel“ ſteht augen⸗ blicklich auf dem Spielplan des Mannheimer Univerſums. Die Operette„Schwarzwaldmädel“ von Leon Jeſſel gehört wohl zu den populärſten Operetten, die über die deutſche Bühne gegangen ſind. Die Hel⸗ din iſt das echte, biedere deutſche Mädchen, bieder und kernig im Charakter, rein und edel in ihren Taten, und in der Liebe innig und offen, kein Vamp. Mit einem Wort: das unverfälſchte Weſen unter den Frauen. Es nimmt nicht wunder, daß dieſe Frau jeder verſteht, daß ſie jedem liebenswert iſt, und dieſe ihre Eigenart, den Scharm der Reinheit und Offen⸗ herzigkeit verbreitet. 5 5 Ausgerechnet mir iſt die glückliche, aber um ſo verantwortungsvollere Aufgabe zugefallen, dieſe populäre Figur noch populärer zu machen. Aber man ſagte, ich ſei für dieſe Rolle prädeſtiniert. Ich ſelbſt kann es nicht beurteilen, doch weiß ich, daß ich an dieſe Aufgabe mit ſeltenem Intereſſe gegangen bin, ja, daß ich das brave Schwarzwaldmädel im Laufe der Aufnahmen ſelbſt liebgewonnen habe. Unter der feinfühlenden Regie Viktor Janſons, haben wir uns gemeinſam daran gemacht, dem treuen deutſchen Mädchen ein Denkmal in der Ge⸗ ſtalt des laufenden Bildes zu ſetzen. Ihre Hilfs⸗ bereitſchaft, ihr gutes Herz, das niemandem weh tun kann, ihre unverbrauchbare gute Stimmung, die ſich gern in den ausgelaſſenſten Uebermut ſteigert, ohne je in Unüberlegtheit auszuarten, und dann ihre Opferbreitſchaft, ihre Selbſtloſigkeit im ſeeliſchen Schmerz, das iſt ihre Größe, die ſie von den anderen Frauen unterſcheidet. Es iſt begreiflich, daß derartige in ſich verſchloſſene und rechtſchaffene Charaktere auch am erſten in der Abgeſchloſſenheit und Reinheit der Natur gedeihen können. Es war daher von Leon Jeſſel kein gleich⸗ gültiger Gedanke, als er die Heimat ſeiner Operet⸗ ten⸗Heldin in den Schwarzwald verlegte. Selbſtver⸗ ſtändlich ſind wir bei der Herſtellung des Films an dieſem wundervollen Stimmungsmotiv nicht vor⸗ übargegangen. Es verbildlicht ja den Charakter jenes Müdchens, und man verſteht ihr Schickſal. „Werd' meine kleine Frau!“ bittet ſie ihr Pflege⸗ vater, aber ſie muß ſich erſt ſelbſt die Lebenserfaß⸗ rung ſammeln, die dazu nötig wäre, um ja ſagen zit können. Was ſie nicht ſelbſt erfahren hat in eige⸗ ner Seele, das glaubt ſie nicht, und auch das iſt ein echter typiſcher Zug im Weſen des deutſchen Mäd⸗ chens.— Ich glaube, wir haben an einem deutſchen Volkslied gearbeitet. Seit wann liegt Innsbruck in Berlin? „O, das machen wir alles!“ erklärte mir der Produktionschef der National, als ich das Ber⸗ liner Filmatelier betrat, in dem gerade die letzten Szenen zu dem Liane⸗Hafd⸗Film„Spiel um den Mann“ aufgenommen wurden. Sogar den kern⸗ bayeriſchen Hotelportier verlegen wir hierher oder holen ihn vielmehr aus Berlin, direkt von der Bühne des Staatstheaters. Nur die Innsbrucker Rax, deren herrliche Luft wir leider nicht miteinfangen konn⸗ ten, und die Prachtbauten von Wien und Budapeſt haben wir an Ort und Stelle gelaſſen und dafür lie⸗ ber unſeren Apparat dorthin gebracht. Hoch über der blauen Donau durfte ſich unſer Liebespaar Liane Haid und Fred Louis Lerch einmal tüchtig ausſprechen. Fred war ganz geknickt und hat ſich dann auch bei den Klängen der„Schönen blauen Donau“ Befreiung geſucht. Ich wollte noch ſchnell fragen, ob er ſie denn gefunden habe Liane oder die Befreiung, mir wäre es ja gleich geweſen, aber da ertönte ſchon der Ruf Robert Lands: Aufnahme! Zuerſt packte Liane Geld aus, ſchob es dem Portier langſam über den Tiſch, dann kam Fred, packte ebenfalls Geld aus, ſchob es dem alten Manne hin, der ſoeben erſt vor Liane ſeine Ehrlichkeit hoch und heilig beteuert hatte, und als Fred ſah, daß es nichts nutzte, legte er noch mehr Scheine auf den Tiſch, und der gute alte Mann ſteckte alles ein. Ich glaube, ſie ſprachen auch etwas miteinander, ich weiß nur, daß ich mich plötzlich nach einem Portierpoſten ſehnte, wie wenn es das Him⸗ melreich wäre. Als ich nach Beendigung dieſer Szene wieder mit dem Produktionschef zuſammen⸗ traf, trat an ihn plötzlich eben jener Innsbrucker ſten Scheine. Da ergriff ich aber doch die Flucht,— alle Berufe auf einmal ausüben zu wollen, wü ja wohl zu habgierig. e Portier heran und überreichte ihm die eingeheim⸗ klan für
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141 (2.1.1930) 1. Morgenblatt
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