2. Seite Nr. 2 Donnerstag, den 2. Januar 1930 trugen und daß die Sozialdemokraten ſich noch in den letzten Tagen geweigert haben, als Nachfolger des geſtürzten Hilferdings einen der ihren in Vorſchlag zu bringen. Zuletzt hat eine zahlenmäßig überwiegend von der Sozial⸗ demokratie beeinflußte Reichsregierung der Deutſchen Volkspartei, als der grundſätz⸗ lichſten Vertretung privatwirtſchaftlicher und bürger⸗ licher Auffaſſungen, ſogar die beiden wichtigſten Miniſterien übertragen, das Außenminiſterium und das Finauzminiſterium. Hiermit iſt nichts mehr und nichts weniger plaſtiſch und draſtiſch zum Aus⸗ druck gebracht, als daß die Annahme des Young⸗ Planes bedeutet, daß diejenigen Parteien und Kräfte, die ihn als unter den augenblicklichen Um⸗ ſtänden beſtmöglichſte Löſung befürworten, ſich dazu verpflichten, ſeine Durchführung in Deutſchland Aftter der Betriebsform bürgerlicher und kapita⸗ liſtiſcher Wirtſchaft zu vollziehen. Ich hege die größten Zweifel daran, daß dieſe eherne Wahrheit und Zwangsläufigkeit be⸗ reits in den Kreiſen des Sozialismus ſelbſt ver⸗ ſtanden und begriffen iſt. Da das Ausland ein⸗ ſchließlich Frankreichs— die letzten Kammerdebatten heweiſen es— ſich endgültig dafür entſchieden hat, ohne weitere Anwendung von Gewalt, ſöndern in det Form wirtſchaftlicher Zuſammenarbeit den deutſchen Schuldner in Stand zu ſetzen, ſeine Schuld abzuzahlen, ſo beſteht eine wettere tatſächliche und awangsläufige Verknüpfung zwiſchen innerer deutſcher Sanierung und dem Intereſſe des Aus⸗ landes anf ihr. Nicht das agttatoriſche, antiſemt⸗ tiſche Brüllen der Nationalſozialiſten gegen die Banken drinnen und draußen, ſondern die Nutz⸗ barmachung internationaler, kapitaltſtiſcher Inter⸗ eſſen zu Gunſten des Wiederaufbaus der deutſchen Privatwirtſchaft in Stadt und Land iſt das Gebot der Stunde. Hierbei genügt allerdings die grund⸗ ſätzlichs Entſcheidung zu Gunſten der bürgerlichen Privatwirtſchaft und gegen den Sozialismus nicht, ſondern es ſprechen tauſend wichtigſte Gründe dafür, zwiſchen Unternehmern und abhängigen Angeſtellten und Arbeitern eine lebensfähige ſtarke, unabhängige Mittelſchicht im deutſchen Wirtſchafts⸗ körper zu belaſſen und zu unterbauen. Das und nichts anderes ſollte— auf eine einfache Formel gebracht— das nächſte Ziel aller bürgerlichen Parteien ſein! Glaubt irgendein verſtändiger deutſcher Menſch, daß aus der Weisheit dieſer oder jener Partei oder berufsſtändiſchen Sondergruppe allein die Löſungen gefunden werden könnten, die wir in den hier in großen Strichen gezeichneten Problemen finden miüſſen, damit es eine deutſche Zukunft gibt? Ich verneine dieſe Frage ſo oft und wo immer ich kann. Nicht Parteigewirr und Programme ein⸗ zelner perſönlicher Eitelkeiten können uns helfen, ſondern nur Männer in der Regierung, die den Mut und die Fähigkeit haben, auch im anfänglichen Gegenſatz zu der landläufigen Meinung der eigenen Partei oder des eigenen Berufsſtandes diejenigen Entſchlüſſe zu faſſen, die dem vorher geſtellten Ge⸗ bot der vaterländiſchen Sachlichkeit und Einſicht entſprechen. Je nachdem, ob wir noch rechtzeitig dieſe Männer finden und eine genügend Breite Gefolgſchaft hinter ihnen bilden, wird der Meilenſtein, den wir am Anfang des Jahres 1030 und dann bald in den Entſcheidungen der Haa⸗ ger Schlußkonferenz paſſieren, zu weiterem Elend oder nach Wiedererlangung unſerer territorialen Souveränität zum Erſtarken eines nativo⸗ nalen deutſchen Staates führen! Die Papageienkrankheit [Telegraphiſche Meldung) 5 Berlin. 2. Jan. Nach einer Meldung des„B..“ aus Hamburg hat es ſich herausgeſtellt, daß nicht nur in Altona, ſondern auch in den beiden größten Hamburger Kvankenhäuſern Fälle der ſog. Papageienkrankheit beobachtet worden ſind. Dieſe Fälle reichen bis Oktober zurück, alſo in die Zeit, in der vermutlich der Haupktransport erkrankter Papageien über Ham⸗ burg erfolgte. Der geſtern aus Argentinien zurückgekehrte Ham⸗ burg⸗Sid⸗Dampfer„Cap Arcona“ wurde einer eingehenden Inſpektion unterzogen, um etwa krank⸗ Hheitswerdächtige Vögel gegebenenfalls unter Qua⸗ kantäne zu ſtellen. In einer Aerztekonferenz wurde feſtgeſtellt, daß beſondere Schutzmaßnahmen zunächſt nicht notwendig ſind. Neue Maunheimer Zeitung(Abend⸗Ausgabe) Schluß des allindiſchen Kongreſſes — Spaltung (Telegraphiſche Meldung) Lahore, 2. Januar. Der allindiſche Kongreß nahm geſtern eine Ent⸗ ſchließung an, die die Ablehnung aller in Indien durch die fremde Verwaltung aufgebürdeten finan⸗ ziellen Laſten fordert, ſoweit ſie nicht durch einen unabhängigen Feſtſtellungsausſchuß anerkannt wer⸗ den. Nehre, der Vorſitzende des Kongreſſes, er⸗ klärte hierzu, die Ablehnung beziehe ſich auch auf ſolche Verpflichtungen, die aus dem Beſtreben Eng⸗ lands, Indien zu unterjochen und ſeine imperialiſti⸗ ſchen Abſichten durchzuführen, erwachſen ſeien. Der nächſte allindiſche Kongreß wird im Frühjahr 1931 in Karacht zuſammentreten. Zu einer ernſten Spaltung kam es unmittel⸗ bar nach Schluß des Kongreſſes. Es traten nämlich 30 Mitglieder aus dem Kongreßausſchuß aus wegen des Vorſchlages Gandhis, daß dem Kongreß⸗ „Kabinett“ nur ſolche Männer angehören ſollten, die mit dem Kongreßprogramm voll und ganz einver⸗ ſtanden ſeien. Als der Präſident die Austritte be⸗ dauerte, bemerkte ein Mitglied unter allgemeinem Gelächter, der Kongreß habe ja Austritte aus den geſetzgebenden Verſammlungen ſanktioniert.— So⸗ dann wählte der Ausſchuß die von Gandhi Vorge⸗ ſchlagenen. Die Gruppe der 30 Ausgetretenen hlelt inzwiſchen eine Beratung ab und beſchloß, eine demokratiſche Partei innerhalb des Kon⸗ greſſes zu bilden. Reichskanzler und Reichswehr [(Drahtberichtunſeres Berliner Büros) Berlin, 2. Jan. Ein Teil der Berliner Linkspreſſe hat Anſtoß daran genommen, daß die Ehrenkompagnie der Reichswehr bei der geſtrigen Gratulationskur beim Reichspräſidenten vor dem Reichskanzler nicht präſentiert habe. Man verſucht, da man ſcheinbar dort ſchwerere Sorgen zur Zeit nicht hat, aus dieſer Angelegenheit einen politiſchen „Fall“ zu machen und fordert„ſofortige Abhilfe“. In Wirklichkeit handelt es ſich um nichts weiter als um die Befolgung einer im April 1925 erlaſſe⸗ nen ſogenaunten Standortsdienſtvorſchrift, die be⸗ ſtimmt, daß die Reichswehr die militäriſche Ehren⸗ bezeugung nur dem Reichspräſtdenten als Ober⸗ befehshaber, dem Reichswehrminiſter, den Genera⸗ len und Flaggoffizieren zu erweiſen hat. Vor den Botſchaftern und Geſandten der fremden Mächte wird in ihrer Eigenſchaft als Vertreter der Staats⸗ oberhäupter ebenfalls präſentiert. Die Beſtimmung, die ſeinerzeit in Vertretung des Reichspräſidenten von Dr. Simons erlaſſen und von dem Reichswehrminiſter Geßler gegen⸗ gezeichnet wurde, hat bei dem Empfangsgeremoniell der letzten Jahre unbeanſtandet ihre Anwendung gefunden. Es iſt auch, wie wir erfahren, nicht beab⸗ ſichtigt, von dieſem Brauch in Zukunft abzuweichen. Des Papſtes Bruder 7 (Drahtung unſ. römiſchen Vertreters). O Rom, 2. Januar. Am Silveſterabend verſchied unerwartet im Quirinal⸗Hotel in Rom Graf Fermo Ratti, der ältere Bruder des Papſtes. Die Trauerbotſchaſt wurde ſofort dem Papſt mitgeteilt, der, wie es heißt, bei ihrer Entgegennahme faſt zuſammenbrach. Am gleichen Abend noch entſandte der Papſt den Zere⸗ montienmeiſter Gaceiadominioni und andere Prälaten zum Sterbehaus, um dadurch ſeinen Fa⸗ milienangehörigen die tiefe Anteilnahme auszu⸗ ſprechen. In früheſter Korgenſtunde des 1. Janu ir las der Papſt im Vatlran eine ſtille Totenmeſſe für ſeinen Bruder, den er bekanntlich von allen ſeinen Verwandten am meiſten geliebt hat. Im Quirinal⸗ Hotel wurde unverzüg. ech die dort ſtattfindende Silveſterfeier unterbrochen und alle Geſellſchafts⸗ Mitglieder der Arbeiterfraktion des engliſchen Unterhauſes haben an die Führer des allindiſchen Kongreſſes eine Erklärung gerichtet, in der ſie den Kongreß dringend bitten, das Angebot der Arbeite ⸗ regierung, eine Konferenz in London, anzunehmen, in der die indiſchen Probleme beſprocheu werden ſe en. Anabhängigkeits⸗Jemonſtralion am 25. Januar (Telegraphiſche Meldung) Lahore, 2. Januar. Der von dem eben beendeten indiſchen Nationa ſten⸗Kongreß eingeſetzte Ausſchuß hat beſchloſſen, ain 25. Januar in ganz Indien eine Demonſtration für die neuen Ziele des Kongreſſes zu veranſtalten, näm⸗ lich für eine Autonomie, die der völligen Unab⸗ hängigkeit gleichkommt. Der Präſident des Kon⸗ greſſes iſt ermächtigt worden, ſämtliche den verſchie⸗ denen geſetzgebenden Verſammlungen angehörenden nationaliſtiſchen Mitglieder zur ſofortigen Nieder⸗ legung ihrer Mandate aufzufordern. Die Organt⸗ ſierung einer allgemeinen Verweigerung der ſtaats bürgerlichen Pflichten iſt, wie verlautet, vorläufig noch nicht in Ausſicht genommen und zwar beabſichtigt man, wie es heißt, abzuwarten, ob irgendwelche Zwangsmaßregeln von Regierungs⸗ ſeite vielleicht einen geeigneten Vorwand für eine derartige Aktion liefern. Sterbe⸗ räume geſchloſſen. zimmer mit großem Pomp aufgebahrt. Die erſte Annahme, daß der Papſt beabſichtige ſich Die Leiche wurde im privatim zum Sterbelager ſeines Bruder zu be⸗ geben, wurde von unterrichteter Seite als unbe⸗ gründet verneint, doch iſt es nicht ausgeſchloſſen, daß der Papſt am Freitag morgen an dem feierlichen Requiem in der Baſilika der Santa Maria degle Angeli teilnehmen wird. Schon am Neufahrsmorgen fanden ſich im Quirinal⸗Hotel zahlreiche Vertreter des römiſchen Klerus und der Ariſtokratie ein, um ſich in die ausliegende Kondolationsliſte einzu⸗ tragen. Briliſch-chineſiſcher Notenwechſel (Telegraphiſche Meldung) London, 1. Jan. Der Wortlaut des Memorandums, das der britiſche Außenminiſter Henderſon in der Frage der Abſchaffung der Exterritorialität in China am 20. Dezember dem chineſiſchen Geſandten in London überreicht hat, iſt nunmehr veröffentlicht worden. In dem Memorandum wird ausgeführt, zur allmäh⸗ lichen Löſung der verwickelten Exterritorialitäts⸗ fragen ſeien Verhandlungen erforderlich, die im Geiſte des Entgegenkommens geführt werden müß⸗ ten. Die chineſiſche Regierung müſſe ſich vergegen⸗ wärtigen, daß die britiſche Regierung jeden Angriff auf Rechte britiſcher Staatsangehöriger oder auf britiſche Inereſſen, die in nahezu 100jähriger Tätig⸗ keit auf Grund feierlicher Vertragsabmachungen aufgebaut worden ſeien, entgegentreten würde. Der⸗ artige Angriffe würden die Ausſichten auf eine friedliche Löſung des Problems ſchwer gefähr⸗ den. Die britiſche Regierung ſei bereft, den 1. Ja⸗ nuar 1930 als den Tag zu betrachten, an dem die all⸗ mähliche Abſchaffung der Exterritorialität ihren An⸗ fang nehmen ſolle und in Verhandlungen über die Methode und das Programm der Abſchaffung der Exterritorialität einzutreten. Der chineſiſche Geſandte erklärte in ſei⸗ ner Erwiderung, angeſichts der dringenden Forde⸗ rung des chineſiſchen Volkes nach ſofortiger Beſeitti⸗ gung der Exterritorialität ſei auch die chineſiſche Regierung der Anſicht, daß die Mitteilung der briti⸗ ſchen Regierung, ſie ſehe als Anfangsdatum der Be⸗ ſeitigung der Exterritorialität den 1. Januar an, zur rechten Zeit erfolge und die freundſchaftlichen Gefühle zwiſchen England und China zu fördern ge⸗ eignet ſei. Letzte Meloͤungen Auf der Flucht erſchoſſen — Dortmund, 2. Jan. Aus dem Zuchthaus Werl ſind zwei Gefangene während der Freiſtunde aus⸗ gebrochen. Einer von ihnen wurde von einem ver⸗ folgenden Beamten geſtellt. Da er ſich wehrte, gab der Beamte mit ſeinem Revolver mehrere Schüſſe ab, von denen einer tödlich traf. Der zweite Flüchtling konnte bisher nicht ergriffen werden. Verkehrsunglück — Görlitz, 2. Jan. Am Silveſter⸗Nachmittag wurden auf der Landſtraße Hennersdorf⸗Schreudorf zwei Radfahrer, die auf der falſchen Straßen⸗ ſeite fuhren, von einem Perſonenauto erfaßt. Der eine Radfahrer wurde überfahren und auf der Stelle getötet, der andere in den Straßengraben ge⸗ ſchleudert und ſchwer verletzt. Von den Inſaſſen des Autos, deſſen ſämtliche Scheiben zertrümmert wurden, erlitt eine Dame leichte Glasſplitterverletzungen. Fünf Berliner Stadträte verzichten auf Wiederwahl — Berlin, 2. Jan. Von den bisherigen unbeſol⸗ deten Berliner Stadträten haben Beneke, Buſch, Gaebel, Rattatz und Schlichten die Erklä⸗ rung abgegeben, daß ſie auf die Wiederwahl in dem für den 16. Januar angeſetzten Wahlgang für die 12 unbeſoldeten Stadträte verzichten. Für dieſe Wahl werden präſentiert: von den Sozialdemokra⸗ ten und den Kommuniſten je drei Kandidaten, von den Deutſchnationalen zwei, den Nationalſozialiſten, Demokraten, der Deutſchen Volkspartei und der Wirtſchaftspartei je ein Kandidat. Zwei Todesopfer eines Autounglücks — Altenburg, 2. Jan. Ein Perſonenauto, das mit den Kaufleuten Emil Liebmann und Wilhelm Jaku⸗ bowſki aus Chemnitz beſetzt war, fuhr gegen seinen Baum. Durch den Anprall geriet der Brennſtoff⸗ behälter in Brand, der in kurzer Zeit auf das ganze Auto überſprang. Liebmann trug ſo ſchwere Brand⸗ wunden davon, daß er bald darauf ſtarb. Sein Be⸗ gleiter erlag den Verletzungen kurz nach ſeiner Ein⸗ lieferung ins Krankenhaus. Ein ſechſtes Todesopfer — Inſterburg, 2. Jau. Als ſechſtes Todesopfer des Autobusunglücks iſt im Krankenhaus die ſchwer verletzte Frau Wilſimzig ihren Verletzungen er⸗ legen. 5 Den Vater nach der Silveſterfeier erſtochen — Merſeburg, 2. Jan. Nach der Rückkehr von einer Sylveſterfeier kam am Neujahrstag vormittags der 21jährige Hugo Engelhardt aus Neuſchau in einen Wortwechſel mit ſeinem Vater. Im Ver⸗ lauf des Streites brachte der junge Engelhardt ſei⸗ nem Vater einen ſchweren Stich in den Unter⸗ leib bei. Der Verletzte wurde ſofort ins Kranken⸗ haus nach Merſeburg gebracht, wo er gleich nach der Einlieferung ſtarb. Der Sohn wurde dem Gerichts⸗ gefüngnis zugeführt. 0 Verkehrsunfälle in Frankreich. — Paris, 2. Jan. In Montpellier wurden durch Zuſammenſtoß zwiſchen einem Auto und einem Motorrad zwei Perſonen getötet und det verletzt.— Bei Audelot entgleiſte ein Güterzug. Ein Zugbeamter wurde getötet. f Spanien und die Marinekonferenz — Madrid, 2. Jan. Die Blätter veröffentlichen eine offiziöſe Note, in der die verſchiedentlich aufge⸗ tauchte Annahme, daß die ſpaniſche Regierung um eine Einladung zur Londoner Seeabrüſtungskon⸗ ferenz gebeten habe, als unrichtig bezeichnet wird Spanien habe keinen Schritt unternommen, um an; den Londoner Marineerörterungen teilzunehmen ſondern lediglich ſeine Stellung klar zum Ausdrue gebracht für den Fall, daß von anderer intereſſierter Seite die Mittelmeerfrage aufgeworfen werden ſollte. 5 Das neue rumäniſche Verwaltungsgeſetz — Bnukareſt, 2. Jan. Das neue Verwaltungs⸗ geſetz, welches ſieben Verwaltungsgebiete ſchafft, iſt am 1. Januar in Kraft getreten. Nationaltheater Mannheim „Schwanda der Dubelſackpfeifer“ Dirigent: Rudolf Schwarz a. G. Die erſte Wiederholung der erfolgreichen Oper 855 jungen Jaromir Weinberger ſtand, da Eugen Jochum, der die Erſtaufführung betreut hatte, Ernſtlich erkrankt iſt, unter der Leitung eines Gaſtes aus Karlsruhe. Man ſteht bei Rudolf Schwarz er dem Eindruck einer ganz urſprünglichen Diri⸗ genten⸗Begabung. Vergebens ſucht man nach Vor⸗ bildern, um dieſer expeditionellen Erſcheinung irgend e beizukommen. Seine Direktion iſt beſchwingt, erſichtlich, ſuggeſtiv. Die linke Hand tritt nur bei eſonders ſchwerwiegenden Anläſſen in Tätigkeit, m wichtige Einſätze herauszuholen. Alles andere, ch Klangmaſſen im höchſten fortiſſimo bewältigt Rechte allein. Verblüffend wirkt vor allem die icherheit, mit der Schwarz den ganzen Apparat be⸗ echt. Er dirigiert, wie wenn er von Kinderſchu⸗ an im Orcheſter aufgewachſen wäre. In der Tat war ſeine hohe Schule nur die Praxis. Theo⸗ gtiſch von dem Wiener Komponiſten Dr. Hans Gäl, raktiſch von Georg Szell in Düſſeldorf gefördert, dem man ihm Gelegenheit gab, ſein Können an n Aufgaben zu meſſen, erweiſt ſich Schwarz als ſerbegabung, die zu ihrer Entwicklung nur die eit zur Entfaltung brauchte und ſie recht⸗ iſt. Den Sängern erwies er ſich als zuver⸗ Füßred. Weinbergers Oper, die das Zeug ürklichen Volksoper in ſich hat, fand auch geſtrigen Aufführung begeiſterten Beifall. efflichen Darſteller und Sänger Sidney de f elm, Neugebauer, Frl. Teſche⸗ und Herr Mang, ſowie Herr Bart⸗ den immer wieder vor die Rampe geru⸗ Rud, Schwarz mußte ſich auf der Bühne d zwar mit vollem Recht.. 5 0 s a* V. Dr. Ch. Negermuſik Ueber„Negermuſik“ veröffentlicht der fran⸗ zöſiſche Forſcher Stephen Chauvet ein umfang⸗ reiches Werk, dem wir die folgenden intereſſanten Aufſchlüſſe entnehmen. Spricht man bei uns von Negermuſik, ſo kommt uns als erſter Gedanke das Jazzband. Und doch iſt ihr nichts unähnlicher als dieſer geräuſchvolle, aus Amerika kommende Jazz, der aus dem Kontakt der Negerrhythmik mit der modernen amerikaniſch⸗euro⸗ päiſchen Muſik entſtanden und von gewiſſen hebrä⸗ iſchen Motiven ſtark beeinflußt iſt. Die Negermuſtk, von der wir hier ſprechen wollen, iſt die der afri⸗ kaniſchen Stämme. Bei manchen Völkern hat ſte ſich noch ziemlich rein erhalten; auch ihr, wie über⸗ haupt der afrikaniſchen Kunſt, droht bei eindringen⸗ der europätſcher Ziviliſation der Untergang. Krieg, Jagd, Liebe nehmen im Leben der Schwar⸗ zen den wichtigſten Platz ein. Sie tragen einen Kol⸗ lektivcharakter und dienen als Vorwand zu Tänzen, Geſängen und Muſik. Da bis heute noch keine ſyſtematiſche Forſchung der Negermuſik betrieben worden iſt, beſtehen manche irrtümliche Auffaſſungen über ſie. Die in Europa meiſtbekannte Art iſt die Tanzbegleitung, der„Tam⸗ tam“. Doch kann hier nicht von Muſik geſprochen werden. Es iſt vielmehr ein rhythmiſcher Lärm, erzeugt von Trommeln, Gongs, Schellen. Es gibt da⸗ gegen eine Reihe regelrechter Muſikinſtrumente, wie Kylophon, Flöten, Harfen Lyren, Gitarren, Zithern uſw. Südafrika kennt Orcheſter aus etwa dreißig Kylophonen, die in hoher, mittlerer und tiefer Lage abgeſtimmt ſind. In der Gegend des Tſchad⸗Sees hört man vielfach das Zuſammenſpiel von Mando⸗ lin⸗Harfen, Flöte, einem oder mehrerer Hörner, Kylophon, Trommel und Gongs. Dieſe Orcheſter werden von einem Kapellmeiſter geleitet. Wichtiger noch als das Inſtrument iſt der Ge⸗ ſang. Bei allen gemeinſchaftlich auszuführenden Arbeiten ſingt der Neger: bei der Ausſaat, bei der Ernte, während des Ruderns, auf Karawanenzügen. Vater auf Sohn vererben. Notenſchrift iſt unbe⸗ kannt. Nicht alle Stämme des völkerreichen Afrika ſind gleich muſtkaliſch begabt. Zu beſonders hoher Entwicklung haben es u a. die Bewohner des Su⸗ dans, Hoch⸗Guineas, des Kongo und der Gegenden des Tſchad⸗Sees gebracht. Irgendwelchen harmoniſchen Geſetzen iſt die Negermuſik nicht unterworfen. Ste iſt reine Melo⸗ die. Die Akkoröfrage mancher Negerchöre erinnert an Kirchenchoräle des 10. Jahrhunderts. Im allge⸗ meinen kennzeichnen ſich die Lieder durch Moll⸗ Charakter, als Rhythmus iſt der Vierviertel⸗Takt vorwiegend. Ob ein⸗ oder mehrſtimmig vorgetra⸗ gen, die Geſänge ſind harmoniſch einwandfrei. Unter den vielen Melodien zeichnen ſich manche durch Weichheit und Melancholie aus, die auf euro⸗ päiſche Ohren den gleichen Reiz ausüben, wie auf afrikaniſche. Andere wieder ſind voller Freude, oder, wie die Kriegsgeſänge, voller Kraft und Mut. Unſer einziger Einwand gegen dieſe Melodien iſt ihre Kürze. Für den Neger dagegen ſcheint das wahre Vergnügen in den endloſen Wiederholungen einer Melodie zu liegen. Das Monotone wirkt berauſchend auf ihn, und Nauſch verlangt er von ſeiner Muſik. Der Siemens⸗Ring für Profeſſor Junkers. Die Siemens ⸗Ring⸗Stiftung hat an Profeſſor Dr. Junkers in Deſſau in Würdigung ſeiner großen Verdienſte auf dem Gebiete der Wärme⸗ u. der Flug⸗ zeugforſchung den Siemens⸗Ring verliehen. Dieſe von Werner v. Siemens geſtiftete Auszeichnung haben bisher erhalten Karl v. Linde, Auer, v. Wels⸗ bach, Robert Boſch, Oscar v. Miller. Auffindung eines Dinoſaurus. Aus Tanger mird berichtet, daß man in Rio Martin bei Tetuan das Skelett eines Dinoſaurus von zehn Meter Länge und zwei Meter Breite entdeckt habe, das über 300 090 Jahre alt zu ſein ſcheint. Eine paläontolo⸗ giſche Kommiſſion wird aus Madrid unverzüglich nach der Fundſtelle abreiſen.— Die Entdeckung ſcheint eine Reihe von Hypotheſen über die Ent⸗ ſtehung des nordafrikaniſchen Erdteils aufheben zu Jeder Volksſtamm beſitzt ſeine Lieder, die ſich von können. f Berliner Erlebnis Straßenbahn Linie 68. Richtung Wedding.—Ale⸗ xanderplatz. Steigt ein Pennbruder ein. Mächtig, maſſig, muskulös. Die Muskeln ſehen durch den Anzug. „Eine Karte?“ kommt der Schaffner. „Ich zahle nichts.“ „Wieſo?“ 8 „Laßt mich in Ruhe. Ich habe keine Luſt, zu zahlen.“ f „Das werden wir gleich haben. Wir werden einen Schutzmann rufen.“ f i „Rufen Sie, wen Sie wollen“, ſchiebt der Penn⸗ bruder die Nebenſitzenden ruckweiſe zur Seite, um mehr Platz zu haben,„mit euch Kerlen werde ich noch lange fertig.“ a Der Wagen hält. Alles ſchaut geſpannt hin. Der Schaffner holt den Schutzmann. 85 „Der Herr dort will nicht zahlen“, erklärt er. „Das werden wir ja gleich haben“, ſchiebt der Schutzmann in das Innere des Wagens.„Wo iſt denn der Kerl?“ 5 N 1 „Hier“, ſpuckt ihm der Muskelmenſch einen Kern vor die Füße. 8 ö Der Schutzmann guckt einmal, guckt noch einmal, dann dreht er ſich um, zieht ſeine Börſe und ſagt: „Wir können uns hier nicht ſo lange aufhalten, weil der Herr zufällig kein Kleingeld hat. Hier ſind von mir die zwanzig Pfennige und fahren Sie ſchnell weiter.“ g So geſchehen am 15. Dezember 1929 in Berlin. Jo Hanns Rösler. e Eugliſch, wie es der Engländer ſpricht. Von P. Ben d⸗ heim, Mannheim, Kaiſerring 8(Selbstverlag), Das Buch übt ſchon durch ſeinen beſonders gearteten Aufbau einen gewiſſen Reiz aus. Die Gkiederung ſchreitet zielbewuß, vorwärts. Eine große Anzahl Uebungsſätze hilft die in. Kapitelüberſchriften niedergelegten Regeln vertiefen 19 1 befeſtigen. Zu dem Buch wird noch ein„Schlüſſel“ für?“ Uebungsſätze 1 ſo daß eine einwanofreie Kontro gewährleiſtet it.. 5 1 1 S ö Uebe: reitet d Strecken Wolken nächſten zureißen 1 Wenn e klappern und die trommel. herunter. Sturm r Wie lan Etwa Die (gegen 7, Des mit 4 23 Gr. Tempera Silveſter der Gefr Die 9 die wir i gänzen. drei ſch 0 Ein 19 J am Park: in den ſchüler kannten gewehr i Wallſtadt der in de einem W wollte, b. Eike ſtädtiſche Der 9 „ 0 In un Roſengar Teil des Ergänzur Leſer un folgendes Im R des Gedr Garderob die nach anderen noch zu z gegen ein ches Abze knallt fo; 12 Uhr er Nachtang: und auf! Herren. ſich verſtä weilenden Die Men ner werd und Flaſe angezoget Kellner u Eine Sti! Zulukaffe Backen ka tem Aben Die nicht Mannheir Wandelha Reſtauran heim feie ſolcher Ge euch keine noch Kalt Zwei Kaffee ſchen, Se! im Smok! ſchieben u hindurch. Rhein! „Bei Sed muſik und Menſchen Lieder? den, daß kann? H bitten uns uns und und ſchickßf gen. 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141 (2.1.1930) 2. Abendblatt
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