21 Bezugspreiſe: Frei Haus monatl. RM..70 einſchl. Trägergeld, in unſeren Geſchäftsſtellen abgeholt RM..25, durch die Poſt RM..70 zuzüglich Zuſtellgebühr.— Abholſtel len: Ne Friedrichſtraße 4, Fe Hauptſtraße 63, dy Se Luiſenſtraße 1.— Erſcheinungsweiſe 0 l ö Waldhofſtraße 6. Kronprinzenſtraße 42, Schwetzingerſtraße 19/20, Meerfeldſtraße 13, Oppauer Straße 8, wöchentlich 12 mal. Mannheimer General Anzeiger Verlag, Redaktion und Hauptgeſchäftsſtelle: R 1,—6.— Fernſprecher: Sammel⸗ Nummer 249 51 Poſtſcheck⸗Konto: Karlsruhe Nummer 175 90.— Telegramm⸗Adreſſe: Nemazeit Mannheim Anzeigenpreise Colßzelzelle, im Für imemördus zu bezahlende Familie beſöndere Preiſe.— Rahgttz ng, Anzeigen in beſtimptzn güsgaßen, telsßhoniſchs l wügß kene Einzelpreis 10 Pf. Hut Anzeienkeil RM.—.40 ßzie 32 mm breite Meklämeteil RM..—9 die zoſmm breite Zeile. 1 Aegenheits⸗Anzeigen Das Erſcheinen von gefünderen Plätzen und für etbähr.— Gerichtsſtand Mannheim. Abend⸗ Ausgabe Montag, 4. Januar 1932 143. Jahrgang— Nr. 4 Der neue Kurs der engliſchen Indienpolitik— Kritiſche Zuspitzung der Situation Auch Patel verhaftet Drahtung unſ. Londoner Vertreters 8 London, 4. Jan. Die unvermeidlich gewordene Verhaftung Gandhis erfolgte heute früh um 3 Uhr indiſcher Zeit in Bombay. Nachdem der Vizekönig nach längerer Beratung mit ſeinem Kabinett die Entſchei⸗ dung gefällt hatte, daß er unter der Drohung einer neuen Boykottbewegung keine direkten Verhand⸗ lungen mit den Führern des Nationalkongreſſes auf⸗ nehmen könne, hat die Regierung ſchnell und ſcharf zugegriffen. Neben Gandhi wurde auch der diesjährige Prä⸗ ſident des Nationalkongreſſes Patel verhaftet. Die beiden führenden Vertreter des linken Kongreß⸗ flügels Pandit Nehru und Subhas Boſe ſind bereits vor einiger Zeit feſtgeſetzt worden. Es iſt damit zu rechnen, daß die Regierung die geſamte Or⸗ ganiſation des Nationalkongreſſes, der weitaus größ⸗ ten indiſchen Partei, für illegal erklärt und die Boykottbewegung weit ſchärfer als während der vorherigen Kampfperiode vor zwei Jahren unter⸗ drückt. Eine neue Politik hat begonnen oder vielmehr eine ſehr alte Politik iſt wieder aufgelebt, nachdem der großzügige Verſuch des vorigen Vize⸗ königs Tord Irwin, auf dem Wege der ver⸗ trauensvollen Verhandlungen Frieden zu ſchaffen, fehlgeſchlagen iſt. In England atmet man erleichtert auf. Die ge⸗ ſamte Preſſe begrüßt die Klärung der indiſchen Lage, die wenigſtens inſofern unbeſtreitbar iſt, als man wieder weiß, wer in Indien regiert. Von der Rechten, die dem Vizekönig zu ſeinem ſchnellen Durchgreifen gratuliert, bis zur Linken, die das Vorgehen der Regierung als unvermeidlich bezeichnet, iſt die engliſche Oeffentlichkeit Sarin einig, daß England in Indien ſeine Autorität er⸗ weiſen muß, wenn es nicht ganz hinaus⸗ gedrängt werden will. Was in den letzten Monaten in London geſchah, war eine unmögliche Vermiſchung zweier politiſcher Grundſätze. Die Politik Lord Irwins, die im vori⸗ gen Jahr einen hoffnungsvollen Waffenſtillſtand mit ſich brachte, wurde nach Ablauf ſeiner Amtszeit nur unwillig fortgeſetzt und durch das Anwachſen der machtpolitiſchen Strömung in England Muſp⸗ riſch gemacht. Es gibt zwei Wege, auf denen England in Indien Frieden ſchaffen kann: das Vertrauen und das Schwert. Solange man zwiſchen beiden ſchwankte, war eine Klärung unmöglich. Die Bedeu⸗ tung der Verhaftung Gandhis darf übrigens nicht überſchätzt werden. Die eigentliche politiſche Führung des Kongreſſes liegt nur zum geringen Teil in ſeiner Hand und ſein Einfluß auf den zu erwartenden Kampf wird vom Gefängnis aus kaum geringer als in der Freiheit. Eine Votſchaft Patels — Bombay, 4. Jan.(Reuter.) Der verhaftete Präſident des Nationalkongreſſes Vallabhai Patel erließ vor ſeiner Ueberführung ins Gefängnis fol⸗ gende Botſchaft an die indiſche Nation: „Diesmal wird es einen ſchweren Krieg bis zum Ende geben. Ich hoffe, die Nation wird bereit ſein, die äußerſten Opfer zu bringen, aber den Weg völliger Gewaltloſigkeit * niemals zu verlaſſen.“ Gandhis Gegenſpieler Lord Will ingdon, der Vizekönig von Indien, dem Mahatma Gandhi im Namen des allindiſchen Nationalkongreſſes die Wiederaufnahme des paſſiven Widerſtandes ankün⸗ digte. Lord Willingdon hat nunmehr Ganß ver⸗ haften laſſen. blieben. chen wurden Streikaufforderung friſtlos entlaſſen. Das diplomatiſche Korps bei Hindenburg 9 erſten Mal wurde der Neujahrsempfang beim Reichspräſidenten im Lichtbild festgehalten Reichspräſident von Hindenbur Mächte in Berlin. Vor dem bei ſeiner Anſprache an die biplomatiſchen Vertreter der eichsprüſidenten Nuntius Orſenig o, der Doyen des diplomatiſchen Korps. Auch bei der Anſprache an die Diplomaten wies der Reichspräſident ebenſo wie in ſeiner Rundfunkrede auf das Abrüſtungsprob lem hin, das in dieſem Jahre im Mittelpunkt der Weltpolitik 1 wird, und verlangte endlich„befreiende Taten“. Ausſchreitungen im Ruhrgebiet Meldung des Wolffbüros — Eſſen, 4. Jan. Die für heute angekündigte verſtärkte ganda der R. G. O. für einen Streik im Ruhrgebiet ſcheint nach den bisher vorliegenden Meldungen den beabſichtigten Erfolg nicht gehabt zu haben. Aus dem Präſidialbezirk Recklinghauſen wird gemeldet, daß von 54 Zechen nur auf der Schachtanlage We⸗ ſterholt von einer Belegſchaft von 730 Mann 516 Mann ſtreiken. In verſchiedenen Orten des Bezirkes kam es heute früh zu ſchweren Behinderungen von Arbeits willigen. Die Polizei ſchritt überall raſch ein, und nahm insgeſamt 75 Perſonen feſt. In Bertlich wurden 26 Perſonen, in der Hauptſache kommuniſtiſche Funktionäre, feſtgenommen, die eine verbotene Verſammlung abhielten. In der Ver⸗ ſammlung war beſchloſſen worden, unter allen Um⸗ ſtänden die Zeche„Weſterholt“ heute früh ſtill⸗ zulegen. Ein großer Teil der feſtgenommenen Perſonen wird ſich vor dem Schnellrichter zu ver⸗ antworten haben. In Herten hatte man an verſchiedenen Stellen Bäume gefällt und quer über die Straße gelegt, um dadurch die Aktionsfähigkeit der Polizei zu behindern. In Bottrop wurden heute früh an verſchiedenen Stellen insgeſamt ſieben Schaufenſterſcheiben zertrümmert. Aus dem Dortmunder⸗ und Hammer⸗Bezirk wird berichtet, daß auf allen Zechen die Arbeit aufge⸗ nommen worden iſt. Kommuniſtiſcher Zwang zum Streik — Eſſen, 4. Jan. Der Bergbau verein teilt mit: In der heutigen Frühſchicht ſind nur auf drei Zechen Teile der Belegſchaft infolge der kommuniſtiſchen Streikpropagan da von der Arbeit Auf„Monopol⸗Grilla“ in Kamen ſtreiken von 672 Mann 168(hier ſind die Ausſtändigen zum größten Teil von den Kommuniſten gewaltſa m an der Anfahrt behindert worden). Auf „Weſterholt“ ſtreiken von 1008 Mann 516 und auf „Diergardt“ von 637 Mann 234. Auf mehreren Ze⸗ Mitglieder der Belegſchaft wegen — Düſſeldorf, 4. Jan. Kommuniſtiſche Trupps verſuchten heute früh Arbeiter von der Arbeit zurückzuhalten. Starke Polizeikräfte ver⸗ Propa⸗ fernge⸗ eitelten ihr Vorhaben und nahmen etwa 150 Per⸗ ſonen feſt. Zu Zuſammenſtößen iſt es bisher nir⸗ gends gekommen. Terrorakte gegen die Straßenbahn — Eſſen, 4. Jan. Wie die Polizei mitteilt, wurden in der vergan⸗ genen Nacht und am frühen Morgen mehrere Ter⸗ rorakte gegen den Straßen bahnbe⸗ trieb verübt. Im Stadtteil Vorbeck wurden an mehreren Stellen Weichen unbrauchbar ge⸗ macht, Schienen verkeilt und das Pflaſter auf⸗ geriſſen. Am Weidkamp entgleiſte ein Straßenbahnwagen. Gegen 6 Uhr wurde in Vor⸗ beck ein Straßen bahnzug beſchoſſen und mit Steinen beworfen. Perſonen wurden nicht ver⸗ letzt. Die Zugangsſtraßen zu einer Zeche waren durch Drahtverhaue geſperrt. Die Polizei nahm insgeſamt 80 Perſonen feſt. Erfolgloſe Streikvarolen in Köln Telegraphiſche Meldung Köln, 4. Jan. Größere Trupps der.G. O. und des kommuniſti⸗ ſchen Jugendverbandes verſuchten heute in aller Frühe, insbeſondere das Perſonal der Straßen⸗ bahnen zum Streik aufzureizen, was jedoch miß⸗ lang. Die Polizei ſchritt mit ſtarkem Aufgebot ein, zerſtreute ohne ernſtliche Zwiſchenfälle die Ruheſtörer und nahm insgeſamt 36 Verhaftungen vor. Streikſtimmung auch in Verlin Drahtbericht unſeres Berliner Büros Berlin, 4. Jan. Heute Nachmittag findet eine Sitzung der Funktio⸗ näre der ſtädtiſchen Arbeiter ſtatt, in der eine Urabſtimmung vorgenommen werden ſoll, um feſtzu⸗ ſtellen, ob Zweidrittel der Belegſchaft in den Streik eintreten wollen, wenn die Direktion und der Magi⸗ ſtrat auf dem Lohnabbau beſtehen. Die B. Z. deutet an, daß die Regierung vermit⸗ telnd eingreifen werde. Die hierfür zuſtändigen Stellen erklären, daß aber weder im Reichsarbeits⸗, noch im Finanzminiſterium, die für diefen Fall in Frage kämen, etwas von derartigen Verhandlungen bekannt ſei. Sie könnten kein Ergebnis haben, da die Herabſetzung der Löhne bekanntlich durch 5 auf, 1580 beſtätigen ſich ihre Worte dürch Marine⸗ Notverordnung dekretiert wird. Die Japaner vor der großen Mauer Kintſchau iſt von den Japanern eingenommen worden. Es iſt der wichtigſte Punkt auf der Eiſen⸗ bahnlinie, die von der mandſchuriſchen Hauptſtadt Mukden zu der früheren Reſtidenz chineſiſcher Kaiſer, Peking, dem heutigen Peiping, führt. Die Strecke Kintſchau—peiping wird durch die große Mauer bei Tſchan⸗Hai⸗Kwan ungefähr halbiert. Da die Japaner nach der Einnahme Kintſchaus ihren Vormarſch in ſüdweſtlicher Richtung fortſetzen, ſind ſie bereits in die unmittelbare Nähedergroßen Mauer gekommen. Die völlige Abſperrung des inneren Chinas von der Mandſchurei dürfte eine Frage von wenigen Tagen ſein. Ob damit die krie⸗ geriſchen Operationen Japans abgeſchloſſen werden, iſt allerdings zweifelhaft. Es iſt vielmehr ſehr wahr⸗ ſcheinlich, daß das japaniſche Militär den Krieg inner⸗ halb der größen Mauer fortſetzen wird, um ſich vor den„Ueberfällen“ durch die chineſiſchen„Banditen“ zu ſchützen. Durch dieſen Vormarſch hat Japan das Wort gebrochen, das es erſt kürzlich den fremden Mächten gegeben hat. In einer Note hatte die japaniſche Regierung die Verſicherung gegeben, daß ſie nicht beabſichtige, Kintſchau zu beſetzen. Ferner hat Japan ſich offen gegen den Beſchluß des Völkerbundsrats verſtoßen, in dem ſich die japaniſche Regierung verpflichtete, nichts zu unter⸗ nehmen, was die friedliche Entwicklung im Fernen Oſten ſtören könnte. Die Ohrfeige, die Tokio wieder einmal dem Völkerbund verſetzt hat, wird dieſer wohl in gewohnter Weiſe einſtecken. Die maßgebendſte Völkerbundsmacht, Frankreich, hat ſich offenkundig auf die Seite des Angreifers geſtellt und wird weiterhin Japan an der Arbeit ebenſo wenig ſtören wie bis⸗ her. Dagegen beginnen die Vereinigten Staaten ſich allmählich aufzuregen. Dies iſt ohne weiteres aus dem Umſtand zu erklären, daß die Japaner die amerikaniſchen Chinainter⸗ eſſen nunmehr ernſtlich zu gefährden be⸗ ginnen. Die Entwicklung der kriegeriſchen Opera⸗ tionen in üdlicher Richtung mußte die Amerikaner nervös machen. Denn Amerika hat in der ſuüd⸗ lichſten Ecke der Mandſchuret, im Gebiete des Liao⸗ Fluſſes, wichtige Intereſſen zu verteidigen und erſt recht gilt das für den nunmehr unmittelbar bedrohten nördlichen Teil des inneren China mit Peking als Hauptſtützpunkt. Die Wendung in der amerikaniſchen Stimmung Japan gegenüber wurde kurz vor Jahresſchluß durch das maßgebendſte amerikaniſche Blatt in China, „Peking Leader“, ſehr eindrucksvoll eingeleitet. In einem Leitartikel ſetzt ſich dieſes Blatt— zum erſten Mal mit ſolcher Offenheit und Entſchiedenheit — mit der Eroberung der Mandſchurei durch Japan auseinander. Es weiſt darauf hin, daß die Japaner die chineſiſchen Banken ſchließen, chineſiſche Häuſer plündern, Wertſachen an ſich nehmen, daß ſte ferner es ganz beſocders auf die Dokumente abgeſehen hätten, die die Bodeneigentumsverhältniſſe regeln, um, im Beſitz dieſer Dokumente, den Boden ihren Landesgenoſſen zu übergeben. Die Japaner hätten Millionen von Dollars beſchlagnahmt, ſich in den Beſitz des Mukdener Arſenals geſetzt und ſich großer Munitionsvorräte bemächtigt, um mit chineſtſchen Waffen Chineſen zu töten. Zum Schluß ſchreibt „Peking Leader“:„Die fapaniſchen Räuber () müſſen, wenn ſie das Banditenunweſen eruſtlich bekämpfen wollen, in erſter Linie gegen ſich kämpfen, denn ihre eigenen Handlungen beweiſen überzeugend, daß ſie ſelbſt die echteſten Banditen ſindl“ Wer die Zurückhaltung der amerikaniſchen Preſſe im allgemeinen kennt, wird über den Ernſt und die große Bedeutung ſolcher Aeußerungen keinen Augenblick im Zweifel ſein. Die Japaner bleiben ihrerſeits den Amerikanern nichts ſchuldig. Die Manöver der amerikaniſchen Marine im Stillen Ozean nimmt die japaniſche Preſſe wahr, um eine nicht mißzuverſtehende Sprache zu führen. So ſchreibt ein führendes Tokioter Blatt:„Ob wir es wollen oder nicht: wir ſtehen vor dem zwei⸗ ten Weltkrieg im Gebiete des Stillen Ozeans, Wir haben bis jetzt unſere Aufmerkſamkeit China gewidmet und die hiſtorſſchen Aufgaben Japaus im Pacifie ganz vergeſſen. Jetzt kann Japan begreifen, wer ſein eigentlicher Feind iſt. Bis jetzt traten die Vereinigten Staaten gegen Japan nur in Worten
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143 (4.1.1932) 4. Abendblatt
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