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Weihnachts⸗Ausgabe Samstag, 24. Dezember/ Sonntag, 25. Dezember 1932 143. Jahrgang Nr. 600 * . ngeborg Maria Sick ſchenkt uns zur Weihnacht ein neues Buch voll Innigkeit und begnadeter Schau. Sie nimmt uns mit auf Geiſtesfahrt insBibelland, nach Betlehem, hin zu der Stelle‚der holdeſten Erinnerung der Welt. Wir wandern mit ihr zu Fuß die ſchwarze Straße hinunter, die einſt der ſtille Mann zog, und auf dem Eſel, den er leitet, ein ſchwermüdes, bangendes Weib. Drüben am Weg erhebt ſich eine alte Fiſterne, der Brunnen der Weiſen aus dem Morgenland. Es geht die Sage, daß der Stern ihren Blicken ent⸗ ſchwunden ſei, als ſie geblendet von dem Glanz der vielen Herzen in Herodes Palaſt in die Nacht hinaustraten. Mutlos wanderten ſie aufs Geratewohl weiter, kamen zu dem Brunnen und blieben ſtehen, um zu trinken. Da leuchtete ihnen tief drunten aus dem ſchwarzen Waſſerſpiegel der Stern entgegen... Alſo mußte er doch auch am Himmel ſein! Und ſiehe als ſie nun in die Höhe ſchauten, erblickten ſie den Stern, und er geleitete ſie zu ihrem Ziel. Das Spiegelbild im Brunnen hatte ihnen geoffenbart, wo er ſtand. Tragen nicht auch wir, ſo fragt die Dichterin, in der dunklen Siſterne, die wir in der Bruſt haben und unſer Herz nennen, einen Abglanz desLichtes aus der Höhe, der den oder jenen veranlaſſen könnte, den Blick nach oben zu richten, um dort nach dem Urbild zu ſuchend... Und wir ſetzen das Fragen fort: Die Kindheit ſteigt uns herauf, die Seit des ſeligen Wunderns, des gläubig⸗vertrauenden Borchens. Iſt nicht auch ſie wie ein tiefer Brunnen, zu dem wir auf müder und verzagter Lebenswanderſchaft zu trinken gehend Ob nicht in dem unendlichen Fragen und froh⸗erſchrockenen Staunen des Kindes ein ſchimmernder Abglanz, wegweiſende Ahnung des großen, heiligen Ur⸗ bildes liegtd Oder iſt der helle Schein im Seelenbrunnen nur eine liebliche CTäuſchungd Iſt gar kein Urlicht dad Iſt das ganze, vom kindlichen Geiſt ſo heilig beſtaunte Weihnachtsgeſchehen nur Bild und keine Wirklichkeit p War es nur der hun gertraum ihrer Sehnſucht, was die Hirten der bibliſchen Weihnachtsgeſchichte auf dem nächtigen Felde erlebt? Haben da primitive Menſchen ihre innere Erfahrungswelt kindlich unbeſorgt in die objektive Welt hineingeſchaut d Die Weihnacht eine Fata morgana lichthungriger Not? Der Aufklärungseifer der heutigen oder doch ſchon mehr geſtrigen Menſchen verſucht auch hier zu unterſcheiden, was wahr und was nurreligiös ge⸗ ſättigter Stoff iſt. Und wir ſind ja zeitweiſe auf ſolche klugenUnter⸗ ſcheidungen ſehr ſtolz geweſen. Wir haben uns einer unbeſtechlichen Real⸗geſinnung gerühmt und ſind dabei ſehr arm und innerlich leer geblieben. Wir ſind dem Sach⸗ glauben verfallen... und haben mit ſelbſtherrlicher Weisheitsgeſte alles für Dunſt und Nebel erklärt, was irgendwie über die Erfahrung der groben Sinne hinausging. Und ſo weit⸗ herzig wir in Sachen der perſönlichen Lebensführung waren, ſo engherzig wurden wir in dieſem neuen Glauben an die Allmacht der Dinge. Die Seelenhaltung desmodernen Menſchen wurde einfach ſtabi⸗ liſiert. Und wehe dem, der die Währung der allgemeingültigen Anſchauungen in Gefahr bringen wollte! Wenn aber Einzelne, von der reinen Diesſeitigkeit und ihren populären Auswirkungen angeekelt, gegen die Intoleranz des eng⸗ ſtirnigen Realismus leidenſchaftlich revoltierten und eine neue Seelenhaltung verkündeten, ſo hat man ihnen das Schickſal der Propheten bereitet, d. h. man hat ſie nicht gerade geſteinigt, aber man hat ſie totgeſchwiegen. derNormal⸗ menſch liebt keine Propheten, wenigſtens nicht die der Wahrheit. Er iſt auf das Nützliche eingeſtellt; undPferdekräfte imponieren ihm mehr als über⸗ irdiſche Geiſteskräfte. Und da immer, was oben begann, nach unten zu breiter und platter wird, ſo wurde‚die Geiſtesmode von geſtern die Maſſenbanalität von heute. Die Gottesleugnung der Wenigen, die ſich ehedem ſo geiſtreich gab, hat ſich unverſehens zum lärmenden Gotteshaß der Gaſſe gewandelt. Wir können uns billig entrüſten, wenn heute das Weihnachts- feſt als einebürgerliche Sentimentalität verſpottet und diechriſtliche Liebe als Heuchelei gebrandmarkt wird hier rächt ſich eine Schuld, die nicht geleugnet werden kann. Der Unernſt unserer Lebensauffaſſung iſt reif geworden. Und die Früchte ſind giftig. Das moderne Maſſenelend hat ſeine Urſache nicht bloß in den materiellen und wirtſchaftlichen Dingen. Es gibt da Zuſammenhänge, die viel tiefer führen als derReal⸗Menſch wahr haben will. 1380 Als Vicent van Gogh das wirre und wühlende Erdenleid überfiel und ſeine empfindſame Seele in das martervolle Gefängnis tiefer Verlaſſenheit warf, hat er jenes grauſam deutliche Bild entworfen, das nicht nur Gleichnis ſeines eigenen Zuſtandes ſein ſollte. Hohe, kahle Steinmauern, eng und drohend zuſammengeſtellt, umgrenzen einen düſteren Hof. Mein Fetzchen Himmel iſt zu ſehen. Hoch oben ein paar kleine, eiſenvergitterte Fenſter. Und unten ein halbes Hundert Menſchen, Gefangene, die unter der Aufſicht ihrer Wärter ſich eine kleine Weile in der ſonnenloſen Luft ergehen dürfen. Da ſchreiten ſie dahin, einer hinter dem andern, immer im Ureiſe eine Kette ohne Ende. Eine Kette von Haß, Verbitterung, Boffnungsloſigkeit und troſtloſer Seelenarmut. Bewegung ohne Ziel. Leben ohne Sinn. Mienſchen, die ſchon längſt geſtorben ſind und dennoch da ſein müſſen, nur um ſich ſelbſt zu erleiden.. Swiſchen nicht das genaue Abbild deſſen, was wir heute erlebed lichtabſperrenden Mauern zweckloſer Rundlauf todverfallener Weſen iſt das Eingemauert in ſich ſelbſt, gefangen im eigenen heilloſen Weſen, aus⸗ geliefert ihrer vernunftlos gewordenenVernunft, hineingebannt in einen wirbelnden Ring von Ideen, Verſuchen, Syſtemen und Programmen Welt ohne Ende! Nichts kommt von ſich ſelber mehr los. Alles bleibt Leerlauf. Alles bleibt fragwürdig. Alles iſt ſo merkwürdig unwirklich, geſpen⸗ ſtiſich geworden. Alles wandelt auf Meſſersſchneide. Links und rechts drohen Abgründe. Und unten wartet der Tod. Es iſt die Schuld des Menſchengeiſtes, daß er alles Lebendige auf die Formel eines mechaniſchen Vorgangs gebracht. Nun iſt er ſeiner eigenen Formel verfallen. Und aus der Schuld ward furchtbare Not. Die Welt ohne Ueberwelt, die Welt ohne Ende iſt die Welt ohne Gnade, die Welt ohne Licht! Die Entdeckung unſerer Verlorenheit aber iſt der erſte Schritt in den Bereich der aus der Not befreienden Wahrheit. Die Entheiligung des Lebens hat auch zu ſeiner Entwirklichung geführt. Denn wirklich iſt nur das, was in ſeinem Urſprung exiſtiert, was da iſt in Gott. Darum iſt die chriſtliche Weihnachts- Verkündigung die Botſchaft von der wahren Wirkklich keit. Als die Seit erfüllet war, da ſandte Gott ſeinen eingeborenen Sohm. DieſerMenſchenſohn iſt nicht dasIdeal, das unſre Sehnſucht träumt und das ihr immer wieder entweicht, wenn ſie es faſſen will. Nein, er iſt der Wirkliche. Was alle unſere hohen und heiligen Worte meinen: Gerechtig⸗ keit, Weisheit, Wahrheit, Liebe, Erlöſung und Freiheit das alles hat in Jeſus Chriſtus Geſtalt gewonnen, iſt durch ihn glaubwürdig und faßbar geworden. Nur er ſelbſt bleibt das große Rätſel in der Geſchichte. Wollen wir zum hundertſten Mal verſuchen, das notbrechende Wunder ſeiner Erſcheinung verſtändlich und menſchlich begreifbar zu machend Es iſt un⸗ möglich. Gegen alle unſere Theorien wehrt ſich in ihm jene ſtärkere Wirklich⸗ keit, aus der er geboren iſt. Ich bin von oben, bezeugt er von ſich ſelbſt. Und die Weihnachtsgemeinde bekennt es mit der Erfahrung der Jahrhunderte ehrfürchtig und voll froher Anbetung des Unbegreiflichen, das ſie ergriffen hat: Von oben und nicht von unten! Aus der Welt der ewigen Kraft und nicht aus dem Menſchenbereich! Und darum nicht bloß geſtern, ſondern heute!Heute iſt euch der Heiland geboren Das Weihnachtswort, vom Himmel her geſprochen, iſt das SGegenwartswortl Das Kind, das in der Urippe des Stalles zu Betlehem lag, wandert durch die Zeit, geht mitten durch die Herz und Willen brechende Not. Aus ſeinen Augen ſieht uns des Vaters ewige Gegenwart an: Ich bin, der da war und iſt und ſein wird. Ich bin da auch in dieſem deinem ſchrecklichen Heute. Ich will deine flatternde Seele zur Ruhe bringen, ich will dein Herz entlaſten und es mächtig machen, an ein Neues zu glauben. Ich will dir Gewalt geben auch über die Todesverzweiflung in deiner Bruſt. Die rettende Wahrheit Gottes kann nie dem Menſchenmaß ſich fügen und ewig unantaſtbar bleibt ſie unſerem bloßen Verſtande. Erkenntnis kommt hier nur durch Liebe! Bedingungsloſe Hingabe an den ewigen Willen der ſich in Jeſus Chriſtus realiſiert hat das iſt der einzig gangbare Weg zum Wunder der Weihnacht und ſeinem helfenden Licht. Wir wollen helfen! Von allen Seiten umtönt es uns. Aber können wir denn helfend ſo helfen, daß wirklich geholfen iſt? Auch das Unzulängliche hat ſeinen Wert. Auch die kleine Liebe, die wir ſäen, blüht wohl irgend einmal auf.... Daß wir über den Grenzen unſeres Tuns nachdenklich werden, daß uns immer ein neues Unbehagen ankommt, wenn wir auf die Maſſennot ſchauen, iſt gut und heilſam. Wir ſollen wiſſen: Es kann der Erde nur geholfen werden mit den Kräften der Ewigkeit. Denn nur aus der Ewigkeit wird der Menſch geboren, der nicht bloßWohltaten ausſtreut wie Krumen, die von ſeinem gedeckten Tiſche fallen, 77* ſondern ſelbſteine Wohltat iſt allen, denen er hier unten begegnet. Wirkſam und entſcheidend iſt immer nur der Geiſt, mit dem wir da ſind! Wir haben ſo oft gegeneinander gelebt und uns deshalb auseinander gelebt Wir haben zerriſſen, zerſpalten und getrennt, was Gott als Volk zuſammen⸗ gefügt. Und keiner kann hier ſeine Hände in Unſchuld waſchen. Das Chaos iſt nicht Gottes, ſondern der Menſchen Schuld. Soll es überſtanden werden, dann muß zu Stand und Weſen kommen, was die Weihnacht mit ihrem Licht und ihrem Ernſt von uns fordert: f Gemeinſchaft von Herz zu Herz, Verantwortung aller für alle und Glaube an die neue Stunde, die Gott gehört und ſeinem Chriſtus. Wenn das Wirklichkeit wird, dann kommt auch unſerem deutſchen Volke wieder das rettende Wunder des Lichts. f Zu ihm heben wir heute rufend und bittend die Hände: Jünde dem ärmſten, verlorenſten Mann Helle Hoffnungszeichen an; i Gib uns das höchſte Weihnachtsglück: Gib unſerm Volk den Glauben zurück! . Pfarrer Friedrich Jost