Seite 2 MORGEN Freitag, 4. Mai 1956/ Nr. 103 MomerN Kommentar Freitag, 4. Mai 1956 Brauchen wir Opposition? Nun haben wir also demnächst wieder eine Landesregierung. Ob wir sie allerdings eine„Regierung“ nennen dürfen; wäre zu untersuchen. Sicher ist zunächst, daß sie einer Parteien-GmbH ähnlicher sehen wird Als einem staatlichen Organ. Das Feilschen um Ministersitze hatte jedenfalls mit politi- scher Vernunft oder den Grundsätzen einer rationalen Verwaltung wenig oder nichts gemein. Wir wären ganz gut mit sechs Mi- Nistern ausgekommen. Sie hätten uns we niger gekostet. Sie hätten das Land straffer verwaltet. Sie hätten den Uebermut der Aemter besser gezügelt und schließlich hät- ten wir uns darunter eine Spitze vorstellen Können. Nun haben wir wieder den Auf- sichtsrat der Zwölf, ausgehandelt von der Aktionärs versammlung der Parteifraktionen nach Maßgabe der von ihnen vertretenen Stimmen. Die Bildung des Südweststaates war gewiß Grund genug, Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gründern zurücktreten zu lassen, um diesem Neuling eine Schonzeit zu gewähren. Ein Staat läßt sich aber nicht auf Jahrzehnte hinaus im Glashaus halten. Ein- mal muß er mit der rauhen politischen Wirk- lichkeit in Berührung kommen, sonst wird er niemals seine Bewährung erbringen, be- ziehungsweise bleibt er für den Staatsbür- ger schmarotzender Ballast. Staat ist nicht Selbstzweck, sondern Instrument zur Be- Wältigung von Wirklichkeit. Was allerdings weithin als Staat uns an- geboten wird, das hat schon mehr den Cha- rakter eines Selbstversorgungsinstituts von Beamten und Funktionären. Die Tatsache, daß nunmehr wieder mit zwölf Ministern aufgewartet wird, entspringt doch keinem anderen Umstand, als dem Versorgungs- bedürfnis von Parteien. Partei-Minister wer- den, in den ihnen zugewiesenen Ressorts nicht danach fragen, was dem Bürger nützt, sondern zuerst einmal das Anliegen ihrer Partei zufrieden stellen. Sie werden nicht nach Brauchbarkeit und Ausbildung, sondern nach Parteibuch und Konfessionen fragen. Wir Staatsbürger werden— nach einem Worte von Professor Eschenburg— auch weiterhin„nicht regiert, sondern schlecht verwaltet“. Der Egoismus von Gruppen und Verbän- den war immer eine schlechte Staatsmaxime. Wir haben in dieser Richtung die Lehre des Dritten Reiches hinter uns und haben nichts gelernt. Wir haben auch den Egoismus einer totalen Parteimacht im Osten vor uns und maßen uns an, Vorbild dafür zu sein, wie man die Dinge besser macht. Mit Pharisäer hochmut ist uns aber nicht gedient. Wir müs- sen es wirklich besser machen, und wir haben die Voraussetzungen, es besser zu machen. Das Feilschen um Ministersessel ist der demokratischen Gestalt des Staats nicht würdig. Nun wird behauptet, daß das Uebel daran liegt, daß keine echte Opposition besteht. Sehen wir davon ab, daß eine ganze Reihe kleiner Gruppen und Parteien schon in Ab- wehr steht, so darf dabei auch nicht ver- gessen werden, daß das Stillhalten einer Mehrheit von Regierten noch lang kein Frei- brief ist. Es gibt leider schon wieder viel mehr Unwillen in unserem Volke als man an höchster Stelle weiß oder wahr haben will. Der Unmut ist zwar immer noch gedämpft, denn niemand möchte ein Porzellan zer- schlagen, solange daraus schlecht und recht gegessen werden kann. Außerdem fragt sich jedermann, was folgt auf Ablehnung selbst eines demokratisch mangelhaften Staates? Wir sind schon einmal Opfer einer unbedach- ten Frontstellung geworden. Undemokratie ist gemeinhin noch hundertmal schlechter als die schlechteste Volksselbstverwaltung. Uns liegt die Diktatur der Herrenmenschen noch immer schwer in den Knochen. So etwas wol- len wir nicht wieder. Nur hilft uns diese gebrannte Scheu nicht weiter. Wir brauchen Formen staatlichen Zu- sammenwirkens, die es möglich machen, die- sen oder jenen Weg zu gehen. Der Einheits- brei von Apparaten, die in sich selbst nicht mehr die mindesten gedanklichen Impulse haben, die nur mechanisch nach Versorgung drängen, tausend Gesetze machen, die nur sie selbst befrieden, vergrößern nur die ver- hängnisvolle Gleichgültigkeit der Bürger gegen jeden Staat. Es liegt nicht an dem Man- gel eines äußeren und ebenfalls zum Apparat erstarrten Widerstands, der uns bedrückt. Es liegt daran, daß unsere innere Opposition ge- gen das Schlechte und Unsinnige in unserem Wirkbereich nicht Weg noch Angriffspunkte findet, um zur Tat zu werden. Der Staat, den die Parteien bilden, ist so gestaltlos, so fern Von eigentlicher Politik und wesenhafter Bil- dung, daß er sich unserem Widerstand ent- Zieht. Er liegt nur schwer auf uns. Man mag wohl sagen, im Landesmaßstab gibt es keinen Staat. Diese Regierung von Baden- Württemberg ist lediglich Verwal- tungstrust. Es ist dabei ganz gleichgültig, Was einer bei seiner Aufgabe politisch denkt. Sie ist ihm vorgeschrieben. So wenig als es christdemokratische oder sozialistische Bröt- chen gibt, so wenig gebe es parteigebundene Verwaltungsakte. Straßen und Schulen, Flußläufe oder Ackerfluren, die Aufsicht über die Gemeinden oder die Haltung einer Strafanstalt, dies alles seien doch nur An- Selegenheiten sachlich- technischen Bereichs. Letzte Entscheidung liege nur in Bonn., Das mag man zur Entlastung einer Landesregie- rung mit Recht vorbringen. Nur, fragen wir damn, wozu werden im Landesmahstab poli- tische Parteien überhaupt noch strapaziert? Um gute Verwalter zu finden, Direktoren, Manager und Techniker, dazu bedarf es doch wohl anderer Voraussetzungen als eine eingetragene Gesinnung. Hier stimmt das Argument nicht oder die Voraussetzung. Jedenfalls meinen wir, daß eine Parteien- Gmb weder einen guten Staat ergibt, noch eine praktische Verwaltung. Dabei sei nichts gesagt gegen die augenblickliche Gegeben- heit einer Großen Koalition— wenn nur der Weg gefunden würde zur lebendigen Ent- kaltung des Bürgers selbst. Zwölf Ministe- rien jedenfalls und zwölf Verwaltungen als Gunstbeweise für und von Partei sind nicht der Weg Dr. Karl Ackermann Brentano zeigt sich einverstanden Mollet und Pineau erläuterten dem Bonner Außenminister ihre außenpolitische Konzeption Paris, 3. Mai Der erste Tag der Pariser diplomatischen Hochsaison scheint schon zu bedeutenden Fortschritten in den Gesprächen zwischen den französischen Ministern und ihrem deutschen Kollegen, von Brentano, geführt zu haben. Seit den bekannten Erklärungen von Guy Mollet und Pineau über den Vor- rang der Abrüstung über die deutsche Wie- dervereinigung herrschte eine gewisse Be- unruhigung in Bonner Regierungskreisen (und nicht nur in Bonn) in bezug auf die Wahren Absichten der französischen Ver- antwortlichen. Bedeuteten ihre Erklärungen, daß Frankreich bereit wäre, gegenüber den Russen auf das von allen westlichen Partnern seit Jahren vertretene Junktim zwischen dem Komplex Abrüstung und Sicherheit und der deutschen Einheit zu verzichten? Bei den Gesprächen am Donnerstag hat sich ergeben, daß dies keineswegs den französischen Ab- sichten entspricht, zumindest in der Form, in der sie heute ausgedrückt werden. Mollet und Pineau denken vielmehr, daß auf der Abrüstungskommission der UNO zu- erst eine prinzipielle Uebereinstimmung für eine symbolische Verminderung der Rüstung erzielt werden müßte, um so das Klima für ein Abkommen für die Wiedervereinigung zu schaffen. Diese bleibt also weiter die Vor- bedingung für eine echte, allgemeine und weitgreifende Abrüstung. Mit dieser Aus- legung der französischen Haltung hat sich Außenminister von Brentano anscheinend einverstanden erklärt, obgleich ihm so wenig Wie seinen französischen Gesprächspartnern entgehen kann, daß im Augenblick sowohl die Abrüstung wie die Wiedervereinigung völlig irreale Faktoren darstellen, an deren Verwirklichung vorderhand niemand ernst- haft glauben kann. Die deutsch- französischen Gespräche haben sich ebenfalls mit der Saarfrage und der mit dieser eng verbundenen Mosel- Kanalisierung befaßt. Nach Aussagen des französischen Staatssekretärs Maurice Faure, der mit diesen Verhandlungen betraut ist, besteht begründete Aussicht, das Saarabkom- men beim nächsten Zusammentreffen am Von unserem Korrespondenten Joseph Rovan 2. Juni perfekt zu machen. Das Prinzip einer Uebergangsperiode, die man in Frankreich auf fünf Jahre ausdehnen möchte, scheint sicher zu sein, ebenso eine Beteiligung der Franzosen an der Warndt-Förderung bis 1980, über deren Höhe es wahrscheinlich zu einem Kompromiß kommen wird. Die Mosel- Kanalisierung soll zum Objekt eines Drei- eck-Abkommens mit Luxemburg gemacht werden, was wohl ein prinzipielles Einver- ständnis von deutscher Seite bedingt. Die Frage der Röchling-Werke soll möglicher- weise einer internationalen Instanz zum Schiedsspruch vorgelegt werden. Im französischen Senat, wo am Donners- tag lebhaft über die Saar diskutiert wurde, herrscht eine gewisse Erregung über die Maßnahmen der Saar-Regierung und beson- ders des Landtagspräsidenten Schneider ge- gen die Anhänger des ehemaligen Minister- präsidenten Hoffmann. Falls aber ein halb- Wegs zufriedenstellendes Abkommen zu- standekommt, werden sich wohl die Geister an der Saar wie an der Seine schnell be- ruhigen. Bei den vorbereitenden Gesprächen zwi- schen Pineau und Außenminister Dulles über die Neuordnung des Atlantik-Paktes scheint sich eine gewisse Differenz zwischen den Auffassungen weiterhin gehalten zu haben, da die Franzosen die Verlagerung der wirtschaftlichen und sozialen Hilfe für unter- entwickelte Staaten nach wie vor in den UNO-Rahmen wünschen. Wer einen Soldaten verleitet. Die umstrittene Strafrechts-Novelle der Bundesregierung Von unserer Bonner Redaktion Bonn, 3. Mai „Ein alter Bestand des Strafrechtes wird mit dem vierten Strafrechtsänderungsgesetz wieder eingeführt“, erklärte ein Spre- cher des Bundesjustizministeriums zu den Paragraphen, die nunmehr zum Schutz der Landesverteidigung vorgelegt wurden. Von seiten der SPD wurde dieser Regierungs- entwurf scharf kritisiert. Im ersten Durch- gang wird sich der Bundesrat mit der Vor- lage befassen müssen. Ein Unterausschuß des Bundestages beginnt mit den Vorberatungen. Im einzelnen will der Entwurf, wie schon berichtet, die„erforderlichen Vorschriften“ zum Schutz der Landesverteidigung und der Bundeswehr schaffen und zugleich den auf deutschem Boden stehenden Truppen des Nordatlantikpaktes einen entsprechenden Schutz gewähren. Artikel eins sagt, wer einen Soldaten der Bundeswehr verleitet, einen Befehl in Dienstsachen nicht zu befolgen und damit die Sicherheit und die Schlagkraft der Truppe gefährdet, ist strafbar. Wer einen Soldaten der Bundeswehr verleitet, seine Erklärung zur Oder-Neiße-Linie Dr. von Brentano ergänzt seine Londoner Ausführungen Von unserer Bonner Redaktion Bonn, 3. Mai Die Bundesregierung werde niemals die Oder-Neiße-Grenze anerkennen oder die deutschen Ostgebiete zu einem Handels- objekt machen, erklärte Bundesaußenmini- ster Dr. Heinrich von Brentano am Donners- tag in einer Verlautbarung, die das Auswär- tige Amt veröffentlichte. Andererseits habe die Bundesregierung ihre Bündnisse mit dem Westen nicht abgeschlossen, um nach erfolg- ter Wiedervereinigung die NATO zu einer gewaltsamen Lösung der deutschen Grenz- fragen zu mißbrauchen. In diesem Sinne sei die Antwort zu verstehen, die er anläßlich seines Besuches in London auf eine bei einer Pressekonferenz gestellten Frage bezüglich des Verhältnisses von Wiedervereinigung und deutscher Ostgrenze gegeben habe. Diese Antwort war Mißdeutungen aus- gesetzt und wurde von mancher Seite da- hingehend ausgelegt, als sei die Bundes- regierung geneigt, im Falle einer Wieder- vereinigung auf die Gebiete jenseits der Oder-Neige-Linie zu verzichten. In der„präzisierenden und ergänzenden“ Erklärung des Außenministers heißt es hier- zu:„Millionen Deutsche haben 1945 ihre Heimat verlassen müssen. Die Bundesregie- rung hat nicht das Recht, auf diese Gebiete zu verzichten.(Ich wiederhole: Die Bundes- regierung hat nicht das Recht und auch nicht die Absicht, den Rechtsanspruch auf diese Gebiete fallen zu lassen.) Wir bekennen uns zum Grundsatz der freien Selbstbestimmung der Völker. Im Sinne der mit unseren Ver- bündeten abgeschlossenen Verträge betrifft die Frage der Wieder vereinigung zunächst die Mittelzone, die 17 Millionen Deutsche jenseits des Eisernen Vorhangs“ Zunächst müsse die Bundesrepublik ihre 5 Kraft und Opferbereitschaft auf die Wieder- vereinigung mit den 17 Millionen in der Sowjetzone richten, stellt Dr. von Brentano fest. Die Lösung des Problems der Wieder- vereinigung habe der Lösung der Frage Gesamtdeutschlands vor anzugehen. Die Frage der Grenzen des wiedervereinigten Deutschlands werde erst in einem Friedens- vertrag mit einer gesamtdeutschen Regie- rung gelöst werden können. In einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundes der vertriebenen Deutschen und des Verbandes der Landsmannschaften heißt es laut AP, die deutschen Heimatvertriebenen protestierten mit aller Schärfe gegen die (Londoner) Aeußerungen von Brentanos. Auch seine nachträglichen Erklärungen seien unbefriedigend.— Auch die Bundes- tagsfraktion des BHE hatte sich in ähn- lichem Sinne geäußert. Deutscher Studententag in Hamburg Die gleichgültige Gesellschaft soll wachgerüttelt werden Von unserem Korrespondenten Gert Kistenmacher Hamburg, 3. Mai Mit Festgottesdiensten beider Konfes- sionen und einer Feier im Hamburger Aus- stellungspark wurde am Donnerstag der Vierte Deutsche Studententag, die alle zwei Jahre stattfindende repräsentative Veran- staltung der deutschen Studentenschaft, er- öffnet. Mehr als 2000 Studenten von 36 Hochschulen aus der Bundesrepublik und aus Westberlin sowie Abordnungen von 20 ausländischen Studentenverbänden sind für vier Tage in der Hansestadt zusammenge- kommen, um alle Fragen des studentischen Lebens in Diskussionen und Fachvorträgen zu behandeln. Während die Studenten sich auf den ver- gangenen Studentagen kritisch mit der Ge- schichte Deutschlands und insbesondere der Geschichte der Studentenschaft auseinander- gesetzt und sich zur Einigung Europas und zur parlamentarischen Demokratie bekannt hatten, wollen sie in Hamburg„einen Auf- stand wagen“, der die gemächlich vor sich hinlebenden Hochschulen und die Gesell- schaft beunruhigen soll. Der Verband Deut- scher Studentenschaften hat den Hamburger Studententag deshalb auch unter das Thema „Der Student in der Gesellschaft“ gestellt. Auf dem letzten Studententag vor zwei Jahren waren die Studenten darüber belehrt worden, was sie der Gesellschaft schulden. In Hamburg wollen sie nun ihrerseits der Gesellschaft eine Rechnung präsentieren und die Frage stellen, wie es möglich ist, daß die Gesellschaft gleichgültig zusieht, wie ganze Generationen junger Akademiker ihre Ausbildung vernachlässigen müssen, um Lebenshaltungs- und Studienkosten durch Nebenarbeit aufzubringen. Nur knapp 19 000 Studenten von insgesamt 105 000 Studieren- den in der Bundesrepublik werden- heute aus öffentlichen Mitteln unterstützt. Die Studenten werden in Hamburg auch die Frage erörtern, warum sich die Früchte des deutschen Wirtschaftswunders so un- gleich über das Land verteilen und wo ihr (der Studenten) Platz in der Sozialreform sein wird, sofern dieser nicht das gleiche Schicksal beschieden ist wie der Hochschul- reform. Auf dem Studententag soll der Ver- 8 such unternommen werden, die Gründe dafür aufzuzeigen, daß die seit Jahren ge- forderte Neuordnung des Hochschul- und Bildungswesens bisher keinen Schritt voran- gekommen ist, soll ein einheitliches, gültiges Bild einer Hochschule entworfen werden, die unserer Zeit und der Gesellschaftsordnung in einem geeinten Deutschland entspricht. Bundeskanzler Dr. Adenauer hat— wie AP berichtet— dem Studententag telegra- fisch herzliche Grüße übermittelt und einen guten Verlauf gewünscht. Der Kanzler fügte Hinzu, er folge den Beratungen des Studen- tentages über das Thema der Wechselbe- ziehungen von Hochschule und Gesellschaft mit besonderem Interesse. Truppe zu verlassen und sich der Verpflich tung zum Wehrdienst dauernd zu entziehen, erhält eine Gefängnisstrafe. Besonders leb- haft diskutiert wird Paragraph 109 b:„Wer unwahre oder gröblich entstellte Behaup- tungen tatsächlicher Art aufstellt oder ver- breitet, um andere vom Wehrdienst abzu- halten oder die Bundeswehr in der Erfüllung ihrer Aufgaben zu behindern, wird mit Ge- kfängnis bestraft“. Paragraph 96 Abs. 1 des Strafgesetzes soll künftig feststellen, daß derjenige, der die Bundesrepublik Deutschland, eines ihrer Länder, ihre verfassungsmäßige Ordnung oder die Bundeswehr beschimpft oder ver- ächtlich macht, zu bestrafen ist. Auch diese Aenderung stößt auf starke Bedenken weit über die Kreise der Opposition hinaus, weil sie unter Umständen eine Einschränkung der freien Meinungsäußerung bedeuten kann. Arndt läßt nicht locker (dpa) Der Rechtsexperte der SPD, der Bun- destagsabgeordnete Dr. Arndt, griff am Don- nerstag erneut diese Strafrechtsnovelle an. Der Paragraph 109 b sei eine Generalklausel, an der ein totalitäres Regime seine helle Freude haben würde. Dieser Paragraph sei geeignet und bestimmt, jede öffentliche Mei- nung über die Bundeswehr abzuwürgen. Durch ihn werde„eine besondere Bundes- Wehr-Ehre“ strafrechtlich geschützt. Damit behandele man die Bundeswehr als Staat im Staate und stelle sie neben die Bundesrepu- blik und ihre Verfassung. Abrüstungsgespräche werden vertagt nn London tagt heute zum letzten Male der UNO-Unterausschuß; 5 London, 3. Mai Die Londoner Ahrüstungsverhandlungen, die an 19. März unter der Teimahmeé der vier Großmächte und Kanadas begannen, werden nach der Sitzung am heutigen Frei- tag beendet werden, wie ein hoher westlicher Beamter am Donnerstag nach der 85. Sitzung mitteilte. Auf der heutigen Sitzung wird lediglich noch der Bericht des Unteraus- schusses, in dessen Rahmen die Verhandlun- gen stattfanden, an den Abrüstungsausschuß der Vereinten Nationen formell gebilligt werden. Der Bericht wird eine umfassende Darstellung der verschiedenen Abrüstungs- vorschläge enthalten, die von den USA, der Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich vorgelegt wurden. Wie verlautet, wird der Unterausschuß wahrscheinlich von dem UNO-Abrüstungsausschuß aufgefordert wer- den, innerhalb von sechs Monaten einen neuen Versuch zum Ausgleich der Meinungs- verschiedenheiten zu unternehmen. Die Meinungsverschiedenheiten bezogen sich hauptsächlich auf die von Präsident Eisenhower vorgeschlagene Luftüberwa- chung. Der Westen bestand auf einer Kom- bination dieser Luftinspektion mit einer Bodeninspektion in wichtigen Häfen, Flug- häfen, Lagern und Munitionsfabriken, wie sie die Sowjetunion letztes Jahr angeregt hatte. Der sowjetische Vertreter erklärte jedoch, daß die Luftinspektion erst später erörtert werden sollte, wenn das Vertrauen zwischen den Staaten sich gefestigt habe. Eine weitere Meinungsverschiedenheit be- steht in bezug auf die Höchststärke der ver- schiedenen Streitkräfte. Die USA hatten die Herabsetzung der Truppenstärke auf zu- nächst je 2 500 000 Mann für die Sowjet- union, die Volksrepublik China und die USA, je 750000 Mann für Großbritannien und Frankreich und 500 000 Mann für alle übri- gen Länder vorgeschlagen. Diè Sowjetunion „Der Spitzbart, der muß weichen“ Falken und Sozialistischer Studentenbund erregen Aufsehen in Berlin Von unserer Korrespondentin Angela am Ende Berlin, 3. Mai Unter dem Motto„Durch Ulbricht und Adenauer keine Wiedervereinigung“ veran- staltet der Bundesvorstand der sozialisti- schen Jugendbewegung„Die Falken“ am heutigen Freitag am Westberliner Funkturm eine Großkundgebung, auf der der Bundes- vorsitzende, Westphal, und das Bundestags- mitglied Kühn sprechen werden. Ein Mitglied des Bundesvorstandes der Falken erklärte, clie Falken wollen die erschütterte Stellung Ulbrichts nach dem Moskauer Kurswechsel und die immer stärker erscheinende Isolie- rung Adenauers nutzen. um eigene Konzep- tionen zur Frage der Wiedervereinigung zu entwickeln. Man werde nicht nur gegen das Unrechtsystem der Zone, sondern auch gegen die Wehrpolitik der Bundesregierung sowie gegen die Passivität von Regierungskoalition und der sozialdemokratischen Opposition in gesamtdeutschen Fragen Stellung nehmen. Der Sprecher bestätigte, daß es auf Grund der Parole„durch Ulbricht und Adenauer keine Wieder vereinigung“ zu Spannungen innerhalb der SPD insbesondere des Ber- liner Landesverbandes, gekommen sei. Der Berliner SPD-Landes verband habe erfolglos versucht, die Kundgebung zu verhindern. Innensenator Lipschitz(SPD) sagte sein an- geklündigtes Referat kurzfristig ab. Das Auftreten der Falken und des sozia- listischen deutschen Studentenbundes auf der Westberliner Mai-Kundgebung hat nicht nur bei der Berliner CDU, sondern auch bei der SPD starke Kritik ausgelöst. Die Falken führten Transparente mit den Inschriften „Adenauer beflehl, wir folgen dir nicht“ und „der Spitzbart der muß weichen, und Kon- rad der muß geh'n, dann werden wir ganz Deutschland sehr bald vereinigt seh'n“ mit. Der Herausgeber des der SPD nahestehen- dem Westberliner„Telegraf“ bedauerte, daß die Falken ihre geplante Kundgebung unter das gleiche Motto gestellt haben. Bislang habe gerade die deutsche Sozialdemokratie einen sehr genauen Unterschied zwischen den Machthabern der Zone und der Bundes- regierung gemacht. Der erste Sekretär der SED, Ulbricht, und Ministerpräsident Grotewohl haben in einem Schreiben an den Bundesvorsitzenden der SPD erneut ein Gespräch mit dem Bundes- vorstand„über alle interessierenden Pro- bleme“ vorgeschlagen. In diesem Schreiben wird auf die Amnestie in der Zone ver- urteilter Sozialdemokraten Bezug genommen. —— Notiz zum Tage: Guten Appetit! Seit Wocken wird in der internationalen Politik als das Hauptereignis des 2. Mai So- weit bedeutende politische Ereignisse uberhaupt abzusehen sind— die Tagung des Ministerrateg der Westeuropäischen Union, der Ersatzinstitu- tion für die begrabene EVG, genannt. Wir wol. len in diesem Zusammenkang unseren Lesern die diplomatische Tagesordnung für dieses Fr. eignis, wie sie gestern aus Paris veröffentlicht wurde, nicht vorenthalten, weil sie uns nach druchlich die uberragende Bedeutung der Fit. zung des Ministerrates wiederzuspiegeln scheint: 13 Uhr: Essen Pineaus für Brentano, an- schließend Fortsetzung der deutsch- franzòsi. schen Besprechungen. 13 Uhr: Essen Dulles— Lloyd. 15 Uhr: Treffen Brentano— Dulles. 17.30 Uhr: Pressebonferenz Lord Ismap. 20 Uhr: Essen Brentanos für die WEU-Minl. ster. 20 Ur: Diner Pineaus für Dulles. 22 Uhr: Sitzung des Ministerrates der West. europãischen Union.(Gmach dpa) Aus der Fragestunde des Bundestages Bonn.(dpa AP) Dem Bundesverteidl. gungsministerium ist keine Warnung vor dem Oberleutnant Geuther, der kürzlich geflohen ist, zugegangen, erklärte Bundesverteidigungsminister Blank am Don- nerstag in der Fragestunde des Bundestages Auch zum in Bonn ausgebrochenen„Z im- merkrieg“ zwischen den Studenten und dem Bundesverteidigungsministerium nahm Minister Blank Stellung. Um den Schwierig- keiten der Studenten zu begegnen, sei ge- plant, von sofort an den in Bundeswohnungen untergebrachten Bediensteten aller Bundes- behörden die Untervermietung zu gestatten. Blank sicherte außerdem zu, daß die in Köln arbeitenden und in Bonn wohnenden Be- diensteten seines Ministeriums aufgefordert werden sollen, ihre Bonner Wohnungen auf. zugeben. Zu der Anfrage nach einem Fremden- le gionär, dem nach seiner Flucht im Suezkanal vom Auswärtigen Amt 44/11 PM abgefordert wurden, stellte Vizekanzler Blü- cher fest, daß die Rechtsgrundlage dafür das Konsulargesetz aus dem Jahre 1867 sei. Eine Erläuterung im Bundeshaushalt 1955/56 be- stimme, daß eine Unterstützung für die Rück- führung von Deutschen nur gegen Rück⸗ zahlungsforderung gewährt werden könne. Es sei bei der Beratung des Haushalts zu überlegen, inwieweit diese Dinge anders ge· regelt werden können. forderte im Laufe von drei Jahren eine Ver- minderung auf je 1 500 000 Mann für die USA, China und die Sowjetunion, je 650 000 Mann für Großbritannien und Frankreich und 150 000 bis 200 000 Mann für alle übri- gen Länder. Schließlich konnte man sich auch über die Verminderung der Atomwaffen nicht eini- Sen. Der amerikanische Plan sah vor, die Produktion von Atomwaffen-Materialien ein- zustellen und die bestehenden Atomwaffen Vorräte allmählich für friedliche Zwecke aufzubrauchen. Die Sowjetunion dagegen ignorierten den Atomwaffenaspekt der Ab- rüstung, nachdem sie sich früher für das ab- solute Verbot der Atomwaffen ausgesprochen hatte.(dpa/ AP Einen Marsch auf Paris kündigten die Poujadisten an Paris.(Ro.-Eig.-Ber.) Der Kongreß der Poujade-Bewegung, der drei Tage lang in der kleinen südfranzösischen Stadt Saint Ceré stattfand, von der Poujade einst seinen Aus- gang genommen hatte, ist gestern zu Ende gegangen. Er hat die vollkommene Herrschaft über die Bewegung durch den„Führer“ Pou- jade bestätigt, ebenso die schroff antiparla- mentarische und faschistische Tendenz von Poujade selbst, wenn dieser auch nach Art der Diktatoren gleichzeitig einige seiner lau- testen Schreier ausgebootet hat. Die poujadistischen Abgeordneten sollen vorderhand nur als Beobachter ins Parlament zurückkehren, allerdings wird sie das nicht hindern, mittels Stimmenübertragung an allen nicht namentlichen Entscheidungen mit- zuwirken. Poujade spricht weiter von einem Marsch auf Paris von 500 000 seiner An- hänger, die dem Parlament zeigen sollen, wo heute die wirkliche, legitime Gewalt liegt. Solange es zu keiner größeren Krise über Algerien oder zu schweren Inflationserschei- nungen kommt, darf man diesen Projekten keine allzu große Bedeutung beimessen, aber die allgemeine Labilität der inneren Lage be- flehlt auch, sie nicht zu unterschätzen. 33,6 Millionen für Verteidigung Washington.(Ap) Der Bewilligungsaus- schuß des amerikanischen Repräsentanten, hauses hat sich dafür ausgesprochen, daß für Verteidigungszwecke im neuen Haus- haltsjahr 33,6 Millionen zur Verfügung ge- stellt werden sollen. Der Ausschuß bewil⸗ ligte damit 5,12 Millionen weniger als die 9 yr. 10s — Was Nac woch 10 Mensch war, k des Ta gend u gehüllt bis Zu den am Tal 6 len die auf de sizilian tiger S. von he Sturm, keit V. leb de Calabri woch Regeng peldern noch ni Rom er stand v den obe Die bisher schichte eingelei Schiffer in Rich dort wWe zu arbe Das Organis nach ei reichba. komme: bedeute nisse glieder und d neuer I Auf ter„Te Hafen ein Au leute u. 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Später nimmt dann der Senat seine Beratungen auf. f 35 Todesopfer forderten in Marrakesch Ausschreitungen kleinerer Gruppen von Marokkanern gegen Anhänger und Ver- wandte des verstorbenen franzosenfreund- lichen Paschas von Marrakesch, EI Glauoul Das marokkanische Kabinett verfügte Son- dermaßnahmen, um die Ordnung in Marra- kesch wiederherzustellen. rich R nehmen des Ka! beserkl; Sattler glückbr! über de Der lichen denes“ Esser Goethe
Ausgabe
11 (4.5.1956) 103
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