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MITTEILUNGSBLATT

Für die Schriftleitung verantwortlich: Stadt Mannheim, Rathaus K 7

FÜR MANNHEIM

Für den geschäftlichen Teil: -W. Geppert u. A. Neugart, Mannheim, R 1, 4-6, Rückgebäude

Nr. 2 Montag, 23. April 1945 Preis 10 Pfg. % Veröffentlichungen der Militärregierung Stadtkreis Mannheim

Aufhebung von Nazi-Gesetzen Artikel II des Gesetzes Nr. 1 der Militärregierung Deutschlands lautet wie folgt: Kein deutsches Gesetz, wie oder wann es auch immer verkündigt oder in Kraft gesetzt wurde, soll innerhalb des besetzten Gebietes gericht­lich oder verwaltungsmäßig angewendet werden in irgendeinem Fall, wo diese Anwendung Ungerechtigkeit oder Ungleichheit verursachen würde, entweder a) dadurch, daß irgendeine Person begünstigt wird wegen ihrer Verbindung mit der NSDAP, ihren Formationen oder angeschlossenen oder unterstellten Organisationen, oder b) dadurch, daß irgendeine Person benachteiligt wird wegen ihrer Rasse, Nationalität, Religion, Glauben oder Opposition gegen die NSDAP oder ihre Lehren. An die Bevölkerung Mannheims Die Bevölkerung Mannheims wird aufgefordert, persönlich oder schrift­lich Mitteilung von solchen Personen zu machen, die eifrige Mitglieder der Nazi-Partei waren. Weiter sollen Mitteilungen über die Tätigkeit von führenden Persönlichkeiten der angegliederten und beaufsichtigten Organisationen sowie Empfänger von Titeln, Rängen, Medaillen, Ehren­urkunden und anderen Abzeichen der genannten Parteien gemacht wer­den. Diese Auskünfte sollen der Militärregierung im Polizeipräsidium gegeben werden. Militärgerichtshof Der Militärgerichtshof von Mannheim ist seit dem 6. April in Tätig- keit. Es wurden 300 Gefangene ab geurteilt, davon einige leichtere und

auch einige schwerere Fälle. Nach einem gerechten Verhör wurden mehr als milde Urteile gefällt. Die Zeit für Nachsicht ist jedoch vorbei und der Gerichtshof muß und wird in Zukunft strenger verfahren. Ge­horcht den Gesetzen der Militärregierung und ihr werdet nichts mit dem Gericht zu tun haben. Politische Versammlungen sind verboten Auf die Verordnung Nr. 1 der Militärregierung Deutschlands, die öffent­liche Versammlungen verbietet, wird besonders aufmerksam gemacht! Die Förderung und Unterstützung von irgendwelchen öffentlichen Ver­sammlungen, für welche keine Genehmigung erteilt ist- außer zu reli­giösen Zwecken- oder die Teilnahme daran, ist ein Vergehen, das vom Militärregierungsgericht bestraft wird. Keiner politischen Gruppe oder Partei irgendwelcher Art ist es, ohne Rücksicht auf die Anzahl der Teil­nehmer, gestattet, sich zu versammeln. Blumen und Gemüse Tulpen und Flieder gibt es in Mannheim in Ueberfluß, Gemüse sind sel­ten. Ohne das Schöne zu vernachlässigen, müssen wir das Lebenswich­tige erzeugen- Nahrung. Jeder Mannheimer darf nicht nur Blumen pflanzen, sondern er muß auch Gemüse anbauen. Jeder Fleck Boden muß etwas hervorbringen, wir müssen unsere Gär­ten bebauen, in der Stadt, in den Vororten und auf dem Land. Die Fabriken können warten, die Gärten nicht. Diejenigen, welche auf dem Land sind, sollen auf den Bauernhöfen arbeiten und nicht zur Stadt zu­rückkehren. Wer in der Stadt sein muß, soll nicht nur Blumen, sondern auch Gemüse ziehen.

Wir bauen auf! Ganz bescheiden können wir das vorläufig nur; denn erst gilt es, Berge von Trümmern zu beseitigen, bevor wieder ein Boden gefunden wird, auf dem gebaut werden kann. Die Trümmer all dessen, was zerschlagen ist, sind uns noch im Wege. Am besten fängt man damit an, den Schutt zu be­seitigen und nach einem alten Sprichwort zuerst einmal den vor der eige- nenTüre. Damit werden wir schon fertig werden. Schwieriger ist es schon, wenn ein glücklich Heimgekehrter vor seiner zerbrochenen Hütte steht, in der er gerne wieder hausen möchte. Da muß mit seit Jahren erprobter Kunstfertigkeit gehämmert und gezimmert werden, bis man wieder drin wohnen kann. Bei Sonnenschein geht es dann so einigermaßen, es muß aber auch einmal regnen, wenn die Kartoffeln wachsen sollen. Dann aber wird der sturmerprobte Mannheimer sehr nachdenklich, wenn es gluck-gluck im rhythmischen Gleichmaß von der Decke tropft und das fantasievoll neu zu­sammengestelltekombinierte Wohn- und Schlafzimmer in ein Plansch­becken verwandelt wird.. Was tun? Selbsthilfe ist nur dann möglich, wenn man über Dachpappe oder Dachziegel verfügt, was leider oft nicht der Fall sein wird. Es ist daher ein Trost, zu hören, daß die Abteilung Sofortmaß­nahmen in den nächsten Tagen ihre Tätigkeit aufnimmt. Zunächst können allerdings nur die allernotwendigsten Instandsetzungsarbeiten an Dächern und Fenstern usw. in Angriff genommen werden, um die Räume wieder bewohnbar zu machen. Damit möglichst vielen und schnell geholfen wer­den kann, ist es nötig, daß jeder, der von früheren Arbeiten her noch Rest­bestände an Dachdeckungsmaterial, wie Pappe und Ziegel, hat, diese un­verzüglich an das zuständige Bezirks baubüro abgibt. Es werden in nächster Zeit, so hoffen wir, wieder Dachdeckungsmate­rial und Fensterglas zur Verfügung stehen, so daß die dringendsten Schäden ausgebessert werden können. Bei der großen Zahl der Schäden ist aber Selbsthilfe immer noch die schnellste Hilfe. Wer sich rechtmäßig Material beschaffen und sich damit zuerst einmal selbst helfen kann, soll es tun. Er soll auch, wenn er über die Barmittel verfügt, seinem Lieferanten dieWare bezahlen und seine Auslagen, die selbstverständlich durch Rechnungen nachgewiesen seii| müssen, bei der Abteilung Sofortmaßnahmen vormer­ken lassen. Es wird kaum damit zu rechnen sein, daß vorerst größere Hilfen von seiten der öffentlichen Hand gewährt werden können. Der Einzelfall indessen bleibt der individuellen Behandlung Vorbehalten. So wollen wir wieder aufbauen, zuerst ganz bescheiden, Schritt für Schritt, damit enst einmal wieder Fenster und Dach zu sind, dann werden wir weiter SQhen. S. An Betriebsführer, Arbeiter und Angestellte Der Oberbürgermeister hat angeordnet, daß die Behebung der Schäden an bom- bengeschädigten Wohnhäusern sofort wieder in Angriff genommen werden. An alle Betriebsführer und Arbeitskräfte des Bauhaupt- und Nebengewerbes ergeht die Aufforderung, sich unverzüglich wieder in Mannheim einzufinden und die Arbeit wieder aufzunehmen. Nähere Anweisungen erteilt die Abt. Sofortmaßnahmen des Städt. Hochbau­amts, vorläufig im Rathaus, K 7, Zimmer 313. Auch aus Industrie, Handel und Handwerk werden Klagen darüber vorgebracht, daß das Arbeitspersonal sich noch von der Arbeit fernhält. Alle Arbeitsfähigen müssen sich unverzüglich zur Arbeitsaufnahme bei ihren Betrieben, soweit in diesen noch gearbeitet werden kann, melden.

, Bekanntmachung Für die Woche vom 23.29. April 1945 werden folgende Lebensmittel­marken aufgerufen: auf Abschnitte 135, 136, 137 je 500 g/ auf Abschnitte 159, 160, 163, 165 je 50*g auf Abschnitt 154= 125 g Butter oder Margarine oder 100 g Oel oder 100 g Schweineschmalz auf Abschnitt 166 125 g auf Abschnitte 74/H, 74/III und 74/IV der Kartoffelkarte für Erwachsene und 74/111IV der Kartoffelkarten Klst je 5 Pfund. Die für die Woche vom 16.22. April aufgerufenen Abschnitte gelten bis 28. April weiter. Alle Bezugsmarken für Seife und Lebensmittel, die nach dem Aufdruck 'am 31. 3. 1945 verfallen sind, bleiben bis auf weiteres in Geltung. Städt. Ernährungs- und Wirtschaftsamt. Öffnungszeiten der Geschäfte Die Lebensmittelgeschäfte sind geöffnet: werktäglich von 8.0013.00 Uhr und 15.0018.00 Uhr. Die sonstigen Geschäfte werktäglich von 8.0012.00 Uhr und 14.0018.00 Uhr. An die Steuerzahler Die Gesetze des Reichs und der Stadt Mannheim über Steuern, Ge­bühren und Beiträge gelten trotz der Besetzung weiter, soweit sie nicht von der Militärregierung zeitweilig oder vollständig aufgehoben worden sind. Die künftig fällig werdenden Steuern, Gebühren und Beiträge müs­sen fristgemäß bezahlt und rückständige Verpflichtungen so schnell wie möglich nachgeholt werden. Die Säumigen werden hiermit gemahnt. Bis zur Ausgabe neuer Grundsteuerbescheide sind die bisherigen Grund­steuerbeträge auch für 1945 zu entrichten. Die Erhaltung geordneter Zustände und der Wiederaufbau hängen von der gewissenhaften Zah­lung der Steuern, Gebühren und Beiträge ab. Wer nicht fristgemäß zahlen kann, muß wie bisher rechtzeitig um Stundung nachsuchen. Das Städt. Steueramt und die Stadtkasse befinden sich im Rathaus, K 7. Der Amtssitz der Finanzämter wird baldmöglichst bekanntgegeben. Der Oberbürgermeister

Brot: Fleisch: Fette: Nährmittel: Kartoffel: