Mannheim, 2. Jaunar. General⸗Anzeiger. Miktagblatt.) * . 3. Seite. Gewerkſchaftler Sauermann einen ihnen genehmeren Kandidaten haben. Insgeſamt ſollen ſo 3500 abkommandierte Wähler des Zentrums hier den Einfall in den Saarbrücker Wahlkreis ausfüh⸗ ren und damit die Ausſichten für den Zentrumskandidaten ver⸗ beſſern. Badiſche Politik. (Karlsruhe, 1. Jan. Zur Bekämpfung des Saccharin⸗ ſchmuggels ordnete das Juſtizminiſterium an, daß den Gerichten und Staatsanwaltſchaften eine Abhandlung des großh. Staatsan⸗ walts Bender in Freiburg über den Saccharinſchmuggel und ſeine Bekämpfung überwieſen wird. (Vom Neckar, 1. Jan. Gegenwärtig werden Erhe⸗ bungen gemacht über die Lage der Neckarſchiffer über die Abhilfe ihrer Notſtandslage. Veranlaſſung dazu gab eine Beſprechung im Landtag. 5 Die Geiſtlichen als Religionslehrer. IKarlsruhe, 1. Jan. Zu der kürzlich von uns veröffent⸗ lichten landesherrlichen Verordnung über die Verwendung von Geiſtlichen als Religionslehrer an höheren Lehranſtalten gibt das Miniſterium de Kultus und Unterrichts in derKarlsr. Ztg. nähere Erläuterungen, denen wir folgendes entnehmen: Seit dem Jahre 1891 haben ſich der Prüfung für geiſtliche Lehrer an höheren Lehranſtalten verhältnismäßig wenig Geiſtliche unter⸗ zogen: im ganzen 16 katholiſche und 13 evangeliſche. Zurzeit ſind an den höheren Schulen des Landes 11 katholiſche geiſtliche Lehrer 8 Profeſſoren, 3 Lehramtspraktikanten), die zuſammen 108 Re⸗ ligionsſtunden und 117 weltliche Unterrichtsſtunden erteilen, und 11 evangeliſche geiſtliche Lehrer(alle Profeſſoren) mit einem Stundendeputat von zuſammen 141 Religionsſtunden und 84 weltlichen Unterrichtsſtunden angeſtellt. Nach dem allmählichen Wegfalle der zurzeit im Dienſt befindlichen geiſtlichen Lehrer wer⸗ den für die Erteilung der ihnen überwieſenen 201 weltlichen Unterrichtsſtunden etwa 10 Stellen für wiſſenſchaftlich gebildete DLehrer frei werden, eine Ausſicht, die gerade jetzt in der Zeit eeines außerordentlich ſtarken Zugangs von Lehramtspraktikanten 1 ſehr begrüßt werden dürfte. Um für große höhere Lehranſtalten, an denen die Erteilung des Religionsunterrichts in den verſchie⸗ pdenen Klaſſen ein volles Stundendeputat ausmacht, die Anſtellung pHheſonderer, für dieſen Unterricht gut vorgebildeter und vereigen⸗ ſchafteter Religionslehrer zu ermöglichen, beſtimmt die neue landesherrliche Verordnung, daß an ſolchen Anſtalten auf Vor⸗ ſchlag der oberſten Kirchenbehörden Geiſtliche, die zur ſtändigen öffentlichen Ausübung kirchlicher Funktionen im Großherzogtum 8 zügelaſſen ſind, als Religionslehrer mit allen Rechten und Pflichten der wiſſenſchaftlich gebildeten Lehrer in etatmäßiger und nichtetatmäßiger Eigenſchaft angeſtellt werden können. Als Eeinziges weltliches Unterrichtsfach, das dieſen Religionslehrern zugewieſen werden darf, iſt die hebräiſche Sprache zugelaſſen. Be⸗ ſonders erfreulich iſt es, daß die Aufhebung der Einrichtung der geiſtlichen Lehrer und die jetzige Regelung im Einverſtändnis mit dem Erzbiſchöflichen Ordinariat und dem Evangeliſchen Oberkir⸗ chenrat getroffen werden konnte. Neufahr N*Berlin, 1. Jan. Den Beginn der Neujahrsfeier am Faiſerlichen Hofe bildete auch in dieſem Jahre das große Der Kaiſer und die Kaiſerin hatten um.30 Uhr dddas Neue Palais im Automobil verlaſſen und krafen um % Uhr hier ein, vom Publikum mit Hurrarufen begrüßt. Um Uhr empfing der Kaiſer den kommandierenden General des 18. Armeekorps, General der Infanterie v. Eich⸗ horn, und den Generalkapitän der Haustruppen General der Kavallerie v. Scholl im Sternſaal und verlieh beiden den Schwarzen Adlerorden. In der Schwarzen Adler⸗Kammer nahm das Kaiſerpaar dann die Glückwünſche des Königlichen Hauſes entgegen, im Kapitelſaal diejenigen der Hofſtaaten. 5 Um 10 Uhr begann in der Schloßkapelle der feierliche Gottes⸗ 5 Hier verſammelten ſich u. a. der Reichskanzler von ethmann⸗Hollweg, die Bevollmächtigten zum Bundesrat, die Generalfeldmarſchälle und Generaloberſten, die Generalität und Admiralität, die Ritter des Schwarzen Adlerordens, die Kommandeure der Leibregimenter, die aktiven und inaktiven (Staatsmänner, die Staatsſekretäre, die Präſidenten des 5 Landtages und die Räte der oberſten Klaſſen. Der Kaiſer führte beim Eintrittein die Kapelle die Kaiſerin, dann folgte Prinz Rupprecht von Bayern mit der Prinzeſſin Friedrich eopold, Herzog Albrecht von Württemberg mit der Prin⸗ gzeſfin Viktoria Luiſe und die übrigen Prinzen und Prin⸗ zeſſinnen. Oberhofprediger D. Dryander predigte über den Text Buch Joſua 3, V. 10Ihr ſollt merken, daß ein lehen⸗ Higer Gott unter euch iſt. Den Spruch hatte der Katſer ſelbſt Ausgewählt. 80 Kaiſerhofe. 1 1 9 Ffragen ſollte. Nichts! ſagen Sie nichts! Oder ſagen Sie, daß tauſendmal lleber. oben in der Nähe von dem Kreuz von der Ilſabe eingebuddelt bin, als im ſchönſten Berliner Mauſoleum. Und daß man, wenn man die Hände ſo aufhebt, nur immer gradaus, immer geht, nur geht man auch draußen im Meer ſchlafen kann. Kühn(lacht): Gut! Schilling(der ſeine Arme, ähnlich wie ein Beter, gegen das Meer hoch gehoben bat): Und wenn Sie noch jemand nach mir fragt, daun ſagen Sie: der Maler Schilling hat hier auf Fiſchmeiſters Oye HDie heſte Idee ſeines Lebens gehabt. oder ſagen Stie lieber bloß, ich bin baden gegangen. 5 *(Von dem Gallion, das er noch immer hungrig anſtarrt, ſich mühſam losreißend, verſchwindet Schilling, eigentümlich lachend, mit 5 Hocherhobenen Händen in der Dunkelheit.)] 5 Kfthn: Nn ſoll mich noch eener ſagen, wenn der nich ſein eignes Totenbefängnis jeſehn hat! 4 eee Großh. Bad Bof⸗ und Netionaltheater in Mannheim. Die beiden Leonoren. Luſtſpiel von Paul Lindau. Die beiden Leonoren ſind ein älteres, aber noch ganz friſches Luſtſpiel, das einen Abend füllt und aufs angenehmſte umterhält, und unſer Publikum noch im beſonderen feſſelt, da wir im dritten und vierten Akt aufs Heid idelberger Schloß und gufs liehe alte Heidelberg blicken und ein wenig an den Früh⸗ ling in Heidelberg vorweg denken können. Die beiden Leonoren ſind Mutter und Tochter. Erſtere die noch jugendliche und lebensluſtige Gattin eines ebenſo dicken wie gemütlichen Juſtiz⸗ rates, an deſſen Seite es nicht gerade überwältigend amüſant ſich lebt; letztere in der Penſion kräftig und geſund herangeblüht, ein Geſchöpf ſo recht nach der Luſt Gottes. Gerade hat die ältere, aber noch ſehr junge Leouore begonnen die Leere ihres Daſeins ein wenig auszufüllen, nicht nur durch Zigaretten und franzöſiſche Romane, die uns den Ausruf entlocken: Pfui, wie deizend, ſondern auch durch zweckdienlichere Unterhaltung, als Nach dem Gottesdienſt begab ſich das Kaiſerpaar nach dem Weißen Saal zur Entgegennahme der Gratulations⸗ Defiliercour. Der Kaiſer reichte hierbei dem Reichskanzler und dem anweſenden Präſidenten bezw. Vizepräſidenten des Herrenhauſes und des Abgeordnetenhauſes die Hand. Nach der Cour nahm der Kaiſer die Glückwünſche der Botſchafter entgegen, darauf die des Staatsminiſteriums und empfing dann die kommandierenden Generale und Admirale, mit denen ſich die Generalfeldmarſchälle und Generalinſpektoren, der Kriegsminiſter, der Chef des Generalſtabs, der Staats⸗ ſekretär des Reichsmarineamts und der Chef des Admiral⸗ ſtabes vereinigt hatten. Der Kaiſer empfing ferner den von Tripolis zurückgekehrten Major Wilckens und nahm die Meldung des amerjkaniſchen Marineattaches Nidlas ent⸗ gegen. Die Kaiſerin empfing im Königinnenzimmer die Botſchafter und ſpäter im Pfeilerſaal die Fürſtinnen. Um 129½ Uhr begab ſich der Kaiſer zu Fuß nach dem Zeughaus zur Paroleausgabe und nahm dort militäriſche Meldungen entgegen, u. a. diejenige des bayeriſchen Generalleutnants Frhrn. v. Gebſattel, des bayeriſchen Oberſten, Wenninger und des neuernannten ſächſiſchen Militärbevollmächtigten Gene⸗ ralmajor Leuckhart v. Weisdorf. Er verlieh dem General⸗ leutnant Frhn. v. Gebſattel den Kronenorden erſter Klaſſe. An der Frühſtückstafel im kgl. Schloß nahmen u. a. Prinz Rupprecht von Bayern und Herzog Albrecht von Württem⸗ berg teil, die zu Seiten der Kaiſerin ſaßen. Aus Stadt und Land. Mannheim, 2. Januar 1912. Bürgerausſchuß⸗Vorlagen. Erſtellung eines zweiten Waſſerwerkes. Da der Errichtung eines zweiten Waſſerwerkes in nächſter Zeit nicht näher getreten werden ſoll, die Abrechnung über die Er⸗ weiterung des Waſſerwerks im Käfertaler Wald aber fertiggeſtellt iſt, wird es notwendig, die Ueberſchreitung von 24 104,69 Mk., die bei den Vorarbeiten für das zweite Waſſerwerk verurſacht wurde, endgiltig zu verrechnen und zu dieſem Zwecke einen Nachtragskredit zu dem Hauptkredit von 100 000 Mk. zu bewilligen. Die Mehr⸗ aufwendung iſt hauptſächlich durch umfangreichere Bohrungen und Quantitätsverſuche entſtanden; außerdem hat Herr Ingenieur Smreker 15 000 Mk. für die Erſtattung genereller Vorſchläge über das Haardtwaldwaſſerwerk, ſowie die Ausarbeitung eines ſpeziellen Projektes erhalten. Schließlich ſind der Forſt⸗ und Domänen⸗ direktion noch 5001.31 Mk. für die Aufſtellung einer Wertberech⸗ nung als Grundlage für die Ankaufsperhandlungen über den DomänenwaldSchwetzinger Hardt zu zahlen. Die geſamte An⸗ forderung, die der Bürgerausſchuß nunmehr zu bewilligen hat, be⸗ trägt darnach 29 106 Mk. Unterbringung der Armenkommiſſion in dem ſtädtiſchen vorm. Götzſchen Hauſe, N 2, 4. Die Geſchäftsräume der Armenkommiſſion werden aus dem Kaufhaus nach N 2, 4 verlegt, weil die jetzigen Räumlichkeiten zu klein geworden ſind. Die Beamten ſind zu unzweckmäßig verteilt. Die Räume im Kaufhaus werden überdies dringend für andere Zwecke gebraucht. Der Aufwand, der durch baulſche Herſtellungen und ſonſtige Inſtandſetzungen verurſacht wird, beziffert ſich auf willigen. Außerdem werden 5400 Mk, zur Beſchaffung weiterer Möbel in den Voranſchlag eingeſtellt. Erwerbung und Verpachtung von Liegenſchaften. Die Stadtgemeinde hat nach langen Verhandlungen 8 Grundſtücke mit 216 927 Imtr. Grundfläche von den L. Stem⸗ pelſchen Erben zum Preiſe von 400000 M. erworben. Der Preis ſtellt ſich durchſchnittlich auf 1,84 M. pro Omtr. Die Grundſtücke, die am 1. Januar in den Beſitz der Stadtgemeinde übergegangen ſind, liegen vorwiegend auf der Gemarkung Neu⸗ Mannheim, der Reſt auf der Gemarkung Wallſtadt. Von Geh. Kommerzienrat Aſchrott in Berlin wurden auf der Gemarkung Sandhofen 9 Waldgrundſtücke zum Preiſe von 30000 M. er⸗ worben. Der Quadratmeter des insgeſamt 128 434 Imtr. gro⸗ ßen Geländes ſtellt ſich durchſchnittlich auf 23,4 Pfg. Schließlich wurden noch 35 Grundſtücke hauptſächlich von Käfertaler Einwohnern zum Preiſe von 64 504.14 M. erworben, Der Preis des ingeſamt 701 Ar 81 QOmtr. großen Terrains ſtellt ſich auf 58 Pfg. bis 4 M. pro Omtr. Eine Anzahl Grundſtücke ſollen an die ſeitherigen Grundbeſitzer verpachtet werden. Beim Bür⸗ gerausſchuß werden nunmehr 420 000., 31.500 M. und 67800 M. angefordert. Bauliche Einrichtungen in der Stabtgärtnerei. Während der etwa 2 bis 2½8ährigen Benützung der neuen Stadtgärtnerei und des Palmenhauſes hat ſich erwieſen, daß 2CC ͤv h 27 300 Mk. Dieſer Betrag iſt jetzt bom Bürgerausſchuß zu be⸗ die ganze Anlage noch in einigen Punkten der Ergänzung H= darf, wenn ſie allen Anforderungen genügen ſoll. Einzeln Ergänzungen ſind bereits aus laufenden Mitteln des Jahres 1911 ausgeführt worden. Für andere hält der Stadtrat mit Rückſicht auf ihre Art und die Höhe der Koſten die Verwendung von Anlehensmitteln für geboten. Es handelt ſich um folgende friedigung längs der zum Rennplatz führenden Pappelallee 5300 Mark, 2. Erſtellung eines Wohnhauſes für den Obergärtner, 3. Beſchattungseinrichtung für das Palmenhaus 3700., 4. Aufſtellung von 2 vorhandenen Kulturhäuſern 4400 M. Die Höhe des in der Stadtgärtnerei und im Palmenhaus angeleg⸗ ten Kapitals von über 300 000 M. ſowie die Beaufſichtigung des ununterbrochenen Betriebs der damit verbundenen Hei⸗ zungseinrichtung läßt es bei der Abgelegenheit der Anlagen geboten erſcheinen, daß der Obergärtner in der Stadtgärtnerei ſelbſt wohnt. Das Wohnhaus, das für den Obergärtner erbaut werden ſoll, erhält 4 Zimmer, Küche, Kammer und Zubehör, wovon 1 Zimmer als Wohnraum für den ledigen Stellver⸗ treter des Obergärtners verwendet werden ſoll. Zur geſunden Weiterentwicklung der wertvollen Palmenbeſtände iſt die An⸗ bringung einer Beſchattungseinrichtung auf den ſchrägen Dach⸗ flächen des Palmenhauſes dringend nötig. Der proviſoriſche Kalkanſtrich hat ſich nicht bewährt. Beim Abhruch der als un⸗ brauchbar angeſehenen Gewächshäuſer der alten Gärtnerei hat ſich ergeben, daß zwei weitere doch noch beſſer waren, als es den Anſchein gehabt hatte. Bei den zunehmenden Beſtänden der Stadtgärtnerei können ſie gut Verwendung finden. Beim Bür⸗ gerausſchuß wird die nachträgliche Genehmigung der Ueber⸗ ſchreitung des 1908 für die Verlegung der Stadkgärtnerei be⸗ willigten Kredits um 681.49 M. und die Verwendung von An⸗ lehensmitteln in Höhe von 27 740 M. beantragt Das neue Jahr. Was wird es bringend Wird es im Allgemeinen und Be⸗ ſonderen dem verfloſſenen gleichen oder birgt es beſſere Loſe in ſeinem Schoße? So wird ſich mancher gefragt haben, als der 12. Glockenſchlag, der feierliche Klang der Kirchenglocken, das Krachen der Feuerwerkskörper und die von der Straße heraufdringenden vielhundertſtimmigen Proſit Neujahr!⸗Rufe verkündeten, daß ein neues Jahr mit neuen Hoffnungen und Wünſchen angebrochen war. Der letzte Tag des alten Jahres verdient noch einige Worte der Erwähnung. Er war ſo eigen⸗ artig, wie die meiſten ſeiner 364 Vorgänger. Die Temperatur ſo mild, daß man ſich in den Frühherbſt verſetzt fühlen konnte. Viele ſah man ohne Ueberzieher ſpazieren gehen. In den Mit⸗ tagsſtunden präſentierte ſich ſogar ein tiefblauer Himmel, In⸗ folge des Umſtandes daß der letzte Tag des alten Jahres auf einen Sonntag fiel, geſtaltete ſich, abgeſehen von der Hrächtigen Witterung, die förmlich ins Freie lockte, das Straßenleben ſchon in den Nachmittagsſtunden ſehr lebhaft. Zwiſchen 5 und 7 Uhr hatten beſonders diejenigen Läden, in denen Feuer⸗ werkskörper zu haben waren, eine ſcharfe Attacke auszuhalten. Der Uebergang ins neue Jahr zeigte denn auch, daß diesmal ganz beſonders Neigung dazu vorhanden war, dem Pyrotech⸗ niker ins Handwerk zu pfuſchen. In den Abendſtunden war es vornehmlich die liebe Jugend, die Fröſche ſpringen und Kano⸗ nenſchläge krachen ließ. Der Hauptſpektakel begann erſt in der zwölften Stunde. Immer ärger wurden die Detonationen, bis ſchließlich, als nur noch einige Minuten zum neuen Jahre ohrenbetäubendes Getöſe die Luft erfüllte. kehr war bei weitem lebhafter als in früheren Jahren. Das milde Wetter trug dazu, wie geſagt, vor allem bei. Man ſcheint auch im allgemeinen mehr ausgegangen zu ſein, als es ſeither den der Poſaunenchor des Männer⸗ und Jünglingsvereins vom Turmumgang der Konkordienkirche aus blies. Wie ſtimmungs⸗ voll das war, wie losgelöſt von aller irdiſchen Vergänglichkeit. Manche Straßenſtrecke war minutenlang förmlich in rote Glut getaucht, ſo intenſiv wurde illuminiert. Wo ein Balkon vor⸗ handen war, da hielten ſich fröhliche Menſchen auf, die von der geſelligen Tafel weggeeilt waren, um ihre Freude über den Anbruch des Jahres 1912 kundzutun. Ueberall waren die Fen⸗ ſter geöffnet. In vielen Wohnungen brannte der Ehriſtbaum. Der Familienvater bleibt gern im Kreiſe der Seinen, Ein ganz natürlicher Vorgang. Weiß man denn, ob man im näch⸗ ſten Jahre noch ſo friſch und munter, noch ſo vollzählig ver⸗ ſammelt iſt? Die ſorgloſe Jugend aber ſchwärmt mit Vorliebe aus. Wer nicht eingeladen iſt, ſucht die Vergnügungslokale auf, die keine Langeweile aufkommen laſſen. Muſiziert wurde an gar vielen Orten. Aber auch getanzt. Der Silveſterball im Apollothegter war ein Volltreffer. In fämtlichen Räu⸗ men kounte tatſächlich die bekannte Stecknadel nicht zur Erde fallen. Im großen Theaterſgal drehten ſich bis zum Morgen ebenſo zahlreich die Paare, wie im Goldſaal. Im Cafs war cadero ließ die elegante Welt die Pfropfen knallen. Es war ein Trubel, wie er hüchſtens in der Hochſaiſon des Karnevals, wiederkehrt. Aber auch alle anderen Lokale, wo Frau Muſica; da iſt ein Flirt ſehr ſtarker erotiſcher Unterton mit einem jungen, eleganten und in Liebesſachen ſehr eifrigen und gegen ſich und junge verheiratete, aber unverſtandene Frauen ſehr duldſamen Vizekonſul. Es iſt dann die junge Leonore, die die Mutter von ihrer Liebeskrankheit heilt, und das Liebesbegehren des jungen Diplomaten in ſehr nützlicher Weiſe auf ſich ablenkt. Und ſo kann ſchließlich in Heidelberg Verlobung gefeiert wer⸗ den, nachdem wir in vier Akten noch mancherlei ergötzliche und luſtige Szenen und luſtige wie ergötzliche Menſchen erlebt haben, Vally von Küſtenfel d, der Gaſt aus Hamburg, gab die jüngere Leonore und konnte durch ein friſches, munteres und natürliches Spiel recht wohl gefallen, ſie wat ſchelmiſch und klug, liebreizend und ſicher ſie war jung und ließ alle aller⸗ liebſten Teufeleien jungen Mädchentums ſprühen. Alſo wahr⸗ ſcheinlich eine Schauſpielerin, die Luſtſpieltypen ſehr briginell, nett und anziehend wiedergeſtalken kann, aber eine Grenze ihres Talentes findet, wo es gilt eine Geſtalt, die mehr iſt als ein Typus, mit indiyiduellem Leben, mit Perſönlichkeit aus eigener Phantaſiekraft und nicht aus generellen Beobachtungen zu er⸗ füllen. Schreiner war ein gemütlicher Juſtizrat, der ſein Bäuchlein mit Ruhe und Würde trug, Lene Blankenfeld eine ſehr verführeriſche und ſehr ſehnſüchtige junge Frau Hecht legte in den alten Herrn Wieberg eine ſehr ausgiehige und ſehr wirkſame Komik hinein, Köhler war ein Diplomat mit Monvyele, deſſen Anziehungskraft auf ältere wie jüngere Leonoren durchaus wahrſcheinlich dünkte, Juſie Sanden wußte als Gouvernante und Haustyrann ſehr komiſche Wirkungen zu er⸗ zielen. Reiter führte die Regie und ließ die liebenswürdige Komik des Luſtſpiels frei und ſtark wirken, beſonders hüßſch hatte er den Gegenſatz der beiden Leonoren in den ſo ähnlichen und doch ſo amüſant kontraſtierenden Schlußzenen des erſten und zweiten Aktes herausgebracht. Kunſt, Wiſfenfchaft und Leben. Theater⸗Notiz. Mittwoch den 3. Januar findet das bereits angekündigte Gaſtſpiel von Mia Werber in Jones OperetteDie Geiſha ſtatt. Die beliebte Soubrette ſpielt die Titelrolle. In den übrigen Hauptrollen ſind beſchäftigt: Alfred Landory, Hugo Voiſin, Emil Hecht, Karl Neumann⸗Hoditz, Max Felmy, Marg, Beling⸗Schäfer, Marianne Rub und Lene Blankenfeld. Die Vorſtellung findet bei aufgehubenem Abonnement und mittleren Preiſen ſtatt. ſtatt der angekündigten 3 Einakter Donizettis mentstochter gegeben. Anfang 7 Uhr. Mannheimer Künſtler auswärts. Wie uns ein Privyattelegramm aus Halle a. S. meldet, wurde Fapellmeiſter Karl Ohneſorg, ein geborener Maunheimer und augenbliglich am Stadttheater Breslau, ünte; 98 Bewerbern als erſter Kapallmeiſter an das Halleſch Stadttheated mit glänzenden Bedingungen gewäh! Ohneſorg iſt der Komponiſt der OpernDie Bettlerin vom Po⸗ des Arts undDie Gauklerin. Münchener Theater. Unſer Münchner Thegierreferent ſchreibt uns: Das Müne ner Volkstheater feierte um einen Tag zu früß, nämlich ſchon gu Samstag den 30. Dezember Sylpeſter, indem es den neueſte Schwank von Mar Neal und Haus GerbeckPerket ſißs Nro. 10 zur Uraufführung brachte. Max Neal, de wohl an der Arbeit den Löwenanteil haben dürſte, dat all! Minen des Ulkes, der übertmülſgen Laune, des Schabernals de drolligen Situation ſpringen laſſen und purde gut ein Zuſſenß Mal am Schluſſe des Stückes bor die Rampe zeruſen, In Zzüyß nenjargon ausgedrückt: Ein Bombenerfolg. OperDie Negi⸗ Darauf hat ſich die Kritik zu beſchränken, denn nur ein reiner Torx legt an Juxgeſchichten die Sonde der Kritik. Es iſt * Beträge: 1. Erſtellung eines eiſernen Stabgeländers als Ein⸗ üblich war. Wer um 12 Uhr das Stadtzentrum paſſierte, der blieb unwillkürlich lauſchend ſtehen Ueber den weltlichen Tru⸗ bel erhoben ſich ernſt und feierlich die Akkorde eines Chorals, ebenfalls nur mit größter Mühe Platz zu beköͤmmen. Im Tro⸗ Am Samstag den 6. Januar wird im Hofthegter(Abonnement 0 fehlten, ein in verſchiedenen Stadtteilen manchmal geradezu Der Straßenver⸗