4. Seite/ Nummer 273 Neue Maunheimer Zeitung Der Deutſche Amateur⸗Villard⸗Bund in Mannheim Höhepunkt im billardſportlichen Leben 8, ſoweit es die in dem Deutſchen Ama⸗ d⸗Bund(DA BBB) vereinigten Klubs be⸗ jeweils die Generalverſammlun g, 5 über das Wohl und Wehe des Bundes ein⸗ gehend beraten wird. Als Vorort war dieſes Jahr Mannheim beſtimmt. Dem Mannheimer Bil⸗ lard⸗Klub waren die Vorbereitung der Bundes⸗ beratung und die umrahmenden Feſtlichkeiten über⸗ tragen. Der 8 9 tel 1r⸗Billa trifft, iſt in der Die Generalverſammlung fand am Samstag und Sonntag in den Räumen des Palaſthotels ſtatt. Aus allen Teilen Deutſchlands war die Vertreter der Klubs und der Bezirke er⸗ ſchienen. Ergiebig war die Ausſprache. Die um⸗ fangreichen techniſchen und Werbefragen wurden be⸗ friedigend gelöſt. Als einer der wichtigſten Be⸗ ſchlüſſe muß erwähnt werden, Haß die Welt⸗ meiſterſchaft für das 45 mal 2 Cadre⸗Spiel für das Jahr 1933 diesmal in Deutſc chland und zwar in Köln ausgetragen wird. Die deutſche Meiſter⸗ ſchaft für 1932/33 wird in Frankfurt a. M. be⸗ ſtritten. Feſtabend Hinſichtlich der die Tagung umrahmenden Feſt⸗ lichkeiten muß von vornherein feſtgeſtellt werden, daß ſich der Mannheimer Billard⸗Klub ſeiner Auf⸗ gabe in einer Weiſe entledigt hat, die ſich an 1955 vor⸗ angegangenen Tagungen würdig anreiht. Die die Buündestagung krönende Feſtlichkeit am Samstag abend im Silberſaal des Palaſthotels war ein großer Erfolg, da dem Mannheimer Klub eine Fülle von eigenen künſtleriſchen Kräften zur Verfügung ſtand, wie ſie ſelten in einem Klub vereinigt ſind. Durch⸗ flutet wurde der Feſtabend durch die Darbietungen des Kapellmeiſters Leger und ſeiner Mannen. Dr. Irſchlinger begrüßte die zahlreichen Gäſte und Freunde, vor allem den Meiſter, Oberreg.⸗Rat Poensgean, und das Bundespräſidium, das voll⸗ zählig anweſend war. Der Mittelpunkt des offiziellen Teils des Feſt⸗ abends war die. Ehrung des Meiſters. Bezirksvorſitzender Dr. Bundſchuh ſchilderte das Ringen und Kämpfen des Meiſters bis zu ſeinem Höhepunkt und bezeichnete ihn als Vorbild und Ideal für den deutſchen Billardſport. Dann übergab ein Itebliches Pfälzerkind dem tiefgerührten Meiſter einen von Blumen umrankten Weinkorb mit einem ſinnvollen Gedichte des Baudirektors Schaab. Ein Gedicht des Kölner Kritikers und Dichters Sponeck beendete die Ehrung des Meiſters. Alsdann folgten Tänze und dazwiſchen künſt⸗ leriſche Darbietungen. Herr Moos, Schüler des Konſervatoriums, ſpielte virtuos eine Konzertetüde von Liſzt. i An geſanglichen Darbietungen boten Schönes Frl. Vera Weiß und Herr Hans Schwei⸗ zer. Fräulein Vera Weiß und ihre Schweſter Irmgard zeigten einen raſſigen Tanz in elegantem Rhythmus. Hervorragend war Frl. Emele Schwei⸗ zer als Marlene Dietrich. Die Damen und Herr Schweizer ernteten herzlichſten Beifall. Eine prächtige Aufführung war die Mondſcheinſerenade, gedichtet von Baudirektor Schaab. Mitwirkende waren Frl. Vera Weiß und die Herren Schwei⸗ zer, Eugen Kühner und Moos. Der Beifall war übergroß. Den Clou des Abends bildeten die drei Billard⸗Girls(Dr. Irſchlinger, Schweizer und Kühner). Am Sonntag fuhren die Teilnehmer an der Bundestagung und die Gäſte nach dem ſchönen Alt⸗ Heidelberg, hinauf zum Schloß. Dann Fahrt mit dem Schiff nach Neckargemünd durch das liebliche Neckartal. Die fremden Gäſte waren von der Schön⸗ heit unſerer Heimat überwältigt. ul. Die Traubenblüte beginnt Oppenheim, 15. Juni. Begünſtigt durch das ſchöne Wetter, ſind die Weinreben im Wachstum ſo weit vorgeſchr: ten, daß mit der Traubenblüte in den nächſten Tagen gerechnet werden kann. In Dienheim fand man bereits einen Hausſtock einer Spättraube in voller Blüte. Das alte Preußen ſtirbt Im Verlag für Kulturpolitik erſcheint ſoeben unter dem Titel„Die Graue Eminenz“ von Joachim von Kürenberg eine Bio⸗ graphie Baron von Holſteins, des Staats⸗ ſekretärs des auswärtigen Amtes zur Zeit Bis⸗ marcks und Bülows. Mit Genehmigung des Ver⸗ loges veröffentlichen wir aus dem Buch folgenden Abſchnitt. Alle Glocken von Berlin läuten. Vom Luſtgarten klingt der dumpfe Böllerſalut der Kanonen herüber. Die Menſchenmaſſen, die ſich längs der Charlotten⸗ burger Chauſſee aufgeſtellt haben, ſind in Schwarz, dem alten Kaiſer die letzte Ehre zu erweiſen. Eine Schwadron Garde du Corps trabt vorbei. Am Bran⸗ denburger Tor wird die Spitze des Trauerzuges ſichtbar. Die Muſik des 1. Garderegimentes zu Fuß klingt herüber, die Kapelle des Regiments, in das vor 70 Jahren der Entſchlafene als Leutnant eintrat. Das war die Zeit der Freiheitskriegel Holſtein ſtellt dies für ſich feſt.(Der Geheimrat iſt nicht etwa im Trauerzug im Verbande der Beamten des Aus⸗ wärtigen Amtes, er ſteht vielmehr hier am Schloß Bellevue mitten in der Menſchenmenge.) Einund⸗ neunzig Jahre! Und doch kommt dieſer Tod zu ſchnell. Während ſie hier den erſten deutſchen Kaiſer begraben, liegt der zweite als ein zum Ster⸗ ben Verurteilter unter dem Seziermeſſer, während ſie hier Choräle ſpielen, denken die Leidtragenden ſchon an das Morgen, an den jungen Kaiſer, von dem eigentlich niemand etwas weiß. Der erſte Adjutant des Verſtorbenen, Gruf Per⸗ poncher, mit dem Ordenskiſſen, ſchreitet vorbei. Dann kommt der Sarg auf einer Lafette. Holſtein verneigt ſich ehrerbietig. Dieſe Ehrung iſt bei ihm echt, denn er hat den alten Kaiſer, obgleich er ihn perſönlich nicht gekannt hat, aufrichtig verehrt. Für ihn war dieſer Kaiſer in ſeiner Beſcheidenheit und preußiſchen Gradheit der lebendigſte Beweis für die Rechtmäßigkeit konſervativen Denkens, war für ihn als Preußen erfülltes Königstum. Hinter dem Sarg kommt als einziger der junge Prinz Wilhelm. Es geht ein Flüſtern durch die Reihen: Das iſt er! Hol⸗ Aus delmehl wird„E Mittag⸗Ausgabe Mannheimer Schöffengericht Vorſitzender: Amtsgerichtsrat Dr. Leſer, Mit einem Edelbrot⸗Backverfahren wollte der 24 Jahre alte Kaufmann W. Z. die Menſchheit beglücken. In Plauen reiſte er für eine Firma, die Backrezepte vertrieb, durch die eine große Erſparnis beim Backen eintreten ſollte. Die Erfolge, die er dort als Ver⸗ käufer erzielte, riefen ſeinen Ehrgeiz wach. Er fuhr im Auguſt 1930 nach Mannheim, um ſich hier ſel bſt⸗ ſtändig zu machen. Durch irgend eine Liſt war es ihm gelungen, ſich in den Beſitz des Rezep⸗ tes zu ſetzen. Da dieſes nicht geſchützt war, arbeitete er es für ſeine Zwecke um. Er ſprach in„ſeinem Rezept“ von Edelmehl, mit dem man bei rich⸗ tiger Behandlung ein Edelbrot herſtellen könnte. Da er aber kein Geld hatte, ſuchte er Teil⸗ haber. Bald hatte er auch einen Dummen gefun⸗ den, der ſofort 500„ in das Unternehmen ſteckte. Die Ausſichten waren auch zu verlockend: Denn 30 v H. vom Ge w inn der Firma ſind nicht alltäglich. Ein zweiter Teilhaber zahlte ſogar 1200, ein. Jetzt ſollte leder Teilhaber 15 v. H. vom Gewinn erhalten. Auch eine ganz ſchöne Sache dachten beide. In den Geſellſchaftsverträgen verſtand er es, ſeinen Teilhabern das Geſchäft ſchmackhaft zu machen. Bei einem Heidelberger Bäcker ließ er nach ſeinem Verfahren Backproben machen. Nach richtiger Miſchung des Mehles, das von einer Wormſer Firma geliefert wurde, ſollte es dem Bäcker möglich ſein beim Verbacken eines Doppelzentners Edelmehl gegen früher 40 Pfund mehr Brot heraus zubekommen. Tatſächlich wurde auch mehr Brot beim Verfahren des Angeklagten erzielt. Edelbrotwares aber nicht, denn man mußte es erſt einige Tage trocknen laſſen bis es überhaupt einigermaßen genießbar war. Durch den hohen Feuchtigkeitsgehalt erklärte ſich auch das Uebergewicht. Bis auf zwei Bäcker, die ein Probe⸗ Kae vorgenommen hatten, lehnten alle anderen, die als Zeugen geladen worden waren, das Verfahren ab, ſte alle bezeichneten das Brot als un⸗ genießbar. Außer ſeinen Teilhabern hat Z. nahezu zwan⸗ zig Bäckermeiſter um Beträge bis zu 120 Mark gebracht. Er verkaufte ihnen für dieſe Beträge ſeine Backrezepte, mit deren Hilfe aus Edelmehl Edelbrot hergeſtellt werden ſollte. Das Mehl wurde durch ſeine Vermittlung von einer Wormſer Firma gelie⸗ fert. Der Gewinn, den ſein Rezept und die Ver⸗ wendung des Gdelmehls ergeben ſollten, ſcheint mehr auf ſeiner Seite durch die Propiſion aus den Mehl⸗ lieferungen und durch den Verkauf der Backrezepte gelegen zu haben. Lange konnte Z. ſeine Gaunereien nicht treiben, denn bald fahndete die Kriminalpolizei nach ihm. Als er die Ausſchreibungen las, ſtellte er ſich ſelbſt der Polizei. Wegen früherer Gaunereien wurde 3, der geborener Tſcheche iſt, aus Baden aus⸗ gewieſen. Staatsanwalt Dr. Weinreich be⸗ zeichnete die Handlungsweiſe des Z. als offenen Schwindel, durch den viele kleine Bäckermeiſter emp⸗ findlich geſchädigt worden ſeien. Sein Antrag lautete auf 1 Jahr Gefängnis.., der ſehr gewandt und ſchlagfertig auftrat, war der Ueberzeugung, daß ſein Rezept gut und kein Schwindel war. Das„Edel⸗ brot“ ſet gut geweſen. Wegen Betrugs wurde Z. dann zu einer Geſamtgefängnisſtrafe von zehn Monaten verurteilt. Eine Woche Unter⸗ ſuchungshaft wird angerechnet. Immer wieder rückfällig Der 26 Jahre alte Taglöhner H. M. kam ſchon in früheſter Jugend wegen Diebſtahls mit dem Geſetz in Konflikt. Vom Februar bis April 1932 ſt ahl er in 5 Fällen auf dem Marktplatz, in einem Waren⸗ haus und bet ſonſtigen paſſenden Gelegenheiten Geldbeutel. Einmal fielen ihm ſo 15/ in die Hände, ſonſt kleinere Beträge. Er will aus Not ge⸗ handelt haben. Durch einen Unfall hat er eine Bein⸗ verkürzung erlitten, die ihn ſtark behindert. Er hat, nach ſeinen eigenen Angaben, noch nie in Arbeit ge⸗ Vertreter der und Staatsanwalt Dr. Anklage: 1 Staatsanwalt Dr. Gerard Weinreich. ſtanden. Das Geld habe er ſeiner Familie verbraucht. Staatsanwalt Dr. Weinreich tracht der Rückfälligkeit des N von 1 Jahr 6 Mo en für angemeſſen, M. ſelbſt beantragte Strafaufſchub auf Wohlverhalten. Wegen Diebſtahls im wiederholten Rückfall in 5 Fällen er⸗ hielt M. eine Geſamtſtrafe von 1 Jahr Ge⸗ fängnis. Die Unterſuchungshaft ſeit dem 24. Aprit wird in Abzug gebracht. Der Angeklagte nahm die Strafe ſofort an. zum Lebensunterhalt hielt in Anbe⸗ ſt. eine Gefängnisſtrafe Wegen 2 Zentner Kohlen 3 Monate Gefängnis Der 47 Jahre alte Eiſenbahnarbeiter., der ſich bis jetzt nie etwas zu Schulden kommen ließ, fälſchte im Frühjahr eine Wiegekarte für einen Wagen Kohlen. Er brachte dann 19 Zentner Kohlen in Anrechnung, obwohl es in Wirklichkeit nur 17 waren. Durch das ſchlechte Radieren auf der Wiegekarte kam der Käufer auf die Fälſchung; er meldete die Sache und B. mußte ſeine Verfehlung eingeſtehen. Bei der ganzen Sache verdiente er 2 Mark 36 für die 2 Zentner Kohlen und 56 Pfen⸗ nig Proviſion von dem Kohlenhändler, dem er ab und zu Käufer zuſandte. ., der einen recht einfältigen Eindruck macht, konnte für ſeine Verfehlung keine Erklärung geben. Immer ſagte er:„Ich habe es gemacht, ich geſtehe alles, es war eine Dummheit“. Dieſen Eindruck mußte man auch aus dem ganzen Verhalten des B. gewinnen.., der jahrzehntelang bei der Bahn be⸗ ſchäftigt war, hat jetzt ſeine Stellung verloren und iſt mit ſeiner achtköpfigen Familie in größte Not ge⸗ raten. Das Gericht mußte die geſetzlich zuläſ⸗ ſige Mindeſtſtrafe von 3 Monaten Ge⸗ fängnis ausſprechen. B. nahm die Strafe an und erhielt& Strafaufſchub auf Wohlverhalten. Ein Jahrradmarder Der noch nicht 20 Jahre alte Taglöhner F. K. hat im Jahre 19831 und 1932 11 Fahrräder ge⸗ ſtohlen, die er weiterverkaufte. Um die Käufer in Sicherheit zu wiegen, fälſchte er noch Be⸗ ſcheinigungen, die ihn als Eigentümer der Räder auswieſen. Ein Damenrad verkaufte er ſeiner Schweſter, die wegen Hehlerei angeklagt war, zum Preiſe von 4 /. Dieſe wußte, daß das Rad geſtohlen war. K. macht einen ſtumpfen, gleichgültigen Eindruck Auch er iſt trotz ſeiner Jugend ſchon vorbeſtraft Für ſeine Diebereien ſcheint er nicht das geringſte Gefühl zu haben. Seine Schweſter will erſt ſpäter erfahren haben, daß das Rad geſtohlen war. Erſter Staatsanwalt Dr. Gerard beantragte für K. ein Jahr Gefängnis, für die Schweſter ſtellte er die Strafe in das Ermeſſen des Gerichts. Das Urteil lautete bei K. wegen Diebſtahls und Privaturkum⸗ denfälſchung auf 10 Monate Gefängnis(ab⸗ züglich der Unterſuchungshaft ſeit 6. April) und bei der Schweſter anſtelle einer an ſich verwirkten Ge⸗ fängnisſtrafe von 10 Tagen auf 30% Geld⸗ ſtrafe. Ohne irgendwie von einander Notiz zy nehmen gingen die Geſchwiſter auseinander: K. auf 10 Monate ins Gefängnis und ſeine Schweſter mit der erſten Vorſtrafe wieder in die Freiheit. Ein ſchlechter Finanzberater Ganz übel hat ſich der 26 Jahre alte Bankbeamte O. H. benommen. Ein Bäckermeiſter und ein Lebensmittelhändler, die ihm die Abwick⸗ ihrer Geldgeſchäfte überließen, mußten ihre Ver⸗ trauensſeligkeit teuer bezahlen. Der Bäckermeiſter verlor 1489,73 Mark und der Lebens⸗ mittelhändler 4700 Mark. H. will durch einen Be⸗ kannten, der immer wieder Geld von ihm verlangte, zu den Unterſchlagungen getrieben worden ſein. Dieſem habe er über 6000 Mark gegeben. Bei einer Ueberweiſung von 1489,73 Mark ließ er eine Zeile frei, die er dann nach der Unterſchrift ſeines Auftragsgebers ausfüllte. Auf dieſe Art überwies er an einen Verein, bei dem er Schulden ſtein prüft ihn genau, denn dieſer wird bald ſein Herr werden. Dann kommt Bismarck. Der vorge⸗ neigte Holſtein zieht ſich unwillkürlich zurück, denn er hat ſich ja im Amt zu dieſer Feierlichkeit krank gemeldet. Neben Bismarck auf ſeinen uralten Bei⸗ nen im Pelz der Feldmarſchall Graf Moltke, der Dritte im Bunde iſt ſchon bei der großen Armee: Roon. Dann folgt die neue Generation in unend⸗ lichen Reihen. Holſtein ſieht dem Zuge lange nach, er zieht hinaus nach Charlottenburg zum Mauſoleum des Vaters und der Mutter, der Königin Luiſe, es iſt der letzte Gang des alten Preußens, das mit dieſem Mann vergeht. Als der Geheimrat über die Linden nach Hauſe geht, ſieht er Licht in der„Kommode“. Die Kaiſerin iſt daheim geblieben, dort mag ſie zwiſchen den beiden Victorien ſitzen, denn die Schwiegertochter hat ſich zum Beiſtand die Mutter aus England gerufen. Wird man den„allergnädigſten Herr Reichskanzler“ behalten? Holſtein iſt für alle Fälle gerüſtet, gleich⸗ gültig was die Damen beſchließen! Holſtein ſucht einen Mann unter den Aerzten, die den Kaiſer behandeln, auf den er ſich ganz verlaſſen kann. Er findet ihn in Dr. Brahmann, einen noch jungen ehrgeizigen Arzt, die rechte Hand von Pro⸗ feſſor Bergmann. Aus ſeinen Berichten hört Hol⸗ ſtein den Wunſch heraus, Leibarzt zu werden, ja wenn möglich, den Adel zu erhalten. Holſtein ſagt alles zu, obgleich er auf das Hausminiſterium keinen Einfluß hat. Die Hauptſache iſt für ihn jetzt, das richtige Blickfeld zu bekommen. Nach den Berichten Brahmanns geht es zu Ende. Dieſe Nachricht ſteht zwar im Widerſpruch zu den günſtig lautenden Bulletins über den Zuſtand des Kranken, aber es ſcheint doch Tatſache zu ſein, daß der Katſer bereits die Sprache verloren hat. Aus Potsdam hört Holſtein, daß Prinz Wilhelm einige Erlaſſe, die er ungeduldig ſchon im Voraus verfaßt hat, dem Fürſten Bismarck zugeſchickt habe, um ſeine Zuſtimmung en avant zu haben. Der Kanzler aber habe dieſe Verſuche höflich aber ent⸗ ſchieden abgelehnt mit dem Zuſatz, daß Seine ſich den Reſt bar anbbes erfuhr erſt ſpäter durch die Bank, wie H. mit ſeinem Geld umgegangen war Noch ſchlimmer wurde der Lebensmittelhändler begaunert. Er erhielt von Zeit zu Zeit Konto⸗ auszüge, die in Ordnung und von zwei Bank⸗ beamten unterſchrieben waren. Die Auszüge und die Unterſchriften hatte H. ſelbſt hergeſtellt. Der Le⸗ bensmittelhändler erfuhr von dieſen Dingen erſt, als ihm die Bank mitteilte, daß ſein Konto über⸗ zogen ſei. Er hat in der Zwiſchenzeit von der Bank wieder 4000 Mark zurückerhalten. Der Bäckermeiſter iſt bis jetzt noch nicht entſchädigt. H. hat als Buchhalter und echten Auszüge zurückgehalten, beſeitigt und falſche Buchungen vorgenommen. Er hat überaus raffiniert und geſchickt gearbeitet. Die Fäl⸗ ſchungen und Unterſchlagungen wurden in den Jah⸗ ren 1928 und 1929 ausgeführt. Im großen ganzen iſt H. geſtändig, er will aber der Annahme geweſen ſein, daß ihm ſein Bekannter das Geld wieder zurückgebe. Das Gericht entſprach dem Antrag des Erſten Staatsanwalts Dr. Gerhard und ver⸗ urteilte H. wegen erſchwerter Untreue in zwei Fällen und wegen Urkundenfälſchung zu einer Geſamtgefängnisſtrafe von acht Mo⸗ naten.(Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Selig.) Kommunale Chronik Bürgermeiſterwahl in Engen * Engen, 15. Juni. Bei der geſtern abend ſtatt⸗ gefundenen Bürgermeiſterwahl ſtimmten 57 von 58 Bürgerausſchußmitgliedern ab. 54 Stimmen entfielen auf den Bürgermeiſter von Immendingen, Dr. Jäkle, der ſeine Kandidatur zurückgezogen hat, nachdem ihm in Immendingen nach Verhandlungen mit dem Miniſterium des Innern eine Gehaltsauf⸗ beſſerung bewilligt wurde. Eine Stimme erhielt der Kommuniſt Bock, 2 Stimmen waren ungültig. Ob Dr. Jäkle die Wahl annehmen wird, iſt noch nicht bekannt. 1100 Mark und ließ Der Bäckermeiſter hatte, zahlen. Korreſpondent die Kleine Mitteilungen Da in Offenburg bei einer Reihe von Hausbeſitzern große Rückſtände an Umlagegebäudeſonderſteuern und Hy⸗ vothekenzinſen angelaufen ſind, für die der dringliche Schutz des§ 10 des Zwangsverſteigerungsgeſetzes demnächſt erliſcht, ſoll von den Schuldnern die Abtretung der Miet⸗ zönſen an die Stadt gefordert und im Weigerungsfalle die Zwangsverwaltung der betreffenden Grundſtücke beantragt werden. Der Gemeinderat Donaueſchingen hat den Voranſchlag für 1992 fertiggeſtellt. Die Umlage iſt die gleiche wie im Vorjahre. Weiter wurde die Abänderung der Gemeindebierſteuerorͤnung beſchloſſen. Sie bringt eine 40prozentige Senkung der Gemeindebierſteuer. Tages haleicles Donnerstag, 16. Juni Nationaltheater:„Boris Godunsw“, muſikal. Volksdramo von Muſſorgſty, Bühnenvolksbund, Anfang 19.90 Uhr. Ufa⸗Palaſt— 1„X“, ein Spiel zu Dreien von Klabund, F. V.., Anfong 20 Uhr. Friedrichspark: 16. 15 und 20 Uhr Konzert Dilly Patakys und ihrer Zigeunerinnen, danach Tanz. Planetarium: 16 Uhr Vorführung. Antobusrundfahrt: Freinsheim— Kallſtadt Petersropf — Lindemanns⸗Ruhe— Bid Dürkheim— Mannheim a 2 Uhr Paradeplatz. Düſſeldorſer Rheindampferfahrten: 14.30 Uhr Mannheim — Speyer— Germersheim und zurück; 19.45 Uhr Abend⸗ fahrt noch Worms und zurück. Adlers Motorboot⸗Fahrten: Tägliche Hafenrundfahrten um 10, 15, 16 und 17 Uhr. Pfalzbau⸗Kaffee: 5 Uhr Tee; Lichtſpiele: RorvTbeater Mädel“.— Scala⸗Theater: — Ab n„Der abends Konzert und Tanz. „Ein Lied, ein Kuß, ein „Der weiße Teufel“. Prinz von Arkadien“.— Gloria:„Liebeswalzer“.— Pal aſt⸗Theater: „Die Nacht der Entſcheidung“.— Univerſum: „Das Flötenkonzert von Sauſſouci“.— Schauburg: „Die andere Seite“.— Capitol:„Liebeskom⸗ Sehenswürdigkeiten Schloßbücherei: Geöffnet von—13 und von 15—19 Uhr. Städtiſches Schloß⸗Muſeum: Geöffnet in dex Zeit von 11—17 Uhr. Sonderausſtellung:„Aus dem Kunſtſchaffen Oſtaſiens“.— Städtiſche Kunſthalle: Geöffnet werktags (mit Ausnahme Montags) von 10—13 und 15—17 Uhr; an Sonn⸗ und Feiertagen von 11—13.30 und 15—17 Uhr. Sonderausſtellungen:„Der Frauenſpiegel“ und Jubiläums⸗ gusſtellung:„25 Jahre Mannheimer Kunſthalle“.— Stern⸗ warte am Friedrichspark: Ausſichtstuerm mit um⸗ ſaſſendem Rundblick, geöffnet von 9 bis 17 Uhr. Muſeum für Natur⸗ und Völkerkunde im Zeughaus: Ge⸗ öffnet von 15—17 Uhr. Kaiſerliche Hoheit doch nicht vergeſſen möge, daß es auch noch Bundesfürſten und eine kleine Verfaſſung in Deutſchland gäbe. Der Prinz ſei über dieſe ſcharſe Kritik außer ſich. Holſtein kombiniert: Wenn jetzt ſchon Krach bei einem ſo geringfügigen Anlaß, wie muß das erſt werden, wenn die Sache ernſt wird. Geht aber Bis⸗ marck, ſo wird man ihn mitgehen laſſen. So ſchafft er ſich eine neue Richtlinie, die jetzt etwa ſo lautet: Mit den Bismarcks nicht brechen, die Schleinitz⸗Loe⸗ Partei unterſtützen, denn von dort wird der neue Kanzler kommen und vor allem Einfluß auf den neuen Kaiſer gewinnen, wenigſtens wiſſen, was dort geſpielt wird. Dazu braucht er nur einen und das 1 Eulenburg, der ganz des jungen Prinzen Ohr at. Alſo ſchreibt er an Eulenburg, der ihm innerlich ebenſo fremdartig wie Arnim iſt. Er weiß, daß es leicht iſt, dieſe Klaſſe von Menſchen zu gewinnen, weil er ſie für ſentimental, eitel und boberflächlich hält. Bei ihren Fehlern muß man ſie packen, dann hat man ſie. Holſtein hat ſich mit Eulenburg im Hotel de Rome verabredet. Er weiß, wie gern Phili als Gejandter nach München möchte, ſo ſtellt er ihm dieſen Poſten in Ausſicht. Zwar müſſe er der Ordnung halber noch eine Zwiſchenſtation machen, weil er zu jung für München ſei, vielleicht Karlsruhe. Eulenburg hebt abwehrend die Hände, ihm grauſt vor dieſem ſpießigen langweiligen Hof. Er erbittet ſich Stutt⸗ gart. Holſtein ſagt es ihm für das nächſte Jahr zu. Nun kommt der Geheimrat mit allen ſeinen Ge⸗ genwünſchen, auf ſeine Verſprechungen. Eulenburg erzählt ihm alles, was er in Potsdam gehört hat. Als Holſtein von ihm unbedingte Gefolgſchaft verlangt und ſei⸗ nen ganzen Einfluß bei Prinz Wilhelm für ſich ver⸗ wandt ſehen will, ſagt der Graf lächelnd:„Ich bin nicht die heilige Kunigunde, die ihre Handſchuhe an einem Sonnenſtrahl zum Trocknen aufhängen konnte. Aber ich will ſehen, was ich tun kann.“ Er vergleicht ſich mit einer Frau, ſtellt Holſtein bei ſich feſt, ſein Blick ſucht den anderen und ſeine Gedanken gehen zurück zu jenem Regenabend: Krauſe! Und eine Anliegen, Fragen, er holt ſich Vorſchuß zweite Erinnerung taucht auf: Hoffmann! Wer iſt Hoffmann? „Was ſehen Sie mich ſo an,“ ſagt leicht erſchreckt Eulenburg. Und um ein leichtes Thema anzuſchla⸗ gen, erzählt er eine Geſchichte:„Denken Sie ſich, ich war geſtern bei Bismarck und da zeigt mir der Fürſt eine Partitur der Eroica von Beethoven, die ihm Hans von Bülow gewidmet hat. Ich habe dem Für⸗ ſten vorgeſchlagen, als Gegengeſchenk Bülow den zweiten Teil des Fauſt zu widmen. Uebrigens Sie wiſſen, daß Bernhard Bülow hier iſt. Er iſt geſtern nacht aus Bukareſt gekommen.“ Holſtein fährt wie von der Tarantel geſtochen auf:„Bülow, hier? Ja, davon weiß ich ja gar nichts!“ Und arglos ſetzt Eulenburg hinzu:„Ich glaube, Prinz Wilhelm hat ihn gerufen. Er wird wohl für morgen nach Potsdam befohlen ſein.“ In dieſer Nacht jagt der Geheimrat hinter Bern⸗ hard Bülow her. Der ſcheint es zu wiſſen und bleibt unerreichbar. Das Berliner Staatliche Schauſpielhaus holte wieder einmal die hier ſchon geſpielte, alte, däniſche, Holbergſche Komödie„Jeppe vom Berge hervor und beluſtigte damit in einer von Lindt⸗ berg ſehr lebendig geſtalteten und von Traugott Müller mit dauernd beweglichen Häuſern und Landſchaften ausgeſtatteten Aufführung ein dank⸗ bares Publikum. Der Jeppe von Hans Leibelt iſt als Typ außerordentlich durchgearbeitet, und Elia Wagner und Paul Bildt aſſiſtieren ihm gleichwerttg. Das Motiv iſt bekannt: es tritt zum erſtenmal im Vorſpiel zur„Widerſpenſtigen“ auf und iſt dann von Hauptmann in Schluck und Jau ausführlich dramatiſiert worden, die Umſchaltung eines armen Kerls in einen Weichen Herrn, hier be⸗ nutzt als Verhöhnung der Bauerndummheit mit all ihren Aengſten und Nöten, den Wirkungen des Ko⸗ ſtüms auf den Charakter und der Reſignation des Gefoppten. Dadurch, daß die Aufführung nicht etwa aus dem Bauern einen Proletarier machte und jede ſoziale Parallele vermied, hielt ſie ſich künſtleriſch rein und tendenzlos. b. r* — Voi im Bi ordent Baden Lande gegen für da tretert. politiſc wird Reiche Die für die willen Behebr beizutr zu we Halte bare ſind gl zuziehe ten ne mals ziehen, haltski der un Solche getroff. nicht 1 ſet. D Staat geſichts und die Entſchl 72 ſchlof gelte ſchen jenem helm 0 im Ka Raſtatt aſſiſten dingen Turnv⸗ eingela ther a wurden ſtehens turnwa Goethe. wurden lebhaft. Jau ſt auf den belohnt gabe de zeigte, tags leb Feierſt wirts kürzeſte zum O; 3000 M Brande unbekat —
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143 (16.6.1932) 273. Mittagsblatt
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