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Rabatt nach Tarif.— Kriſenrabatt 1025.— Für das Erſcheinen von Anzeigen in beſtimmten Ausgaben, an beſonderen Plätzen und für telefoniſche Aufträge keine Gewähr.— Gerichtsſtand Mannheim. Polizeibehörden, a Abend ⸗ Ausgabe Donnerstag, 16. Juni 1932 143. Jahrgang— Nr. 274 Vekanntkgabe der politiſchen Nol verordnung Aufhebung des SA⸗Verbotes und Wegfall des Aniformverbotes— Brief Hindenburgs an v. Gayl— Ein Appell des Reichsinnenminiſters Das Gerede von der Mainlinie Der Reichsinnenminiſter zum Kapitel: Das Reich und die Länder Erfüllung und Mahnung Telegraphiſche Meldung — Berlin, 16. Juni. Entſprechend ihrer Erklärung bei der Uebernahme der Geſchäfte hat die Reichsregierung dem Reichs⸗ präſtdenten Vorſchläge für Milderung der ſeit März 1931 erlaſſenen politiſchen Ausnahmevorſchriften ge⸗ macht, die in der Verordnung gegen politiſche Aus⸗ ſchreitungen vom 14. Juni 1932 enthalten ſind. Reichspräſident und Reichsregierung laſſen ſich bei den neuen Vorſchriften von der Abſicht leiten, die durch die früheren Notverordnungen erheblich ein⸗ geſchränkte politiſche Freiheit namentlich für die wichtige bevorſtehende Wahlentſcheidung teilweiſe wieder herzuſtellen. Die Reichsregierung wollte an den einzelnen bis⸗ herigen Notverordnungen keine Streichungen, Er⸗ gänzungen und Aenderungen vornehmen. Sie hat vielmehr die Vorſchriften, die nunmehr rechtens ſind, in einer neuen Verordnung zu⸗ ſammengeſtellt, um ſowohl der Bevölkerung einen klaren Ueberblick über die Beſtimmungen zu geben, die gelten, als auch den Behörden die richtige An⸗ wendung zu erleichtern. Ein Vergleich der aufgehobenen Verordnung mit der neuen ergibt, daß die bisherigen Vorſchriften weitgehend gemildert ſind. Auf dem Gebiete des Verſammlungsrechts ſind die Beſtimmungen über die Anmeldung und das Verbot von öffentlichen politiſchen Verſammlungen, von Verſammlungen und Aufzügen unter freiem Himmel und von ſogenannten Laſtwagenfahrten ge⸗ ſtrichen. Ein vorheriges Verbot von ſolchen Ver⸗ ſaminlungen und Aufzügen iſt aufgrund der neuen Verordnung nicht mehr gegeben. Dieſe Erleichte⸗ rung iſt im Hinblick auf den bevorſtehenden Wahl⸗ kampf getroffen. Sollte jedoch die Wiederherſtel⸗ lung der Verſammlungsfreiheit zu Störungen der öffentlichen Ruhe führen, ſo iſt dem Reichsminiſter des Innern die Ermächtigung gegeben, erneut für das Reichsgebiet oder einzelne Teile Beſtimmungen über die Anmeldung und das Verbot von Verſamm⸗ lungen zu treffen. Die Befugnis der zuſtändigen Landes⸗ und Ortspolizeibehörden, Verſammlungen unter freiem Himmel wegen unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit aufgrund des Artikels 123 Abſ. 2 der Reichsverfaſſung zu verbieten, iſt durch die neuen Vorſchriften ſelbſtverſtändlich nicht berührt. Die Befugnis der Polizei, öffentliche politiſche Verſammlungen ſowie Ver⸗ ſammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel aufzulöſen, iſt aus dem bisherigen Recht übernom⸗ men, mit der Einſchräukung, daß der Auflöſungs⸗ grund der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung weggefallen iſt. Die Klagen über die zu weit gehende Faſſung dieſer Beſtimmung und ihre zu ſehr in das Ermeſſen der überwachenden Polizeibeamten geſtellte Anwendung waren ſo leb⸗ haft geworden, daß die Reichsregierung glaubte, die Auflöſungsbefugnis der Polizei auf beſtimmte abgegrenzte Tatbeſtände einſchränken zu ſollen. Im übrigen unterliegen unfriedliche Verſammlungen ohne weiteres der Auflöſung durch die Polizei. Mit Rückſicht auf ein kürzlich ergangenes Urteil des Reichsgerichts war es notwendig, die Vorſchrift des Vereinsgeſetzes über die Befugnis der in jede öffentliche Verſammlung Beauftragte zu entſenden, wiederherzuſtellen. Vollſtändig aufgehoben werden durch die neue Verordnung ſämtliche einſchränkenden Beſtimmungen über Plakate und Flugblätter politiſchen Inhalts. Die Möglichkeit, gegen Plakate, Flugblätter und ſonſtige Druckſchriften der kommuniſtiſchen Gottloſen bewegung vorzugehen, iſt jedoch durch die nach wie vor in Geltung befindliche Ver⸗ ordnung des Reichspräſidenten vom 3. Mai d. J. weiterhin gegeben. Im übrigen ſind die Vorſchriften über die Beſchlagnahme und Einziehung von Druckſchriften ein⸗ ſchließlich periodiſcher Druckſchriften(Zei⸗ a tung) weggefallen. f Dagegen haben die Beſtimmungen über das Ver⸗ bot periodiſcher Druckſchriften im weſentlichen aufrechterhalten werden müſſen. Der bis⸗ herige Verbotsgrund der Gefährdung der öffent⸗ lichen Sicherheit und Ordnung, der wegen ſeiner weitgehenden Faſſung beſonders zu Beanſtandungen Anlaß gegeben hatte, iſt jedoch durch einen neuen Verbotsgrund erſetzt worden, nach auf gewiſſe Dauer unterſagt werden kann, wenn in habe bietet, welchem das Erſcheinen einer periodiſchen Druckſchrift dann Berlin, 16. Juni. Vor Vertretern der Preſſe führte Reichsinnen⸗ miniſter Frhr. v. Gayl im Anſchluß an die Ver⸗ öffentlichung der Verordnung gegen politiſche Aus⸗ ſchreitungen im beſonderen Hinblick auf das Ver⸗ hältnis von Reich und Ländern folgendes aus: Durch die ganze Preſſe ſind in den letzten Tagen Mitteilungen über Mein ungsverſchieden⸗ heiten gegangen, die zwiſchen den Regierungen einiger Länder und der Reichsregierung über dieſe Notverordnung beſtehen. Die Tatſache, daß ein⸗ zelne Regierungen ſchwere Bedenken in der Ausſprache der Herren Miniſterpräſidenten mit dem Kabinett beim Empfang durch den Herrn Reichspräſidenten geäußert haben, iſt richtig. Wir haben jede dieſer Aeußerungen entgegengenommen, ſorgfältig geprüft und gegen unſere eigenen Ge⸗ danken pflichtgemäß abgewogen. Unſere Entſcheidung iſt aber für die Verordnung in der heute vorliegen⸗ den Form gefallen. Das Kabinett hat einen ein⸗ mittigen Entſchluß gefaßt, der Herr Reichs⸗ präſident hat nach eingehenden Vorträgen die Ver⸗ ordnung vollzogen. Sie iſt nunmehr geltendes Recht, das die Reichsregierung zu be⸗ wahren hat. Meinungsverſchiedenheiten zwiſchen einzelnen Länderregierungen und der Reichsregierung find ſelbſtverſtändlich. Das ſchließt nicht aus, daß, wie früher in anderen Fällen, auch bei der Durchführung dieſer Verordnung ein gutes und ſach⸗ gemäßes Zuſammen wirken von Länder⸗ regierungen und Reichsregierung ſlattfinden wird. Ich lege den größten Wert auf eine vertrauensvolle Zuſammenarbeit mit allen Ländern. Im Zuſam⸗ menhang mit dieſen Dingen iſt in der Preſſe von einem Wieder aufrichten der Main linie die Rede geweſen. Sachliche Meinungsverſchieden⸗ heiten zwiſchen den ſüddeutſchen Ländern und dem Reich können niemals ein Aufreißen einer längſt überwundenen geſchicht⸗ lichen Trennungslinie herbeiführen. Das Reich iſt eine unzerreißbare Einheit. Länderregierungen und Reichsregierung würden ein Wiederaufrichten der Mainlinie ebenſowenig dulden wie das geſamte deutſche Volk ohne Unterſchied der Partei. Zu Beginn der lebenswichtigen Konferenz non Lauſanne kann das völlig unberechtigte Gerede von der Mainlinie dem deutſchen Volke nur ſchweren Schaden bringen. Ich bitte die ganze deutſche Preſſe, dieſes Thema überhaupt nicht mehr zu erörtern. ihr eine Veröffentlichung enthalten iſt, die lebens ⸗ wichtige Intereſſen des Staates dadurch gefährdet, daß unwahre oder entſtellte Tatſ ache n behauptet oder verbreitet werden. Gedacht iſt hier etwa an unwahre Behauptungen, durch welche die Währung oder Intereſſen der Landes ver⸗ teidigung gefährdet werden. Die Höchſtdauer des Verbotes einer Tages⸗ zeitung iſt von acht auf vier Wochen herab⸗ geſetzt worden. Bleibt ſonach die Preſſe gewiſſen Auflagen und Beſchränkungen unterworfen, ſo wird der Reichs⸗ miniſter des Innern durch Aus führungsvor⸗ ſchriften dafür ſorgen, daß Entgegnungen knapp gehalten werden und daß vor der Anordnung eines Verbotes nach Möglichkeit zunächſt der Weg der Verwarnung, einer von der Zeitung abzugebenden Er⸗ klärung oder einer von ihr zu veröffentlichenden amt⸗ lichen Entgegnung beſchritten wird. Die Neuregelung für die Sal. Zu denjenigen früheren Verordnungen, an deren Stelle die neue Notverordnung tritt, gehört auch die Verordnung vom 13. April 1932, durch welche die ſogenannten militärähnlichen Organiſationen der NSDAP. aufgelöſt wurden. Der Reichspräſident hatte ſchon alsbald nach dem Erlaß dieſer Veroroͤnung den Wunſch geäußert, daß allgemeine und gleich⸗ mäßig anzuwendende Vorſchriften für alle Ver⸗ bände ſolcher Art erlaſſen werden möchten. Als Erſatz für die Beſtimmungen, die daraufhin zunächſt in der Veroroͤnung vom 3. Mai 1932 über politiſche Verbände getroffen worden waren, ſind in die neue Verordnung Vorſchriften aufgenommen worden, nach denen politiſche Verbände, deren Mitglieder in geſchloſſener Ordnung öffentlich aufzutreten pflegen, auf Verlangen des Reichsminiſters des Innern verpflichtet ſind, ihm ihre Satzungen und ſonſtigen Beſtimmungen über ihre Organiſationen u. Tätigkeit vorzulegen. Die Verbände ſind ferner verpflichtet, an dieſen Beſtimmungen und an ihrer Satzung jede Aenderung vorzunehmen und jeder Auflage nachzukommen, die der Reichsminiſter des Innern zur Sicherung der Staatsautorität für erforderlich hält. Nach der Feſtlegung dieſes weitgehenden ſich auf alle Verbände ſolcher Art erſtreckenden Reichs⸗ aufſichtsrechts war es vom Standpunkt der gleichmäßigen Behandlung geboten, auch der NSDAP. bei der Neubildung ſolcher Verbände keine beſonderen Schranken aufzuerlegen. Schließlich iſt auch das ſogenannte Uniform⸗Verbot in die neue Verordnung nicht wieder aufgenom⸗ men worden. Die Reichsregierung hat ſich zu ſeiner Aufhebung nicht ohne Bedenken entſchloſſen. Sie erwartet, daß gerade die Wiederzulaſſung der Uniform die Führer in die Lage verſetzen wird, unbedingte Diſzi⸗ plin unter den Mitgliedern der Verbände zu hal⸗ ten. Sollte ſie ſich hierin getäuſcht ſehen, und die Wiederzulaſſung der ſogenannten Parteiuniformen Zuſammenſtöße zwiſchen den Anhängern der gegneriſchen Verbände zur Folge haben, ſo würde ſie genötigt ſein, mit ſcharfen Beſtimmungen, zu de⸗ nen ihr das obenerwähnte Aufſichtsrecht die Hand⸗ gegen die ſchuldigen Verbände einzu⸗ ſchreiten. f 0 Haben ſich ſomit Reichspräſident und Reichsregie⸗ rung entſchloſſen, eine weitgehende Milderung der bisher beſtehenden Aus nahmevorſchriften eintreten zu laſſen, ſo haben ſie gerade deswegen geglaubt, politiſche Gewalttaten mit ſtrengen Strafen belegen zu müſſen. Wer glaubt, die in weitem Umfang wiederherge⸗ ſtellte politiſche Freiheit zu Gewalttaten gegen den politiſchen Gegner miß brauchen zu können, den ſoll die ganze Schärfe des Ge⸗ ſetzes treffen. Die Reichsregierung erwartet von den Polizei⸗ und Strafverfolgungsbehörden, daß ſie mit Strenge gegen derartige Gewalttätigkeiten vor⸗ gehen und die Täter raſcher un d fühlbarer Beſtrafung zuführen werden. Der Reichspräſident und die Reichsregierung er⸗ warten von dem deutſchen Volke und insbeſondere von den politiſchen Parteien und Verbänden, daß die größere Freiheit des politiſchen Lebens, welche durch die neuen Vorſchriften gewährleiſtet wird, nicht er⸗ neut zu einer Verwilderung der poli⸗ tiſchen Sitten führt, und daß ſich die politiſchen Führer aller Grade ihrer Verantwortu ng für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in Deutſchland bewußt ſind und daß Ihre dazu tun, um die politiſchen Kämpfe in dem Rahmen zu führen, der einer geſitteten Nation würdig iſt. Reichspräſident und Reichs⸗ regierung laſſen andererſeits keinen Zweifel darüber, daß wenn dieſe Erwartungen ſich als trügeriſch er⸗ weiſen ſollten, neue und ſcharfe Aus na h me⸗ vorſchriften die unvermeidbare Folge ſein müßten. Ein Brief Hindenburgs an v. Gayl — Berlin, 16. Juni. Der Reichspräſident hat an den Reichsminiſter des Innern, Freiherrn von Gayl, im Zuſammenhang mit dem Erlaß der politiſchen Notverordnung fol⸗ gendes Schreiben gerichtet: „Sehr geehrter Herr Reichsminiſter! Anbei überſende ich Ihnen die von mir vollzogene Verordnung gegen politiſche Ausſchreitungen zur Veröffentlichung. Ich habe die mir von der Reichs⸗ regierung vorgeſchlagenen weitgehenden Mil⸗ derungen der bisherigen Vorſchriften in dem Vertrauen darauf vorgenommen, daß der politiſche Meinungskampf in Deutſchland ſich künftig in ruhigeren Formen abſpielen wird und daß Ge⸗ walttätigkeiten unterbleiben. Sollte ſich dieſe Er⸗ wartung nicht erfüllen, ſo bin ich entſchloſſen, mit allen mir verfaſſungsmäßig zuſtehenden Mitteln gegen Ausſchreitungen jeder Art vor⸗ zugehen. Ich ermächtige Sie, dieſe meine Wil⸗ lensmeinung bekanntzugeben. Vaden lehnt ab „Telegraphiſche Meldung — Karlsruhe, 16. Juni. Die Notverordnungen ſind unterzeichnet. Damit entfällt nunmehr, wie uns der badiſche Staats⸗ präſident mitteilt, für die Teilnehmer die über⸗ nommene Verpflichtung zur Vertraulichkeit. In die⸗ ſen Grenzen teilte heute mittag der badiſche Staats⸗ präſident der Preſſe in großen Zügen die Ausfüh⸗ rungen mit, die er bei den Beſprechungen mit dem Reichspräſidenten in Gegenwart des Herrn Reichskanzlers v. Papen in Berlin am 11. und 12. Juni gemacht hat. Die ſüddeutſchen Staaten ſeien getragen von dem Gedanken der unverbrüchlichen Treue zum Reiche. Wenn ſie heute ihre Sorgen der Reichsregierung zur Kenntnis brächten, ſo ſei dies eingegeben von dem Wunſche, das Reich nach außen und innen zu ſtärken. Unter den Faktoren, auf welche die Stärke des Reiches ſich ſtütze, ſtünden in erſter Linie die Länder. Die Stärke der ſüddeut⸗ ſchen Länder zeige ſich in ihrer ſtabilen Landes⸗ politik. In der Stimmung der ſüddeutſchen Länder ſei nach der letzten Reichspräſtdentenwahl, beſonders mit Rückſicht auf die Vorgänge beim Regierungs⸗ wechſel, ein weſentlicher Umſchwung eingetreten, ſodann hätte die ſüddeutſche Bevölkerung erhebliche Sorgen mit Rückſicht auf die Zuſammenſetzung des neuen Kabinetts, da in ihm ein Vertreter der Avbeit⸗ nehmer und des Kleinbeſitzes fehle. Der badiſche Staatspräſident Dr. Schmitt äußerte ſtarke verfaſſungsrechtliche Bedenken gegen die eventuelle Einſetzung eines Reichs⸗ kommiſſars. Das Reich dürfe nach Artikel 48 der Reichsverfaſſung nur die„nötigen“ Maßuhmen treffen. Die Ein⸗ ſetzung eines Reichskommiſſars werde als untta⸗ riſch aufgefaßt und aus dieſem Grunde abgelehnt. Im Zuſammenhang mit dieſer Frage der Eigenſtaatlichkeit der Länder lehnte der Staatspräſident auch die beabſichtigte Reichs⸗ waſſerſtraßen verwaltung ab, ebenſo verwahrte er ſich gegen die in einem ver⸗ traulicyn Schreiben mitgeteilte Abſicht der Reichs⸗ regierung, dem Finanzausgleich zwiſchen Land und Gemeinden irgendwelche Feſſeln anzulegen. Die Aufhebung des S A⸗Ver⸗ bots ſchädige das Anſehen des Reichspräſtdenten, weil er das Verbot erſt vor kurzem erlaſſen habe. Wenn man in dem SA⸗Verbot eine Einſeitigkeit er⸗ blicke, ſo ſei es nicht aufzuheben, ſondern auf alle militärjſchen Verbände auszudehnen. Das badiſche Staatsminiſterium lehne ein⸗ ſtimmig die Verantwortung für die Ruhe in Baden bei Aufhebung des SA.⸗Verbots ab, weil Baden kein Militär, auch nicht genügend Polizei habe und weil die vorhandene Po⸗ lizei überanſtrengt ſei. Auf eine beſondere Frage bezw. Feſtſtellung des badiſchen Staatspräſidenten erklärte der Reichs ⸗ kanzler, es ſei ſelbſtverſtändlich, daß— wie auch das Reich entſcheide— die Länder nicht gehin⸗ dert ſeien, alle diejenigen Maßnahmen zu treffen, welche mit Rückſicht auf die beſonderen örtlichen Verhältniſſe erforderlich ſeien. Auf dem Gebiete der Juſtizver waltung verlangte der Staatspräſident Vereinfachung. Es beſtänden Bedenken gegen eine allgemeine Amneſtie. Der Staatspräſident verlangte auf dem Gebiete der Wirtſchaftspolitik, daß jetzt keine be⸗ vorzugte Oſtpolitik mehr getrieben werde, ſondern daß alle deutſchen Gaue gleichmäßig betreut werden müſſen. Dr. Schmitt wies insbeſondere auf die Grenz⸗ landnot in Baden hin, auf die wirtſchaftlichen Folgen durch die neue Rheingrenze, durch den wirtſchaftlichen Verluſt der Saar, Luxem⸗ burgs und Elſaß⸗Lothringens. Er ſchilderte insbeſondere die Nöte der Großſtädte, z. B. von Maunheim und die Totenſtille im Mann⸗ heimer Hafen. Ganz beſonders ſtark ſetzte ſich der Staatspräſident für die darnieder⸗ liegende ſüddentſche Holzwirtſchaft ein. Dann wandte er ſich gegen die Aufhebung der bis⸗ herigen Freigrenze für die Umſatzſteuer von 5000 Mk.. Die Folge davon ſei, daß in Baden von den 254 000 landwirtſchaftlichen Betrieben mehr als 85 Prozent umſatzſteuerpflichtig würden.
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143 (16.6.1932) 274. Abendblatt
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